Sohn des Raginsind? und einer Tochter des Grafen
Halaholfus
Mitterauer Michael: Seite 131
****************
"Karolingische Marken im Südosten"
Bertholds Bruder Wolfinus war nach 806 Graf von Verona.
Schmid Karl: Seite 495
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"Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im
Mittelalter"
Im St. Galler Verbrüderungsbuch folgen nach der UDALRICHINGER-Familie und nach erih die Namen peratolt, adlabert, berihtilo, caroman. Man könnte vermuten, dass auch in dieser Liste zunächst ältere, inzwischen verstorbene Grafen Alemanniens aufgezeichnet wurden, da Birtilo undBertold als Grafen in einer St. Galler Urkunde von 786 bezeugt sind, während Caroman von 797 bis 834 nachzuweisen ist. Nahegelegt wird die Vermutung dadurch, dass in der zweiten Kolumne eine Namensfolge erneut mit perttolt beginnt und nach egino und uuolini die Namen uuago, chadaloh, baldabert, die Namen von Brüdern, Söhnen des Grafen Bertold, nennt, die 790 und 805 in St. Galler Urkunden genannt werden. Ist dieses Zusammenstehen von Namen nicht zufällig, sondern durch die Zugehörigkeit zur gleichen Sippe bedingt, so hätten wir einen Hinweis auf die Zugehörigkeit eines Egino zu den BERTOLDEN. Dieser Hinweis erscheint im Hinblick auf die Bischöfe Egino von Verona und Egino von Konstanz (781-811) aus der Zeit KARLS DES GROSSEN nicht ohne Belang.
Borgolte Michael: Seite 71-75
***************
"Die Grafen Alemanniens"
BERTOLD (II)
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* 775/76/78/79
§ Bereich der Bertoldsbaar [und der Alaholfsbaar] 785/86/88/89 IV 11 - ?803 XII 11)
Belege mit comes-Titel:
-----------------------------
W I Nrn. 107 (= ChLA II Nr. 112), 150 (= ChLA II Nr.
133),170 (= ChLA 11 Nr. 153, Clavadetscher-Staerkle, Dorsualnotizen 46f.
[ohne comes-Titel]; ChLA II Nr. 170, Clavadetscher-Staerkle, Dorsualnotizen
46f.), 176 (= ChLA II Nr. 146, Clavadetscher-Staerkle, Dorsualnotizen 48f.
[ohne comes-Titel]), 185f., Indiculus obsidum Saxonum 233, Das Verbrüderungsbuch
der Abtei Reichenau 114, W II Anh. Nr. 21, Necrologium Augiae Divitis 278
ad 10.8. (Necr. A ohne, Necr. B mit comes-Titel), Necrologium monasterii
sancti Galli 478 ad 10.8. (= St. Galler Totenbuch 49)
Belege ohne comes-Titel:
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W I Nrn. 81 (= ChLA I Nr. 87),127 (= ChLA 1I Nr.123;
Clavadetscher-Staerkle, Dorsualnotizen 34f.), 135 (= ChLA II Nr. 132; Clavadetscher-Staerkle,
Dorsualnotizen 36f.), 171, St. Galler Gedenkbuch pag. 8 (= Piper,
Libri Confrat. 20 col. 32,5 und col. 33,4), W I Nr. 302, ? St. Galler Gedenkbuch
pagg. 21, 68 (= Piper, Libri Confrat. 39 col. 88,7 und 89 col. 285,15)
Literatur:
------------
Stälin, Geschichte I 243,330 - Meyer von Knonau,
Die angeseheneren Urheber 232-235 - Baumann, Gaugrafschaften 15 - Bauer,
Gau und Grafschaft 76 A. 140, 78 A. 146 - Bader, Zum Problem 436 - Jänichen,
Baar und Huntari 94-96,100, 102-107,108, 110-112,133f.,147, Tafel 2: "Die
Bertholde" und Tafel: "Die Grafen der Baaren" im Anhang - Tellenbach, Der
großfränkische Adel 52-54 - Baumhauer, Monasterium Sancti Petri
16-24,33f.,46,57-68 - Hlawitschka, Franken in Oberitalien 165 A. 6 - Mitterauer,
Markgrafen 19,38,131 - Werner, Adelsfamilien 103 - Bosl, Franken 88,139
- Mayr, Studien 35-39,138 - Schmid, Zur historischen Bestimmung 507, 514
- Borgolte, Das Königtum am oberen Neckar 91f. und ebd. Anhang Nrn.
Icle - Ders., Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap. V.3,V.4 - Ders.,
Alaholfingerurkunden, passim - Rappmann, Die älteren necrologischen
Aufzeichnungen
Aus dem letzten Viertel des 8. und dem Beginn des 9. Jahrhunderts
datieren einige St. Galler Urkunden mit Nachweisen für einen oder
mehrere Grundherrn und Grafen namens Bertold.
Ich möchte diese Zeugnisse in 4 Gruppen besprechen, um die Frage der
Identität im einzelnen klären zu können. Die 1. Gruppe bilden
die Urkunden 127,185,186 und 302 des St. Galler Urkundenbuches. Nach W
I Nr. 127 vom 17. November 790 haben Perahtoltusund
seine Gemahlin Gersinda dem Kloster an der Steinach Güter in
Zeil an der Donau, Reutlingendorf und Möhringen übertragen; an
der Spitze der Zeugenreihe sind Chadaloh
und Paldebert, Söhne des Tradentenpaares, als Konsentienten des Rechtsgeschäftes
genannt. 826 werden Bertoldund Gersind
abermals erwähnt, als ein jüngerer
Bertold
den Akt von 790 erneuert (W I Nr. 302). Dieser Bertold
(III) war, wie aus anderen Zeugnissen erhellt, ein Enkel Bertolds
und Gersinds,
der Sohn des 790 belegten Chadaloh
(I).
Chadaloh
selbst hatte 805, zum Teil mit seinem Bruder Wago,
zahlreiche Güter im Bereich der Alaholfsbaar an St. Gallen gegeben
(Nrn. 185f.). In den beiden von diesen Traditionen erhaltenen Urkunden
bezeichnen sich Chadaloh
beziehungsweise Wago ausdrücklich
als filii (filius) Perahtolti (Perabtoldi) comitis.
Die 2. Zeugnisgruppe umfaßt die St. Galler Urkunden
150,170, 171 und 176. Am 17.11.797 übertrug die deo sacrata Ata aliquam
portionem de rebus meis, quas de parte genetricis mee Gaersoinde,
filia quondam Ascarici, me contigit iure hereditario possedisse; diese
portio aus dem Erbe der Gerswind
lag in Seedorf, in ducatu Alamannie (Nr. 150). An 1.r Stelle der Zeugenreihe
steht ein Berahttoltus comes. Ungefähr
5 Jahre später, vielleicht am 22. Oktober 802, tradierten Pertoldus
comis et mater sua nomine Raginsinda Liegenschaften in pago
nuncupanti Bertoltipara, und zwar in den Ortschaften Aselfingen und Mundelfingen
(Nr. 170; zit. nach ChLA 11 Nr. 153). Im November 802 schenkte dann Reginsind(...)
pro Dei timore uel remedio anime mee et anime filii mei Porahteldi uel
pro eterna retributione allen Besitz in pago, qui dicitur Sualafeld, (...)
quicquid mihi pater meus Germunt legitime et secundum sacrificium Francorum
dereliquit in hereditatem uel in hac die presente uisa sum habere ibidem
an St. Gallen (Nr. 171); die Zeugen dieser Urkunde führen die Konsens
erteilenden David und Thrudmunt an. Auch wenn die Güter der Nrn. 170
und 171 sehr weit voneinander entfernt liegen, reicht die Identität
der Namen von Mutter und Sohn für die Annahme der jeweiligen Personengleichheit
wohl aus (vgl. Bosl, Mayr 35-38). Dass Raginsinds Sohn mit dem Zeugen von
797 identisch war, erhellt aus W I Nr. 176 von ?803 XII 11. Egino, Bischof
von Konstanz und Rektor des Klosters St. Gallen, hat demnach zusammen mit
Abt Werdo dem Grafen Bertold jene Güter
verliehen, die dieser in Mundelfingen und die Ata quaedam matrona in Sedorf
übertragen hatte. Offenkundig bezieht sich die Urkunde sowohl auf
W I Nr. 150 als auch auf Nr. 170. Im übrigen nimmt eine Verfügung
der Nr. 176 ausdrücklich auf eine Bedingung in der Tradition Bertoldsund
Raginsinds von ca. 802 Bezug. Hier heißt es am Schluß des Kontextes.
Et precamus uobis in dei amore, post nostrum obitum ut nullus secularius
homo non habiat in beneficio, nisi ipsa res debet seruire pro animas nostras,
ubi nos concessimus ad soli deo ad habendum, tenendi, dominandi uel quicquid
exinde uos successoresque uestri facere uolueritis liberam in omnibus atque
firmissimam habeatis potestatem faciendi, in dei nomine perfrua-mini arbitrium;
in Eginos Urkunde wurde dementsprechend der Passus eingefügt: Et hoc
uobis in hac carta placuit inserendum, ut quemadmodum Perabtoldus nos petuit,
ut Munioluingas neque nos, si evenerit, neque ullus de successoribus nostris
nec eius heredi nec cuilibet homini in censum uel in beneficium prestare
nom debedamus; sed sicut petiit, post eius obitum ad ipsum monasterium
debeat permanere.
Die Identität Bertolds,
des Gemahls der Gersind,
mit dem gleichnamigen Grafen und Sohn der Raginsind wird dadurch sichergestellt,
dass die deo sacrata Aca Tochter einer Gersind war. Die Teilnahme Bertolds
am Rechtsakt der Ata und die spätere Leihe von Traditionsgut der gottgeweihten
Frau an den Grafen rechtfertigen den Schluß, dass Ata neben Chadaloh,
Paldebert und Wago zu den Kindern
Bertolds
mit der Gersind
gehört hat.
Die 3. Urkundengruppe setzt sich aus W I Nr. 135 und
W II Anh. Nr. 21 zusammen. Die erstgenannte carta wurde am 27.3.793 abermals
von Bischof Egino als rector monasterii sancti Gallonis ausgestellt. Ein
ohne Titel genannter Peratoldus erhielt dabei gegen Zins umfangreiche Tradita
im Bereich der Bertoldsbaar und im breisgauischen Ebringen zurück.
Über das Rückkaufsrecht des Peratoldus beziehungsweise seiner
Erben hatte man vereinbart: Et si ipsas res redemere uoluerit, hoc faciat
cum LXXX solidos, et sic nos conuenit, ut si deus di legitima uxore ei
filium dederit et illa post obitum eius ipsas res redemere uoluerit, hoc
faciat cum uno uueregeldo; si autem hoc non euenerit, ipsas res ad nos
reuertantur perpetualiter ad possedendum. Einige Jahrzehnte später,
in der Zeit Abt Grimalds (s. Art. Alboin), sagten in Pettinuuilari 27 Zeugen
aus, quod ex traditione Perahtoldi comitis medietas omnis marchae, quae
ad villam Filininga nuncupatam aspicit (...) ad monasterium sancti Galli
juste et legaliter pertinere debeat; von dem Besitzrecht St. Gallens in
der Mark Vilsingen sollten nur genauer bestimmte Anteile ausgenommen sein
(W 11 Anh. Nr. 2 1). Da Vilsingen unter den Orten der Nr. 135 genannt war,
hat man wohl mit Recht angenommen, dass Perahtoldus comes mit dem Geschäftspartner
Eginos von 793 identisch war.
Bis vor wenigen Jahren ist der Wohltäter St. Gallens
in Vilsingen auch unbedenklich mit dem Grafen der vorher behandelten Urkunden
gleichgesetzt worden. Dafür konnte angeführt werden, dass Graf
Bertold in Mundelfingen und Aselfingen und Aca In Seedorf begütert
waren. Erst Baumhauer (21f.) ist auf den oben zitierten Passus der Urkunde
135 aufmerksam geworden, nach dem Peratoldus
793 offenkundig noch mit einem Sohn von einer rechtmäßigen Ehefrau
rechnete. Seine Folgerung: "Da aber die Urkunde, die Bertholduscomes
und seine Gemahlin Gersinda
790 ausstellten, das signum ihrer Söhne Paldebertus und Chadaloh
trägt, kann der 793 auftretende Berthold
mit
dem Gemahl der Gersind,
dem Vater Paldeberts, Chadalohs,
Wagos
und Atas schlechthin nicht identisch sein. Wir müssen demnach für
das ausgehende 8. Jahrhundert neben dem Bertholdus
comes einen zweiten Berthold annehmen" (22). Diese Argumentation
ist nicht zwingend; mit der Formulierung der Quelle ut si deus di legitime
uxore ei filium dederit konnte auch die Erwartung eines weiteren Sohnes
ausgesprochen sein (vgl. W I Nr. 338); da Gersind nach dem 17.11.790 (Nr.
127) und vor dem 17.11.797 (Nr. 150) verstorben zu sein scheint, könnte
Bertold
außerdem vor 793 eine neue Ehe eingegangen sein, aus der er einen
weiteren Sohn erwartet hat. Weil Bertold,
der Gemahl der Gersind,
im westlichen Baarengebiet Besitz hatte, halte ich an seiner Identität
mit dem Bertold von 793 fest.
Die letzten beiden zu erörternden Urkunden haben
sachlich keine engeren Berührungspunkte. In W I Nr. 107, die die Schenkung
eines Dudo in uilla nuncupante, que dicitur Sytynga marca, in pago Bertoldesbara
betrifft und in St. Gallen ausgestellt wurde, stehen in der Zeugenreihe
nach dem Aussteller und seinen Söhnen die signa der Grafen Ruachar
(I, II), Gerold (II?), Pirihtilo und Bertoldus.
Die carta wurde zwischen 785 und 789 ausgestellt, so dass der letztgenannte
gräfliche Zeuge wohl mit Bertoldidentifiziert
werden kann. In der St. Galler Urkunde 81 von ca. 775/79 wird Bertoaldus,
der Bruder eines Uuoluinus, neben seinen VerwandtenAgylolfusund
Asulfus als Aussteller genannt. Bertoald und Wolvin sind dabei als nepotes
von Agylolfsund
Asulfs VaterAlaholfund
dessen Gemahlin Hitta gekennzeichnet. Ob die Brüder demnach als Neffen
oder als Enkel Alaholfs
anzusehen sind, läßt sich an der Urkunde nicht erkennen (Baumhauer
16-18; Borgolte, Alaholfingerurkunden, vor A. 77). In Nr. 81 geht es um
das Schicksal des von Alaholf
und Hitta gestifteten Petersklosters in Marchtal; nach dem Vorakt der oben
zitierten Urkunde von 805 (Nr. 186; Brückner, Vorakte Nr. 38) haben
später Chadaloh
und Wago illam basilicam in Marhtale
innegehabt, mit der nur die Klosterkirche von Marchtalt gemeint sein kann.
Die Besitzgeschichte von Marchtal sichert wohl ab, dass der Teilnehmer
am Rechtsakt von 775/79 der Vater Chadalohs
und Wagos war (s. bereits Borgolte,
Alaholfingerurkunden, bei A. 104, gegen Baumhauer 24). Da die Brüder
ausdrücklich vom gemeinsamen Besitz an der Kirche sprechen und ihr
Vater kurz zuvor (um 802/03: W I Nrn. 170,176) zuletzt lebend bezeugt ist,
dürfte ihnen das Gotteshaus als Erbe zugefallen sein.
Die Identifizierung des Grafen
Bertold mit dem Bertoldvon
775/79 wird gestützt durch eine Namensequenz auf der besonders Grafen
vorbehaltenen Seite im ältesten Eintrag des St. Galler Gedenkbuches
von ca. 814 (pag. 8, PIPER col. 33,4, vgl. Schmid 507); sie lautet: Perttolt,
Egino, Uuoluini,
Uuago,
Chadaloh,
Baldabert. Ohne Zweifel bezeichnen die letzten 3 Namen die Söhne Bertolds
und Gersinds;
diese homogene Gruppe rechtfertigt den Schluß, dass der am Beginn
zitierte Pertolt mit dem Gatten Gersinds
identisch war, während der nach Egino folgende Wolvin gleichzeitig
auf den nepos Alaholfsvon
ca. 775/79 schließen läßt (vgl. Schmid 514).
In der Nachbarkolumne des St. Galler Gedenkbuches steht
von anlegender Hand abermals ein Perahtolteingetragen
(pag. 8, Piper col. 32,5), der seiner identifizierbaren Umgebung nach der
2. Hälfte des 8. Jahrhunderts angehört haben könnte (Ruadbert
I, Udalrich I, II; Gerold II; Pirihtilo). Mit ihm war wohl abermals der
Gatte Gersinds
und der Zinspflichtige St. Gallens von 793 gemeint (vgl. Schmid 514; Mitterauer
19).
Im Reichenauer Verbrüderungsbuch ist ein Bertolt
comis von anlegender Hand - also um 824 (Scopo) - nach Cerolt
comis, Odalrich comis und vor Piribtilo comi[sj unter den Namen der verstorbenen
Wohltäter eingeschrieben worden; wie im zuletzt genannten Eintrag
im St. Galler Gedenkbuch spricht die Namengruppe für eine Identität
des Bertolt mit
Bertolt.
Zu den fürBertolt in Betracht
kommenden Zeugnissen gehört auch der Indiculus obsidum Saxonum von
ca. 805/06 (Rihwin). Unter der Rubrik De Ostfahalis wird hier vermerkt:
Sidugath filium Benninc habuit Bertaldus comis. Ricohardum filium Unvani
habuit Bertaldus comis (233).
Rappmann konnte einen in beiden Reichenauer Necrologien
zum 10.8. notierten
(Grafen) Bertoldmit
Bertold
identifizieren (Necrologium Augiae Divitis 278); der Verstorbene
war gewiß auch der zum selben Tag im St. Galler Necrolog des 10.
Jahrhundert vermerkte gleichnamige Graf (Necrologium monasterii sancti
Galli 478). Weniger sicher sind die Zeugnisse, die Mayr und Jänichen
im Hinblick auf Bertolt in die Diskussion
gebracht haben. Im Gedenkbuch von St. Gallen (pag. 21 und pag. 68) fand
Mayr (39 mit A. 1, vgl. Mitterauer 38) in einer umfangreichen Liste von
Laien die Namenfolge: Germunt, Drudmunt, Perahtolt (Peratolt), Uuolfhart,
Dauid etc. Er hielt Germunt für den Vater der Raginsind, also den
Großvater Bertolds
mütterlicherseits, und brachte Drudmunt und Dauid mit den Konsentienten
von 802 in Verbindung (W I Nr. 171). Die Folgerung, dass Perahtolt/Peratolt
deshalb mit Raginsinds Sohn identisch war, ist gewagt, aber nicht unmöglich.
Jänichen glaubte, Bertolt bereits
in einer Lorscher Urkunde von 772 (CL I Nr. 3 = D KdGr Nr. 65; Jänichen
111, Tafel: "Die Grafen der Baaren") und als Zeugen einer Weißenburger
carta von 811 (Trad. Wiz. Nr. 180 = Regesta Alsatiae I Nr. 417; Jänichen
95, Tafeln) ermitteln zu können; in beiden Fällen blieb er überzeugende
Argumente schuldig. Den Hinweis auf ein unechtes Diplom KARLS
DES GROSSEN für Reichenau von 811, in dem Bertoldus comes
de Bussen, filius Geroldi, erwähnt wird (D KdGr Nr. 281; vgl. Chronik
des Gallus Öhem 44 f.), verband Jänichen (108,111) mit der Bemerkung,
das Datum könne zutreffen, auch wenn der Titel unrichtig sei. Allerdings
wäre der Titel eines "Grafen von Bussen« für Bertold
"nicht übel ersonnen" (so Brandi, Die Reichenauer Urkundenfälschungen
45, vgl. Lechner, Urkundenfälschungen 40f.), da er die StellungBertolds
im Bereich der Alaholfsbaar in einer dem Hochmittelaltar adäquaten
Weise zum Ausdruck gebracht hätte (s.u. S.75). Das Falsifikat gibt
freilich ansonsten keine verläßlichen Nachrichten über
Bertolt weiter. Schließlich dürfte der Berahctoldus
com(es), der unter den lebenden Freunden Kloster Reichenaus
im Verbrüderungsbuch des Inselklosters nachgetragen ist (99 B 1, Jänichen
95; Bertold III), mit Bertolt nicht
gleichzusetzen sein, da bereits die Anlage um 824 zu datieren ist (Erchanbald).
Bertolt wird dem
Geschlecht der
BERTOLDEoder
ALAHOLFINGER
zugerechnet (zuletzt Borgolte, Alaholfingerurkunden); mütterlicherseits
stammte er von dem Franken Germunt ab. Sein Vater ist durch Raginsinds
Urkunde nicht nachgewiesen; nach einer Vermutung Jänichens (Baar und
Huntari 110; vgl. Ders., Nebi und Berthold 30,35) war dieser mit Chrodhochus
identisch, der 769 neben seiner Gemahlin Raginsuuinda als Grundbesitzer
in Baldilingen in pago, qui dicitur Adalhartespara belegt ist (W I Nr.
55 = ChLA I Nr. 68). Ebenfalls Jänichen (100) nahm an, dass Bertoltmit
dem Grafen Pitihtilo in Heiratsverwandtschaft getreten sei, da Ata
durch eine Freisinger Urkunde von 791 als Gattin eines Pirihtilo bezeugt
sei (Bitterauf I Nr. 143a). Tatsächlich ist die bayerische Ata aber
791 bereits Großmutter, während die Großmutter der deo
sacrata Ata ihrerseits 802 noch lebte (vgl. Mayr 38; s.a. Art. Gerold II).
Werner (I 03) brachte die BERTOLDE
in einen Zusammenhang mit einem burgundischen Verwandtenkreis des 7. Jahrhunderts,
während Mayr (138) im Anschluß an Tellenbach (53f.) Verbindungen
von den ALAHOLFINGERN zu einer in St.
Galler Urkunden ermittelten "Waldpert-Waltraim-Gruppe" herstellte (s. a.
Art. Agylolf).
Graf Bertolt wird
in der St. Galler Urkundenüberlieferung häufig als Grundherr
im Bereich der Bertoldsbaar und im Bereich der Alaholfsbaar bezeugt. Er
erscheint jedoch weder in der sub N. comite-Formel noch wird er explizit
als Inhaber eines Comitats genannt. Deshalb war es nicht gerechtfertigt,
dass Baumann und neuerdings wieder Baumahuer (57-68) Bertolt(den
Vater
Chadalohs)
als Verwalter einer Amtsgrafschaft in der Folcholtsbaar (Alaholfsbaar)
bzw. in einem Teil der "Ostbaar" charakterisieren oder Jäönichen
(94-96, Tafeln) ihn für einen Amtswalter im angeblichen comitatus
Bara der Bertoldsbaar in der Zeit von 786 bis 802 hielt. Mit dem Grafentitel
ist
Bertolt, solange er selbst handelnd
in Erscheinung tritt, mit Bezug auf den Bereich der Bertoldsbaar belegt;
seine Söhne Wago und Chadaloh
und sein Enkel Bertold
bezeichneten ihn auch als comes, als sie Rechtsgeschäfte über
Güter in der Alaholfsbaar abschlossen. Über Bertoltals
Grundherrn der Bertoldsbaar konnte ermittelt werden, dass die 793 genannten
Güter strategisch so günstig gelegen haben, dass sie Bertolt
eine
weitgehende Kontrolle des Gebietes ermöglicht haben müssen (Borgolte,
Das Königtum am oberen Neckar 91). Sehr wahrscheinlich gingen die
Besitzungen auf vor-karolingische Zeit
zurück; bei den Konfiskationen Warins und Ruthards um 760/70 dürften
zwar auch die Güter Bertoldsangetastet
worden sein, doch konnte die Bertoldsbaar vorläufig noch nicht in
flächendeckende Grafschaften eingeteilt werden. In den
BertoltsGüter
betreffenden Urkunden von 793 und ?803 erscheint kein "Amtsgraf", sondern
Abtbischof Egino von Konstanz und St. Gallen in der sub N. episcope-Formel;
der Schreiber beider cartae, Mauvo, hat damit wohl zum Ausdruck gebracht,
dass St. Gallen als Besitznachfolger auch in die herrschaftliche Stellung
Bertolds
eingetreten war (Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 155f.).
Im östlichen Baarengebiet war Bertoltals
Neffe Alaholfs an der
Tradition Kloster Marchtals an St. Gallen beteiligt gewesen; dieser Akt
paßte ebensowenig wie die vorangegangene Gründung des monasterium
zur karolingischen Integrationspolitik,
wie sie etwa Fulrad von Saint-Denis zur selben Zeit in Innerschwaben betrieben
hat (Borgolte, Alaholfingerurkunden, bei A. 60). Nach 775/79 und vor 805
haben Bertoltbzw.
seine Söhne die ALAHOLFINGER-Herrschaft
an der oberen Donau an sich gebracht; an die Stelle Marchtals als Mittelpunktalaholfingischer
Besitzungen im östlichen Baarengebiet trat unter Bertolt Zell an der
Donau, wo Bertolt und Gersind
eine Kirche besaßen, die sie ebenfalls an St. Gallen tradierten.
An dem Ort, der um die Jahrhundertwende zweifellos nach
Bertoltvon
"Rammesau" in Bertoldszell umbenannt wurde (Borgolte, Alaholfingerurkunden,
bei A. 108), war für
Bertolt und
seine Söhne ein Urkundenschreiber Scrutolf tätig.
Die ALAHOLFINGER-Herrschaft,
die sich unter Bertolt über beide
Baaren erstreckte, war offenbar mit dem comes-Titel verbunden. Bertolthatte
den Titel wohl von Agylolf
übernommen, von ihm ging er an seinen Sohn Chadaloh
(I) und später auf seinen Enkel Bertold
(III) über. Die Erblichkeit des Grafentitels in der Familie
Bertolts
deutet darauf hin, dass er dem herrscherlichen Zugriff weitgehend entzogen
war. Tatsächlich haben
Chadaloh
(I) und Bertold
(III) ihre Grafenstellung nicht vom König, sondern von Gott
abgeleiet. Bertolt, der das Bindeglied
zwischen den älteren ALAHOLFINGERN
um Alaholfund Agylolf
und
den jüngeren wie Chadaloh
und Bertold
darstellt, ist sicher kein vom Herrscher eingesetzter comes gewesen. Als
Vertreter der königlichen Gewalt können zu seiner Zeit in der
Bertoldsbaar eher Adalhart, Gerold (I beziehungsweise II), Pirihtilo, Ratolf
und Ruachar (I, II), in der Alaholfsbaar Wolfolt angesehen werden.
Nach der für Bertoldsbaar und Alaholfsbaar unterschiedlichen
Belegsituation (s.o. S.75) kann Bertolt
im Titel dieses Artikels als strenggenommen nur der Beretoldsbaar zugeordnet
werden; seine dem Bereich der Bertoldsbaar gleichartige Rolle in der Alaholfsbaar
ist historisch erschlossen, so dass die entsprechende Zuordnung nur eingeklammert
wiedergegeben werden kann.
BERTOLD (II)
-------------------
+ 10.8. zwischen 804 und 813/15
Necr. A/B 10.8. "Bertoldus/Berehtolt com.", im Bereich der Alaholfsbaar, belegt 785/89-?803,
Weitere Necrologbelege: St. Gallen, Necr. 1, zum 10.8.: "Tran. Peradhtolti" (p.282, Seite 269; ? St. Gallen, Necr. 2, zum 10.8.: "... et est obitva Perehtoldi com." (p. 331, Seite 49); St. Gallen, Necr. 5, zum 10.8.: "Et est transitus Ber." (p. 263, MGH Necr. I Seite 478 zum 11.8.)
Literatur:
------------
Borgolte, Grafen Seite 71ff. und die dort vollständig
genannte Literatur.
Für die Zeit vor 856/58, dem Anlagedatum des älteren
Necrologs, sind in Alamannien drei Grafen dieses Namens bezeugt, vgl. zuletzt
Borgolte Seite 69ff. Eine Gleichsetzung des in den Totenbüchern zum
10.8. genannten
Grafen Bertold (II)
gelingt deshalb nur aufgrund folgender Befunde:
1. Da der Beginn der Schriftlichkeit des Totengedenkens
in Reichenau um 780 einzusetzen scheint, kann der Graf nicht mit
Graf Bertold (I)
aus der ersten Hälfte des 8. Jashrhunderts identisch sein.
2. Bertold
(III) starb an einem 29.7., nach 826, vgl. das St. Gallener Necrolog
4: "III KL. AVG. Perehtoldus obiit filius Chadalohi" (p. 21, Seite 63;
vgl. Borgolte Seite 78). Es kann sich demnach bei dem am 10.8. Verstorbenen
nur um den bis 804 belegten Grafen Bertold II.
handeln, was auch durch die Stellung seines Necrologeintrags zu diesem
Tag bestätigt wird: Bertold steht im chronologisch angeordneten Tageseintrag
vor dem um 813/15 verstorbenen Reichenauer Mönch Cotini und muß
deshalb wohl auch vor diesem verstorben sein; zur Datierung des Todes von
Cotini vgl. oben Seite 64 Nr. 156.
Baumanns Identifizierung und Datierung "Bertholdus com.
10/8 [955]" mit dem Hinweis auf die Reichenauer und St. Galler Necrologien
ist deshalb nicht mehr haltbar; vgl. MGH Necr. 1 Index Seite 691. Hinzu
kommt, daß
Bertold im Jahre 824
bereits als Toter in das reichenauer Verbrüderungsbuch eingetragen
wurde, vgl. Borgolte Seite 73f. Unklar ist die Identifizierung Bertolds
mit dem zum gleichen Tag in das zweite St. Galler Necrolog eingetragenen
Grafen Bertold, da dieser auch nach Meinung der Herausgeber des St. Galler
Totenbuchs (Seite 49) wohl nicht von der 956 schreibenden anlegenden Hand
eingetragen wurde. Wohl aus diesem Grund wurde der Eintrag nicht nur von
diesen beiden, sondern auch von Baumann und Wollasch mit der Lechfeldschlacht
vom 9.8.955 in Verbindung gebracht; vgl. St. Galler Todtenbuch Seite 68,
MGH Necr. 1 Index Seite 691 und Wollasch. Zu den Anfängen Seite 74
Anmerkung 63. Das Ganze ist jedoch nicht schlüssig, da ein in dieser
Schlacht gefallener Graf dieses Namens nicht bekannt ist und der Necrologeintrag
dann auch von anlegender Hand stammen müßte. Wahrscheinlich
bezieht sich der Beleg ebenfalls auf Bertold II.,
wie es der vo anlegender Hand stammende Paralleleintrag im ältesten
St. Galler Totenbuch des beginnenden 9. Jahrhunderts nahelegt. Warum der
Eintrag im Necrolog des 10. Jahrhunderts aber nicht von anlegender Hand
eingetragen wurde, kann nur eine eingehende Erforschung der St. Galler
Necrologüberlieferung klären. Möglich wäre es beispielsweise,
daß es in St. Gallen ähnlich wie im Inselkloster auch eine Neuredaktion
des Totenbuches gab. Bertold, aus der
Familie der ALAHOLFINGER oderBERTOLDE
- Schulze, Grafschaftsverfassung Seite 121f. nennt sie
"BERTHOLDINGER" - läßt sich von 785/89 bis zum
11.12.?803 vor allem als Grundherr im Bereich der Alaholfsbaar und Bertoldsbaar
nachweisen; vgl. Borgolte. Über seine Beziehungen zur Reichenau lassen
sich, vor allem aufgrund des fehlenden Urkundenmaterials, wenig nähere
Angaben machen. Sehr wahrscheinlich ist jedoch, daß er dem Kreis
der der Reichenau aufs engste verbundenen Verwahrer sächsischer Geiseln
um 805/06 angehörte; vgl. Indiculus obsidum Saxonum Seite 233: "Sidugath
filium Benninc habuit Bertaldus comis. Ricohardum filium Unvani habuit
Bertaldus comes" und dazu unten Seite 394 und Borgolte. Aussagekräftig
ist ferner seine Einreihung unter die verstorbenen Wohltäter im Reichenauer
Verbrüderungsbuch p.114D1. Auch sein Sohn Chadaloh
I. (+ 819) wurde wahrscheinlich in das Totengedenken der Reichenauer
Mönche aufgenommen; vgl. unten Seite 467f.
Kinder:
Chadaloh
-
819
Paldebert 790
-
Wago
-
Ata 797 Nonne
-
Literatur:
------------
Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer
und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1986 Seite 43,49,70,71-75,77,88-90,123,158,195,197,203,211,253,293,297-
Borgolte
Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.
Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1984 Seite 66,69,74,130, 144,155,162-164,167,227,230,236,251- Rappmann
Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und
ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1998 Seite 466 -