Jüngster Sohn des Kaisers
LOTHAR I. und der Irmingard
von Tours,
Tochter von Graf Hugo
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 971
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Karl von der Provence, König in Burgund seit 855
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* um 840, + 25. Januar 863
St-Pierre (-les-Nonnains) bei Lyon
Als jüngster Sohn Kaiser LOTHARS I. und der Kaiserin Irmingard erhielt er im September 855 bei der Teilung des Mittelreiches durch seinen Vater die provencalisch-burgundischen Rhonelande zugewiesen. Seine beiden älteren Brüder, Kaiser LUDWIG II., der auf Italien beschränkt blieb, und Lothar II., der die fränkischen Kernlande um Aachen und Metz erbte, protestierten zwar gegen diese Regelung, mußten sich aber auf einem Treffen im Spätsommer 856 in Orbe im Grenzgebiet der drei Reiche wegen der Haltung der provenzalischen Großen, die den Versuch Lothars II. vereitelten, Karl in ein Kloster zu stecken, fügen. Diese Großen, vor allem Graf Gerhard II., Dux von Vienne und Lyon, der in den etwa ein Dutzend überlieferten Urkunden Karls mehrfach als Intervenient und Erzieher Karls (nutritor; magister) begenet, regierten in der Folgezeit faktisch das Reich, da Karl (der 855 noch minderjährig gewesen sein könnte) wegen Epilepsie kaum regierungsfähig war. Immerhin ist er im Juni 859 auf dem Treffen von Savonnieres bei Toul zwischen KARL DEM KAHLEN und Lothar II. bezeugt, und noch im selben Jahr scheint er auch an den Treffen zwischen LUDWIG II. und Lothar II. im Italischen teilgenommen zu haben, wo das Einvernehmen zwischen den drei Brüdern bekräftigt wurde. Der Haltung der meisten provencalischen Großen war es 861 auch zu verdanken, daß KARL DER KAHLE, von oppositionellen Gruppen ins Reich seines Neffen gerufen, unverrichteter Dinge wieder abziehen mußte. Nach Karls frühem Tod wurde sein Reich unter seine Brüder aufgeteilt.
Quellen und Literatur:
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Recueil de actes de Provence (855-928), ed. R. Poupardin,
1920, 1-27, 125f. - MGH DD Karol. III, ed. Th. Schieffer, 1966 - RII, 3/I,
1991 - Annales Bertiniani, ed. G. Waitz, 1883, (MGH SRG [in us. schol]
[5] - R. Poupardin, Le royaume de Provence sous les Carolingiens (855-933?),
1901, 1-32 -
Hlawitschka Eduard: Seite 14,18
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"Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen
Geschichte"
Ganz eklatant wurde LOTHARS
Preisgabe der alten Ideale, für die soviel Mühe, Kraft und Blut
geopfert worden war, letztlich, als er im Angesicht seines Todes (855)
nun selbst einen Reichsteil, das Mittelreich, unter seine Söhne zu
teilen unternahm: LUDWIG II., der älteste,
wurde auf Italien beschränkt; der jüngste Sohn,
Karl,
erhielt die Provence und einen Teil Burgunds; Lothar
II. hingegen wurde von seinem Vater mit dem übrigen auch
die Residenzstadt Aachen einschließenden Land - von den Alpen und
Burgund bis zur Nordsee bedacht.
Lothars II. Scheidungsbemühen
war kein Erfolg beschieden, obgleich er hierfür sogar eine Verkleinerung
seines Herrschafstbereiches im Süden, in Burgund, hinzunehmen bereit
war, indem er seinem Bruder
Karl von der Provence
die Bistümer Belley und Tarantaise abtrat (858) und seinem Bruder
LUDWIG
II. (VON ITALIEN) die Grafschaften und Bistümer Genf, Lausanne
und Sitten überließ (859).
Schieffer Rudolf: Seite 152,160
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"Die Karolinger"
In völliger Abkehr von den einst verfochtenen universalen
Zielen teilte LOTHAR I. sein Reich
unter den drei Söhnen auf. Für LUDWIG
II., den Kaiser, blieb es bei Italien;
Karl, der jüngste, erhielt ein
Regnum in den Rhonelanden mit dem Schwerpunkt in der Provence, während
Lothar II. die nördlichen Gebiete
von den W-Alpen bis zur Nordsee empfing. LOTHARS
Vermächtnis war nicht unumstritten, denn Kaiser
LUDWIG II. erstrebte einen Gebietsanteil jenseits der Alpen,
und auch Lothar II. wollte dem minderjährigen,
an Epilepsie leidenden Bruder Karl
kein
gesondertes Teilreich einräumen.
Immerhin gelang es, LUDWIG II.
vom Ausgreifen über Italien hinaus abzuhalten, aber auch
Lothar
II. mußte dem Drängen der provencalischen Magnaten
nachgeben, die mit Karl als nominellen
König unter sich bleiben wollten und von Graf Gerhard von Vienne angeführt
wurden. Auf einem Treffen bei Orbe (bei Lausanne), inmitten von Hukberts
Gebiet, bekräftigten die drei königlichen Brüder im Herbst
856 die vom Vater gezogenen Grenzen.
Der Gegenden jenseits des Jura entledigte sich Lothar
II. daraufhin 859 überhaupt, indem er sie LUDWIG
II. abtrat, ebenso wie er dem anderen Bruder Karl
von der Provence gegen die Einsetzung zum Erben territoriale
Zugeständnisse im S machte.
Literatur:
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Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino
von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 10,12,13
- Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches.
Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 373,400,431,450,460,470,490
- Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen.
Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches
im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes
Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 165 - Hlawitschka Eduard:
Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton
Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 14, 18,85,87,90,146 - Hlawitschka,
Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten-
und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Darmstadt 1986 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses.
Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen
Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität
Wien 1976, Seite 103 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine
Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
1991, Seite 208,223,239 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 147,152,155,160,163,176 - Werner
Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher
Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 442 -