Einzige Tochter des Königs
Amalrich I. von Jerusalem aus seiner 2. Ehe mit der Maria
Theodora von Byzanz, Tochter von Sebastos Johannes Komnenos
Lexikon des Mittelalters: Band V Seite 669
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Isabella I., Königin von Jerusalem
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* 1172, + 1205
Tochter König Amalrichs I. von Jerusalem (aus dem Hause ANJOU) aus dessen 2. Ehe mit Maria Komnena
1. oo Humfried von Toron
-
2. oo Konrad von Montferrat
-
Tochter:
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Maria von Montferrat, spätere Königin von Jerusalem
3. oo Heinrich II. von Champagne
-
Töchter:
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Alice, spätere Gemahlin Hugos von Zypern
Philippa
4. oo Amalrich II. von Lusignan König von
Zypern
-
Töchter:
----------
Sibylle, spätere Gemahlin Leos II. von Armenien
Melisende, spätere Gemahlin Bohemunds IV. von Antiochia
Das Königtum der Isabella,
die selbst politisch kaum hervortrat, fällt in die Krisenperiode nach
der Katastrophe von Hattin und in die Zeit des 3. Kreuzzuges. Nach dem
Tod ihrer älteren Halbschwester, Königin
Sibylle (+ 1190), verstärkte sich der Widerstand gegen
Sibylles Gemahl Guido
von Lusignan, der sich seit 1186 des Königtums bemächtigt
hatte. Um Guidos
Absetzung zu erreichen,
betrieben seine Gegner, allem voran Balian von Ibelin und dessen Gemahlin
Maria
Komnena,
Isabellas Mutter,
den Plan, die Prinzessin Isabella mit
dem von ihnen begünstigten Thronkandidaten
Konrad
von Montferrat zu verheiraten, was nach Auflösung der Ehe
Isabella mit Humfried von Toron gelang (14. November
1190). Nachdem Konrad
am 28. April 1192 Opfer eines Mordanschlags geworden war, heiratete
Isabella schon kurze Zeit später in kanonisch anfechtbarer
Ehe den Grafen Heinrich II. von Champagne,
der allerdings den Königstitel nicht annahm. Nach dem plötzlichen
Unfalltod ihres 3. Gemahls (10. September 1197) ging
Isabella im Januar 1198, nach Prüfung anderer Heiratsprojekte,
noch eine 4. Ehe, mit Amalrich II. von Zypern,
ein. Die Wahl des Gemahls erfolgte auf Vermittlung des Erzbischofs Konrad
von Mainz und entsprach den Interessen des Kaisers wie des Papstes Innozenz
III. Isabella starb 1205, bald
nach ihrem vierten Ehemann.
XIV. 59 b. Isabelle
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* 1172, + ca. 1208
Gemahl: a) X. Humfried von Thoron, geschieden 1190
b) 1190 24. XI. Konrad Markgraf von Montferrat (siehe XIII 273)
+ 1192 28. IV.
c) 1192 5. V. Heinrich II. Graf von Champagne (siehe XIV 79)
+ 1197 10. IX.
d) 1198 Amalrich von Lusignan, König von Jerusalem und Zypern
+ 1205 1. IV.
Runciman Steven: Seite 725,801-803,837-840,869-870,879-880
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"Geschichte der Kreuzzüge"
Die IBELINS waren aus politischen wie aus persönlichen
Gründen zutiefst verärgert, und die Kluft zwischen ihnen und
den COURTENAYS, die von Rainald von Chatillon unterstützt wurden,
vertiefte sich. Im Oktober 1180 versuchte der König, sich wieder zusammenzuführen,
indem er seine Halbschwester Isabella
mit Humfried IV. von Toron verlobte.
Isabella
war die Stieftochter Balians von Ibelin und Humfried
der Stiefsohn Rainalds von Chatillon. Humfried war überdies
als Enkel und Erbe des großen Konnetabel und als voraussichtlicher
Erbe des seiner Mutter gehörigen Lehens von Oultrejourdain der ebenbürtigste
unter den ortsansässigen Adeligen, den diese Eheverbindung mit Befriedigung
erfüllen durfte. Angesichts der Jugend der Prinzessin, sie erst 8
Jahre zählte, wurde die tatsächliche Trauungsfeierlichkeit auf
drei Jahre hinausgeschoben.
Im Herbst 1190 fiel Königin
Sibylle einer Seuche zum Opfer. Die zwei kleinen Töchter,
welche sie König Guido geboren
hatte, starben einige Tage vor ihr. Die Erbin des Königreiches war
jetzt die Prinzessin Isabella. Die
Barone des Königreichs, angeführt von Balian von Ibelin, erblickten
eine Gelegenheit sich Guidos schwacher
und glückloser Herrschaft zu entledigen. Ihr Anwärter auf den
Thron war Konrad von Montferrat.
Wenn er mit Isabella verheiratet werden
konnte, waren seine Ansprüche höher als die
Guidos.
Das Gerücht wollte wissen, dass Konrad
eine noch lebende Gattin in Konstantinopel hatte und möglicherweise
noch eine zweite in Italien und sich nie um eine Annullierung oder Scheidung
dieser Ehen bemüht hatte. Die Barone beschlossen, dass Humfrieds
Ehe geschieden werden müsse. Humfried selbst ließ leicht
hierzu überreden. Er war fürs Eheleben nicht geeignet und scheute
jegliche politische Verantwortung. Aber Isabella
war weniger gefügig. Humfried war stets lieb und gut
zu ihr gewesen, und sie hegte nicht den Wunsch, ihn gegen einen grimmigen
Kriegsmann mittleren Alters auszutauschen. Auch am Thron war ihrem Ehrgeiz
nichts gelegen. Die Barone überließen die Angelegenheit den
fähigen Händen ihrer Mutter, der Königin
Maria Komnen, Balians Gattin. Sie setzte ihre mütterliche
Autorität ein, um die zögernde Prinzessin zu nötigen, Humfried
aufzugeben. Sodann erklärte sie vor den versammelten Bischöfen,
ihre Tochter sei durch ihren Onkel Balduin IV.
in die Ehe gezwungen worden und zur Zeit ihres Verlöbnisses erst 8
Jahre alt gewesen. In Anbetracht ihrer großen Jugend und Humfrieds
allbekannter Weibischkeit solle die Ehe für ungültig erklärt
werden. Der Patriarch Heraklios war zu krank, um an der Sitzung teilzunehmen,
und ernannte den Erzbischof von Canterbury zu seinem Vertreter; der Erzbischof
wiederum, der wußte, dass sein Herr, König
Richard, den LUSIGNANS zugetan
war, weigerte sich, die Annullierung auszusprechen. Er erwähnte Konrads
vorherige Ehe und erklärte, eine Eheschließung
Konrads
und Isabellas wäre daher ein doppelter
Ehebruch. Aber der Erzbischof von Pisa, der päpstliche Legat, war
für die Sache Konrads gewonnen
worden. Der Bischof von Beauvais, der König
Philipps Vetter war, verwendete die Unterstützung des Legaten
dazu, eine allgemeine Zustimmung zu Isabellas
Ehescheidung
herbeizuführen, und verheiratete sie selbst mit Konrad
am 24. November 1190.
Allen, denen die Zukunft des Königreiches am Herzen
lag, war es klar, dass Isabella wieder
heiraten und ein Kind zur Welt bringen mußte, wenn das Königshaus
fortbestehen sollte. Das neu verheiratete Paar zog sich nach Tyros zurück,
wo Isabella
im folgenden Jahr einer
Tochter das Leben schenkte, die nach ihrer byzantinischen Großmutter
Maria
genannt wurde.
Am 28. April 1192 wurde Isabellas
Gemahl Konrad von zwei Assassinen
ermordet. Sein Verschwinden brachte einen entschädigenden Ausgleich.
Isabella, die Erbin des Königreiches,
war jetzt frei, um wieder zu heiraten und die Krone auf einen weniger umstrittenen
Mann zu übertragen. Als
Heinrich von Champagne
von dem Mord vernahm, eilte er von Akkon zurück nach Tyros. Dort hatte
sich die verwitwete Prinzessin in der Burg eingeschlossen; und sie weigerte
sich, die Schlüssel zu ihrer Stadt irgend jemand außer den Vertreter
des Königs von Frankreich oder des Königs von England auszuhändigen.
Heinrich
wurde bei seinem Eintreffen vom Volk von Tyros unverzüglich
als der Mann ausgerufen, der die Prinzessin heiraten und den Thron erben
sollte. Er war jung und hochgemut, allgemein beliebt und überdies
der Neffe zweier Könige. Isabella
gab dem Verlangen der Öffentlichkeit nach. Sie überlieferte sich
selbst und ihre Schlüssel in Heinrichs Hand.
Zwei Tage nach Konrads Ermordung
wurde ihre Verlobung bekanntgegeben. Dieser und jener meinte, es hätte
sich wohl geziemt, etwas länger zu warten, und es war außerdem
zweifelhaft, ob eine Wiederverheiratung binnen eines Jahres nach dem Kirchenrecht
gültig sein könne.
Heinrich
selbst verhielt sich ein wenig lau. Isabella
war eine liebreizende junge Frau von 21 Jahren, aber sie war bereits zweimal
verheiratet gewesen und hatte jetzt eine kleine Tochter, die ihre Erbin
war. Anscheinend bestand
Heinrich
darauf, dass die Verlobung von König Richard
bestätigt werden müsse. Richard
riet Heinrich, die Wahl auf
den Thron anzunehmen, und versprach ihm, er werde eines Tages mit frischer
Hilfe für sein Königreich zurückkehren. Am 5. Mai 1192,
nach einer knappen Woche der Witwenschaft, zog Isabella
mit Heinrich an ihrer Seite
in Akkon ein. Die Prinzessin und ihr Gemahl nahmen sodann in der Burg von
Akkon ihren Wohnsitz. Es war eine glückliche Ehe. Heinrich
verliebte sich alsbald über alle Maßen in seine Gattin und konnte
es nicht ertragen, sie nicht in seiner Nähe zu wissen, und sie fand
nach der Bärbeißigkeit des alternden Piemontesen, mit dem sie
gewaltsam vereint worden war, seinen Zauber unwiderstehlich.
Am 10. September 1197 starb König
Heinrich durch einen Sturz aus dem Fenster seines Palastes.
Heinrichs
Witwe, die Prinzessin Isabella, war
durch ihren Verlust so völlig aus der Fassung gebracht, dass sie nicht
in der Lage war, die Regierung zu übernehmen; aber als Erbfolgerin
der königlichen Stammlinie war sie dennoch die Hauptperson, um die
sich alles drehte. Von ihren Kindern aus der Ehe mit
Heinrich
waren zwei kleine Mädchen namens Alice
und Philippa noch am Leben. Ihre Tochter
aus der Ehe mit Konrad,
Maria
von Montferrat, nach dem Rang ihres Vaters allgemein als La
Marquise bekannt, war erst fünf Jahre alt. Die Barone anerkannten
ihre Stellung als Thronerbin, erachteten es aber als ihre Angelegenheit,
ihren nächsten Gemahl auszuwählen. Unglücklicherweise konnten
sie sich auf keinen geeigneten Bewerber einigen. Hugo von Tiberias und
seine Freunde schlugen seinen Bruder Ralph vor. Seine Familie, das Haus
der Falkenberg von Saint-Omer, war eine der hervorragendsten im Königreich.
Aber sie war arm; sie hatte ihre Ländereien in Galiläa an die
Muslimen verloren, und überdies war Ralph ein jüngerer Sohn.
Besonders die Ritterorden widersetzten sich ihm. Der inzwischen eingetroffene
Erzbischof Konrad von Mainz, Vertrauter des Kaisers und Freund des künftigen
Papstes Innozenz III., schlug vor, man solle den Thron König
Amalrich von Zypern anbieten. Amalrichs
erste
Gemahlin, Eschiva von Ibelin, war kürzlich
gestorben und er war somit frei,
Isabella
zu heiraten. Amalrich selbst
zauderte ein wenig. Er kam erst im Januar 1198 nach Akkon. Am Morgen nach
seiner Ankunft wurde er mit der Prinzessin Isabella
vermählt, und einige Tage später krönte der Patriach sie
zum König und zur Königin von Jerusalem.
In Jerusalem verdankte Amalrich
seine Stellung seiner Gemahlin. Wenn er starb, konnte sie neuerlich heiraten
und ihr neuer Gemahl als König anerkannt werden. Und ihre Erbin war
ihre Tochter Maria von Montferrat.
Amalrich
starb am 1. April 1205
zu Akkon, nach kurzer Krankheit infolge übermäßigen Fischgenusses,
kaum mehr als 50 Jahre alt. Im Königreich Jerusalem ging die oberste
Regierungsbefugnis automatisch auf Königin
Isabella über, die durch den Tod dieses ihres letzten Gatten
nicht so tief bekümmert war, als dass sie nicht die Regierungsgeschäfte
hätte übernehemn können. Aber sie überlebte ihn nicht
sehr lange. Der Zeitpunkt ihres Todes ist gleich den meisten Einzelheiten
ihres Lebens in Dunkel gehüllt. Von allen Herrinnen des Königshauses
von Jerusalem ist sie allein eine schattenhafte Gestalt, von deren Persönlichkeit
nichts auf uns überkommen ist. Ihre Ehe und Tatsache ihrer Existenz
überhaupt waren von großer Bedeutung. Hätte sie politischen
Ehrgeiz besessen, so hätte sie ein großer Machtfaktor im Lande
sein können; aber sie ließ sich von einem Ehegatten zum nächsten
weiterreichen, ohne dass ihre persönlichen Wünsche in Betracht
gezogen wurden. Wir wissen, dass sie eine schöne Frau war, aber wir
können nur schließen, dass sie hilflos und schwach war.
Isabella hinterließ
fünf Töchter:
Maria von Montferrat,
Alice und Philippa
von Champagne und Sibylle
und Melisende von Lusignan.
Mayer Hans Eberhard: Seite 119,121,122,131,132,135,136,148,149
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"Geschichte der Kreuzzüge"
Die einzige Alternative zu Prinzessin
Sibylle war ihre Halbschwester Isabella
aus der 2. Ehe König Amalrichs,
die bei den IBELINS in Nablus lebte. Noch im selben Jahr (1180) gelang
es der Hofpartei, sie dem Einfluß der IBELINS zu entfremden und sie
zu verloben mit
Humfred IV. von Toron, der vor allem der
Erbe Transjordaniens war und bei seinem Stiefvater Rainald von Chatillon
lebte. Nach der Krönung seines Neffen
Balduin
V. (20. November 1183) entsetzte der König die belagerte
Burg Krak in Transjordanien, wo gerade die Hochzeit zwischen
Isabella und Humfred von Toron gefeiert wurde.
Um die IBELINS aus Transjordanien fernzuhalten, untersagte Humfred
seiner Gemahlin jeden Kontakt mit ihrer Mutter in Nablus.
Der im Jahre 1186 von Raimund III. von Tripolis durchgeführte
Versuch, Isabellas Gemahl zum Gegenkönig
zu machen, scheiterte daran, dass dieser zu Guido
von Lusignan überlief.
Nach dem Tode ihrer Halbschwester Sibylle
und deren Töchter im Herbst 1190 fiel die Erbfolge des Königreiches
Jerusalem an Isabella. Konrad
von Montferrat ließ durchsickern, dass Isabella
geheiratet
habe, ehe sie das vorgeschriebene Alter erreicht hatte. Geschickt verknüpfte
er diese juristische, wahrscheinlich unzutreffende Argument mit der politischen
Opposition der Barone gegen den jungen Humfred, der 1186 sich sofort
Guido
unterworfen hatte. In einer Justizkomödie wurde
Isabella
von Humfred geschieden und anschließend
mit Konrad getraut (24. November 1190), obwohl dieser bereits verheiratet
war.
Wenige Tage nach der Ermordung Konrads heiratete
dessen Witwe den Grafen Heinrich von der Champagne,
der dann vom Volk von Tyrus als König akklamiert wurde, aber nie den
Königstitel führte. Aus der Ehe ging eine Tochter Alice
hervor,
die dann illegitim war, wenn Isabella
1190 zu Unrecht geschieden wurde.
Isabella war mit
33 Jahren einmal geschieden und dreimal verwitwet. Sie selbst starb kurz
nach Amlrich II. Die Krönung Amalrichs
II. verhalf seiner Gemahlin Isabella
zur Erstkrönung.
Pernoud Regine: Seite 128,137-138,143
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"Frauen zur Zeit der Kreuzzüge"
Isabella war zum Zeitpunkt
der Niederlage auf den Hörnern von Hattin 15 Jahre alt. Ihre Kindheit
und Jugend waren von den Ereignissen geprägt, die aus der Sicht des
Historikers, der sie mit dem nötigen Abstand betrachten kann, zwangsläufig
zum Ende dieser Epoche führen mußten. Sie stammte aus der zweiten
Ehe Amalrichs I. mit Maria
Komnena, war somit Halbschwester Sibylles
und Balduins IV.; sie hatte den Ausbruch
der Krankheit ihres Bruders Balduin
miterlebt, ihr Fortschreiten und ihre verheerenden Auswirkungen auf den
Körper des jungen Mannes, der etwa 10 Jahre älter war als sie.
1172 geboren, war sie beim Tod ihres Vaters erst zwei Jahre alt. Ihre Mutter,
die damals vom Hof entfernt wurde und sich nach Nablus zurückzog,
hatte 1179 Balian II. von Ibelin geheiratet.
Im Oktober 1190, während ihr Mann Akkon belagerte,
starb die Königin von Jerusalem. Da sie keinen Erben hatte, fiel die
Krone Isabella zu, der jüngsten
Tochter König Amalrichs I. Diese
ließ wissen, sie werde wie seinerzeit ihre Halbschwester die Krone
ihrem Gatten, Humfried von Toron, übergeben, den sie
abgöttisch liebte. Diese Idee stieß bei den Baronen des Heiligen
Landes auf einhellige Ablehnung. Dass sie wegen eines Guido
von Lusignan Jerusalem eingebüßt hatten, reichte
ihnen; so etwas wollten sie nicht ein zweites Mal erleben. Es war klar,
dass die Königin einen Mann zur Seite haben mußte, der sich
durchsetzen und die verlorenen Gebiete zurückerobern konnte. Um Saladin
die Stirn zu bieten, genügte es nicht, gut suzusehen; Humfried
besaß nicht den Heldenmut, der seine Familie berühmt hatte,
und die Barone riefen nach einem starken Mann. Als solcher präsentierte
sich Konrad von Montferrat.
Das verlangte die Stimme der Vernunft, mit anderen Worten:
die Staatsräson. Doch Isabella,
wie einige Jahre zuvor
Sibylle, kümmerte
sich herzlich wenig um die Staatsräson. Sie betete ihren schönen
Gemahl an und dachte nicht daran, sich von ihm zu trennen. Das Thema löste
eine heftige Debatte in der westlichen Welt aus, bei der die meisten Prälaten,
allen voran der seit kurzem in Palästina weilenden Erzbischof von
Canterbury, sich darüber entrüsteten, dass eine in dem Augen
der Kirche gültige Ehe aufgelöst werden sollte. Die Barone wiederum
warfen das Wohl des heiligen Landes und die Befreiung Jerusalems in die
Waagschale.
In dieser Situation ergriff die Königin-Mutter,
Maria Komnena, die Initiative. Sie
gab zu bedenken, dass ihre Tochter acht Jahre alt war, als sie verlobt
wurde, und bei ihrer Heirat erst elf: Sie hatte demnach ihre Wahl nicht
aus freien Stücken getroffen, da sie noch minderjährig war, da
Mädchen damals erst mit zwölf Jahren als volljährig galten.
Letzten Endes trug Humfried selbst die
Schuld an seiner Scheidung. Bei einer hitzigen Versammlung warf einer der
Barone aus dem Lager Konrads von Montferrat,
der Mundschenk Guido von Senlis,
Humfried von Toron den Fehdehandschuh
vor die Füße, eine Geste, die anzeigte, dass er ihn zum Zweikampf
forderte. Doch Humfried nahm die Herausforderung nicht an:
"Er hatte nicht das Herz", wie ein Chronist sich ausdrückte. Die Barone
entzogen ihm empört jede Unterstützung. Obwohl sie sich sehr
liebten, mußten sich Humfried und Isabella
trennen. Sie wurde am 24. November 1190 mit Konrad
von Montferrat, dem starken Mann, verheiratet. Im übrigen
hatten sich einige Barone vergeblich dafür eingesetzt, dass Guido
von Lusignan den Titel "König von Jerusalem" behielt, den
er jedoch nur seiner Frau verdankte.
Am 28. April 1192 wurde ihr Gemahl, Konrad
von Montferrat, von zwei Assassinen ermordet.
Wieder einmal stand man vor der Notwendigkeit, für
das Königreich seinen Beschützer zu finden. König
Richard von England "begab sich auf den Rat der Barone hin nach
Tyrus und brachte den Grafen Heinrich mit,
um ihn mit Isabella, der Frau des Markgrafen,
zu verheiraten". Es handelte sich um den jungen Grafen
Heinrich von der Champagne, der zwei Jahre zuvor, im Juli
1190, in Akkon gelandet war. Kaum 20 Jahre war er alt, als er die Überfahrt
antrat, mit dem festen Vorsatz, nach Abschluß des Unternehmens in
seine Heimat, die Champagne, zurückzukehren. Er war der Sohn der berühmten
Marie de Champagne, also Enkel
Ludwigs VII. und
Eleonore von Aquitaniens
und Neffe von Richard Löwenherz.
Der englische König mußte zunächst die
Bedenken seines Neffen ausräumen: "Der König sprach mit dem Grafen.
Er sagte ihm, die Dame, mit er er ihn verheiraten wolle, erwarte ein Kind
von dem Markgrafen, und wenn sie einen Sohn gebäre, erbe dieser die
Krone. Er [Heinrich] gab ihm
zur Antwort: 'Und ich habe dann die Dame am Hals!' Es tat Heinrich
sicher
auch leid, nicht mehr in die Champagne zurückkehren zu können.
Isabella
wartete inzwischen in Tyrus auf die Ankunft der Barone, die in aller Eile
verständigt worden waren.
Heinrich
änderte schließlich seine Meinung, nachdem er seine zukünftige
Frau gesehen hatte, denn sie soll nach den Worten der Chronisten "weißer
als eine Perle" gewesen sein. Auch sie war anscheinend gleich von ihm begeistert.
Heinrich
war jung und tapfer, und am Hof von Tyros herrschte eine Atmosphäre,
in der sich ritterliche Tugenden entfalten konnten. Auf jeden Fall feierte
Isabella
am 5. Mai ihre dritte Hochzeit, acht Tage nach Konrads
Tod - die Ereignisse verlangten schnelle Entscheidungen. Sie war erst 20
Jahre alt, zärtlich, gefühlvoll und unbekümmert. Doch sie
war auch die Erbin des Königreichs Jerusalem; um den Fortbestand
dieses Königreichs zu sichern, hatte sie sich von Humfried
trennen müssen, den sie seit ihrer Kindheit liebte, danach hatte sie
miterlebt, wie ihr zweiter Mann ermordet wurde. In diesem Augenblick gebot
es das Schicksal und ihre Pflicht, einen dritten Mann zu heiraten - und
wenn sie die Zukunft hätte voraussehen können, hätte sie
sich bemüht, ihn nicht zu lieben, um nicht noch einmal leiden zu müssen.
Die Hochzeit war in der Tat ein großartiges Ereignis,
eine Garantie für das Überleben des Königreichs, denn kurz
darauf wurde die kleine Maria geboren,
Konrads Tochter, die später
den Titel "Königin von Jerusalem" tragen sollte.
1197 kündigte sich ein Besuch an, der in Heinrich
manche Erinnerung an seine Familie wachrief: Margarethe,
"Königin von Ungarn", Schwester Philipp Augusts
und Heinrichs Tante, die den
jungen
König Heinrich, wie man ihn in England nannte, geheiratet
hatte und in weiterer Ehe König Bela III.
von Ungarn. Dieser war gestorben und sie verspürte den
Wunsch, nach Jerusalem zu reisen. Deshalb verkaufte sie ihr Wittum, das
ihr großen Reichtum einbrachte, nahm das Kreuz und kam mit einer
beachtlichen Schar von Rittern zusammen mit den Deutschen nach Syrien und
nach Tyrus. Graf Heinrich begab
sich nach Tyrus, um seine Tante zu begrüßen und mit allen Ehren
zu empfangen. Nach ihrer Ankunft lebte sie nur noch acht Tage, dann starb
sie und wurde im Chor der Kirche von Tyrus beigesetzt. Sie vermachte
Heinrich ihren ganzen Besitz, denn er war ihr Neffe,
der Sohn ihrer Schwester.
Ein absurder Unfall setzte den Hoffnungen, die das fränkische
Syrien mit seiner Regentschaft verband, ein jähes Ende. Am 10. September
1197, während einer Versammlung mit seinen Baronen in dem großen
Saal seiner Residenz in Akkon, lehnte sich Heinrich
unvorsichtigerweise an das etwas lockere "Gitter" eines Fensters, fiel
kopfüber in den Hof hinunter und erlitt einen Schädelbruch. Er
war auf der Stelle tot, ebenso wie sein Lieblingsgefährte, der Zwerg
Scharlach, der den Sturz seines Herrn aufhalten wollte und mitgerissen
wurde.
"Als Königin Isabella
die Nachricht erfuhr, stürzte sie wie von Sinnen herbei; sie schrie,
zerkratzte sich das Gesicht und raufte sich die Haare. Am Aufgang zum Schloß
begegnete sie den Leuten, die den Leichnam brachten; als sie ihn sah, warf
sie sich über ihn und bedeckte ihn unter Tränen und Klagen mit
Küssen; sie schrie so laut, dass alle Anwesenden Erbarmen mit ihr
hatten", schreibt der Verfasser der Herakleios-Chronik.
Mit 26 Jahren war Isabella
nun zum zweiten Mal Witwe und einmal geschieden. Von ihrem dritten Mann
hatte sie zwei Töchter,
Alice und
Philippa. Wieder einmal stand sie vor
dem Problem, durch eine Heirat ihren Titel einem fähigen und verläßlichen
Oberhaupt des Königreichs zu übergeben.
In der Umgebung der immer noch schönen Königin
herrschte bestimmt kein Mangel an Anwärtern. Obwohl sie plötzlich
Witwe geworden war, wurde sie sicher von vielen umschwärmt. Einer
der Bewerber,
Amalrich von Lusignan,
ein Bruder Guidos, wurde von den Rittern
des Templer- und des Johanniterordens favorisiert.
Im Anschluß an ihre Vermählung wurden Amalrich
und
Isabella
gekrönt,
für die junge Frau war es die vierte Krönung.
Was Isabella angeht,
so bedeutete ihre Vermählung mit Amalrich
das Ende ihrer ehelichen Mißgeschicke. Sie bekamen drei Kinder: einen
Sohn, der früh starb, und zwei Töchter, Sibylle
und Melisende. Amalrich
starb am 1. April 1205, und Isabella überlebte
ihren Mann nur einige Monate. Die Krone von Jerusalem fiel an ihre älteste
Tochter, die kaum 12-jährige Maria
aus ihrer Ehe mit Konrad von
Montferrat. Isabella hatte
vor ihrem Tod die Regentschaft über das Königreich und die Vormundschaft
über die junge Prinzessin dem Alten Herrn von Beirut anvertraut.
Isabella hatte sozusagen
den Grundstein für die sich abzeichenende Neuordnung der Machtverhältnisse
gelegt, denn ihre Nachkommen, die Dynastien, die aus ihr hervorgingen,
sollten fortan das Geschehen bestimmen und allenthalben von sich reden
machen. Zunächst begegnen wir auf dem Thron von Jerusalem ihre Tochter
Marie,
die Johann von Brienne heiratete: Er
war bei der Hochzeit im Jahre 1210 60 Jahre alt, sie 16 oder 17 Jahre,
doch er war ein tapferer und kraftvoller Ritter. Isabellas
Töchter
aus ihrer Ehe mit Heinrich von der Chamagne
Alice und Philippa, lebten
auf Zypern - Alice, die ältere,
wurde später Königin der Insel. Beide führten später
einen langwierigen Streit um ihre Erbrechte an der Champagne, und ihre
Nachkommen spielten an den Höfen Zyperns oder Syriens eine Rolle.
Von den beiden Töchtern aus Isabellas
Ehe mit Amalrich heiratete die
ältere, Sibylle, den Fürsten
Leo II. von Armenien und die jüngere, Melisende,
Bohemund IV., der die Herrschaft über das Fürstentum Antiochia
und die Grafschaft Tripolis ausübte. Mit anderen Worten, in jedem
Kapitel der Geschichte dieser Region, die von ständigen Wirren heimgesucht
wurde, ist von den Nachkommen jener Isabella von
Jerusalem die Rede, der Liebenden, die der Staatsräson
geopfert wurde.
Csendes, Peter: Seite 122,200
*************
"Heinrich VI."
So wurde Konrad von Montferrat
zum König gewählt. Doch noch ehe er gekrönt war, fiel er
am 28. April 1192 einem Mordanschlag zum Opfer. Der Auftrag dazu ging von
dem legendenumwobenen Alten vom Berg aus, dem Führer der syrischen
Assassinensekte. Es verbreitete sich aber das Gerücht,
Richard
hätte
hinter dem Anschlag gestanden, und noch später sollte daraus ein Anklagepunkt
gegen Löwenherz
werden. Nachfolger
Konrads
wurde der Graf Heinrich von Champagne,
der die Witwe des Ermordeten, Isabella,
ehelichte.
Nach dem Tod Heinrichs von
Champagne
mußte natürlich, nicht zuletzt im Hinblick
auf die Zeit nach dem Kreuzzug, ein neuer König gefunden werden. Von
den ansässigen Baronen trat eine Gruppe für Ralph
von Tiberias aus dem französischen Haus FALCONBERG
ein, einen der ihren, der als ebsonders rechtskundig galt, aber über
her geringe eigene Mittel verfügte. Konrad von Hildesheim hingegen
forcierte Amalrich von Lusignan,
der als König von Zypern bereits staufischer
Vasall
war. Trug dieser nun auch die Krone von Jerusalem, so konnte der Kaiser
die Oberhoheit über die Heilige Stadt in jedem Fall für sich
in Anspruch nehmen. Der Vorschlag des Kanzlers wurde gut aufgenommen. Amalrichs
Frau Eschiva war jüngst verstorben,
und damit konnte er König Heinrichs
Witwe
Isabella, die eigentliche Erbin
des Königreiches Jerusalem [Sie war die Tochter
König
Amalrichs I. von Jerusalem, eines Angehörigen des Hauses
ANJOU.], heiraten. Amalrich
nahm das Angebot mit einigem Zögern an. Er schloß die Ehe mit
Isabella
-
es bereits ihre vierte - und empfing gem,einsam mit ihr die Königskrone
von Jerusalem.
22.11.1183
1. oo Humfried IV. Herr von Toron
-1190 1166-
24.11.1190
2. oo Konrad I. Markgraf von Montferrat
um 1146-28.4.1192
5.5.1192
3. oo Heinrich I. Graf von Champagne
29.7.1166-10.9.1197
1198
4. oo Amalrich II. Graf von Lusignan
um 1155-1.4.1205
Kinder:
2. Ehe
Maria I. la Marquise
1192- 1212
3. Ehe
Alice von Champagne
um 1193- 1246
Philippa von Champagne
um 1195- 1250
1211/14
oo Erard III. Sire de Brienne
- um 1246
Marie von Champagne
-
4. Ehe
Sibylle von Lusignan
um 1200- nach 1255
oo Leon I. König von Armenien
- 5.1219
Melisende von Lusignan
1197/99- nach 1249
1218
oo 2. Bohemund IV. Fürst von Antiochia
- März 1233
Isabella
-
Amalrich
-
1204
Literatur:
------------
Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen
Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 - Csendes, Peter:
Heinrich VI., Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Wiesbaden 1993, Seite
122,200 - Mayer Hans Eberhard: Geschichte der Kreuzzüge Seite
119, 121,122,131,132,135,136,148,149 - Pernoud Regine: Frauen zur
Zeit der Kreuzzüge Seite 128,137-138,143 - Runciman, Steven:
Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck
München 1978, Seite 706,716,725,740-742,743,746-748, 801-803,817,824,837,839-840,858,869-870,879-880,911,958,1107
-
Winkelmann Eduard: Kaiser Friedrich II. 2. Band, Wissenschaftliche
Buchgesellschaft Darmstadt 1963, Seite 88 -