Sohn des Grafen
Boso von Arles; Bruder der Königin
Teutberga
Tellenbach Gerd: Seite 63
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„Der großfränkische Adel und die Regierung
Italiens in der Blütezeit des Karolingerreiches“
Den Namen Boso hatte Boso von Vienne von seinem mütterlichen Großvater erhalten, jenem Grafen Boso, der 826 Güter bei Biella in der Grafschaft Vercelli für 8 Hufen mit der Kapelle in der villa Beek bei Nimwegen vom Kaiser eintauschte. Der gleichnamige Sohn des alten Boso ist ein in seiner Lebenszeit in Italien mächtiger Graf, der am berühmtesten dadurch wurde, dass er sich vergeblich abmühte, seine ehebrecherische Gemahlin Engeltrud, die Tochter Matfrieds I. von Orleans, zurückzuerlangen. Diese Dame hatte Italien verlassen und auf fränkischen Gütern gelebt. Ihren Töchtern konnte sie Besitz in der Erzdiözese Mainz hinterlassen. Noch berüchtigter fast als Engeltrud war der zweite Bruder der Mutter Bosos, der Laienabt Hukbert von St. Maurice. Dass von den beiden Söhnen des älteren Boso der eine Graf in Italien, der andere der Herr des nördlichen Zugangs zum großen St. Bernhard war, spricht dafür, dass schon der Vater, der niederländische Allodien besaß, eine wichtige Stellung in der großfränkischen Italienpolitik eingenommen haben muß. Aber schon früh mag sein Haus in einer gewissen Konkurrenz mit den WELFEN gestanden haben. Denn ein Hymnus Walahfried Strabos läßt deutlich Beziehungen von Kaiserin Judiths älteren Bruder Konrad zu St. Maurice erkennen. So hätte dann sein Sohn ältere welfische Ansprüche wieder aufgenommen, als er 864 bei Orbe Hukbert Leben und Herrschaft nahm. Die Konkurrenz zwischen beiden Häusern setzte sich aber noch fort, indem KARL DER KAHLE Hukberts Neffen Boso die Abtei verlieh, der sich freilich in ihren Besitz setzen konnte. Dass St. Maurice nicht bloß für die Italienpolitik eine hohe strategische Bedeutung hatte, sondern auch in Italien selbst wahrscheinlich längst interessiert war, erkennt man daran, dass der WELFE Rudolf, der erste hochburgundische König, der Kaiserin Angilberga ein Gut seines Klosters in Toskana zur Nutznießung übertragen konnte.
Hofmeister, Adolf: Seite 22,23
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"Deutschland und Burgund im frühen Mitelalter"
866
Er erklärte auch allen, daß Engildruda,
einst die Gattin des Grafen Boso [Boso
war wahrscheinlich ein Bruder Hucberts und Thietbirgas], gleichfalls
vom apostolischen Stuhle exkommuniziert worden sei, weil sie ihren eigenen
Mann verlassen hatte und dem Wanger, ihrem Lehsnmann, nach Gallien gefolgt
war; diese Exkommunikation erneuerte er mit allen den Bischöfen, die
zugegen waren.
Hiernach stellte sich Engildrudis dem besagten
Arsenius in der Stadt Wormatia [Worms], an welchem Orte der genannte Bischof
mit dem König Ludowich zusammengetroffen
war. Sie schwor also in Gegenwart desselben Gesandten einen Eid, der folgende
Fassung hatte: "Ich, Engeldrudis, Tochter des weiland Grafen Matfrid,
die ich die Gattin des Grafen Boso
gewesen bin, schwöre euch Herrn Arsenius, Bischof, Botschafter und
Kanzler des höchsten heiligen katolischen und apostolischen Stuhles,
und durch euch meinem Herrn Nicolaus, dem höchsten Priester und allgemeinen
Papste, bei dem Vater, dem Sohne und dem heiligen Geiste und bei diesen
vier Evangelien des Christes Gottes, welche ich mit dem Munde küsse
und mit eigenen Händen berühre, daß ich hinfort mit Aufgebung
jener Boshaftigkeit, die ich an meinem vorgedachten Manne Boso
ausgeübt, wie ein Schaf, das verloren war, zu der heiligen
katholischen und apostolischen Kirche unter der Verpflichtung, zu welcher
Herr Nicolaus der höchste Priester und allgemeine Papst mich verband,
zurückkehren und nach dem italienischen Reiche, wie ihr es mir vorschreibt,
entweder mit euch oder vor euch reisen und was der Herr Papst mir anbefehlen
oder bestimmen sollte, erfüllen und zu vollziehen mich nicht weigern
werde"
Aber diesen so furchtbaren Eid erfüllte sie dennoch
nicht. Sie reiste nämlich bis zum Donaustrom mit dem Arsenius, dort
verabredete sie, daß sie einen ihrer Verwandten aufsuchen wolle,
um von ihm Pferde zu bekommen, und versprach, daß sie nach der Stadt
Augsburg zu selbigen Botschafter zurückkehren werde. Unter solchem
Vorwand ihre Schritte rückwärts lenkend, kehrte sie von Alamannien
nach Francien zurück.
Hlawitschka, Eduard: Seite 158-162
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"Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien
(774-962)"
XLVIII. BOSO (I.)
Ein Boso comes begleitete
im Jahre 844 mit vielen anderen Grafen und Bischöfen LUDWIG
II. auf seinem Romzug, bei dem LUDWIG
zum König für das Reich Italien gekrönt und den Römern
noch einmal die künftige Beachtung der bei der Erhebung Papst Sergius
II. unbeachtet gebliebene kaiserliche Rechte eingeschärft wurde.
Daß man in diesem Manne jenen unglücklichen
oberitalienischen
Grafen Boso vor sich
hat, dem seine Gemahlin Engeltrudca. 856/57 [Das Datum ergibt sich
daraus, daß
Engeltrudim Herbst 860 in aliis regnis circiter
per triennium verweilte (MG Epist. VIII, 1 Seite 83, nr. 135 - Gutachten
Hinkmars) und 863 Bosone proprio
viro relicto ecce iam per septem circiter annos hac atque illac vagabundunda
discurrit
(MG Epist. VI Seite 286, br. 18 c 4 - Mitteilung von Nikolaus
I. = Ann. Fuldens. ad 863, Seite 59 und Ann. Bertin. ad 863, Seite 65)]
die eheliche Treue brach und mit einem ihrer Vasallen, Wangar [Der Name
wird allein von Regino, Chron. ad 866, Seite 84 überliefert.], aus
Italien zuerst nach W-Franken, dann nach O-Franken entfloh, um schließlich
im Reiche Lothars II. im Sprengel des
Kölner Erzbischofs Zuflucht zu finden, ist bereits in einer gründlichen
Studie von R. Poupardin festgestellt worden. Bosos
Versuche, seine Gemahlin zur Rückkher zu bewegen, blieben trotz der
Zusicherung voller Vergebung für den Fall der Rückkehr umsonst,
ebenso auch die Vermittlungsversuche des Papstes Bendeikt III., an den
sich Boso gewendet hatte [Die Einschaltung
des Papstes Benedikt ergibt sich aus: Jaffe nr. 2673. - Vgl. MG Epist.
VI Seite 295, nr. 29 und Seite 341, nr. 53. Bosos
Zusicherung der Vergebung ist ersichtlich aus dem Gutachten Hinkmars voN
Reims für die Synode von Thousey - MG Epist. VIII, 1 Seite 83, nr.
135 und aus Hincmar, De divortio Lotharii, Migne PL 125, Seite 743 f.].
Unbeachtet von Engeltrud blieb aber auch eine Vorladung vor eine
vom Erzbischof Tado in Mailand abgehaltene Synode. Als Abwesende wurde
sie deshalb mit dem Kirchenbann belegt. Boso
suchte darauf sein Glück in Gallien. Er erschien persönlich,
nachdem diese Angelegenheit 859 zu Savonnieres und im Frebruar 860 in Aachen
schon verhandelt worden war, im Sommer 860 auf einer Synode in Koblenz
und trug hier seine Beschwerde vor. Doch Lothar
II., der damals seine rechtmäßige Gattin Thietberga
verstoßen und die Konkubine Waldrada
zur Gemahlin erheben wollte, nahm sich Engeltruds an - vielleicht
um in dieser Angelegenheit durch Erwirkung einer Ehescheidung einen Präzedenzfall
für seinen Ehestreit schaffen zu können - und lehnte die Auslieferung
ab. Es gezieme sich für ihn nicht, eine fränkische Frau und dazu
noch eine Verwandte, welche sich ihm anvertraut, preiszugeben, zumal Engeltrud
für den Fall der Gewaltanwendung mit ihrer Flucht zu den Normannen
gedroht habe. Hinkmar von Reims und Papst Nikoluas I. setzten sich dagegen
besonders für Boso ein. 860 wandte
sich Nikolaus I. an Hinkmar, damit dieser bei allen Erzbischöfen und
Bischöfen im Reich KARLS DES KAHLEN
auf die Rückführung Engeltrudshinwirke, und hat auch
KARL
DEN KAHLEN selbst, von seinem Neffen Lothar
II. die Ausweisung als Flüchtigen zu verlangen. Zu seiner
Synode in Thousey im Reichsteil
KARLS DES KAHLEN
im Herbst des gleichen Jahres sandte Nikolaus ein Mahnschreibern, das
Boso selbst überbrachte, und schickte Hinkmar ein eherechtliches
Gutachten. Im Jahre 862 machte
KARL DER KAHLE
Lothar nicht allein wegen der Verstoßung Thietbergas
heftige Vorwürfe, sondern auch wegen der Aufnahme Engeltruds.
Aber 863 befand sich
Engeltrud noch immer unter dem Schutze
Lothars II. Auf einem Konzil zu Metz, dem die Bischöfe
Radoald von Porto und Johann von Cervia beiwohnten (- diese ließen
sich bestechen und legten unter anderem die auf Engeltrud bezüglichen
Anweisungen gar nicht vor -), kann Lothar II.
in seine eigenen Ehescheidungsbestrebungen, die bei all diesen Synoden
mit verhandelt wurden, einen Schritt vorwärts. Jedoch kassierte Nikolaus
I. sogleich die Akten, erklärte das Konzil für unrechtmäßig
und erneuerte den Bann über Engeltrud. 865 stellte sich dann
Engeltrud
- wohl mehr unter dem Zwang der politischen Situation, denn aus innerer
Reue - dem päpstlichen Legaten Arsenius von Orta in Worms, schwor
diesem einen Eid, daß sie die an ihrem Manne geübte Boshaftigkeit
nunmehr aufgeben werde et in Italico regno aut vobiscum aut ante vos
zurückkehren
werde. Bei der Überquerung der Donau entfloh sie jedoch dem Gefolge
des Arsenius, so daß dieser in einem Schreiben an alle westfränkischen,
lothringischen und ostfränkischen Bischöfe die Exkommunikation
erneut wiederholen mußte. Nach Italien ist Engeltrud nie mehr
zurückgekehrt.
Über Engeltruds Herkunft und Familie werden
mehrfach Angaben gemacht. Sie war - wie sie 865 bei ihrem Eid bekannte
und wie Papst Nikolaus I. in dem öffentlich bekanntgemachten römischen
Synodalbeschluß über die Nichtigkeitserklärung der Metzer
Synode von 863 betonte - eine filia quondam Matfridi comitis. In
diesem Matfrid wird man, was schon Poupardin als sehr wahrscheinlich angenommen
hat, den 834 nach Italien gekommenen und 836 dort verstorbenen ehemaligen
Grafen von Orleans (oder dessen gleichnamigen Sohn) erblicken dürfen.
Engeltrud soll sogar auch Lothars II.
propinqua gewesen sein. Da von einer Verwandtschaft des alten Matfrid
mit dem Kaiserhause nichts bekannt ist, wird man andere Wege zur Erklärung
dieser propinquitas
Engeltruds mit Lothar
II. einschlagen müssen. Man muß dabei von der Verwandtschaft
und Herkunft Bosos
ausgehen.
Boso
scheint, obwohl das in keiner Quelle ausdrücklich gesagt
wird, der Bruder des Abtes Hukbert von St. Maurice und der unglücklichen
Königin und Gemahlin Lothars II.,
Thietberga, gewesen zu sein. Denn erstens
kommt der Name Boso in der Familie Thietbergas
und Hukberts häufig vor, auch ihr Vater trug diesen Namen; zweitens
spricht Regino von Prüm davon, daß sich die Brüder der
Thietberga in Rom bei Papst Nikolaus
für sie eingesetzt hätten (agentibus fratribus
Thietbergae
reginae), was klar bezeugt, daß Hukbert und Thietberga
zumindest einen weiteren Bruder hatten, und was sich gut außer auf
den zu KARL DEM KAHLEN geflohenen Hukbert
auf den sowieso wegen seiner eigenen Angelegenheit mit dem Papst eng zusammenarbeitenden
Boso
beziehen könnte; und schließlich schreibt Nikolaus im Mai 863
an Hukbert, daß er sich immer seiner und seiner Schwester Sache angenommen
habe und fügt hinzu: et quid de fratre tuo egerimus, ipse poterit
enarrare.
Ein Bruder Hukberts hatte also des Papstes Fürsprache
nötig und auch erhalten, - und das dürfte bei der Übereinstimmung
des Namens Boso mit der Namengebung
in der Familie Hukberts und Thietbergas und bei unserem Wissen darum,
für wen sich der Papst damals besonders einsetzte, der
"italienische" Graf Boso gewesen
sein. - Über diese Beziehungen konnte Engeltrud dann auch als
propinqua Lothars II. bezeichnet
werden.
Somit ist aber auch schon, was für unseren allgemeinen
Überblick über die Grafen wichtig ist, für Boso
und seine Gemahlin Engeltrud
die fränkische Abkunft gesichert.
Boso
war 865 bei der Eidleistung der Engeltrud an den Bischof
Arsenius von Orta das letzte Mal genannt worden. Daß er auch 867
seine Frau noch nicht zurückerhalten hatte, beweist ein Brief Papst
Nikolaus I. Er wird dann auch noch für duie Zeit von 871/72 erwähnt.
Damals waren die Sarazenen in Benevent eingefallen, und Kaiser
LUDWIG II. mußte mehrere Grafen zu ihrer Vertreibung einsetzen.
Neben Unruoch von Friaul und den Grafen Egifred, Arding und Remedius wird
auch Boso
genannt.
Auch mit dem kaiserlichen
missus et comes Boso,
der am 28. Dezember 874 in Mailand ein Placitum abhalten ließ, wird
man ihn ohne weiteres identifizieren dürfern. Das aber ist die letze
Nachricht über ihn. Im August 878 setzt sich Papst Johannes VIII.
bereits pro filiabus
Bosonis dudum
comitis et Ingeltrudis coniugis ein und versucht, diesen Nachkommen,
die bei ihrem Vater in Italien erzogen worden zu sein scheinen, den
im Reichsteil Ludwigs III., Sohn Ludwigs
des Deutschen, liegenden Erbbesitz der Engeltrud zu sichern.
Zumal neben einem proximus, einem cognatischen Verwandten der Engeltrud
namens Matfrid, und neben König Ludwig III.
auch der Erzbischof von Mainz mit einem Mahnschreiben bedacht wurde, darf
angenommen werden, daß dieses alodum der Engeltrud,
das nun ein
spurius Godefredus aut alii, quibus mechans Ingiltrudis
sine viri consensu quoque modo donaverit, innehatten, in der Erzdiözese
Mainz lagen.
Kinder: 2 Töchter
Literatur:
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Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses
Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und
des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969 Seite
171 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder
in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte
Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 58,63,65,124,135,158-162,167,173,212,229,236,276
- Hofmeister, Adolf: Deutschland und Burgund im frühen Mitelalter,
Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1970 Seite 22,23 - Tellenbach
Gerd: Der großfränkische Adel und die Regierung Italiens in
der Blütezeit des Karolingerreichs. in: Studien und Vorarbeiten zur
Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels
Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1957, Seite 63 -