Einziger Sohn des Franken-Königs Chilperich
I. von Neustrien aus seiner 3. Ehe mit der Fredegunde
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 1870
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Chlothar II., merowingischer König 584-629
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†
Sohn Chilperichs I., Königs des Reichs von Soissons, und der Fredegunde
1. oo Haldetrude
2. oo Berthetrude
3. oo Sichilde
Söhne:
Von 1
Merowech
Von 2
Dagobert I.
Von 3
Charibert II.
Die ersten Jahre des bei der Ermordung seines Vaters (584) erst drei Monate alten Chlothar II. waren geprägt vom Kampf um die Existenz seines Reiches vor allem gegenüber seinem Vetter Childebert II. von Austrasien und dessen Mutter Brunichild, zeitweise aber auch gegenüber seinem Onkel Guntram von Frankoburgund. Von vielen Großen Chilperichs verlassen, waren Chlothar II. und seine Mutter Fredegunde auf die Unterstützung des söhnelosen, um den Bestand des merowingischen Hauses besorgten Guntram angewiesen. Dessen Schutzfunktion zog Herrschaftsansprüche nach sich, die von Chlothars Seite scharf bekämpft wurden. Nach extremen Schwankungen in den gegenseitigen Beziehungen konnte Fredegunde 591 bei der Übernahme der Patenschaft für Chlothar II. durch Guntram die Stellung ihres Sohnes als Franken-König für einigermaßen gesichert betrachten, wenngleich Childebert II. dem gemeinsamen Onkel (592/93?) unter Ausschluß Chlothars nachfolgte. Der frühe Tod Childeberts (596) ermöglichte Chlothar II. zunächst die Besetzung von Paris und der umliegenden civitates. Gemeinsames Vorgehen von dessen Söhnen Theudebert II. und Theuderich II. führte 600 jedoch zu einer Niederlage Chlothars II., derzufolge sein Reich auf 12 pagi zwischen Seine, Oise und Meer (Beauvois, Amiens, Rouen) beschränkt wurde. Die zunehmende Feindschaft zwischen den Söhnen Childeberts begünstigte Chlothar II., der durch Neutralität bei einem Krieg Theuderichs gegen Theudebert († 612) den Ducatus Dentelini zurückgewann (612). Bevor Theuderich sich diesen seinerseits zurückerobern konnte, starb er (613). Einflußreiche Große unterstützten Chlothars Nachfolge in Austrien und Frankoburgund gegen Brunichilds Urenkel Sigibert II. Chlothar II. war aus fast aussichtsloser Position im Nordwesten des Franken-Reiches (Neustrien) zum Alleinherrscher geworden (613). Chlothar führte die expansive Westgoten- und Langobarden-Politik seiner Vorgänger in Frankoburgund und Austrien (617 Ablösung des Langobardentributs durch eine einmalige Zahlung) nicht fort, sondern befaßte sich mit der inneren Ordnung seines Reiches. Einer - bei der Größe des Reiches gebotenen - gewissen Selbständigkeit der Teilreiche trug Chlothar II. Rechnung, indem er für Frankoburgund und Austrien eigene Hausmeier einsetzte. Das Pariser Edikt von 614 diente mit den Indigenatsprinzip für Amtsträger des Königs (§ 12), der Bischöfe und der Großen (§ 19) wohl nicht in erster Linie den partikularen Bestrebungen der Großen, sondern vor allem einer größeren Rechtssicherheit, da nur so die Amtsträger bei Übergriffen haftbar gemacht werden konnten. Teilweise 623 und vollständig (Ausnahme: Exklaven in Aquitanien und der Provence) 625/26 übertrug Chlothar II. seinem Sohn Dagobert I. Austrien als Unter-Königtum und stellte ihm Pippin den Älteren als Hausmeier und Bischof Arnulf von Metz (bis ca. 626) bzw. Bischof Kunibert von Köln als geistlichen Berater zur Seite. Obwohl die Errichtung des Unter-Königtums gesamtfränkischen Interessen diente (Grenzschutz im Osten, intensivere Herrschaft nach innen), vergrößerte sie den Spielraum für Sonderentwicklungen. Der Wunsch der burgundischen Großen, nach den Tod Warnachars II. (626/627) keinem neuen Hausmeier, sondern Chlothar II. direkt unterstellt zu werden, verstärkte dagegen die Bindung zwischen Frankoburgund und Neustrien. Chlothar II. starb 629 in Paris, wo er wie in den Pfalzen der Umgebung (besonders Clichy) residiert und Reichsversammlungen abgehalten hatte. Mit Chlothars II. Unterstützung gewann die irische Mission mit ihren zahlreichen Klostergründungen bedeutenden Einfluß auf das kirchliche und kulturelle Leben im Franken-Reich. Chlothars Handlungen bestätigen Fredegars (IV, 42; MGH SRM II, 142) Bild eines gebildeten, geduldigen und im Sinne der Zeit - als Förderer der Kirchen - gottesfürchtigen Königs, der gleichwohl - seit seiner Geburt im Haß gegen Brunichild und ihre Familie erzogen - zu großer Grausamkeit fähig war.
Literatur:
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E. Ewig, Die frk. Teilungen und Teilreiche (511-613),
AAMz, 1952, Nr. 9 - Ders., Die frk. Teilreiche im 7. Jh. (613-714), TZ
22, 1953, 85-144 - R. Schneider, Königswahl und Königserhebung
im FrühMA, 1972 - E. Ewig, Stud. zur merow. Dynastie (FrühMASt
VIII, 1974), 15-59 - HEG I, 339-433 [E. Ewig] -
CHLOTHAR II.
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* 584, † 629
Sohn des Königs Chilperich I. von Neustrien
Nach der Ermordung seines Vaters wurde er im Alter von
vier Monaten König von Neustrien und wuchs unter den Kämpfen
seiner Mutter mit Brunhilde auf. Die
Regentschaft führte bis zu seinem Tode 592 König
Guntram und seine Mutter. Er wurde ständig von Austrasien
und Burgund (von den Cousins und Neffen) bekriegt und verlor an sie wichtige
Gebiete, zeitweise sogar Paris. Er verbündete sich mit den Westgoten
und 611 mit dem Neffen Theuderich II. von
Burgund gegen dessen Bruder Theudebert
II. Er förderte 613 die Rebellion gegen Königin
Brunhilde und ließ deren
Familie ausrotten. Er wurde damit Gesamt-König mit Hilfe des
Reichsadels und der Kirche. Auf der Synode und Reichsversammlung von Paris
614 mußte Chlothar II. in Gestalt
des Edictum Chlotharii der Aristokratie für ihre Unterstützung
Zugeständnisse machen. Die wichtigsten dieser Konzessionen betraf
die Grafschaftsverfassung. Der König mußte sein Recht auf die
Ernennung der Grafen einschränken und zugestehen, dass der Graf nur
unter den Grundbesitzern der betreffenden Gegend ausgewählt werden
darf. Er verzichtete auf alle Langobardentribute. 623 zwang ihn der Adel
Austrasiens unter Bischof Arnulf von Metz und Pippin dem Älteren
zur Reichsteilung, womit neue Bürgerkriege begannen. Um 624 bildete
sich das Slawen-Reich Böhmen/Obermaingebiet unter dem fränkischen
Adligen und Kaufmann
Samo († wohl 658), womit
die Auseinandersetzungen mit den Slawen für Jahrhunderte begannen.
Er stand besonders gegen Burgund, dessen Adel königliche Hausmeier
nicht mehr gestattete, ein Amt, das sich in Neustrien und Austrasien voll
herausbildete.
1. oo Haldetrude
†
2. oo Berthetrudis
†
3. oo Sichilda
†
Kinder:
1. Ehe
Merowech
†
604
verschollen
2. Ehe
Dagobert I.
um 608 †19.1.639
3. Ehe
Charibert II. König von Aquitanien
um 614 † vor
8.4.632 ermordet
Literatur:
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Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten
Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft
750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 265 - Borgolte
Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.
Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1984, Seite 21-23,245 - Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag
1899 - Dahn, Felix: Die Völkerwanderung. Kaiser Verlag Klagenfurth
1997, Seite 403,420,424,429, 433 - Deutsche Geschichte Band 1 Von
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der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 242,243,260 - Ennen, Edith:
Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 52,233
- Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag
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und der Literatur in Mainz 1952 - Ewig,
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