Sohn des Alamannen-Herzogs
Gotfrid
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 1706
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Lantfrid, Herzog der Alemannen
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+ 730
Einer der Söhne des alemannischen Herzogs Gottfried (+ 709), begegnet erstmals in der Regierungszeit Karl Martells und im Zusammenhang mit der Gründungsgeschichte der Abtei Reichenau um 724. In dieser Phase, die auf den Feldzug Karls gegen die Alemannen 722 und deren Rebellion von 723 folgte, hat offenbar zwischen dem alemannischen Herzog und dem Hausmeier Einvernehmen bestanden. Doch bereits 725 und 728 hat Karl auf Kriegszügen nach Bayern seine Macht in Alamannien demonstriert, und auch die Vertreibung Pirmins von der Reichenau durchLantfrids Bruder Theudebald zeugt von der Verschlechterung der fränkisch-alemannischen Beziehungen. 730 hat sich Karl schließlich gegen Lantfrid selbst gewandt. Dessen Tod im selben Jahr bedeutet eine Zäsur in der Spätphase des alemannischen Dukats. In Fortsetzung der legitimistischen, auf formale Unterordnung unter die MEROWINGER bedachten Einstellung seines Vaters, die zugleich der Abwehr des karolingischen Zugriffs auf Alemannien diente, hat Lantfrideine Neufassung der Lex Alamannorum (Lantfridana) veranstaltet, in welcher die Bedeutung des merowingischen Königs als dominus des alemannischen Herzogs betont und auch gleichzeitig die Rechte des letzteren als Gerichtsherr, Friedensgarant und Kriegsherr verkündet werden.
Literatur:
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NDB XIII, 621f. [Lit.] - Die Gründungsurkk. der
Reichenau, hg. P. Classen (VuF 24), 1977 - J. Jarnut, Unters. zu den frk.-alem.
Beziehungen in der 1. Hälfte des 8. Jh., SchZG 30, 1980, 7-28 - Die
Bayern und ihre Nachbarn, hg. H. Wolfram - A. Schwarcz (AAW, phil.-hist.
Kl. 179) I, 1985 - C. Schott, Zur Geltung der Lex Alam. (Die hist. Landschaft
zw. Lech und Vogesen, hg. P. Fried - W.-D. Sick, 1988), 75-105.
Als Gotfrid
709 starb, erhoben seine beiden Söhne Lantfrid
(+ 730) und Theudebald
Anspruch auf den Titel eines dux. Demnach bestand im alemannischen Herzogshaus
das Prinzip der Herrschaftsteilung und nicht das der Individualsukzession.
Erblichkeit und Teilung der Herzogswürde waren entsprechend auch in
der Neufassung des alemannischen Rechts vorgeschrieben, die mit dem Namen
des Herzogs Lantfrid verbunden ist.
Ob Gotfrid
der erste seines Hauses war, der die Herzogswürde erlangte, oder ob
etwa die duces Alamannorum
Crodobert
(631/32)
und Leuthari
(643) zu seinen Vorfahren zu zählen sind, entzieht sich unserer Kenntnis.
Auch die Frage, ob er und seine Söhne zu Beginn des 8. Jahrhunderts
die einzigen Herzöge in Alemannien waren und ihre Herrschaft das gesamte
Land umfaßte, ist aus den Quellen nicht eindeutig zu beantworten.
Wir wissen nicht, aus welchem Grund und mit welchem Ziel der Hausmeier
Pippin der Mittlere nach dem Tode Gotfrids
(709) in Alemannien eingriff. Seine Feldzüge richteten sich gegen
einen
dux Wilharius
(Vilarius/Willicharius), von dem die Lebensbeschreibung des heiligen
Desiderius berichtet, daß er im Gebiet der Alemannen in der Ortenau
geherrscht habe. Es erscheint durchaus möglich, daß
Pippin
mit seinen Kriegszügen gegen Wilharius
unter Inanspruchnahme königlicher Hoheitsrechte in die Regelung der
Nachfolge Gotfrids
- möglicherweise zugunsten der Söhne des verstorbenen Herzogs
- eingreifen wollte. Sollte er damit eine engere Bindung der Söhne
Gotfrids
an die PIPPINIDEN angestrebt haben,
so wurde dieses Ziel jedenfalls nicht erreicht. Lantfridund
sein Bruder Theudebald
standen
nach dem Tode Pippins den Hausmeiern
in erbitterter Feindschaft gegenüber.
Die Quellen berichten, 722 habe Karl
Martell (714-741) Alemannien und Bayern unterworfen, 723 hätten
sich beide Völker wieder gegen Karl
erhoben und die "Friedenseide schmählich gebrochen". Offensichtlich
standen die beiden miteinander verwandten Herzogsfamilien in Bayern und
Alemannien in gemeinsamer Oppoition gegen die fränkischen Hausmeier.
724 gründete der Klosterbischof Pirmin unter dem Schutz von Karl
Martell auf der Bodenseeinsel Reichenau ein Kloster, das inmitten
des alten Kerngebites der Alemannen-Herzöge offensichtlich als Provokation
empfunden wurde. Nur etwa drei Jahre konnte sich Pirmin als Abt auf der
Insel halten, dann vertrieb ihn Theudebald,
der Sohn Gotfrids
und Bruder Lantfrids, "aus Haß
gegen Karl".
Das verfassungsgeschichtliche Problem, obTheudebald
bereits neben seinem Bruder als Herzog - vielleicht eines südlichen
Teilherzogtums - amtierte oder ob er erst nach dem Tod Lantfrids
die Herzogswürde übernahm, ist keineswegs als gelöst anzusehen.
730
wandte sich Karl Martell mit einem
Heerzug gegen Lantfrid, der noch im
selben Jahr starb.
Ewig Eugen: Seite 196
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„Die Merowinger“
Herzog Lantfrid löste nach Pippins Tod jegliche Bindung an die ARNULFINGER und ließ sogar die Lex Alamannorum in eigener Machtvollkommenheit redigieren und verkünden.
Störmer Wilhelm: Seite 23,38
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"Adelsgruppen"
Herzog Landfried,
unter dessen Herrschaft die Lex Alemannorum neu redigiert wurde, stand
- wie später sein Bruder Odilo und vor ihm bereits 725 seine bayerischen
Verwandten, ja selbst sein Vater Gottfried
- im Gegensatz zu den karolingischen Hausmeiern.
Karl
Martell zog gegen ihn 730 zu Felde; im gleichen Jahr
starb Landfried.
724 scheinen sich die alemannischen AGILOLFINGER
bei der Gründung des Klosters Reichenau noch einmal mit den Hausmeiern
(zwangsweise?) arrangiert zu haben. 730 rückte Karl
Martell siegreich in Alemannien ein; im gleichen Jahr starb
der dux Landfried. Dessen Bruder Theutbald
gelang es aber noch einmal, eine alemannische Herzogsgewalt aufzubauen.
Sollte das mit Unterstützung Swanahilds,
der Gemahlin Karl Martells geschehen
sein? Sie war ja eine neptis Odilos und damit auch Theutbalds,
da beide Brüder waren.
Stälin Paul Friedrich: Seite 80
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„Geschichte Württembergs“
In den Jahren 709 und 710 rückte
Pippin selbst ins Feld und ließ 711 und 712 seine Unterbefehlshaber
kämpfen, scheint übrigens mehr eine Verheerung des Landes als
dauernde Unterjochung bewirkt zu haben. Nur zu Karl
Martell mag kurze Zeit das alamannische Herzogtum in freundlicher
Beziehung gestanden haben. Im Jahre 725 wurde Alamannien von Karl
Martell aus Anlaß seines Krieges mit den Bayern auf dem
Zuge vom Rhein zur Donau berührt und in der nächsten Zeit standen
an der Spitze des Landes Herzog Lantfrid,
welcher durch eine Revision des alamannischen Gesetzes wiederum eine selbständigere
Stellung bekundet haben soll, und sein Bruder Theutbald, dessen herzogliche
Gewalt übrigens nicht sicher bezeugt ist. Im Jahre 727 soll sich Theutbald
nach nicht ganz sicheren Angaben gegenüber von Karl
insofern feindlich bewiesen haben, als er den genannten Pirmin von Reichenau
vertrieb; im Jahre 728 scheinen erneute Unruhen in Bayern und auch auf
Alamannien von Einfluß gewesen zu sein und im Jahre 730 wurde Karl
zu einem Kriege gegen Lantfrid genötigt.
Doch verstarb letzterer noch im gleichen Jahre wohl eines natürlichen
Todes. Er ist der letzte Herzog von Alamannien, welcher in den Quellen
mit Sicherheit bezeichnet wird, und da das Land im Jahre 741 von Karl
mit Austrasien seinem erstgeborenen Sohne Karlmann
zugeteilt wurde, während des selbständiger gebliebenen Bayern
bei dieser Teilung keine Erwähnung geschieht, so liegt die Vermutung
nahe, nach der Besiegung Lantfrids
sei Alamannien mit Beseitigung des Herzogtums dem Frankenreiche unmittelbar
einverleibt worden und Lantfrids in
der Folge so oft "rebellierender" Bruder Theutbald
sei nur Usurpator der herzoglichen Gewalt gewesen.
Literatur:
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Ewig Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich.
W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1988 Seite 196,200 - Geuenich,
Dieter: Geschichte der Alemannen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin
Köln 1997, Seite 104-106,108,159 - Riche Pierre: Die Karolinger.
Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co.
KG, München 1991 Seite 62,75 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger.
W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 42,53 - Werner
Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher
Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 368 -