Thomas Zotz
PHILIPP III., DER KÜHNE, König
von Frankreich
1270-1285
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* 3.4.1245, † 5.10.1285
Perpignan
Begraben: St-Denis
Vater:
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König Ludwig IX. der Heilige, König von
Frankreich
Mutter:
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Maragrete von Provence, Tochter des Grafen Raimund
Berengar
V. von Provence und der Beatrix von Savoyen
Beiname "der Kühne" bereits zu Beginn
des 14. Jahrhunderts
König von Frankreich seit 25.8.1270 (Tod
Ludwigs
des Heiligen in Karthago)
Krönung in Reims am 15.8.1271
1. oo 28.5.1262
ISABELLA VON ARAGON
*
1243,
† 28.1.1271
Tochter der Königs Jakob I. von Aragon
2. oo 21.8.1274
MARIA VON BRABANT
* 1256, †
12.1.1321
Tochter Herzog Heinrichs III. von Brabant
Kinder:
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1. Ehe
o Ludwig (Tronerbe, angeblich auf
Anstiften
Marias von Brabant
durch Gift beseitigt) [† 1276]
o Philipp IV. der Schöne, König von
Frankreich
(* 1268, †
29.11.1314)
o Karl Graf von Valois (* 12.3.1270, † 16.12.1325)
o Robert
2. Ehe
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o Ludwig Graf von Evreux (* 5.1276, † 19.5.1319)
o Margarete († 14.2.1318), 2. Gemahlin König
Eduards
I. von England
o Blanca (* 1276/85, † 19.3.1305), Gemahlin Herzog
Rudolfs
von Österreich
Der zweite
Sohn Ludwigs
des Heiligen
und
Margaretes
von Provence trug seinen Namen nach seinem Urgroßvater
König
Philipp II. Augustus; bereits mit 15 Jahren wurde er nach
dem
Tod seines älteren Bruders Ludwig
im Jahre 1260 Thronerbe und
galt von da an als Primogenitus.
Als
Ausstattung
erhielt Philipp unter anderem die
waldreichen
Gebiete im Orleanais, und dieser Gegend an der mittleren Loire brachte
er zeit seines Lebens besondere Zuneigung entgegen; hier begann er 1271
mit dem Bau von Schlössern, so namentlich des Jagdschlosses
Montargis.
Sein Vater ließ ihm wie auch dem ein Jahr älteren Bruder
Ludwig eine strenge Erziehung zuteil werden, und auf Bitten
Königin
Margaretes schrieb der mit dem französischen
Königshof
eng verbundene Vinzenz von Beauvais
für beide, vornehmlich aber
für
Philipps
Erzieher, den Kleriker Simon, um 1250/52 das Werk
"De eruditione
regiorum
puerorum". Trotz dieser Unterweisung in litteris galt Philipp
später als wenig gebildet,
andererseits verfügte er über
die ritterlichen Qualitäten
großer Tapferkeit (daher wohl
der
Beiname) und Courtoisie. 1262 feierte er in
Clermont Hochzeit mit Isabella
von Aragon, womit das gute Einvernehmen zwischen den beiden
Königreichen sichtbar bestätigt wurde, und am Pfingstfest des
Jahres 1267 erlangte Philipp
zusammen
mit vielen Adeligen des Regnum
Francia in Paris die Ritterwürde.
Selbst
ein Freund von Turnier und Jagd, erließ er als König 1280 in
der Tradition seines Vaters ein Turnierverbot für den Adel seines
Reiches. Die Zeitgenossen rühmten an ihm seine Leutseligkeit, die
ohne Anflug von Hochmut war, seine Freigebigkeit, die in mancher Augen
indes allzu weit ging, und seine nachgiebige Milde; diese wurde ihm
allerdings
auch als Schwäche ausgelegt.
Kaum war Philipp
im Jahre 1260 für den Thron vorgesehen, entstand zwischen König
Ludwig und Königin Margarete
Dissens darüber, in wessen Händen die Lenkung des
künftigen
Königs liegen solle. Während Margarete
selbst diese Rolle zu übernehmen beabsichtigte, entschied sich Ludwig
für Pierre de la Broce,
den Sohn eines aus der Touraine stammenden
königlichen Amtmannes, der zum engen Vertrauten Philipps
wurde und im Jahre 1266 mit dem Amt
des Chambellans eine der
einflußreichsten
Positionen am Hof König Ludwigs erlangte.
Margarete
sah hier offenkundig Gefahr im Verzug und ließ sich von Philipp
um 1263 einen geheimen Eid leisten, mit dem er sich verpflichtete, bis
zu seinem 30. Lebensjahr unter ihrer Vormundschaft zu bleiben. Zwar
sorgte
Ludwig bald für die Aufhebung dieses Eides durch Papst
Urban IV., doch bewegte auch ihn letztlich die Sorge um den
rechten Weg
seines Sohnes, wie die Enseignements
a son fils von 1270 erkennen
lassen.
Hierin fordert er Philipp auf,
seine
Mutter zu ehren und zu lieben und ihre guten Ratschläge zu
befolgen.
Als Philipp
zusammen
mit seiner Gemahlin Isabella den
Vater
im Juli 1270 auf dessen zweitem, über Tunis führenden
Kreuzzug
begleitete, wurde er durch Ludwigs IX. Tod
im Feldlager von Karthago am 15. August 1270 mit dem Nachfolgeproblem
konfrontiert.
In dieser Situation erfuhr er Unterstützung durch seinen Onkel Karl
von Anjou, der unmittelbar nach dem Tod
König Ludwigs
in Tunis eingetroffen war;
Philipp schloß auf Karls Rat
Frieden mit dem Sultan und kehrte in Begleitung Karls
über Italien nach Frankreich zurück. Er bestätigte noch
von Afrika aus die von seinem Vater eingesetzte Regentschaft des Abtes
Matthäus von St-Denis und des Bischofs Simon von Clermont; seine
an
sie gerichtete Aufforderung, für die Verteidigung aller Grenzen
des
Königreiches zu sorgen, kann als einer der frühesten Belege
für
die Auffassung von der raumgreifenden Schutzverpflichtung des
Königs
und seiner Amtsträger gelten. Matthäus von St-Denis blieb
wichtigster
Berater und Geschäftsträger Philipps
III. während dessen gesamter 15-jähriger
Regierungszeit.
Auf dem Rückweg mußte der Thronfolger
einen
zweiten persönlichen Schmerz erleben, als seine Frau Isabella
Anfang 1271 infolge eines Reitunfalls in Cosenza verstarb. Nach der
Ankunft
in Paris im Mai sorgte Philipp
zunächst
für die Beisetzung seines Vaters, seiner Gemahlin und anderer, die
auf dem Kreuzzug gestorben waren, in der Kirche von St-Denis, dann
beging
er am 15. August mit der Krönung in Reims den feierlichen Antritt
seiner Regierung. Wegen der Dedisvakanz in der Metropole ließ Philipp
die
Salbung durch den Bischof von Soissons vornehmen, als
Schwertträger
diente sein Vetter Graf Robert
von Artois.
In diesem Zusammenhang erwähnen die Quellen erstmals die
Gewohnheit
der Könige Frankreichs, sich bei der Krönung die iocosa
spata,
das Schwert KARLS DES GROSSEN, in
Erinnerung
an diesen siegreichsten Princeps vorantragen zu lassen.
Zu den ersten Regierungsgeschäften des neuen
Königs
gehörte die Bemühung um den umfangreichen Territorialbesitz
seines
1271 kinderlos gestorbenen Onkels Alfons von
Poitiers;
er bestand einerseits aus dem Poitou und der Auvergne als Kronlehen und
andererseits aus dem Toulousain und Agenais, der Grafschaft Rouergue
und
dem seit 1229 zum Heiligen Stuhl gehörenden Venaissin aus dem Erbe
seines Schwiegervaters, Graf Raimund
VII. von Toulouse. An der Frage
der
Besitznachfolge, in welche auch König
Eduard
I. von England und das
Papsttum
involviert waren, entspann sich eine intensive und grundsätzliche
Auseinandersetzung zwischen Karl vonAnjou,
der als Bruder Alfons'
Ansprüche
erhob, und König Philipp
mit
seinen
Juristen, ein Streit, der sich bis 1284 hinzog; durch ihn wurde ein
grundsätzlicher
und zukunftsweisender Diskurs über Königsnachfolge und genus
regium mit der alle Mitglieder auszeichnenden Deszendenz als
Söhne
von Saint Louis und ihrer Benennung
"von Frankreich" in Gang gebracht.
Während sich dieser Konflikt innerhalb der
königlichen
Familie abspielte, erwuchs Philipp
im Grafen Roger Bernhard von Foix
ein Gegner, der ihm Gelegenheit bot,
seine Kompetenz bei der Rechts- und Friedenswahrung unter Beweis zu
stellen.
Als der Graf 1272 im Rahmen einer Adelsfehde eine königliche Burg
angegriffen hatte, bot Philipp ein
großes Heer auf und belagerte den Grafen in seinem Stammsitz.
Dieser
mußte sich schließlich ergeben und geriet in
Gefangenschaft,
wurde jedoch später ein mit königlicher Huld bedachter treuer
Gefolgsmann Philipps. Offenbar
konnte
die Expedition gegen Foix dem neuen König als Testfall für
das
Verhältnis von Zentralgewalt und Adel dienen: Etliche milites
verweigerten
ihre Hilfe, was Philipp 1274 zu
Strafmaßnahmen
gegen Adelige veranlaßte. Hierauf läßt sich wohl das
Urteil
zeitgenössischer Beobachter beziehen, dass sich der König
anfangs
der Ritterschaft gegenüber sehr grausam verhalten habe.
Mochte sich Philipp
innerhalb des Regnum Franciae
mit solchen Taten Anerkennung verschaffen
und profilieren, so war seine Politik doch entscheidend durch andere
Kräfte
geprägt, die ihn die von seinem Vater vorgezeichnete Linie nicht
konsequent
weiterverfolgen ließen. Früh Witwer geworden, stand er
zunächst
einerseits unter dem Einfluß seiner
Mutter Margarete
von Provence, andererseits wurde er zum Mittel in der
energischen
und weit ausgreifenden Politik seines Onkels
Karl
von Anjou, der ihm bereits am Anfang seines Königtums
in
Nord-Afrika zur Seite war. Da die beiden starken Persönlichkeiten
vor
allem wegen Margaretes Wittum
aber
einander feindlich gesinnt waren, geriet Philipp
in eine zwiespältige Lage. Im Jahre 1273 ließ er sich in der
Mittelmeerpolitik Karls als
König
von Sizilien einspannen, als dieser versuchte, nach dem Tode des
deutschen
Königs
RICHARD VON CORNWALL bei Papst
Gregor X. die Thronkandidatur
seines Neffen zu betreiben. Allerdings rief Karl
wegen seiner auf Byzanz gerichteten Politik und der generellen
Machtentfaltung
des französischen Hauses die Bedenken des um eine Kirchenunion
bemühten
Papstes hervor. Zwar empfahl Karl seinen
Neffen als geeigneten Kandidaten, als einen für den Papst idealen,
da nicht an Italien interessierten künftigen Kaiser und als einen
durch seine Allianz mit sechs Königen (Kastilien, Aragon, Navarra,
England, Sizilien und Ungarn) besonders geeigneten Anführer der
europäischen
Ritterschaft im geplanten Kreuzzug. Doch Gregor X. wußte wohl,
wie
sehr Philipp ein Herrscher von Karls
Gnaden
sein würde, und glaubte, auch die deutschen Fürsten in dieser
Angelegenheit nicht übergehen zu können. Ende Juli wandte er
sich an sie mit der Aufforderung, binnen einer bestimmten Frist
einen
König zu wählen, andernfalls er selbst für ein Oberhaupt
des Reiches sorgen würde. Sollte er dabei an
Philipp gedacht haben, so erledigte die Wahl des Grafen
Rudolf von Habsburg zum römischen König am 1.
Oktober
1273 jegliche Ambition der französischen Seite. Die Initiative Karls
von Anjou bildete indes den Anfang einer Reihe von
Kandidaturen
französischer Könige für den Thron des römischen
Königs
bis zu Karl IV. dem Schönen
(1324).
Philipp dürfte
von dieser Wende der Angelegenheit, die nicht er, sondern sein Onkel
betrieben
hatte, weniger berührt worden sein, zumal er sich nach dem Wechsel
auf dem englischen Thron von Heinrich III.
zu Eduard I. (1272) Fragen des
Verhältnisses
von Frankreich und England zuzuwenden hatte; die bei Hofe
einflußreiche
Partei seiner Mutter Margarete,
deren
Schwester Eleonore mit Heinrich
III. verheiratet war, orientierte sich ohnehin auf das
englische
Königshaus. Im Vertrag von Amiens von 1279 fanden langwierige
Verhandlungen
mit England ihren Abschluß, indem die englischen Ansprüche
auf
das Agenais befriedigt wurden. Wirkte hier das Problem der Erbschaft Alfons'
von Toulose nach, so gilt dies auch für die Frage der
Grafschaft
Venaissin, die 1274 auf dem Konzil von Lyon zwischen Papst Gregor X.
und
Philipp
zugunsten
des Heiligen Stuhles verhandelt wurde. Die Anwesenheit des Papstes in
der
zum Imperium gehörenden Stadt bot Philipp
Gelegenheit,
durch seine und seiner Ritterschaft Präsenz zu Ehren Gregors den
Anspruch
Frankreichs auf dieses Gebiet zum Ausdruck zu bringen, das später
sein Sohn Philipp IV. dem Regnum
Franciae
einverleiben sollte. Außerdem ließ sich der
französische
König vom Papst für dessen Kreuzzugsplan gewinnen. 1275
leistete
Philipp
wie auch der römische König das Kreuzzugsversprechen, doch
vereitelte
der Tod Gregors X. im Jahr
1276 das Vorhaben.
Das Jahr 1275 brachte mit der Wiederverheiratung
des
Königs eine entscheidende Wende in der Regierungszeit Philipps
III.
Die Hochzeit mit Maria von Brabant
fand im August 1275 in Vincennes
statt,
und am Fest Johannes' des Täufers wurde Maria in
Anwesenheit der
geistlichen
und weltlichen Großen fast ganz Frankreichs und auch einiger
Fürsten
aus Deutschland in Paris durch die Hand des Reimser Erzbischofs
feierlich
gekrönt und gesalbt. Allerdings wurde die Feierstimmung dadurch
getrübt,
dass der Erzbischof von Sens öffentlich Klage führte, weil
der
Reimser die Weihe der Königin unzulässig außerhalb
seiner
Provinz vollzogen habe. Hiergegen argumentierte die königliche
Seite,
dass die Kapelle des Königs zu Paris exemt sei.
Die Heirat Philipps mit Maria von Brabant
veränderte
die Situation bei Hofe und damit auch die Politik des Königs. Mit
der Hofhaltung Marias
brachte sich in glanzvollen, den Adel Europas
zusammenführenden
Turnieren die ritterlich-höfische Kultur zur Geltung, voller
Bewunderung
für den tapferen und siegreichen Karl von Anjou,
der nun erneut
Einfluß
auf Philipp
gewann und die Partei der Königin-Mutter Margarete in
den Hintergrund drängte. Nicht minder wirkte sich die Macht Marias
bei Hofe auf die Stellung des Chambellan
Pierre de la Broce. Er war
inzwischen
zum Stein des Anstoßes für den Adel geworden, hatte sich mit
vielen Herrschaften bereichert, seine Töchter mit Adeligen
verheiratet
und die eigene Familie und Klientel in einträgliche Positionen
gebracht.
Erst Maria von
Brabant widersetzte sich dieser Konstellation, und
Pierre
de la Broce versuchte, den
Einfluß Marias
auszuschalten, indem er
auf sie den Verdacht lenkte, den im Jahre 1276 plötzlich
verstorbenen
erstgeborenen Sohn des Königs namens Ludwig vergiftet zu
haben, um
ihren eigenen Kindern das Recht auf Nachfolge zu verschaffen. Doch
konnte
sich die Königin von dem Verdacht reinigen, und im Gegenzug
erreichten
die Gegner von La Broce seinen
Sturz; 1278 wurde er hingerichtet.
Allerdings
blieb auch danach der Hof des Königs in mehrere Lager gespalten:
die
Freunde Marias
von Brabant in enger Verbundenheit mit Karl von Anjou,
die
Freunde der Königin-Mutter Margarete, die Leute aus
dem Hotel du
roi.
Ab Mitte der 70-er Jahre begann Philipp eine
aktive Außenpolitik
zu treiben, ließ sich allerdings auch auf diesem Feld letztlich
von
seinem Onkel Karl beeinflussen.
In unmittelbarer Nachbarschaft
Frankreichs
kamen die Dinge in Bewegung, als im Juli 1274 König Heinrich III.
von Navarra starb und die unmündige Erb-Tochter Johanna unter der
Regentschaft seiner Witwe Blanca von Artois zurückließ.
An
dieser
territorialen Verfügungsmasse zeigten Kastilien wie Aragon
Interesse,
so dass eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse in
Südwest-Eeuropa
zu erwarten war, der Frankreich nicht tatenlos zusehen wollte. Auch
hier
trat Karl von
Anjou für Frankreich handelnd hervor und erreichte
im
Vertrag von Orleans 1275, dass die Regentin
Blanca von Artois
die
Vormundschaft
über ihre Tochter Johanna an König Philipp III. abtrat. Als
im
Jahre 1284 der durch den Tod des erstgeborenen
Sohnes Ludwig zum
Thronerben
gewordene Sohn Philipp (IV.
der Schöne) am Fest Mariä
Himmelfahrt
in Paris zum Ritter promoviert und am Tag darauf mit Johanna von
Navarra
verheiratet wurde, war der territoriale Zugewinn der französischen
Krone besiegelt.
Diesem Erfolg steht der große
Autoritätsverlust
gegenüber, den Philipp III.
der
französischen Monarchie dadurch zufügte, dass er das gute
Einvernehmen
mit Aragon aufgab, wie es noch sein Vater durch die Heirat Philipps
mit Isabella bekrätigt hatte.
Im Frühjahr 1282 verlor Karl von Anjou
durch den Aufstand der Sizilianischen Vesper die Herrschaft über
Sizilien
an König
Peter III. von Aragon,
der über seine Frau Konstanze,
Tochter König
Manfreds, staufisch
begründete Erbansprüche auf die Insel geltend machte. Philipp
III. empfand dies offensichtlich als Kränkung
Frankreichs,
aber auch zahlreiche französische Adelige zogen nach Apulien, um Karl
von Anjou zu Hilfe zu kommen. Dieser hatte in dem aus
Frankreich
stammenden und mit Karls Hilfe
1281
Papst gewordenen Martin IV.
eine entscheidende Stütze. Noch 1282
verhängte
der Papst über Peter von Aragon
den Kirchenbann und verkündete Anfang 1283, der Krieg gegen
Peter und die Rebellen auf Sizilien wie gegen ihre
Helfershelfer
gelte als Kreuzzug. Hierfür suchte Karl durch
einen fast einjährigen Aufenthalt in Frankreich seinen Neffen zu
gewinnen
und ließ über den päpstlichen
Legaten Johannes Cholet
den
Thron Aragons für einen der Söhne Philipps
III. anbieten. Zwar mißbilligten viele Franzosen die
Beteiligung
an einem solchen "Kreuzzug", darunter
Abt Matthäus von St-Denis,
und
es wurde geltend gemacht, dass Philipps Vater
niemals den päpstlichen Angriff auf einen weltlichen Fürsten
gutgeheißen hatte, auch der Thronerbe
Philipp
der Schöne hielt als Sohn
Isabellas
zu
seinem Onkel Peter von Aragon.
Diese
Bedenken verstand Philipp indes zu
nutzen und veranlaßte die päpstliche Seite, von den Kirchen
Frankreichs einen mehrjährigen Zehnten abzufordern, der die
Finanzierung
des Unternehmens erleichterte. Auf einer großen Reichsversammlung
in Paris im Februar 1284 nahm Philipp
das Angebot Papst Martins IV.
für seinen jüngeren Sohn
Karl von Valois an, und dieser wurde durch den
Kardinallegaten
mit dem Königreich Aragon und mit der Grafschaft Barcelona
investiert.
Auf die Kreuzzugspredigt desselben Legaten hin ließ sich
Philipp mit dem Kreuz bezeichnen; viele Adelige wie
Nichtadelige
folgten ihm dabei.
Damit wurde ein unglückliches, finanziell
trotz
des Kreuzzugszehnten enorm kostspieliges Unternehmen der
französischen
Krone eingeleitet, welches das Ende des Königs überschattete.
Obgleich Philipp in den ersten
Monaten
des Jahres 1285 mit dem Tod Karls von Anjou
und Martins IV. seine zwei wichtigsten
Stützen in diese
Angelegenheit
verlor, setzte er die Vorbereitungen fort und eröffnete um
Pfingsten
mit einem großen Heer den Angriff auf Katalonien. Nach der
Durchquerung
des mit Frankreich verbündeten Roussillon begannen die Franzosen
Ende
Juni die monatelange kräftezermürbende Belagerung von Gerona.
Als die Stadt am 7. September kapitulierte, waren die Angreifer durch
die
aragonesische Flotte vom Nachschub bereits abgeschnitten, und das
seuchengeschwächte
Heer mußte am 13. September den Rückzug antreten. Zuvor
veranstaltete
Frankreich noch eine Krönungsfarce: Statt mit der Krone wurde Karl
mit
einem Kardinalshut zum König von Aragon gekrönt, was ihm den
Spitznamen "Roi du chapeau" einbrachte. König
Philipp III. erkrankte auf dem Rückweg und starb am 5.
Oktober 1285 im Perignan. Während seine Eingeweide in Narbonne
beigesetzt wurden, fanden die Gebeine des Königs ihre letzte Ruhe
in St-Denis neben dem Grab seines Vaters.
Schon bald nach seinem Tod erfuhr
Philipp eine negative Beurteilung wegen des
Aragon-Kreuzugs,,
und sein Sohn und Nachfolger Philipp IV. der
Schöne,
ohnehin dem Unternehmen abgeneigt, beendete den Krieg sofort. Seine
kritische
Haltung gegenüber dem Vater scheint auch darin zum Ausdruck zu
kommen,
dass er bei der Neuanordnung und -gestaltung der Königsgrablege in
St-Denis 1306 die Grabmäler der drei
KAPETINGER
Philipp II. August, Ludwig VIII. und
Ludwig IX. in Gold und Silber ausführen ließ,
während
das Monument Philipps III. aus
bemalten
und verziertem Stein bestand. Auch im Urteil der Folgezeit, das
letztlich
bis heute nachwirkt, hatte und hat Philipp
III.
einen schweren Stand zwischen den berühmtesten französischen
Königen, seinem Vater Ludwig dem Heiligen
und seinem Sohn Philipp dem Schönen.
Der schon von den Zeitgenossen des öfteren als "fils de saint
Louis"
apostrophierte König hat in der Tat vieles von dem gefährdet
und verspielt, was sein Vater politisch aufgebaut hatte, und ließ
sich allzu sehr zum Spielball der verschiedenen Interessengruppen am
Hofe
und vor allem zum Werkzeug seines mächtigen Onkels Karl
von Anjou machen, der seinen Regierungsweg fast bis zuletzt
begleitete. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass es
Philipp gelungen ist, die Krondomäne zu erweitern.
Seine
Regierungszeit ist als "Wendepunkt der französischen Geschichte
des
Mittelalters" (J. Ehlers) zu beschreiben, denn die Eigengesetzlichkeit
der Macht brachte sich erstmals deutlich zur Geltung, damit aber auch
der
Ansatz zur Herausbildung der auf zentralisierter Verwaltung basierenden
modernen Staatlichkeit. Diese neuen Strukturen mit der Institution des
Königtums in Einklang zu bringen sollte Aufgabe der in der
Folgezeit
einflußreichen Juristen werden.