Begraben: St-Denis
3. Sohn des Königs Philipp
IV. der Schöne von Frankreich und der
Johanna von Navarra, Tochter von König
Heinrich I. der Dicke
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 974
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Karl IV. (Charles le Bel), König von Frankreich
1322-1328
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getauft am 18. Juni 1294, + 1. Februar 1328
Creil
Vincennes
1. oo Blanche de Bourgogne, die er 1314 verstieß (sie beschloß 1326 ihr Leben im Konvent von Maubuisson)
2. oo 1322 (nach offizieller Annullierung der 1. Ehe) Maria von Luxemburg (+ 1324)
3. oo Jeanne d‘Evreux
Da Karl IV. nur Töchter
hatte, ging das Königtum über seine Erbtochter Blanche
an Philipp VI. von
Valois über [Richtigstellung: Blanche,
die Tochter Karls IV., war nicht mit Philipp
VI. von Valois, sondern mit dem Grafen Philipp
von Orleans verheiratet. Philipp VI. folgte
als nächster männlicher Agnat, da Frauen ausdrücklich als
Überträgerinnen von Thronrechten ausgeschlossen wurden.].
- Karl IV., der dritte Sohn König
Philipps IV. des Schönen, war seit 1314 Graf von der
Marche und folgte als König 1322 seinen Brüdern Ludwig
X. und Philipp V. nach.
Im Innern wurde unter seiner Regierung eine Reorganisation des Finanzwesens
und der Verwaltungsinstitutionen des Finanzwesens vorgenommen; der Weg
hierfür führte durch Hinrichtung des Tresoriers Philipps
V., Giraud Guette, und Konfiskation seiner Güter freigemacht.
Unter den "causes celebres" der Zeit Karls IV.
waren auch Prozesse gegen Amaury von Narbonne (1323), dem der König
verzieh, und Jourdain de 'Isle (1325), den er henken ließ.
Im übrigen wurde die Politik unter Karl
IV. dem Schönen von den Spannungen mit England, im Vorfeld
des Hundertjährigen Krieges, bestimmt. Sie kulminierten in der Guerre
de St-Sardos, ausgelöst durch Grenzzwischenfälle, und in der
Konfiskation und Besetzung des Herzogtums Guyenne (1324), die Karls
Onkel Karl von Valois durchführte.
Nachdem nur Bordeaux, Bayonne und St-Sever in englischer Hand verblieben
waren, wurde nach mühsamen Verhandlungen durch päpstliche Vermittlung
1325 ein Vertrag beschlossen, der die Rückgabe des Herzogtums Guyenne
an England vorsah, doch sollten die Amtsträger (mit Ausnahme der Kastellane)
nicht mehr vom König-Herzog, sondern vom König von Frankreich
ernannt werden. Den Lehnseid sollte nicht der König von England selbst,
sondern Prinz Eduard III. leisten.
Nicht zuletzt wegen der Einbehaltung großer Gebiete durch Frankreich
(vor allem des Agenais) lehnte König Eduard
II. schließlich die Annahme des Herzogtums ab und desavouierte
so seinen Sohn. Erst nach dem Sturz Eduards II.
wurde
das Herzogtum Guyenne von Eduard III.
gegen Versprechen einer Kriegsentschädigung, in Besitz genommen (31.
März 1127). In Flandern sah sich Karl IV.
der Schöne gegen die heftigen Aufstände zu erneutem
militärischen Eingriefen veranlaßt. Das von ihm 1325 in St-Omer
versammelte Heeresaufgebot (ost) kam wegen des Friedensschlusses
von Arques jedoch nicht zum Einsatz.
Karls IV. zweite
Ehe mit der LUXEMBURGERIN
Maria bildete für einige
Gruppierungen am Hofe den Anlaß, die politische Orientierung stärker
auf Kaiser LUDWIG DEN BAYERN, der in
heftigem Konflikt mit Papst Johannes XXII. stand, zu richten.
Verwandtschaft mit Johanna von Evreux
Philipp III. der Kühne
3.4.1245-5.10.1285
1. oo Isabella von Aragon
1243-28.1.1271
2. oo Maria von Brabant
1256-12.1.1321
---2.---------------------------------------------------------------------------------------------1.----
Ludwig I. Graf von Evreux
Philipp IV. der Schöne
5.1276-19.5.1319
1268-29.11.1314
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Philipp
III. König von Navarra
Johanna
oo 3. Karl IV. der Schöne
Ludwig X. der Zänker
1301-16.9.1343
1310-4.3.1370
1295-1.2.1328
4.10.1289-5.6.1316
---
Johanna von Franmkreich
28.1.1311-6.10.1349
21.9.1322
2. oo Maria von Luxemburg, Tochter des Kaisers
HEINRICH VII.
1304-25.3.1324
5.7.1325
3. oo Johanna von Evreux, Tochter des Grafen Ludwig
1310-4.3.1370
Cousine
Kinder:
1. Ehe
Philipp
vor 5.1.1314- vor 24.3.1322
Johanna
-17.5.1321
2. Ehe
Ludwig
3.1324- 3.1324
3. Ehe
Johanna
vor 11.5.1326- vor 16.1.1327
Marie
1327-6.10.1341
Blanka
1.4.1328-7.2.1392
18.1.1344
oo Philipp Graf von Orleans
x 1.7.1336-1.9.1375
Literatur:
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Benker Gertrud: Ludwig der Bayer. Ein Wittelsbacher
auf dem Kaiserthron. Eugen Diederichs Verlag München 1997 Seite 192
- Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin
Köln 2000 Seite 223,232,235,238-245 - Ehlers Joachim: Geschichte
Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 198,201-203 -
Ehlers
Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die
französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII.
888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 203,231,245,248,251,
254 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft
1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 282,285 - Hoensch,
Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie
gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000
Seite 57,63,65,69,107 - Hundt, Barbara: Ludwig der Bayer. Der Kaiser
aus dem Hause Wittelsbach Bechtle Verlag Esslingen München 1989 Seite
110,166,169,171,2134,258,260 -
Le Goff Jacques: Ludwig der Heilige,
Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 230 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger.
Editions Rencontre Lausanne 1969 - Prutz Hans: Die Ritterorden.
Mönche als Kämpfer, Helden, Abenteurer Bechtermünz Verlag
Berlin 1908 Seite 440,442 -
Schnith Karl: Frauen des Mittelalters
in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 285,287
- Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada
bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg
1996 Seite 162,166,170,173,175,181 -
Tuchmann Barbara: Der ferne
Spiegel. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995 Seite 52 -
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Seite 245-250
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"Die französischen Könige des Mittelalters"
KARL IV. (LE BEL, DER SCHÖNE)
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* 1295, + 1.2.1328
Vincennes
Begraben: 5.2.1328 in St-Denis
Vater: König Philipp IV.
Mutter: Johanna von Navarra
1314 Graf von La Marche
3.1.1322 König von Frankreich und Navarra
am 21.2.1322 zum König gekrönt
1. oo April 1307
BLANCHE,
Tochter des Pfalzgrafen Otto von Burgund und der Mathilde von Artois
+ 1326
Ehe am 19.5.1322 für ungültig erklärt; Blanche 1326 im Kloster Maubuisson gestorben
2. oo 21.9.1322
MARIE von Luxemburg, Tochter Kaiser HEINRICHS VII.
+ März 1324 (kurz nach Geburt des Sohnes Philipp, gestorben nach der
Taufe)
3. oo 5.7.1325
JOHANNA, Tochter des Grafen Ludwig von Evreux
+ 1371
Töchter:
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Johanna
* Mai 1325, als Kind gestorben
Blanche
* 1.4.1328, + 1392
oo 1345 Herzog Philipp von Orleans
Philipp V. starb ohne
Thronerben; aber es lebte noch ein jüngerer Bruder, der 1295 geborene
Karl,
der von seinem Vater die Grafschaft La Marche als Apanage erhalten
hatte. Auf Grund der Regelungen nach dem Tode Ludwigs
X. war klar, dass er als letzter der drei Söhne Philipps
IV. die Königswürde übernehmen würde. Karl
IV., der wie sein Vater den Beinamen "der Schöne"
erhielt, wurde bereits am 21. Februar 1322 in Reims gekrönt. Er hatte
1308 Blanche, die Tochter des Pfalzgrafen von Burgund und der Mathilde
von Artois, geheiratet. Sie war wie ihre Schwester
Johanna, die Frau Philipps des Langen,
Anfang 1314 eingekerkert worden. Ehebruch konnte nach damaligen Recht kein
Grund für eine reguläre Ehescheidung sein; andererseits war aber
für Karl IV., den jüngsten
der Söhne Philipps des Schönen,
nach dem söhnelosen Tod seiner beiden älteren Brüder im
Interesse der Weiterführung der Dynastie eine neue Eheschließung
dringend erwünscht. Man fand einen Ausweg: Dem Papst wurde mitgeteilt,
dass Mathilde, die Mutter Blanches,
Taufpatin Karls des Schönen gewesen
sei. Da nach kanonischem Recht Ehen zwischen Paten und Täufling als
unstatthaft galten, erklärte Johannes XXII. im Mai 1322 die Ehe des
Königs mit Blanche tatsächlich für ungültig,
so dass es jenem nunmehr möglich war, sich in rechtmäßiger
Weise erneut zu verheiraten. Bereits am 21. September 1322 fand die Hochzeit
mit Marie von Luxemburg, der Tochter
Kaiser
HEINRICHS VII. und Schwester
König
Johanns von Böhmen, statt. Blanche durfte den Kerker
im Chateau Gaillard verlassen und wurde in ein Kloster gebracht.
Die damit geknüpften Beziehungen zwischen der französischen
Herrscherdynastie und dem Haus LUXEMBURG
führten unter anderem dazu, dass der böhmische König seinen
ältesten Sohn, den damals 6-jährigen WENZEL,
für einige Jahre an den Pariser Hof schickte, um ihn dort erziehen
und in die Anfangsgründe der Wissenschaften einführen zu lassen.
Bei der 1323 in Anwesenheit Karls IV.
vollzogenen Firmung des böhmischen Königssohns erhielt dieser
zusätzlich den Namen seines Firmpaten. Unter diesem Namen ist er als
Kaiser
KARL IV. in die Geschichte eingegangen. Überdies wurde
er damals mit einer Tochter Karls von Valois verheiratet.
Karls des Schönen Gemahlin
Maria
brachte zwar im März 1324 auf der beschwerlichen Rückreise von
einem Aufenthalt der königlichen Familie in Toulouse vorzeitig einen
Sohn zur Welt; aber dieser starb ebenso wie die Königin selbst wenige
Tage nach der Geburt. Bereits am 5. Juli 1324 verheiratete sich Karl
der Schöne
erneut, mit Johanna,
der Tochter des Grafen Ludwig von Evreux,
deren Bruder Philipp mit der gleichnamigen
Tochter König Ludwigs X. vermählt
war.
Die Übernahme der Königsherrschaft durch Karl
IV. war erneut mit Veränderungen im Kreis der engeren Berater
des Herrschers verbunden. Karl von Valois gewann
abermals größeren Einfluß, ebenso dessen Sohn Philipp;
auch der unter Ludwig X. als Kanzler
tätige Etienne de Mornay trat wieder in den Vordergrund. Dafür
verringerte sich der Einfluß der Juristen und Fachleute der Chambre
des comptes. Ein veränderter Regierungsstil zeigt sich auch darin,
dass sogleich 1322 - im Gegensatz zu den Bemühungen
Philipps V. um eine stabile Münze - eine Münzverschlechterung
vorgenommen wurde, um dem Fiskus zusätzliche Einnahmen zu erschließen.
Überdies haben Karl IV. und seine
Berater im Unterschied zum vorherigen König darauf verzichtet, überregionale,
große Versammlungen der Stände, insbesondere von Vertretern
der Städte, einzuberufen. Um Subsidien zu erlangen, beschränkte
man sich auf die üblichen Verhandlungen im Rahmen der einzelnen bailliages
und senechaussees. Das bedeutete wohl einen gewissen Gewichtsverlust der
bonnes villes im Rahmen des Kräftespiels der französischen Monarchie.
Eine wichtige Rolle in der Regierungszeit Karls
des Schönen spielten die Beziehungen zum englischen
König Edward II. Dieser mußte nach lehnrechtlichem
Brauch dem neuen französischen König für das Herzogtum Guyenne
das homagium leisten, und Karl IV.
hatte ihn bereits im September 1323 hierzu aufgefordert. Während Edward
II. diesen für einen souveränen König demütigenden
Akt hinauszuzögern suchte, spitzte sich die Situation im Grenzbereich
des englischen Besitzes im Süden Frankreichs zu. Der französische
König veranlaßte die Anlage einer befestigten Siedlung beim
Priorat St-Sardos im westlichen Agenais. Aber Krieger des englischen Herrschers
zerstörten im November 1323 diese Siedlung, wobei der in der Nähe
ansässige Herr von Montpezat eine führende Rolle spielte. Als
Verhandlungen ergebnislos geblieben waren, erklärte Karl
IV. das Herzogtum Guyenne ebenso wie die im englischen Besitz
befindliche Grafschaft Ponthieu (an der Mündung der Somme) für
konfisziert. Im Juli 1324 brach ein französisches Heer unter Führung
des Grafen Karl von Valois nach Süden
auf. Es vermochte große Teile des Agenais zu besetzen; die Burg
Montpezat wurde zerstört, und auch die am Unterlauf der Garonne
nur etwa 50 km von Boprdeaux entfernt gelegene Stadt La Reole fiel in französische
Hand. Darauf wurde im September ein Waffenstillstand bis Ostern nächsten
Jahres geschlossen; nur begrenzte Gebiete um Bordeaux und Bayonne
blieben währenddessen unter englischer Herrschaft.
Im folgenden Frühjahr erschien die englische
Königin Isabella, die Schwester Karls
IV., in Frankreich, um zu vermitteln. Unter Mitwirkung päpstlicher
Legaten einigte man sich darauf, dass nach Leistung des homagium durch
den englischen König diesem die eroberten Gebiete zurückzugeben
seien. Als jedoch Edward II. zum angesetzten
Termin im August 1325 nicht erschien, fand man eine neue Lösung: Edward
II. übergab das Herzogtum Guyenne seinem gleichnamigen
Sohn, der sodann dem französischen König das homagium für
dieses Gebiet leisten sollte, so dass dem englischen König dieser
Akt erspart blieb. Tatsächlich erschien der englische Kronprinz im
September in Vincennes, um Karl IV. zu
huldigen. Da dieser aber vorerst die in der Gascogne eroberten Gebiete
nicht zurückgab, hielten die Spannungen weiter an. Erst nach dem Sturz
des englischen Königs und der Thronbesteigung Edwards
III. am 1. Februar 1327 wurde am 31. März wiederum unter
der Vermittlung päpstlicher Legaten ein Friedensvertrag vereinbart,
wodurch - gegen die Zahlung einer beträchtlichen Geldsumme an den
französischen König - die besetzten Gebiete wieder unter englische
Herrschaft kamen.
Während der Verhandlungen im Frühjahr 1325
erwartete Königin Johanna ihr
erstes Kind. Da man am französischen Königshof dringend auf einen
Thronfolger wartete, wurden Astronomen bemüht, die wunschgemäß
die baldige Geburt eines Sohnes prognostizierten. "Aber" - so heißt
es in den königsnahen Grandes Chroniques - "Gott ordnet die Dinge,
wie es ihm gefällt". Kurz vor Pfingsten wurde eine Tochter geboren.
Der 1324 in der Gascogne ausbrechende Krieg stellte auch
Karl
den Schönen vor die Aufgabe, zusätzliche finanzielle
Mittel einzutreiben. Zuerst wurden in den südlichen, an das Herzogtum
Guyenne grenzenden Gebiete, dann auch im Norden königliche Beauftragte
tätig, die in den einzelnen senechaussees und bailliages über
die Gewährung von Subsidien verhandelten. Ende 1324 wurden Exportzölle
eingeführt. Darüber hinaus machte die königliche Regierung
seit Januar 1325 verstärkt von einem weiteren Mittel Gebrauch, Gelder
für den Fiskus zu erlangen. Seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert waren
wiederholt Strafgelder für die ungenehmigte Veräußerung
von Lehnsbesitz an Nicht-Adlige und an kirchliche Institutionen erhoben
worden, um einer Reduzierung der Lehnsverpflichtungen entgegenzuwirken.
Von der Eintreibung derartiger Strafgelder, die als francfief und amortissements
bezeichnet wurden, hatte unter anderem auch König
Philipp V. Gebrauch gemacht. Nunmehr entsandte Karl
IV. systematisch enqueteurs-reformateurs mit umfassenden Vollmachten.
Sie sollten vor allem Strafgelder für unrechtmäßige Lehnsveräußerungen,
aber auch für Verstöße gegen das Wucherverbot eintreiben.
Während die erstmals von König Ludwig
IX. ausgesandten enqueteurs vor allem Übergriffe von königlichen
Amtsträgern gegenüber den Untertanen geahndet hatten, traten
sie nunmehr als zusätzliche Geldeintreiber auf, was naturgemäß
dazu beitrug, dass die ursprüngliche Popularität dieser königlichen
Beauftragten schnell schwand. Aber gerade in Friedenszeiten, in denen keine
außerordentlichem Steuern erhoben werden konnten, erwiesen sich diese
zusätzlichen Kontrollen seitdem als eine gern genutzte Einnahmequelle.
Von den Bemühungen Karls
IV., die fiskalischen Potenzen der königlichen Domäne
besser zu erschließen, zeugt ein offenbar in den letzten Monaten
des Jahres 1327 in Auftrag gegebenes, 1328 fertiggestelltes Verzeichnis
der Pfarrgemeinden und Herdstellen des königlichen Machtbereiches.
Gegliedert nach bailliages und senechaussees wird darin bis auf geringfügige
Lücken die gesamte königliche Domäne erfaßt, in der
es demnach annähernd 24.000 Pfarreien und knapp 2,5 Millionen Herdstellen
(mit je ca. 4 bis 5 Personen gab).
Um Weihnachten 1327 erkrankte der König plötzlich.
Eine seiner letzten Handlungen war ein folgenreicher Besitztausch. Karl,
auf der Burg Clermont im Beauvaisis geboren, erwarb am 27. Dezember
vom Grafen Ludwig von Clermont, der
einer auf Ludwig IX. zurückgehenden
Linie des Königshauses angehörte und auch über die südlich
der oberen Loire gelegene Herrschaft Bourbon verfügte, dessen Grafschaft;
dafür überließ er ihm die an die Seigneurie Bourbon grenzende
Grafschaft La Marche, die vor seiner Thronbesteigung seine eigene Apanage
gewesen war. Den neuen Besitzkomplex in der Hand einer Seitenlinie des
kapetingischen
Königshauses erhob
Karl IV. zum
Herzogtum und den Inhaber dieses neuen Herzogtums Bourbon zugleich in den
Rang eines Pair. Damit war eine für die weitere Entwicklung Frankreichs
bedeutende Herrschaft geschaffen.
Wenige Wochen später, am 1. Februar 1328,
starb Karl IV. in Vincennes im Alter
von nur 32 Jahren. Er hinterließ eine Witwe, die erneut schwanger
war. Würde sie einen Sohn zur Welt bringen, dann wäre dessen
Thronfolge völlig selbstverständlich. Andernfalls aber müßten
sich beträchtliche Probleme ergeben, da diesmal kein weiterer Bruder
vorhanden war, der einen nahen Erbanspruch hätte geltend machen können.
Das kapetingische Königshaus war
in direkter männlicher Linie vom Aussterben bedroht.
Im Vergleich zu seinem ideenreichen, ständig neue
Maßnahmen einleitenden Vorgänger wirkt die Gestalt
Karls IV. ungeachtet der Erfolge in der Auseinandersetzung mit
Edward
II., dessen schwache Position er nur maßvoll ausnutzte,
etwas farblos. Aber angesichts der kurzen Regierungszeit aller drei Söhne
König
Philipps IV. ist es nicht verwunderlich, dass sie keine weiterreichenden
Zielvorstellungen entwickelten und in die Realität umsetzten. Insbesondere
die Finanzierung einer bereits sehr weitgehend zentralisierten Monarchie
stellte die Herrscher in einer Zeit, da das alte Lehnsaufgebot für
eine erfolgreiche Kriegsführung nur mehr bedingt brauchbar war, vor
schwer lösbare Probleme.