Stammsitz Reinhausen
Noch im 9. Jahrhundert versippte sich die ASIG-Sippe mit den EKBERTINERN und der HESSI-Sippe. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts trat der für sie charakteristische Name auch bei den Merseburger Grafen auf. Vielleicht war es zu einer Verschwägerung zwischen beiden Familien gekommen. Der in der Merseburger Grafenfamilie übliche Name Siegfried ging nun auch auf die ASIG-Sippe über.
Schölkopf Ruth:
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"Die sächsischen Grafen 919-1024"
18. Die ASIG-Sippe
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Schon Wenck in seiner "Hessischen Landesgeschichte" und
ihm folgend E. von Uslar-Gleichen in seiner "Geschichte der Grafen von
Winzenburg" brachten beide Grafen, die im 10. und 11. Jahrhundert in dem
Gebiet des Leinegaues und westlich darüber hinaus amtierten, in Zusammenhang
mit der Sippe des Grafen Hiddi, der zur Zeit KARLS
DES GROSSEN (um 813) ein Grafenamt bekleidete und wegen seiner
frankenfreundlichen Gesinnung vertrieben wurde. Sabine Krüger behandelte
seine Familienangehörigen, ihren Amtsbereich und ihr Eigentum und
bezeichnete sie nach ihrem Sohn
Asig
alsASIG-Sippe.
An dieser Benennung möchte ich festhalten, da die Bezeichnung nach
ihrem Stammsitz Reinhausen einer späteren Zeit angehörte.
Hiddis Söhne
Folcbold, Adalbold und
Asig,
qui et Adalricus verfügten im 9. Jahrhundert über reiches Allod
im Leinegau, im sächsischen Hessengau und im Tilithi. Die Vornehmheit
dieser Sippe geht daraus hervor, dass Asic in 2. Ehe Ida,
die Tochter des Ecbert dux, heiratete.
Für die folgenden 100 Jahre blieb die Geschichte
dieser Familie und ihrer Grafschaften im Dunkel der historischen Überlieferung.
Erst um die Mitte des 10. Jahrhunderts läßt sich wieder ein
Graf im Leinegau nachweisen. Dieser Graf Albo
war wohl mit dem Grafen Allio identisch,
der 942 als Graf im sächsischen Hessengau im Umkreis von Rommershausen
amtierte. Nach einer Urkunde von 965 trat er unter dem Namen Elli als
Graf im Hessengau auf, wo die Orte Uffeln, Horkenhausen, Mederich (wüst
bei Volkmarken), Elsungen und Bünichheim (wüst bei Hofgeismar)
in seiner Grafschaft lagen. Auf die Schreibung der Namen legten die mittelalterlichen
Urkundenschreiber bekanntlich keinen großen Wert. Sie bemühten
sich auch keineswegs, ihren Dialekt aufzugeben, so dass, derselbe Name
in mehreren Sprachformen vorliegen kann. Bei der Aufzählung der Orte,
die seiner gräflichen Amtsgewalt unterstellt waren, tauchten in der
Urkunde von 965 zum Teil dieselben Orte wieder auf, die sich an Hand der
Traditionen von Fulda in der Grafschaft Asigs nachweisen ließen.
Das Merseburger Totenbuch verzeichnete am 7. Mai den
Tod eines Grafen Aelli. Es ist jedoch keine Klarheit darüber
zu gewinnen, ob sich diese Eintragung auf den erwähnten Grafen
Elli bezieht. Aus Thietmars Chronik kennen wir nämlich noch einen
anderen Elli. Thietmar berichtete zum Jahre 1016 von einem Streit in provincia,
qui Hassegun dicitur - also im Hochseegau - der zwischen den 4 Brüdern
Aelli, Burchard, Thiedric und Poppo gegen einen miles bonus Bern ausgetragen
wurde. Zwar verlautete nichts darüber, dass sie Grafen waren, was
wohl möglich ist. Die Aufnahme Ellis in das Merseburger Totenbuch
kann sich auch auf diesen Namensträger beziehen. Es liegt keine Veranlassung
vor, die beiden Personen gleichen Namens in ein verwandtschaftliches Verhältnis
zu setzen.
Die Namensform Asig, wie er Adalricus begegnete urkundlich
980 wieder, als ein Graf Asicho im
Gau Nihterse bezeugt wurde. Zwar ließ sich letztmalig im 9. Jahrhundert
in den Händen dieser Sippe eine Grafschaft im Ittergau nachweisen.
Es ist jedoch möglich, dass sich ihre Grafenrechte durchgängig
auf diesen Gau erstreckten, zumal der Ittergau unmittelbar westlich an
den sächsischen Hessengau angrenzte. Asichoführte
nachweisbar in den Orten Bodenfelde, Bringhausen, Lellibechi, Halgehausen
und Korbach den Vorsitz im Grafengericht. Ob auch ein gewisser Eseric
und
ein Hermann, die Ostern 941 wegen Teilnahme
an der Verschwörung gegen OTTO DEN GROSSEN
auf seinen Befehl in Quedlinburg hingerichtet wurden, Angehörige dieser
Familie waren, kann nicht bewiesen werden. Thietmar, als der Gewährsmann
dieser Nachricht, brachte die beiden Namen in keinerlei Beziehung zueinander,
die auf beiderseitige Verwandtschaft schließen ließe. Er bezeichnete
sie auch nicht als Grafen. Das Letztere braucht nicht weiter zu stören.
Auch Thietmars Großvater, Graf Lothar von Walbeck, der ebenfalls
zu den Verschwörern gehörte, wurde in diesem Zusammenhang lediglich
mit seinem Namen ohne Titel genannt.
Ein gewisses Recht, Eseric
der
ASIG-Sippe
einzuordnen,
ergibt sich aus dem für diese Familie charakteristischen Namen und
aus der Überlegung, dass der Leinegau und das Herrschaftsgebiet der
Walbecker in geringer Entfernung lagen, so dass man an eine Verschwörung
von Grafen aus diesem Raune denken möchte. Die Vermutung, dass der
verurteilte
Hermann ein Mitglied dieser
Sippe war, stützt sich lediglich auf die Tatsache, dass nach 990 wieder
ein Graf Hermann im Leinegau amtierte. Der Name ist innerhalb der
Familie erstmalig bezeugt. Nur seine Amtstätigkeit in den gleichen
Grafschaften spricht einer Verwandtschaft mit der ASIG-Sippe
das Wort.
Wenn E. von Uslar-Gleichen Graf Hermann unbedenklich
zum Sohne seines Amtsvorgängers Ellimachte, so möchte
man den Grad ihrer Verwandtschaft doch lieber offenlassen, da er sich an
Hand der spärlichen Zeugnisse nicht ermitteln läßt.
Graf
Hermann ist von 990 an als Graf im Leinegau nachweisbar. Die erste
Urkunde bestätigte, dass die Orte Wiershausen und Meensen in seiner
Grafschaft lagen. Eine ebenfalls 990 ausgestellte Urkunde führte die
Orte Parensen, Lödingsen, Adelebsen, Lenglern, Reyershausen und Hattjershausen
in seiner Grafschaft im Leinegau auf. 992 trat Graf Hermann als
Intervenient in der Pfalz Grone an letzter Stelle der angeführten
Grafen auf. Sein Lehnsbesitz ergibt sich aus zwei Urkunden. Er lag in Viermünden
und in Herbertshausen. Er wurde ihm aus unbekannten Gründen entzogen
und einem königlichen Kleriker zugewiesen. Zwar gehörte die Grafschaft
selber, in der die Orte lagen, nicht mehr zu seinem Amtsbereich. Die Lage
dieses ehemaligen Lehnbesitzes im sächsischen Hessengau bringt ihn
erneut
mit der ASIG-Sippe in Zusammenhang,
die ebenfalls hier begütert war. Eine Urkunde von 997 führte
seinen Sohn Siegfried gleichzeitig als Graf im Leinegau um Wöllmarshausen
an. Es bleibt offen, ob die Urkunde von 1007, die einen Grafen Hermann
nannte, noch auf ihn oder schon auf seinen Nachfolger Bezug nahm. Freytag
bezog die beiden Urkunden des Jahres 955, die einen Grafen Hermann
als Inhaber der Gerichtsbarkeit in den Gauen Tilithi und Marstem erwähnten,
mit Recht auf Hermann Billung. Es sei in diesem Zusammenhang nur darauf
hingewiesen, dass Asigs
Sippe schon im 9. Jahrhundert über
Besitz im Tilithigau verfügte und sich in beiden Linien der Name Hermann
weitervererbte. Wenn man keine neue Theorie den schon bestehenden über
die Abstammung der BILLUNGER hinzufügen will, läßt sich
kein gesichertes Verwandtschaftsverhältnis nachweisen. Man kommt nicht
über die Feststellung Freytags hinaus, dass die Herkunft Hermann Billungs
unbekannt ist.
Über Siegfried,
Hermanns Sohn, der
997 gemeinsam mit seinem Vater im Leinegau amtierte, ist wenig auszuführen.
Vielleicht war er der Tradent, der dem Kloster Corvey eine Hörigenfamilie
in Harderode (im Braunschweigischen) und weitere für sich und seine
Gattin Weldrude übertrug. Möglicherweise war er mit dem
Grafen
Siegfried identisch, der eine Familie in Lakum (bei Duisburg) für
sich und alle seine Verwandten übergab. Beide Traditionen fielen in
den Zeitraum zwischen 984 und 1010. Die Urkunde von 1013 über die
Beilegung des sogenannten Gandersheimer Streites, eines Kompetenzstreites
zwischen dem Erzbischof von Mainz und dem Bischof von Hildesheim, führte
als Zeugen einen Grafen Siegfried an. Eine Urkunde von 1017, die
der Paderborner Kirche die Übertragung des Klosters Helmarshausen
rechtsgültig bestätigte, führte unter den Anwesenden die
Grafen
Siegfried und Edzico (= Esicho) auf. Die Nähe von Helmarshausen
und die Beziehungen zu Paderborn machen wahrscheinlich, dass es sich um
unseren Grafen Siegfried handelte. Auch die Aufführung des
Grafen
Esicho spricht dafür, der sich durch seinen Namen als Mitglied
der ASIG-Sippe ausweist. Er war zugleich
der letzte nachweisbare Träger dieses Namens. Ob er mit
Graf Asicho
(980) in Verbindung gebracht werden kann - vielleicht sogar mit ihm identisch
war - oder zu den Grafen Siegfried und
Hermann in einem Verhältnis
stand, sind für uns unlösbare Fragen.
Das Fuldaer Totenbuch meldete zum Jahre 1025 den Tod
eines Grafen Siegfried, was sich auf diesen Grafen beziehen kann.
Ein anderer - sonst unbekannter - Graf Siegfried soll auf Anstiften
einer adeligen Dame Goderun getötet worden sein. In der Gerichtsverhandlung
auf der Synode zu Frankfurt im Jahre 1027 konnte ihr jedoch keine Schuld
nachgewiesen werden. Sowohl im Lüneburger als auch im Merseburger
Totenbuch stehen mehrere Todestage, die sich auf Grafen mit Namen Siegfried
beziehen. Bei dem in Sachsen so häufig vorkommenden Namen läßt
sich jedoch mit annähernder Gewißheit kein Todesdatum für
den Grafen Siegfried festlegen.
Gleichzeitig mit Graf Siegfried amtierte ein Graf
Hermann im Leinegau. Wahrscheinlich handelte es sich hier ebenfalls
um einen Sohn Hermanns, also damit um einen älteren Bruder
Siegfrieds.
Von 1013 - bzw. 1007 - an ist er urkundlich sowohl in Diplomen als auch
in der Vita Meinwerci belegbar. Das Spurium von 1013 führte im gräflichen
Amtsbereich des
Grafen Hermann folgende Orte auf: Diemarden, Lendgen,
Sueghusen (wüst bei Waake), Weende, Wöllmarshausen, Bremke, Wittmarshausen,
Schneen, Jesa, Rotholveshusen (Albeshausen?), Walshausen, Dransfeld, Lenglern,
Redolfeshausen (?) und Behrensen. Alle befinden sich in unmittelbarer Umgebung
Göttingens.
In der Urkunde von 1013 steht anstelle des sonst gebräuchlichen
Ausdruckes in comitatu Herimanni comitis die Bezeichnung in praefectura.
Böttger maß einer Präfektur eine etwas erhöhte Bedeutung
als einem Comitat bei. Waitz setzte dagegen beide Gerichtseinheiten gleich.
Er wies darauf hin, dass bei den Schriftstellern gelegentlich für
comes der Ausdruck praeses steht, ohne dass damit etwas anderes gemeint
sei. Praefectura sei dann nichts anders als der Amtsbereich eines praeses.
Allerdings ist auffällig, dass der Ausdruck praefectura in Urkunden
vorherrscht, die für geistliche Empfänger ausgestellt wurden.
Vielleicht kam hierbei eine in kirchlichen Kreisen gebräuchliche Diktion
zur Anwendung. Aus dem Jahre 1017 liegen drei Urkunden vor, die Graf Hermann
erwähnen: Das Kloster Hilwartshausen erhielt Gimte (Kr. Münden).
Das Kloster Kaufungen erwarb den Hof Hedemünden (Kr. Münden).
Beide Orte lagen in seiner Grafschaft im Leinegau. Die dritte Urkunde bezeugte,
dass Graf Hermann zusätzlich Grafenrechte im sächsischen Hessengau
wahrnahm, aus dem der Ort Großender (Kr. Warburg) dem von Bischof
Meinwerk von Paderborn gegründeten Kloster Abdinghof übereignet
wurde, was sowohl ein Dipolm als auch die Vita Meinwerci bestätigte.
Die Vita Meinwerci führt Hermann überaus oft als Zeugen bei Rechtsgeschäften
des Paderborner Bistums an. Er stand demnach in sehr enger Beziehung zu
ihm. Es hat viel Wahrscheinlichkeit für sich, die Testate auf diesen
Grafen Hermann zu beziehen, da bekannte Persönlichkeiten aus diesem
Teile Sachsens - so zum Beispiel Graf Benno von Northeim und Graf Udo von
Katlenburg verschiedentlich zusammen mit ihm als Zeugen auftraten. Die
Zeit seiner Testierung läßt sich nicht auf das Jahr genau festlegen.
Seine 7 Testate verteilten sich vermutlich auf den Zeitraum von 1015-1032.
Eine Urkunde der Vita nannte Erbsen (Erpressun) in seiner Grafschaft im
Leinegau. Dieser Ort findet sich in einer Tradition für Corvey wieder,
in der ein Hirimannus comes eine Hörigenfamilie in Erbsen dem Kloster
übertrug. Die Übertragung fiel in die ersten Jahre des neuen
Jahrtausends, so dass sie sich auch noch auf seinen Vater beziehen könnte.
Eine weitere Tradition erwähnte einen Grafen
Hermann, seine Mutter Alfred
und seine Gattin
Ymman. Auf Grund der
Lage der Schenkung (Tidexen bei Einbeck, also im Leinegau), können
wir vermutlich diesen
Grafen Hermann
mit dem erwähnten identifizieren. Zugleich lernen wir durch diese
Tradition Hermanns Gattin kennen.
Noch unter KONRAD II.
war ein Graf Hermann in dieser Gegend tätig, der 1025 intervenierte.
1032 wurde der königliche Hof Gertenbach in seiner Grafschaft im Leinegau
Bischof Meinwerk von Paderborn geschenkt. Der König fügte seiner
Schenkung noch Hermanns Allod in Hübental (Kr. Witzenhausen), Mollenfelde
und Ludolfshausen im gleichen Gau hinzu. In demselben Jahre erfolgte in
Fritzlar die Schenkung seines ganzen Herrschaftsbereiches, der sich über
die 3 Gaue Augau, Nethegau und Hessigau erstreckte, an den allzeit für
Zuwendungen empfänglichen Bischof Meinwerk. Graf Hermann verfügte
demnach über einen großen Amtsbereich im Leinegau, dem westlich
sich anschließenden sächsischen Hessengau und den weiter nördlich
liegenden Gauen Augau und Nethegau. Noch bis ins Jahr 1048 läßt
sich die Amtstätigkeit des Grafen Hermann verfolgen. Wir haben
jedoch keinen Anlaß, die Zeit von 1013 bis 1046 auf zwei Grafen mit
Namen Hermann - etwa Vater und Sohn - aufzuteilen.
Die Tradition an Corvey, die ein Graf Hermann
für sich und seinen Sohn verfügte, ist wahrscheinlich auf ihn
zu beziehen.
Auch der nobilis Volcwardus könnte ein Mitglied
diese Sippe sein. Zu dieser Vermutung gibt der Name Anlaß, der sich
gut der HIDDI-Sippe einfügt. Erst die Gleichheit des Besitzes vermag
jedoch zu überzeugen.
Graf Hermann verfügte 1015 nachweisbar
über gräfliche Rechte im Ort Großeneder, der an Meinwerks
Klosterstiftung fiel. Erweitert wurde die Vergabung durch Tradition eines
quiddam nobilis Volcwardus nomine, der ihr consensu uxoris sue Verthewi
duos mansos in Westnedere pro remedio anime sue zuwies. Volcward wurde
nur ein einziges Mal bezeugt. Die Frage, ob er eine gräfliche Stellung
innehatte, bleibt unbeantwortbar.
Verschaffen wir uns zum Schluß einen Überblick
über den Sipenanhang der ASIG-Sippe.
Noch im 9. Jahrhundert versippte sie sich mit den EKBERTINERN und der HESSI-Sippe.
Zu Beginn des 10. Jahrhunderts trat der für sie charakteristische
Name auch bei den Merseburger Grafen auf. Vielleicht war es zu einer Verschwägerung
zwischen beiden Familien gekommen. Der in der Merseburger Grafenfamilie
übliche Name Siegfried ging nun auch auf dieASIG-Sippeüber.