Sohn des N.N.
Geuenich Dieter: Seite 42-48,54,154
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"Geschichte der Alemannen"
In der Nähe der Stadt Straßburg (apud Argentoratum)
kam es im Jahre 357 zu einer Schlacht zwischen Römern und Alemannen,
deren Vorgeschichte, Verlauf und unmittelbare Folgen Ammianus Marcellinus
ausführlich und detailliert schildert.
Zwischen Bewunderung und Abscheu bewegen sich seine Äußerungen
über den Alemannen-König Chnodomar.
Für Ammian ist er "der ruchlose Anstifter des ganzen Kriegssturmes,
..., ohne Maß, ... der Hauptantreiber zu gefährlichen Wagnissen,
mit seiner stolzen Miene, hochgemut durch häufige Erfolge". In der
Schlacht schildert er ihn "mit einem flammend roten Wulst von Haaren auf
dem Haupt, furchtlos im Bewußtsein seiner ungeheuren Körperkraft,
..., unmenschlich groß auf seinem schäumenden Roß, hoch
aufgerichtet mt der Lanze von fürchterlicher Länge, im Glanz
der Waffen sichtbar vor den anderen, ein tapferer Kämpfer und als
fähiger Heerführer den übrigen überlegen".
Chnodomars Bruder,
mit Namen Mederich, hatte sich für
lange Zeit als Geisel in Gallien aufgehalten und war dort in griechische
Geheimlehren eingeführt worden. Dies war der Grund für die seltsame
Namengebung seines Sohnes, der zunächst gemäß der Familientradition
Agenarich
hieß, nun aber nach dem hellenistisch-ägyptischen Gott Serapis,
der auch in Gallien verehrt wurde, vom Vater in Serapioumbenannt
worden war. Dieser Serapio war, obwohl
er zum Zeitpunkt der Schlacht bei Straßburg "ein junger Mann war,
dem eben der Bartflaum sproß, an Tatkraft seinem Alter voraus". Dies
betont jedenfalls Ammian, der ihn und seinen Onkel Chnodomar
als
Anführer des alemannischen Heeresaufgebots bezeichnet, die den anderen
alemannischen Königen an Macht überlegen waren.
Seine herausragende Stellung dürfte Chnodomarvor
allem seinen militärischen Erfolgen in den vorausgegangenen Jahren
verdankt haben, während der Jüngling Serapio
wohl von seiner Verwandtschaft mit diesem profitierte.
Kaiser Constantius II. (337-361) hatte
selbst in seinem Kampf mit dem Usurpator Magnentius
die Barbaren unter Chnodomars
Führung zum Einfall nach Gallien ermuntert. Diese Gelegenheit hatten
die Alemannen genutzt und zahlreiche linksrheinische Städte, von Straßburg
über Zabern, Speyer, Worms, Mainz, Bingen, Koblenz bis Andernach in
ihre Gewalt gebracht. Als Erfolg konnte Chnodomarauch
einen Sieg über den Caesar Magnus
Decentius (350-355) verbuchen, den der
Usurpator
Magnentius mit dem Oberbefehl über
die römischen Truppen am Rhein betraut hatte. Nachdem sowohl Magnentius
als auch sein Caesar Decentius durch
Selbstmord aus dem Leben geschieden waren, ernannte der Kaiser am 6. November
356 seinen Neffen Julian
zum Caesar und übertrug ihm die Rückeroberung der linksrheinischen
Gebiete und den Schutz und die Verwaltung über Gallien.
Damit wendete sich das Blatt zuungunsten Chnodomarsund
seiner Krieger.Der Kaiser schickte zur Unterstützung
Julians, nachdem dieser bereits einige linksrheinische Städte
zurückerobert hatte, aus Italien den Heermeister Barbatio mit 25.000
(Ammian Marcellinus) oder 30.000 Mann (Libanios) nach Rauracum (Kaiseraugst
bei Basel), um die Alemannen in die Zange zu nehmen. Dieser Plan ging allerdings
nicht auf, einerseits wegen des oben erwähnten Laeten-Aufstandes,
andererseits durch dias Verschulden des Barbatio, der, wie Ammian unterstellt,
Julian keinen Erflg gönnte. Jedenfalls gelang es den Alemannen,
die zahlenmäßig überlegenen Truppen des Barbatio in die
Flucht zu schlagen und sie ihrer Tragtiere und Pferdeknechte zu berauben.
"Dieser beschämende Fall von Panik wurde weithin bekannt, schreibt
Ammian, und er führte dazu, daß die Alemannen-Könige "ihr
Haupt noch höher trugen". Sieben von ihnen,
Chnodomer und Vestralpus,
Urius
und
Ursicinus,
Serapio,
Suomarius
und Hortarius "samelten ihre ganze
Streitmacht zu einem starken Heer", um ihren vermeintlichen Recht auf die
ihnen übertragenen linksrheinischen Gebiete militärisch Nachdruck
zu verleihen.
Nach Ammian stand der Caesar
Julian nun allein, ohne die Truppen des in die Flucht geschlagenen
Barbatio, mit nur 13.000 Mann den vereinten Streitkräften der Alemannen
mit 35.000 Bewaffneten gegenüber. Diese stattliche Zahl war
"aus verschiedenen Nationen" für die Schlacht angeworben worden, und
zwar "teils gegen Sold, teils unter der Bedingung gegenseitiger Hilfe".
Es handelte sich also nicht um ein umfassendes Alemannenheer, nicht einmal
alle Alemannen-Könige waren beteiligt. In die Schlacht folgten den
beiden Anführern Chnodomar
und
Serapio
fünf "nächstmächtigste Könige", dann 10 Unterkönige
und eine große Zahl von Adligen.
Ein solches Zweckbündnis hatte 357 die sieben reges
und ein Heeresaufgebot von 35.000 Mann unter dem Oberbefehl des Chnodomar
und
seines Neffen Serapio zusammengeführt.
Ein Überläufer aaus der Armee des in die Flucht geschlagenen
Feldherrn Barbatio hatte ihnen - offensichtlich zutreffend - berichtet,
der Caesar Julian verfüge
lediglich über 13.000 Mann. Diese Gelegenheit hielten
Chnodomar
und
die mit ihm verbündeten Alemannen-Könige für günstig,
um ihre Ansprüche auf die linksrheinischen Gebiete zu behaupten. Eingedenk
der soeben errungenen Erfolge gegen Decentius
und Barbatio und im Bewußtsein ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit
schickten sie eine Gesandtschaft an Julian
"und legten dem Caesar schon mehr im Befehlston nahe, das Land zu verlassen,
das sie sich mit Tapferkeit und Waffen erworben hätten". Julian
"lachte über die Anmaßung der Barbaren, hielt die Gesandten
fest" und beschloß, mit seinen "wenigen, aber tapferen Leuten gegen
die volkreichen Stämme" anzutreten.
Von Zabern, das Julian
nach der Zerstörung durch die Alemannen wieder hatte befestigen lassen,
wobei er seine Soldaten von den Feldern der Alemanenn verproviantierte,
zog das römische Heeresaufgebot nach Straßburg. Dort wurde es
bereits von den kampfbereiten Feinden erwartet, die drei Tage und drei
Nächte lang über den Rhein gesetzt hatten. Unter den Augen der
Gegner bildeten nun beide Seiten ihre Schlachtordnung. Als die Alemannen
sahen, daß die römische Reiterei auf dem rechten Flügel
plaziert wurde, konzentrierten sie ihre Reiter auf dem linken Flügel,
der von Chnodomer hoch zu Roß
angeführt wurde. Noch bevor die Hörner erklangen, verlangten
die Krieger der alemannischen Fuptruppenn lautstark, ihre Unterkönige
sollten von ihren Pferden herabsteigen, damit sie nicht, wenn es schlimm
käme, davonmachen könnten. Chnodomar
ging mit gutem Beispiel voran und die übrigen folgten ihm nach: Die
Schlacht begann.
Nach anfänglichen Erfolgen der Alemannen, welche
die römische Reiterei in die Flucht zu schlagen vermochten, stießen
die Fußtruppen aufeinander. Anschaulich schildert Ammian das Hin-
und Herwogen des Kampfgeschehens, an dem auf römischer Seite auch
keltische und germanische Auxiliareinheiten beteiligt waren: "Die Alemannen
gingen hitzig in den Kampf, tief holten sie Atem, wie von einer Art Wahnsinn
getrieben, um alles, was sich vor sie stellte, zu vernichten. Speere und
Spieße flogen ununterbrochen, es regnete Pfeile mit Eisenspitzen,
obschon auch im Nahkampf Schwert auf Schwert prallte, Panzer von Schwertern
aufgeschlitzt wurden, Verwundete, die noch nicht verblutet waren, sich
aufrafften zu neuer kühner Tat. Denn es kämpften in gewisser
Weise Ebenbürtige miteinander; die Alemannen waren stärker und
höher gewachsen, unsere Soldaten durch sehr viel Übung geschult;
jene wild und stürmisch, diese ruhig und bedacht; die unseren vertrauen
auf ihre Einsicht, die anderen verließen sich auf ihre riesigen Leiber
... Da sprang plötzlich voll Feuer eine Schar von Adligen hervor,
darunter stellten sich auch Könige zum Kampf, die Menge kam nach,
und den anderen voran brachen sie in unsere Reihen ein, bahnten sich einen
Weg und kamen bis zur Legion der primani, die im Zentrum aufgestellt
war".
Nun deutete sich eine Entscheidung an: "Die Barbaren
strebten geradezu danach, das Leben hinzugeben für den Sieg und suchten
immer wieder, unsere festgefügte Linie aufzulösen. Zwar wurden
sie in ununterbrochener Folge niedergehauen, und die Römer schlugen
schon zuversichtlicher zu, doch es traten immer weitere Barbaren an die
Stelle der Toten; schon hörte man lauter Gestöhne der Daliegenden,
und von Schauder gepackt erlahmten sie. Endlich waren sie doch erschöpft
von so viel Drangsal und hatten nur noch die Kraftz zu fliehen ... Unsere
Soldaten,
die auf die Rücken der Fliehenden einhieben, hatten bisweilen, da
die Schwerter sich bogen, keine Werkzeuge zum Schlagen mehr; dann entrissen
den Barbaren die Waffen und stießen sie ihnen die Eingeweise". Die
ungeordnete Flucht der Alemannen hatte das Ziel, den Rheinstrom zu erreichen.
Der Caesar Julian mußte die Seinen davon abhalten, dem feind in die
Fluten zu folgen. So beschränkte man sich darauf, "am Rand stehend,
mit verschiedenen Geschossen die germanen zu treffen; wenn einen die Schelligkeit
vor dem Tod errettet hatte, sosank er jetzt durch das Gewicht des getroffenen
Körpers in die Tiefe des Flusses".
Auch Chnodomar versuchte,
auf diesem Wege zu entkommen; denn "er konnte nur über den Rhein hinüber
in sein Land entkommen". Eine römische Kohorte vereitelte jedoch seine
Flucht und stellte ihn. Er ergab sich; seine Begleiter, 200 an der Zahl,
und drei engste Freunde hielten es für eine Schmach, den König
zu überleben oder nicht für ihn zu sterben, wenn es sich so füge,
und ließen sich fesseln". Nach Ammian bat der vor den Caesar geführte
einst so stolze Alemannen-König demütig um Gnade; doch man wird
die genüßliche Schilderung des abrupten Wechsels zu einer unterwürfigen
bettelnden Verhaltensweise, "wie die Barbaren von Natur schon sind ...
im Bewußtsein der bösen Taten", als Zutat des nicht gerade objektiven
Berichterstatters ansehen dürfen. Chnodomarwurde
auf Geheiß des Caesars vor den Kaiser gebracht und von dort nach
Rom geschickt, woer im Fremdenlager auf dem Mons Caelius später an
Altersschwäche gestorben sein soll.
Literatur:
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Geuenich Dieter: Geschichte der Alemannen. W.
Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1997 Seite 42-46,54,154 - Marcellinus
Ammianus: Römische Geschichte Buch 16 Kapitel 12 Teil I Seite 185-189
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