2. Sohn des Grafen Robert II.
von Dreux aus seiner 2. Ehe mit der Jolanthe
von Coucy, Tochter von Graf Rudolf I.; Urenkel von
König
Ludwig VI. von Frankreich
Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 1933
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Peter I. von Dreux (Pierre Mauclerc), Herzog von Bretagne
1213-1237
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+ 1250
Entstammte einer Seitenlinie der KAPETINGER, dem Hause DREUX
Seine 1212 geschlossene Heirat mitAlix
(Alice), der Erbtochter des bretonischen Herzogshauses,
erfolgte auf Wunsch König Philipps II. Augustus,
der Peter I.
als Bauer im Schach gegen
die rivalisierenden PLANTAGENET einsetzen
wollte. Von seinen Gegnern zu Unrecht als skrupelloser Mitgiftjäger
geschildert, war Peter I. Mauclerc
in Wahrheit ein kultivierter 'prince du sang', der als Gefährte des
Prinzen
Ludwig (VIII.) eine sorgfältige höfische und ritterliche
Erziehung genossen hatte, literarische Bildung besaß (Vorliebe für
Chanson de geste, satirische Dichtung und Andachtsbücher) und als
Fürst bedeutsame institutionelle und territoriale Innovationen durchführte.
Seine Persönlichkeit war durch lebhaftes und aufbrausendes Temperament
geprägt. Als 'baillistre' (Vormund, Regent) seines Sohnes betrieb
er mit Nachdruck die Zentralisierung der Herzogsgewalt, indem er die Apanage
des minderjährigen Heinrich von Penthievre zum großen Teil annektierte,
die herzogliche Machtposition in der Landschaft Leon ausbaute, die Rechte
schwacher oder verarmter Vasallen rigoros beschnitt und die Schutzherrschaft
über die Bischofskirchen sowie die Seigneurien, die von Minderjährigen
oder als Kinkellehen gehalten wurden, ausübte. Er verbot den Vasallen
den Befestigungsbau ohne seine ausdrückliche Erlaubnis, betrieb dagegen
auf seinen Domänen expansive Burgenpolitik. Den staatlichen Machtapparat
festigte er durch den Einsatz fähiger französischer Ratgeber,
so des Bischofs Rainaud; der Regierungstätigkeit
Peters wird die Verbesserung des Kanzlei- und Urkundenwesens
und der Jurisdiktion, aber auch die Intensivierung und Verschärfung
des Fiskalsystems (Einführung neuer Steuern, maltotes)
zugeschrieben. Er fungierte als Kreditgeber für König
Heinrich III. von England, Simon de Montfort und sogar Ludwig
dem Heiligen.
Seine aktive und expansive Politik stieß freilich
auch auf Gegnerschaft; wegen seiner Usurpation kirchlicher Rechte und Besitzungen
(Bainame Mauclerc 'schöner Kleriker') verfiel er zweimal der
Exkommunikation.
Als loyaler Vasall König
Philipps nahm er an den französischen Feldzügen im
Poitou und am Englandzug des Prinzen Ludwig (1216)
teil. Unter Ausnutzung der schwierigen Lage des Königreiches während
der Regentschaft der Blanca von Kastilien
war er führend an vier Feudalrevolten beteiligt (1227-1234) und leistete
das Homagium an den König von England; seine Felonie trug ihm vielfältige
Schwierigkeiten ein. Nach einer letzten Invasion des königlichen Heeres
untwerwarf er sich und gab die Vormundschaftsregierung an seinen nun volljährigen
Sohn Jean I. ab (1237). Der außergewöhnliche
Lebenslauf dieses bedeutenden Fürsten fand seinen Abschluß im
Kreuzzug Ludwigs des Heiligen; wärend
der Rückkehr aus Ägypten verstarb er.
Peter I. Mauclerc wurde 1213 durch das Eingreifen des königlichen Vetters Philipp II. August Herzog der Bretagne, 1218 Seigneur de Fereen-Tardenois, Pontarcy, Longjumeau, Braine-Comte-Robert und de Chailly, 1229 Graf von Richmond und damit auch englischer Vasall, eine Doppelvasallität, die er und die Nachfolger immer wieder auszunützen versuchten. Da er erst Geistlicher werden sollte, war er gut gebildet, aber ganz weltlich gesonnen. Er wurde ein furchtlos-martialischer, ränkevoller Politiker, ohne Besonnenheit und Maß, jedoch kurzsichtig-opportunistisch, ganz den Ritteridealen seiner Zeit ergeben. Seinen Beinamen bekam er, da er immer wieder die Kirche bedrängte, um deren Rechte einzuschränken ("mauvais clerc") und wurde deshalb 1231 gebannt. Er kämpfte 1214 gegen England mit in der Schlacht bei Nantes, danach jahrelang gegen die Albigenser. Peter wurde eines der Häupter des französischen Hochadels gegen die Krone und plante zeitweise sogar die Entführung des jungen Königs Ludwigs IX. Er geriet auch deshalb gegen die Krone, da diese seine geplante zweite Ehe mit der Erbin von Flandern verhinderte, eine Verbindung, die der Krone nicht passen konnte. Er war unfähig, konsequent zu handeln, legte sich hart mit dem bretonischen Adel an, den er 1222 in der Schlacht bei Chateaubriand besiegte und eroberte unter anderem Guincamp, Lamballe, St Brieux und Treguier vom Haus BRETAGNE-PENTHIEVRE-AVAUGOUR. Peter erbaute sich als neue Residenz Stadt und Festung St. Aubin-du-Cornier, wurde wegen seiner Unberechenbarkeit und Sprunghaftigkeit immer unbeliebter und verzichtete 1237 zugunsten seines Sohnes. Er nannte sich seitdem "Ritter von Braine" und führte ein abenteuerndes Vagabundenleben, reiste 1239/41 mit dem König von Navarra und dem Herzog von Burgund nach Palästina, half 1242 Toulouse zu unterwerfen und betrieb Piraterie gegen England, weshalb er Richmond verlor. Er bewahrte der Bretagne eine relative Unabhängigkeit, zog mit König Ludwig IX. von Frankreich nach Afrika und starb auf dem Rückweg.
Ehlers Joachim: Seite 147,149
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"Geschichte Frankreichs im Mittelalter"
Heinrich III. von England
verbündete sich mit dem Grafen von Auvergne und mit Pierre
Mauclerc, Herzog der Bretagne, einem Vetter König
Ludwigs, und versprach außerdem Graf Raimund VII. von
Toulouse seine Hilfe.
Eine ernste Gefahr für die Regentin bedeutete die
noch zu Lebzeiten ihres Gemahls entstandene Koalition des Pierre
Mauclerc von Bretagne mit Hugo von Lusignan, Graf von La Marche.
Dieser war erbittert über den Albigenserkreuzzug, denn Ludwig
VIII. hatte ihm einen Teil der von England zu gewinnenden Gebiete
versprochen, vor allem die Stadt Bordeaux, aber der dafür notwendige
Krieg war unterblieben zugunsten der eigenen Eroberungen des Königs
in der Grafschaft Toulouse. Pierre Mauclerc
hatte durch Ludwig VIII. ebenfalls
Nachteile erlitten, denn nach dem Tode seiner Gemahlin Alix, Erbin
der Bretagne, im Jahre 1221 hatte er die Gräfin
Johanna von Flandern heiraten wollen, die in eine Scheidung
von ihrem seit Bouvines im französischen Kerker festgehaltenen Gemahl
Ferrand
eingewilligt hatte. Der König, in dessen Interesse eine
solche Verbindung nicht liegen konnte, verhinderte mit Hilfe des Kardinals
von St. Angelo das Scheidungsprojekt und versprach
Ferrand
die Entlassung aus der Haft, woraufhin der erboste Pierre
Mauclerc ein Bündnis mit Heinrich
III. von England schloß.
Philipp Hurepel war
durch ein Bündnis der Regentin mit den Städten der Picardie,
der Normandie, des Vermandois, Valois, Artois und Vexin niederzuhalten,
und Pierre Mauclerc gab 1230 angesichts
eines königlichen Heeres klein bei.
Favier, Jean: Seite 167,195,204
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"Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515"
Peter Mauclerc zum
Beispiel, Ludwigs VI. Enkel [Richtigstellung:
Urenkel],
durch seine Vermählung mit der Schwester des unglücklichen Arthur
zum
Herzog der Bretagne aufgestiegen, gliederte seinen Herrschaftsbereich
Perche und die Grafschaft Penthievre an.
So fanden sich 1226 zahlreiche Barone mit den alten Gegnern
Ludwigs VIII. zu einem Bündnis zusammen: mit Theobald
IV. von der Champagne, Hugo von Lusignan, dem Grafen der Marche,
und Peter Mauclerc, dem Grafen der
Bretagne. Als Peter Mauclerc dem
PLANTAGENET
den Lehnseid leistete und damit der Auseinandersetzung eine
neue politische Wendung gab, ließ die Königin die Lehsnverwirkung
bekanntgeben und zog gegen den Grafen der Bretagne ein Heer zusammen, dem
sich die ehemaligen Verbündeten wohlweislich anschlossen, um nicht
ihrerseits in den Ruf der Felonie zu geraten.
1239 waren zahlreiche französische Barone unter
der Führung Theobalds IV. von der Champagne,
Hugos
IV. von Burgund und des Grafen Peter
Mauclerc von der Bretagne nach Akkon aufgebrochen.
Le Goff Jacques: Seite 64,81,83,86-87,128-129,131
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"Ludwig der Heilige"
Hinzu kam, daß einige mächtige Barone, Vasallen
des Königs, jüngst bei dem Albigenserkreuzzug wenig Begeisterung
gezeigt hatten, ihrem Herrn zu dienen. Die Grafen
Theobald von der Champagne, Peter Mauclerc
von der Bretagne und Hugo von Lusignan, Graf der Marche, hatten
ihre Lehnskontingente Ende Juli, gleich nach der Erfüllung der pflichtgemäßen
40 Tage Heerfolge, von den königlichen Truppen abgezogen, ohne auch
nur das Ende der Belagerung Avignons abzuwarten.
Der nächste Schritt der neuen Regierung galt den
unruhigsten der großen Lehnsherren, dem Grafen der Bretagne und Hugo
von Lusignan, dem Grafen der Marche, auch Hugo der Braune genannt, die,
beide auf ihren eigenen Vorteil bedacht und allzeit zu einem Wechselspiel
zwischen den Königen von Frankreich und England bereit, das königliche
Heeresaufgebot im Sommer 1226 noch während der Belagerung Avignons
verlassen hatten. In dieser Welt, in der die Verwandtschaft - neben dem
Grund und Boden - eine so wichtige Rolle für die Bündnistreue
spielt, werden ab März 1227 Heiratspläne geschmiedet. Johann,
der 1219 geborene zweite Bruder Ludwigs IX.,
von Ludwig VIII. mit Maine und Anjou
"apanagiert", wird Yolande,
Tochter des Grafen der Bretagne, Peter
Mauclerc, versprochen. Als Pfand für die Beeidung dieser
Vereinbarung soll Peter Mauclerc Angers,
Le Mans; Bauge und Beaufort-en-Vallee bekommen.
Um ihrem Unternehmen den Anstrich einer dynastischen
Legitimität zu geben, stellen sie ihm zwei einflußreiche Männer
an die Spitze, die sich der Sache nicht verweigern: Philipp
Hurepel, Graf von Boulogne
und zur Kriegsführung Peter Mauclerc,
Herzog
der Bretagne, den mächtigsten und treulosesten Vasallen des Königs
von Frankreich, einen Mann aus dem Grafenhaus
DREUX, der sich durch das Spiel der solidarischen Familienbeziehungen
eine herausragende Rolle bei der Revolte gegen Ludwig
und seine Mutter einnehmen wird.
Peter Mauclerc, zu
seiner Schaukelpolitik zurückkehrend, hatte im Oktober 1229 dem König
von England gehuldigt und verweigerte sich Ende Dezember dem Ruf des Königs
von Frankreich nach Melun. Da erhob Ludwig IX.
das Kriegsheer gegen ihn, das die Barone jedoch, ohne sich ihrer Vasallenpflicht
förmlich zu entziehen, mit minimalen Kontingenten beschickten - ausgenommen
der Graf der Champagne, der dem königlichen Heer mit einem großzügigen
Aufgebot den Sieg ermöglichte. Ein Feldzug im Januar führte zur
Rückgewinnung jener befestigten angevinischen
Plätze, die dem Bretonen 1227 überlassen worden waren, Angers,
Bauge und Beaufort, sowie zur Einnahme von Belleme. Auf den Hilferuf des
Grafen der Bretagne landete der englische König
Heinrich III. in Saint-Malo, ohne in den Kampf einzugreifen.
Ludwig IX. setzte sich an die Spitze eines neuen Heeres, das
die Stadt Clisson einnahm und Ancenis belagerte. Doch der Bretone und der
Engländer hatten ihre Stellung nicht geräumt, als die Barone
wie angekündigt das königliche Heer verließen, um sich
gegen den Grafen der Champagne zu wenden. Im Frühjah 1231 mußte
Ludwig
abermals nach Westen marschieren, bis es ihm im Juli gelang, Peter
Mauclerc in Saint-Aubin-du-Cornier einen dreijährigen Waffenstillstand
aufzuzwingen.
Der klägliche englische Feldzug von 1231 bis 1232
endete, wie wir gesehen haben, mit Waffenstillstandsabkommen, und im November
1234 schloß sich der wichtigste französische Verbündete
Heinrichs
III., der Graf von Bretagne,
Peter
Mauclerc, wieder dem König von Frankreich an.
Nach der Lehnsenthebung des Grafen Hugo von der Marche
beschloß der König von England, der Koalition beizutreten, um
seine Rechte in Frankreich geltend zu machen. Der Graf der Bretagne,
Peter
Mauclerc, soeben aus dem Heiligen Land zurückgekehrt, wo
er dank einer Leihgabe des Königs von Frankreich am "Kreuzzug der
Barone" (1239-1241) teilgenommen hatte, rührte sich nicht.
1213
1. oo Alice von Thouars-Bretagne, Erb-Tochter
des Grafen Guido
1201-21.11.1221
2. oo 2. Margarete von Commequiers, Tochter des
Seigneur Maurice II. von Montaigu
- 1241
1. oo Hugo
von Thouars
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Kinder:
1. Ehe
Johann I. der Rote
1217-8.10.1286
Jolanthe
1218-10.10.1272
1235
oo Hugo XI. von Lusignan, Graf von Angouleme
- 1260
Arthur
1220- nach 1223
2. Ehe
Olivier I. Seigneur de Braine-Machecoul
1231-18./19.12.1279
Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 164 - Ehlers Joachim:
Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 147,149,154
- Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis
Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 179 - Favier,
Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche
Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 167,195,201,204,452 - Le Goff Jacques:
Ludwig der Heilige, Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 64,81,83,86-87,117,128-129,131
- Pernoud Regine: Herrscherin in bewegter Zeit. Blanca von Kastilien,
Königin von Frakreich. Diederichs Verlag München 1991 Seite 116,121,133,138,147,155,177,276
- Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe
in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978, Seite 991-993,1034,1049 -
Winkelmann
Eduard: Kaiser Friedrich II. 1. Band, Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Darmstadt 1963, Seite 463,500 -