Tochter des Pfalzgrafen Otto IV. von Burgund und
der Mathilde von Artois, Erb-Tochter
von Graf Robert II.
Treffer Gerd: Seite 174-175
***********
"Die französischen Königinnen. Von Bertrada
bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"
BLANCHE VON ARTOIS - die dritte Schwiegertochter
* um 1294, + April 1326
Maubuisson
Erste Gemahlin Karls IV. des Schönen (* 1294; König: 1322-1328) Heirat 1308 Corbeil
Philipp V. der Lange
ist erbenlos gestorben. Nachfolger auf Frankreichs Thron wird daher sein
jüngerer Bruder: Karl
de la Marche. Er ist der Mann der dritten affärenbelasteten
Schwiegertochter Philipps des Schönen.
Seine Heirat mit Blanche, der lebensfrohesten,
unbekümmertsten des unseligen Trios, war am 28. Februar 1299 im Vertrag
von Longchamp - zur gleichen Zeit wie die Ehen ihrer älteren SchwesterJohanna
(der zuletzt beschriebenen Königin) und ihrer Cousine
Margarete
-
beschlossen worden. 1308 hatte sie, die jüngste der drei,
Karl,
den jüngsten der drei Söhne
Philipps
IV. des Schönen, in Corbeil geheiratet. Sie ist die Tochter
Ottos
von Burgund und Mahauts von Artois.
Karl ist ein Prinz
von angenehmen Äußeren, aber ohne herausragende Persönlichkeit.
Das junge Paar verlebt gemeinsam einige unbeschwerte Jahre. Dann läßt
sich Blanche von Margarete,
ihrer Schwägerin und Cousine beeinflussen, liiert sich mit Philipp
d'Aulnay und erleidet das bekannte Schicksal.
Ihr Mann fordert sofort die Annullierung der Ehe. Ehebruch
ist aber nach den römischen Ansichten kein Scheidungsgrund. Und da
das Paar eine Tochter hat, kann auch ein Nichtvollzug der Ehe nicht geltend
gemacht werden. Zehn Jahre lang ist Blanche Gefangene
im Kerker von Chateau-Gaillard. Was weiß sie über den Tod ihrer
Leidensgefährtin Margarete? Den
gleichen erniedrigenden Haftbedingungen ausgesetzt, hat Blancheüberlebt.
Am 2. Januar 1322 wird ihr Mann als Karl IV.
zum König geweiht. Sie ist nun Königin. Wird er sie aus dem Verlies
befreien, um sie krönen zu lassen? Karl
denkt
nicht daran. Blanche hat ihm "nur"
eine Tochter geschenkt, und die französische Erbfolge hat sich in
letzter Zeit genügend verwirrt. Karl,
gestärkt durch seine Autorität als König, wendet sich erneut
an den Papst und argumentiert, daß Blanches
Mutter
Mahaut
auch seine Patin ist, was in den Augen der Kirche doch wohl eine Art Inzest
darstelle. Nach neuerlichen Demarchen verkündet Papst Johannes XXII.
am 19. Mai 1322 die Auflösung der Ehe. Das widerspricht zwar bislang
hochgehaltenen päpstlichen Prinzipien, befreit aber Blanche
aus der Haft. Sie zieht sich, man bezeichnet das als extremen Gunstbeweis,
in die Abtei Maubuisson zurück, wo schon ihre Tochter begraben ist
und wo sie 1325 den Schleier nimmt.
Im folgenden April stirbt sie mit 32 Jahren, erschöpft
von den Folgen einer zehnjährigen Einkerkerung. Wohl selten hat eine
Frau eheliche Untreue so teuer bezahlt.
Und Karl der Schöne,
den man auch Karl den Gerechten nennt,
weil er das geheiligte Recht all seinen Betrachtungen voranstellt - und
deshalb auch nicht als Karl den Gütigen,
denn kalte Gerechtigkeit kann grausam sein - sit frei für eine neue
Gemahlin.
Ehler Joachims/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Seite 245
*******************************************
"Die französischen Könige des Mittelalters"
Karl IV. hatte 1308 Blanche, die Tochter des Pfalzgrafen von Burgund und der Mathilde von Artois, geheiratet. Sie war wie ihre Schwester Johanna, die Frau Philipps des Langen, Anfang 1314 eingekerkert worden. Ehebruch konnte nach damaligen Recht kein Grund für eine reguläre Scheidung sein; andererseits war aber für Karl IV., den jüngsten der Söhne Philipps des Schönen, nach dem söhnelosen Tod seiner beiden älteren Brüder im Interesse der Weiterführung der Dynastie eine neue Eheschließung dringend erwünscht. Man fand einen Ausweg: Dem Papst wurde mitgeteilt, dass Mathilde, die Mutter Blanches, Taufpatin Karls des Schönen gewesen sei. Da nach kanonischem Recht Ehen zwischen Paten und Täufling als unstatthaft galten, erklärte Johannes XXII. im Mai 1322 die Ehe des Königs mit Blanche für ungültig, so dass es jenem nunmehr möglich war, sich in rechtmäßiger Weise erneut zu verheiraten. Blanche durfte den Kerker im Chateau Gaillard verlassen und wurde in ein Kloster gebracht.
Mexandeau Louis: Seite 496
***************
"Die Kapetinger"
Anfang 1314 erschütterte ein beträchtlicher Skandal den Hof von Frankreich, den später Romanschreiber ausschlachten sollten. Auf Grund von vielleicht verleumderischen Bezichtigungen, die möglicherweise das Werk der bösartigen Königin Isabella waren, wurden zwei der drei Schwiegertöchter des Königs des Ehebruchs beschuldigt. Philipp hätte eine Affäre vertuschen können, die seine Söhne lächerlich machte. Aber die hohe Vorstellung, die er von seinem Amt hatte, seine Bindung an den monarchischen, dynastischen und religiösen Gedanken, sein Wille, die Übeltäter bis in die eigene Familie zu verfolgen, bewirkten, daß seine drei Schwiegertöchter, Margarete, die Gattin Ludwigs des Eigensinnigen, Johanna, mit Philipp dem Langen verheiratet, und Blanka, die Schwester Johannas und Frau Karls von Marche, verhaftet wurden. Man gab bekannt, daß Margarete und Blanka des flagranten Delikts der verbotenen Beziehungen mit zwei Rittern der königlichen Hofhaltung, Philipp und Walter von Aunay, überführt seien. Was Johanna betrifft, so beschränkte sie sich darauf, das Verbrechen zu leugnen. Die zwei Liebhaber wurden auf grausamste Weise sehr bald hingerichtet. Vo den zwei Prinzessinnen starb Margarete sehr bald an den Härten des Gefängnisdaseins, Blanka traf das Los einer langen Gefangenschaft, die durch erzwungene Scheidung und Eintritt in ein Kloster endete. Waren sie schuldig? Die Lösung dieser Frage muß Rätselliebhabern überlassen bleiben. Bezeichnend ist, daß der häusliche Skandal und die Hinrichtung der Oberhäupter des Templerordens zur gleichen Zeit stattfanden. Sie bezeugen die Zerrüttung in diesem letzten Jahr der Regierung, wo sich die Monarchie in zahllosen Schwierigkeiten befand.
Ehlers Joachim: Seite 223,232,238
*************
"Die Kapetinger"
Alle drei Söhne waren verheiratet: Der Thronfolger
mit Margarete von Burgund, Tochter
Herzog
Roberts II., Philipp und
Karl
mit den Schwestern Johanna
und Blanche,
Töchter
Pfalzgraf Ottos V. von Burgund.
Philipp der Schöne
brachte die männliche Linie des kapetingischen
Hauses jedoch durch eine Grausamkeit in Gefahr, mit der er nicht
lange vor seinem Tod die allgemein bekannten Ehebruchsaffären seiner
Schwiegertöchter behandelte. Im Mai 1314 ließ er die Damen einkerkern;
Philippe
und Gautier d'Aulnay, von Margarete
und
Blanche
lange
Zeit als Liebhaber gehalten, wurden am 19. Mai in Pontoise "auf öffentlichem
Platz für alle sichtbar bei lebendigem Leibe gehäutet und ihnen
die Männlichkeit mit den Geschlechtsteilen abgeschnitten; nachdem
man ihnen die Köpfe abgehauen hatte, wurden sie zum städtischen
Galgen geschleift und, aller Haut entblößt, an den Schultern
und den verflochtenen Armen aufgehängt". Während
Johanna
nach mehrmonatiger Gefangenschaft wegen erwiesener Unschuld ihre Freiheit
erlangte, brachte man die Gemahlinnen des Thronfolgers und seines Bruders
Karl von La Marche, kahlgeschoren und in grobe Gewänder
gekleidet, ins Chateau Gaillard, wo Margarete
in einem offenen Turmgelaß gegen Ende des Winters 1314/15 erfroren
ist. Blanche wurde nach zehn Jahren
Haft ins Zisterzienserkloster Maubuisson verlegt und starb dort 1326.
Fragt man nach den Gründen, die den König zu
seiner Handlungsweise veranlaßt haben, so kann man aus der Brutalität
des Vorgehens auf die Bedeutung schließen, die er der Sache beimaß.
Offenbar berührte die Affäre das Selbstverständnis der Dynastie
und des Königtums im Kern, verletzte eine in Generationen entwickelte
Aura, zwang einen in dieser Hinsicht besonders sensiblen Monarchen zu erschreckenden
Reaktionen.
Ludwig von Evreux war
demgegenüber nur ein Halbbruder Philipps
des Schönen und Karl von La Marche
litt an dem dynastischen Makel, daß sein Sohn
Philipp am 5. Januar 1314 geboren war, kurz vor der Entdeckung
des fortgesetzten Ehebruchs seiner Mutter Blanche.
Um jeden Zweifel an der Legitimität erhoffter Nachkommen
auszuschließen, sorgte der neue König sogleich dafür, daß
seine Ehe mit der im Chateau Gaillard gefangengehaltenen Blanche
von Burgund geschieden wurde. Das war indessen nur schwer möglich,
weil das kanonische Recht Ehebruch nicht als Schweidungsgrund anerkannte,
deshalb auch den unschuldigem Teil eine neue Ehe verbot und zwischen Ehebruch
der Frau oder des Mannes keinen Unterschied machte. Gern angeführte
Ehehindernisse auf Grund von Blutsverwandtschaft ließen sich
in diesem Fall nicht finden, so daß man auf das Argument der geistlichen
Verwandtschaft durch die Taufe verfiel und dem Papst vortrug, daß
Blanches
Mutter Mathilde die Patin Karls
von La Marche gewesen sei. Daraufhin löste Johannes XXII.
die Ehe auf.
Pernoud Regine: Seite 27
*************
"Die Kapetinger"
Besonders markant war schließlich jenes obskure
und die gesamte Dynasie entehrende Drama, als der König seine drei
Schwiegertöchter festnehmen ließ. Margarete
und Blanka von Burgund wurden des Ehebruchs
mit zwei Rittern, Philippe und Gautier d'Aunay, bezichtigt und die
dritte, Johanna, der Komplizenschaft
mit ihnen.
Und hier betritt eine Gestalt die Bühne, über
die noch wenig bekannt ist: Philipps
eigene Tochter Isabella, von den Engländern
"die französische Wölfin" genannt. Sie war mit dem englischen
König Eduard II. verheiratet, den sie am 21. September
1327 mit Beihilfe ihres Geliebten, des berühmten Mortimer, unter schrecklichen
Umständen zu Tode brachte, nachdem sie ihn zur Abdankung gezwungen
hatte. Jene Isabella, deren ungeheuerliche
Handlungsweise im gesamten Abendland Ärgernis erregte, war es auch,
die die drei Schwiegertöchter ihres Vaters bei ihm anklagte.
Wenck Karl: Seite 49
***********
"Philipp der Schöne von Frankreich seine Persönlichkeit
und das Urteil der Zeitgenossen"
Ebenso wie in diesem Fall möchte ich einen Ausdruck persönlicher Entschließung, gleicher unbeugsamer Willensstärke in dem Verfahren sehen, welches Philipp im Jahre 1314 gegen seine drei Schwiegertöchter, die der ehelichen Untreue bezichtigt waren, eröffnete (Langlois-Lavisse III, 212 s.). Ob sie schuldig waren, wie die mit der Folter erpressten Zeugnisse wissen wollten, ist nicht zu sagen. Wer aber hätte den König, der sich ja nicht scheute, durch sein fiskalisches Regiment die öffentliche Meinung gegen sich leidenschaftlich zu erregen, hindern wollen die Anschuldigungen niederzuschlagen. Ich sehe in der Entschließung, den Prozeß ins Werk zu setzen und dem Unheil seinen Lauf zu lassen, obwohl für die Fortsetzung der Dynastie daraus schwerer Schaden entstehen konnte, denn Untreue galt nicht als Scheidungsgrund, den persönlichen Tribut des Königs an die Institutionenn des Inquisitionsprozesses, dem soeben durch sein Wirken der Tempelorden verfallen war. Philipp glaubte den Beschuldigungen und den erpressten Aussagen in dem einen wie in dem anderen Falle, er hätte gemeint die Ehre der königlichen Familie preiszugeben, wenn er anders gehandelt hätte. Aber dass er so handeln mußte, ist ihm wohl ebenso schwer gefallen, als ein Herrscher ähnlicher Geistesrichtung König Philipp II. von Spanien hart gelitten hat unter der unheimlichen Notwendigkeit aus Staatsrücksichten die Existenz seines Sohnes Don Karlos hinter Schloß und Riegel zu verkürzen. Auch wenn es jene Steintafel zu Ehren Johannas von Navarra nicht versicherte, dass sie dem König lieb war, müssen wir es unbedingt aus ihrem engen Zusammenleben schließen. Von den Gemütsbewegungen aber, welche ihm die Schande im eigenen Hause im letzten Jahr seines Lebens verursachte, haben wir vielleicht ein Zeugnis in den Worten des Abtes von St. Denis, dass der König von vielen Kriegen und mannigfachen Ereignissen bedrücktes Gemüt Erhebung und Trost begehrte (siehe oben Seite 22, Delisle l. c. p. 262). Seine Trauer um die mit 32 Jahren aus dem Leben geschiedene Gattin bezeugte er auch durch die Tat, indem er trotz seiner Jugend keine zweite Ehe einging, und für die Behauptung Nogarets, dass nie jemand den Ruf seiner Sittlichkeit anzutasten wagte, dürfen wir darauf hinweisen, dass auch in der Überlieferung nirgends der leiseste Schatten auf das Privatleben des Königs fällt.
Dufour: Band I Seite 174-176
*******
"Weltgeschichte der Prostution von den Anfängen
bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts"
Die unter den Nachfolgern Ludwigs
des Heiligen so wohlgeordnete und reglementierte Prostitution
hatte allmählich ihre Herrschaft immer weiter ausgedehnt und die Sitten
waren mit der Zeit so locker geworden, dass die drei Schwiegertöchter
Philipps
des Schönen, Margarethe, Königin
von Navarra, Johanna, Gräfin von
Poitiers und Blanca, Gräfin de
la Marche zu gleicher Zeit des Ehebruchs angeklagt und auf Befehl
des Königs in demselben Gefängnis, Chateau-Gaillard, eingesperrt
wurden. Der Prozess wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt,
sodass nicht bekannt wurde, um welche Ausschweifungen es sich eigentlich
handelte; nur eine, Johanna von Burgund,
die Gemahlin des Grafen Philipps von Poitiers
wurde
ins Schloss Dourdan übergeführt, wohin ihr Gemahl eilte, um ihr
die Freiheit, wenn nicht die Ehre wiederzugeben. Margarethe,
die am wenigsten Schuldige der drei Schwestern, wurde im Gefängnis
erdrosselt aufgefunden, und Blanca
wurde nach ihrer Freilassung von ihrem Gemahl verstossen und in das Kloster
Maubouisson gesteckt. Im Volke schrieb man den drei Frauen die fürchterlichsten
Ausschweifungen zu; man sagte, dass sie sich alle drei in das Schloss Nesle,
ausserhalb der Ringmauern von Paris, dort wo sich jetzt das Gebäude
des Instituts von Frankreich erhebt, das damals der Gräfin von Poitiers
gehörte, einquartierten, um gemeinsam mit Studenten, die ihnen infolge
ihrer Schönheit aufgefallen waren, Unzucht zu treiben. Die armen Kerle
seien danach immer entweder vergiftet oder erdolcht worden, die Leichen
habe man in den Fluss geworfen. Zwei Offiziere aus dem Hofstaate dieser
Prinzessinnen, die Brüder Philipp und Gautier de Launay, wurden
in Pontoise im Jahre 1314 vor Gericht gestellt und zum Tode des Zerreissens
bei lebendigem Leibe verurteilt; das Urteil wurde auch ausgeführt
und die schrecklichen Überreste der beiden Männer wurden, wie
die der furchtbarsten Verbrecher, öffentlich am Galgen ausgestellt.
Eine Namensgleichheit und ein daraus entspringender Irrtum drohte einen
Augenblick sogar die Königin-Mutter in den Prozess zu verwickeln;
aber Johanna von Navarra hatte nie
einen Fuss in das Schloss Nesle gesetzt und vermochte sich leicht vor den
Richtern zu rechtfertigen. Aber die Verbrechen ihrer Schwiegertöchter
warfen doch auf sie ihren schwarzen Schatten und in der Phantasie des Volkes
lebt sie fort als die Heldin der schauerlichen Verbrechen im Turm von Nesle.
Robert Gaguin sagt in seinem Abriss der Geschichte Frankreichs: "Nach der
falschen und irrtümlichen Überlieferung hatte diese Königin
ihr Lager mit mehreren Studenten geteilt (aliquot scholasticorum concubitu
usam); um ihr Vergehen zu ververgen hat sie dann die jungen Männer
getötet und die Leichen durch ein Fenster ihres Zimmers in den Fluss
gestürzt. Ein einziger Student, Johann Buridan, entging durch einen
Zufall diesem Geschick und veröffentlichte darauf sein bekanntes Sophisma:
"Reginam interficere nolite, timere bonum est." Dieses Sophismua, das man
in der verschiedensten Weise deuten kann, ist des Gelehrten Buridan, den
die Universität Paris als Philosophie-Professor im 14. Jahrhundert
zu ihren Leuchten zählte, nicht recht würdig.
Die Geschichte von dem Turm von Nesle war in Paris so
allgemein bekannt und wurde so häufig erzählt, dass Brantome
ihrer in seinem Buche von den "Galanten Damen" Erwähnung tut. "Diese
Königin", so referiert er, "hielt im Schlosse von Nesle bei Paris
Hof und pflegte von den Vorübergehenden in ihr Haus zu rufen, wer
ihr wohlgefiel, gleich welchen Standes er war. Hatte sie dann von ihm erlangt,
was sie begehrte, so liess sie die unglücklichen Opfer von der Höhe
eines Turms, der heute noch (zu Brantomes Zeiten) steht, in die Fluten
des Stroms hinababstürzen. Ich will nicht behaupten, dass das wahr
ist, aber das Volk, wenigstens das von Paris erzählt es so."
Wenn diese Prinzessinnen tatsächlich so hinter jungen
Männern herliefen und sich Liebhaber und zugleich ihre Opfer auf den
Strassen suchten, so darf man wohl nicht mit Unrecht vermuten, dass sie
von ihren eigenen Männern vollständig vernachlässigt wurden.
Strayer Joseph R.
**************
"The Reign of Philipp the Faair"
Aus dem Englischen übersetzt von Peter Weiland
Ein weiteres Anzeichen dafür, daß die Beziehungen
zwischen Philipp und seinen Söhnen
nicht sehr eng war, ist die skandalöse Affaire um die Schwiegertöchter
des Königs. Im letzten Regierungsjahr beschuldigte Philipp
die Ehefrauen von Ludwig und Charles
des Ehebruchs und machte der Frau des jungen Philipp
den Vorwurf, die Fehltritte ihrer Schwägerinnen verheimlicht zu haben.
Ohne direkte Beweise war es unmöglich gewesen sicher zu sein, jedoch
muß Philipp völlig davon
überzeugt gewesen sein, bevor er die Angelegenheit zu einem öffentlichen
Skandal machte. Es wurde kein Versuch unternommen, die Affaire zu vertuschen.
Die Liebhaber der Prinzessinnen wurden unter grausamer Folter auf dem Marktplatz
von Pontoise hingerichtet, während die Frauen im Gefängnis eingesperrt
wurden. Jeanne, die Frau des jungen
Philipp, konnte ihre Unschuld beweisen
und wurde freigelassen. Die beiden anderen starben jedoch während
der Gefangenschaft.
Es ist schwer zu verstehen, warum Philip
sich entschied, seinen Söhnen eine solch deutliche Demütigung
zuzufügen. Sicherlich war er schockiert, denn er selbst hatte ein
keusches Leben geführt und welche Fehler auch immer an seinem Hofe
zu finden waren, außereheliche Beziehungen gehörten nicht dazu.
Er war geneigt, von jedem das schlechteste zu glauben,
was er deutlich im Umgang mit Boniface VIII. und im Fall der Templer zeigte.
Seine Frömmigkeit ihn zu der Überzeugung gebracht haben, daß
die königliche Familie ein Vorbild für anständiges Benehmen
sein sollte und daß Ehebruch durch ein Mitglied der Familie eine
spektakuläre Bestrafung verdiene. Was auch immer seine Gründe
waren, sein Verhalten zeugt von einem Mangel an enger Zuneigung zwischen
Vater und Söhnen.
Es kann sein, daß sich Philip
mit seiner Tochter Isabella enger verbunden
fühlte. Eine Geschichte, welcher Langlois Glauben schenkte, berichtet,
daß es Isabella war, die ihren
Vater als erste von den Fehltritten ihrer Schwägerinnen berichtet
hatte. Sicher blieb Philipp in engem
Kontakt mit ihr, nachdem sie Edward II. von England
geheiratet hatte und als Edward 1313
Paris besuchte, gewährte Philipp seinem
Schwiegersohn viele Gefälligkeiten, üblicherweise mit der Anmerkung,
daß Isabella darum für ihren
Mann gebeten hatte.
Aber sogar hier verbanden sich väterliche Zuneigung
mit Staatsräson zur gleichen Handlung. Etwa 1303, wenn nicht schon
früher, hatte Philipp entschieden,
daß er gute Beziehungen zu England brauchte, um freie Hand zu haben,
sich mit dem Papsttum, Flandern und den westdeutschen Prinzen zu befassen.
Gefälligkeiten für Isabella
waren somit genauso für politische, wie auch familiäreVerbindungen
notwendig.
i
1307
oo 1. Karl IV. der Schöne König von
Frankreich
1295-1.2.1328
Kinder:
Philipp
5.1.1314- vor 24.3.1322
Johanna
-17.5.1321
Literatur:
-----------
Dufour: Weltgeschichte der Prostution von den
Anfängen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts Eichborn GmbH & Co.
Verlag KG, Frankfurt am Main 1995 Band I Seite 174-176 - Ehlers
Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln
2000 Seite 223,232,238 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis
Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 136,245
- Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969
Seite 496 - Pernoud Regine: Die Kapetinger. in: Die großen
Dynastien. Karl Müller Verlag 1996 Seite 27 - Treffer Gerd:
Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette
(8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 174-175
- Wenck Karl: Philipp der Schöne von Frankreich seine Persönlichkeit
und das Urteil der Zeitgenossen Elwert'sche Verlags-Buchhandlung Marburg
1905 Seite 49 -