Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 1016
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Tripolis
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Stadt im nördlichen Libanon, 1109-1289 Sitz einer
bedeutenden Kreuzfahrergrafschaft. Als phönikische Gründung war
Tripolis bis zum Hellenismus ein wichtiger Mittelmeerhafen, erlebte dann
einen Rückgang, dem in muslimischer Zeit (arabische Eroberung 640,
seit frühem 11. Jh. unter den FATIMIDEN eigenes
Emirat) ein allmählicher Wiederaufstieg folgte. Am Vorabend des 1.
Kreuzzuges war Tripolis eine blühende Stadt von ca. 20.000 Einwohnern
(Zucker-, Papierherstellung). Die Errichtung der Grafschaft Tripolis war
das Ergebnis der Bemühungen Raimunds IV. von St-Gilles um ein
eigenes Fürstentum im lateinischen Osten. 1103 erbaute Raimund
die
mächtige Burg auf dem Mons Peregrinus als Hauptstützpunkt zur
Kontrolle des Landes um Tripolis; die Stadt selbst wurde aber erst nach
fünfjähriger Belagerung eingenommen (12. Juli 1109). Die Grafschaft
Tripolis erstreckte sich entlang der Mittelmeerküste nördlich
von Tortosa/Tartus bis südlich von Gibelet/Gubail (dem alten Byblos),
umfaßte im Osten westlich des Orontes gelegene Binnenregionen, zum
Teil bis ins Libanon-Gebirge. Östlich der durch Burgen geschützten
Grenze lagen muslimische Emirate wie Homs. Nach dem Tode Graf Raimunds
(28. Februar 1105) wurden Stadt und Grafschaft Tripolis von König
Balduin I. an Raimunds Sohn Bertrand als Kronlehen
des Königreiches Jerusalem übertragen. Bis zur Mitte des 12.
Jh. wurde die Vererbung der Grafschaft in männlicher Linie vom Lehnsherrn
in vollem Umfang anerkannt. Die Grafen von Tripolis hatten einige Hofämter
(grands offices) und prägten Münzen. Sie boten nur ein
vergleichsweise kleines Heer auf, verfügten aber über eine starke
Flotte. Wie die Könige von Jerusalem unterhielten sie ihre Haute
Cour sowie in der Gerichtshöfe für nichtadlige Franken.
Die Grafschaft Tripolis überstand im 12. Jh. mehrere
muslimische Angriffe (1133 Kriegszug unter Zangi
[ZENGIDEN] gegen die vom Grafen
Pons von Tripolis gehaltene Burg Montferrand [Barin], die durch
ein Entsatzheer König Fulcos gerettet
wurde; 1137 Invasion eines Heeres aus Damaskus, Schlacht nahe dem Mons
Peregrinus, Gefangennahme und Tötung des Grafen Pons). 1170
verwüstete eine Erdbeben Tripolis, das nach Wilhelm von Tyrus (XX,
18) zum "Steinhaufen und Massengrab seiner Bürger" geworden war. 1180
griff Saladin die Grafschaft zu Lande
und zur See an. Der bald nach der Katastrophe von Hattin (1187) ohne Leibeserben
verstorbene Raimund III. von Toulouse vermachte die Grafschaft dem
jüngsten Sohn (und späteren Nachfolger) Graf Bohemunds III. von
Antiochia, Bohemund IV. Von nun an wurden Antiochia und Tripolis
gemeinsam regiert. In den Jahren nach 1270 (unter Bohemund VI., + 1279)
schmolz das Territorium der Grafschaft Tripolis durch die vordringenden
Mamluken unter Baibars (Einnahme großer
Burgen wie Krak des Chevaliers) auf die Stadt und einen schmalen
Küstenstreifen zusammen. 1287 wurde die regierende Grafendynastie
abgesetzt; es bildete sich eine Kommune unter dem Genuesen Barth. Embriaco,
Herrn von Gibelet, der bald selbst nach der Grafschaft und der Errichtung
einer Signorie strebte (1288), gegen die Ansprüche von Bohemunds
Schwester Lucia. Der wachsende Einfluß Genuas veranlaßte
Venedig, im Gegenzug Sultan Qalawun
zum Angriff auf Tripolis zu drängen. Nach kurzer Belagerung (ab Ende
März 1289) fiel die von Templern, Johannitern, Italienern und Zyprioten
verteidigte Tripolis am 26. April 1289. Die fränkische Siedlung überdauerte
die Eroerung nur um wenige Jahre. Die Gräfin Lucia wurde weiterhin
der Besitz zweier Landgüter gestattet; Peter Embriaco konnte vorerst
Gibelet behalten. Nach der Einnahme von Akkon (14. Mai 1291) entsandte
der Sultan einen Emir zur Zerstörung der Festung Gibelet; christliche
Einwohner, soweit ausdrücklich als Genuesen gekennzeichnet, blieben
aber unbehelligt und gehörten vielleicht zu den 1.300 von einer genuesischen
Galeere nach Zypern evakuierten Franken. Die Templer hielten nach Räumung
von Tortosa (1291) die Insel Ruwad noch bis 1303.
Raimund I. von St. Gilles | 1097-1105 |
Bertram von Toulouse | 1105-1112 |
Pons | 1112-1137 |
Raimund II. | 1137-1151 |
Raimund III. | 1151-1187 |