Begraben: Paris, Dominikanerkirche
Tochter des Königs Karl
I. Martell von Ungarn und der Clementia
von Habsburg, Tochter von König
RUDOLF I.
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 1205
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Klementia von Ungarn (Clemence de Hongrie), Königin
von Frankreich
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* 1293, + 13. Oktober 1328
Hotel du Temple zu Paris
Begraben: Paris, Dominikanerkirche
Klementia entstammte als Tochter König Karls I. Martell von Ungarn (ANJOU) dem Hause der KAPETINGER;
Mutter:
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Klementia von Habsburg
Die Prinzessin wurde Dezember 1314 mit Ludwig
X. von Frankreich, der seine erste Gemahlin Margarete
von Burgund, wegen Ehebruchs verstoßen hatte, verlobt
und von Hugo von Bouville von Apulien an den französischen Hof geleitet.
Die Hochzeit fand am 19. August 1315 in Paris, die Krönung am 24.
August 1315 in Reims statt. Klementia von Ungarn
erhielt als Dotalicium mehrere Lehen in der
Normandie und eine Rente von 25.000 livres tournois. Als ihr Gemahl am
5. Juni 1316 starb, erwartete Klementia
einen Sohn,
Johann
I., der nur fünf Tage alt wurde. Die Königin verbrachte
ihre Witwenjahre zurückgezogen in den Dominikanerkonventen von Avignon
und Aix.
KLEMENTINE VON UNGARN – die Glücklose
Clemence de Hongrie
Zweite Gemahlin Ludwigs X. des Zänkers (* 1289; König: 1314-1316)
Geboren: um 1293 – Heirat: 19. August 1315 - + 13. Oktober 1328 Paris
Solange Margarete von Burgund
lebte, wenn auch im Kerker und ohne Gerichtsverfahren und Urteil, war sie
für Ludwig den Zänker nicht
allein eine bittere Bürde, die ihn ohne Unterlaß an seine Schande
als betrogener Ehemann erinnerte. Sie war auch ein Ehehindernis, da Ehebruch
nicht als rechtlicher Grund einer Annullierung galt. Überdies hatte
sie Ludwig bislang nur eine Tochter,
Jeanne
de France, geboren (als deren Vater Ludwig
wohl gelten darf, obgleich angesichts des Lebenswandels der Mutter interessierte
Kreis natürlich entsprechende Zweifel schürten). Mit anderen
Worten: die direkte Thronfolge steht auf dem Spiel. Ihr Tod - wie auch
immer bewirkt - muß daher auf den Zänker
wie eine Befreiung wirken. Er verheiratet sich umgehend neu.
Die Erwählte ist eine Frau von 22 Jahren, die sehr
wohl weiß, worauf sie sich einläßt. Klementine
von Ungarn ist von hoher Abkunft. Ihr Vater, Karl
I. Martell von Anjou, ist ein Nachfahre
Ludwigs
VIII. und der berühmten
Blanche
von Kastilien, aber auch des regierenden Hauses von Ungarn;
ihre Mutter Klementine von Habsburg
ist Tochter des Königs RUDOLF I.
Erstaunlich ist: die Eheverhandlungen fanden bereits zu einem Zeitpunkt
statt, da Margarete, die erste Frau
Ludwigs
X., noch lebt.
Klementine Anreise
nach Frankreich wird von üblen Vorzeichen überschattet: das Schiff,
das sie und ihre Entourage einholt, erleidet Schiffbruch. Klementine
wird gerettet, verliert aber ihren Schmuck und ihr Heiratsgut. Dann erfährt
sie, daß die erste Frau ihres Verlobten verschieden ist, rechtzeitig,
um ihr den Weg zu bereiten. Unter diesen Umständen ist es mutig, zur
Hochzeit überzugehen. Das Tempo ist atemberaubend: im Fünf-Tage-Rhythmus.
Am 14. August war Margarete gestorben,
fünf Tage darauf wird am 19. August 1315 die Hochzeit gefeiert. Am
24. des gleichen Monats wird das königliche Paar in der Kathedrale
von Reims gesalbt. Doch die Beziehung des Königspaares ist alles andere
als harmonisch. Ludwig hat weder die
Statur noch den Charakter seines Vaters. Auf jeden Fall herrscht am Hofe
nicht die Atmosphäre, die sich Klementine
erträumt haben mochte.
Ludwig X. schlägt
einen politischen Kurs ein, der dem seines Vaters diametral entgegensteht.
Er favorisiert den Adel, billigt ihm zahlreiche Privilegien zu, beschneidet
den Einfluß der - bürgerlichen - Juristen, läßt kurz
und bündig einen dieser Legisten, den treuesten Berater seines Vaters
Enguerrand de Marigny, am Galgen aufknüpfen. Aber wie sein Vater wird
er brüsk von einer schwer definierbaren Krankheit hingestreckt und
stirbt am 5. Juni 1316 in Vincennes. Vergiftet? Eine Untersuchung wird
angestellt. Die Mitglieder der Kommission votieren für einen "natürlichen
Tod".
Die Königin Klementine
ist
schwanger. Wer soll Ludwig dem Zänker nachfolgen?
Philipp von Poitiers, der mit Johanna
von Artois
verheiratet ist, die selbst keinen Ehebruch bei der
Affäre der königlichen Schwiegertöchter begangen hat, aber
gleichwohl als stille Mitwisserin ins Gefängnis ging? Der Bruder des
verstorbenen Königs also, läßt sich als Regent anerkennen.
Da Klementines Kind noch nicht geboren
ist, kann sie dieses Amt nicht für sich selbst beanspruchen. Der Thron
wird als vakant erklärt, und alles wartet gespannt auf die Niederkunft
der Königin. Ist es ein Mädchen, ist Philipp
König, ist es ein Junge, bleibt Philipp
außen vor. Komplotte und Intrigen am Hof sind nun die natürliche
und aufregende Folge. Es ist ein Junge, der am Tag seiner Geburt, dem 15.
November 1316, König ist: Jean I., Posthumus:
Johann
der Nachgeborene.
Fünf Tage später - wieder der Fünf-Tage-Rhythmus
- bei seiner Taufe, stirbt der neue König uner äußerst
verdächtigen Umständen. Wurde er während der Taufzeremonie
erstickt? Hat man ihm mit einer Nadel die Fontanelle durchstochen? Eine
alterprobte Herrin von Artois hat ihn übers Taufbecken gehalten. Gerüchte
gehen um: Hat man den Kind-König nicht vielleicht, vorsichtshalber,
durch einen anderen toten Jungen ersetzt? (In der Tat wird 40 Jahre später
ein Italiener auftreten, der behauptet, der Sohn Klementines
und Ludwigs zu sein). Die Thronfolge
steht jetzt an einem kritischen Punkt. Bislang hatten alle KAPETINGER-Könige
Söhne als direkte unbestrittene Nachfolger gehabt. Jetzt wäre
erstmals eine Tochter, Jeanne, die
Erbin. Sie ist die Tochter Ludwigs des Zänkers
und der Margarete, der Ehebrecherin,
was Philipp von Poitiers weidlich nützt.
In Eile und halber Heimlichkeit läßt er sich 1316 in Reims krönen.
Dann beruft Philipp V. nach Paris eine
Versammlung der Notabeln ein. Sie bestätigt seine Krönung und
erklärt, daß im Königreich Frankreich die königliche
Macht nicht in die Hände einer Frau fallen kann - das widerspricht
zwar der Übung in den benachbarten Reichen, aber die Universität
von Paris ratifiziert ihrerseits unter Bemühung zahlreicher sogenannter
wissenschaftlicher Belege diese Entscheidung. Sie wird in den künftigen
Jahrhunderten ein Präzedenzfall sein. Zwar gibt es bei Hofe eine Opposition,
aber die machtpolitischen Würfel sind gefallen.
Klementine verachtet
diese üblen Streitereien. Von den Intrigen eingeengt, ohne wirklichen
Einfluß auf den Gang der Dinge, verläßt sie den Hof und
zieht sich nach Avignon, 1318 dann in das Dominikanerkloster in Aix-en-Provence
zurück, wo sie den Schleier nimmt. Jahre später kehrt sie nach
Paris zurück und hat vielleicht die Genugtuung, im Januar 1322 Philipp
V., dann im Februar 1328 Karl IV. sterben
zu sehen. Sie selbst stirbt am 13. Oktober 1328
mit 35 Jahren. Sie
wird bescheiden im Jakobinerkloster bestattet.
Ehlers Joachim: Seite 231-235
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"Die Kapetinger"
Immerhin hat die Nachgiebigkeit des Königs und seiner
Berater zum Kompromiß geführt, der am 3. August 1315 die Reimser
Krönung Ludwigs X. und seiner
zweiten Gemahlin Clementia von Anjou,
Tochter König Karls I. von Ungarn,
erlaubte.
Königin Clementia
unterrichtete den künftigen Nachfolger ihres Gemahls offiziell von
ihrer Schwangerschaft und eine große Adelsversammlung, an der die
Onkel und der Bruder Philipps teilnahmen,
bestätigte ihn noch am selben Tage die Regentschaft und sehr wahrscheinlich
auch die Nachfolge im Königtum für den Fall, daß Clementia
eine Tochter Zur Welt bringen würde.
Johannes XXII. bestätigte Philipps
Königsfähigkeit durch den im voraus erteilten Dispens für
eine Heirat des noch ungeborenen Kindes der Königin-Witwe
Clementia mit einem Kind Philipps;
sollte Clementias Kind eine Tochter
sein, wäre ihr zukünftiger Gemahl Philipps
erstgeborener Sohn [Persönlicher Einwurf: Diese Ehe zwischen Cousin
und Cousine wäre Inzest in Reinkultur.]. Noch aber war
Philipp nicht am Ziel, vielmehr schien alles vergebens gewesen
zu sein, als Clementia in der Nacht
vom 13. auf den 14. November 1316 mit einem Knaben niederkam, der den Namen
Johann erhielt. Das Kind starb aber schon sechs Tage nach der
Geburt.
Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Seite 235,238
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"Die französischen Könige des Mittelalters.
Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."
In der Zwischenzeit geleiteten Beauftragte Ludwigs
X. die für dessen zweite Ehe vorgesehene Frau, Clementia
- eine Tochter des dem Hause ANJOU
angehörenden ungarischen Königs - nach Frankreich. Die erste
Frau, Margarete, war im letzten Regierungsjahr
Philipps IV.
ebenso wie die Frau Philipps von Poitiers
wegen Ehebruchs im Chateau Gaillard eingekerkert worden, wo sie im Fraühjahr
1315 starb So stand der Hochzeit des Königs mit Clementia,
die am 31. Juli stattfinden sollte, nichts mehr im Wege; nach der Trauung
begab sich das Paar nach Reims, wo der Erzbischof am 3. August die Salbung
und Krönung vornahm.
In Paris bestellte eine Versammlung der Großen
Philipp sogleich zum Regenten für die Königreiche
Frankreich und Navarra, mit der Maßgabe, daß die Regentschaft
fortdauern sollte, falls die Königin-Witwe
Clementia einen Sohn zur Welt brächte.
Inzwischen schenkte Clementia
in der Nacht vom 13. zum 14. November einem Sohn, der den Namen Johannes
erhielt, das Leben, der jedoch bereits am 19. November starb.
31.7.1315
oo 2. Ludwig X. der Zänker König
von Frankreich
4.10.1289-5.6.1316
Kinder:
Johann I.
13./14.11.1316-19.11.1316
Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 231-235,243 - Ehlers
Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die
französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII.
888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 231,235,238 - Favier,
Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche
Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 282 - Treffer Gerd: Die französischen
Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)
Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 168-170 -