Der Nachfolger des um 736 verstorbenen Hucbert
war
Odilo, dessen Verwandtschaftsverhältnis
zu seinem Vorgänger ungeklärt ist. Zöllner hat nachzuweisen
versucht, dass Odilo ein Sohn Herzogs
Gottfrieds
von Alemannien und damit ein Bruder des alemannischen Herzogs
Lantfrid
gewesen sei. Die von Eckhardt darüber hinaus angeführte Vermutung,
Gottfried sei mit einer Tochter Herzog Theodos
verheiratet gewesen, wird von Störmer abgelehnt, der jedoch noch weitere
Gründe für diese alemannisch-bayerische Versippung beizubringen
versucht. Es sind freilich gegen diese genealogischen Beziehungen auch
Einwände erhoben worden. Odilo erscheint
im Salzburger Verbrüderungsbuch in der Deszendenz der übrigen
agilolfingischen
Herzöge. Wie bei Hucbert wird seine Einsetzung durch den fränkischen
Hausmeier zwar immer wieder behauptet, aber sie ist nicht zu beweisen.
Sie ist auch wenig wahrscheinlich; alle Anzeichen deuten darauf hin, dass
Odilo
vom
Anfang seiner Regierung an völlig selbständig herrschte. Ein
Beweis dafür ist die Tatsache, dass er die Organisation der bayerischen
Kirche, die schon Herzog Theodo im Zeichen der Unabhängigkeit
in Angriff genommen hatte, durch direkten Kontakt mit dem römischen
Sendboten Bonifatius vollendete. Dass Bayern ein unabhängiges
Reich bildete, ist auch daraus zu erkennen, dass
Karl
Martell bei der im Jahre 741
vorgenommene Teilung seines Reiches nicht darüber verfügen konnte,
im Gegensatz zu Alemannien und Thüringen.
Bis zum Tode Karl Martells
blieb Bayern unbehelligt, und erst unter der Regierung seiner beiden Söhne
Pippin
und Karlmann
kam es zu erneuten kriegerischen, durch dynastische Verwicklungen ausgelösten
Auseinandersetzungen, die wir nicht mehr bis ins Letzte erkennen können.
Auf Swanahilts
Rat hat sich
Hiltrud,
die Tochter Karl Martells aus seiner
1. Ehe, nach dem Tod ihres Vaters (22.10.741) zu Herzog
Odilo von Bayern begeben und sich gegen den Willen und Rat ihrer
Brüder mit ihm vermählt. Ob ein Zusammenhang zwischen dem Aufstand
Grifos
und dem Kampf Odilos von Bayern mit
Karlmann
und Pippin bestand, ist nicht mehr
zu entscheiden. Möglich wäre es immerhin, dass der Bayern-Herzog
zugunsten seiner Verwandten interveniert hat. Auf jeden Fall wurde Odilo
zum Zentrum einer sich über das ganze Abendland erstreckenden Opposition
gegen die imperialistische Politik der beiden Hausmeier. Als Karlmann
und Pippin im Jahre 743
gegen ihn heranzogen, befanden sich in Odilos
Heer sächsische, alemannische und slawische Truppen, der Herzog
Hunold von Aquitanien war mit ihm im Bündnis und bei Odilo
befand sich ein päpstlicher Gesandter, Sergius, der
die Franken von einem Angriff auf Bayern abzuhalten suchte. Diese eindeutige
päpstliche Stellungnahme für Bayern ist erstaunlich und in der
Literatur auch entsprechend gewürdigt worden. Vielleicht hängt
sie zusammen mit dem vergeblichen päpstlichen Versuchen, bei den Franken
Unterstützung gegen die ihn bedrängenden Langobarden
zu finden, vielleicht aber griff der Papst hier fern aller politischen
Rücksichtnahme und Zweckmäßigkeit als die "höchste
moralische Autorität in der Völkergemeinschaft des Corpus Christianum"
ein, die durch den zupackenden Imperialismus der Franken gefährdet
schien.
Schließlich scheint Odilo
seinen Kampf auch im Namen der Legitimität geführt zu haben,
wozu er sich um so mehr befugt halten durfte, als die karolingischen
Hausmeier wenigstens nominell immer noch keine selbständigen Herrscher
waren. Mit einem ähnlichen Argument hatte eine Generation früher
bereits Herzog Gottfried von Alemannien seinen Kampf gegen Pippin
den Mittleren gerechtfertigt, und ein in diese Richtung
deutender Zusatz ist anscheinend auch zur Zeit Odilos
in die Lex Baiuvariorum aufgenommen worden. Wie ernst die KAROLINGER
ein solches Argument nahmen, sieht man daraus, dass sie noch vor Beginn
ihres Feldzuges gegen Odilo von Bayern
im Frühjahr 743 mit Childebert
III. noch einmal einen MEROWINGER-König
einsetzten, obwohl der Thron bereits seit 732 vakant war. Die militärische
Entscheidung fiel jedoch gegen Bayern aus; nachdem sich die beiden Heere
15 Tage lang am Lech gegenübergestanden hatten, überschritten
die Franken den Fluß an einer unerwarteten Stelle und fielen dem
bayerischen Heer in die Seite und in den Rücken. Den Schlachtort sucht
man bei Apfeldorf in der Nähe von Epfach, die Schlacht selbst endete
mit einer völligen Niederlage des bayerischen Heerbannes, die Sieger
durchstreiften 52 Tage lang plündernd das Land. Herzog
Odilo zog sich hinter den Inn zurück. Der Bericht der Brever
Notitiae, er sei in die Hand des Siegers gefallen, dürfte nicht den
Tatsachen entsprechen. Der Friede, der zustande kam, glich nicht entfernt
dem Strafgericht, das die Alemannen nach einem neuen Aufstand 746 bei Canstatt
über sich ergehen lassen mußten. Die schonende Behandlung Bayerns
hatte Odilo wohl auch seiner Verwandtschaft
mit den KAROLINGERN zu verdanken, seine
Gemahlin Hiltrud war ja die Schwester der Hausmeier.