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"Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"

                                       ISABELLA VON ARAGON - ein Sonnenschein
                                       * um 1243,
28. Januar 1271
                                                             Cosenza

Erste Gemahlin Philipps III. des Kühnen (* 1245; König: 1270-1285) Heirat 28. Mai 1262 Clermont

Wie so oft in der Geschichte von Königskindern reiht sich auch Isabellas Heirat in politische Auseinandersetzungen ein, die sich vor dem Hintergrund der Abgrenzung politischer Einflußzonen im Süden Frankreichs abspielen. Isabellas Schicksalstag ist der 12. Mai 1258, als ihr Vater Jakob I. von Aragon, Mallorca und Valencia König Ludwig IX. trifft, um einen potentiellen Konflikt zu verhindern. Der eine verzichtet auf seine Ansprüche über die Provence und das Languedoc, der andere gibt seine Rechte auf das Roussillon und die Grafschaft Barcelona auf. Sie unterzeichnen ferner ein Abkommen über die Heirat der Tochter des Königs von Aragon und seiner Frau Yolanda von Ungarn mit dem Kronprinzen von Frankreich Ludwig. Da dieser aber 1259 stirbt - und um das neue Verhältnis zwischen den beiden Ländern nicht zu gefährden -, wird die Verlobte schlicht an dessen Bruder und Nachfolger Philipp weitergereicht, den 1245 geborenen künftigen Philipp III., den Kühnen.
Mit neunzehn Jahren begegnet Isabella dem um zwei Jahre jüngeren Philipp in der Hauptstadt der Auvergne, Clermont. Die Heirat findet dort am 28. Mai 1262 statt. Isabellas Ehemann ist keineswegs ein brillanter Jüngling. Zu lange hat er unter dem Joch zweier gebieterischer Frauen gelebt, die sich spinnefeind sind: seiner Großmutter Blanche von Kastilien und seiner Mutter Margarete von der Provence. Margarete nützt die relative Freiheit, die ihr Ludwig IX. einräumt, um ihre Kinder zu beeinflussen. Ein Jahr nach seiner Heirat nimmt sie Philipp den Schwur ab - sollte sein Vater umkommen -, bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr unter ihrer Vormundschaft zu verbleiben. Ludwig befreit durch päpstlichen Spruch seinen Sohn aus dieser Fessel.
Isabella ist ein Sonnenschein für ihre Umbegung, aber auch für das Reich. Das Paar hat mehrere Kinder, nicht nur den 1267 geborenen Thronfolger Ludwig und den 1268 geborenen künftigen König Philipp IV., den Schönen, sondern auch Karl (1270), den Stammvater des Hauses VALOIS, das über seinen Sohn Philipp VI. die Nachfolge der direkten KAPETINGER-Königslinie antreten wird.
Es fällt ein Schatten von Unsicherheit auf den Frieden, der seit mehreren Jahren im Königreich herrscht. Seit dem Mißerfolg des letzten Kreuzzuges, seit Ludwig IX., widerwillig aus Syrien heimgekehrt ist, hat sich die Lage der Christenheit dort nur verschlechtert. Die Heiligen Stätten sind immer noch in den Händen der Ungläbigen. 1268 nun wird Antiochia vom Sultan besetzt. Ludwig IX., obgleich von Krankheit geplagt, versammelt Schiffe und Ritter in Aigues-Mortes. Ludwig wird von mehreren Mitgliedern seiner Familie begleitet, darunter auch der Thronfolger und dessen Frau. Ludwig hatte sich von seinem Bruder Karl von Anjou, König von Sizilien, überreden lassen, seine Stärke vor Tunis zu demonstrieren. Dort aber streckt die Pest das Kreufahrerheer nieder. Der König selbst stirbt am 25. August 1270. Philipp, der ebenfalls gegen die Krankheit ankämpft, wird an Ort und Stelle zum König ausgerufen.
Geschwächt, von den Ereignissen überfordert, überläßt Philipp die Verhandlungen mit dem Feind seinem Onkel Karl von Anjou. Im November können sich die Üerlebenden nach Europa einschiffen. Ein fürchterlicher Sturm macht den Kreuzfahrern zu schaffen, mehr aber noch der hochschwangeren Isabella. Die Gruppe erreicht Sizilien, nimmt den Landweg von Trapani nach Palermo, quert die Enge von Messina und zieht weiter durch Kalabrien. Hier will Isabella zu Pferd eine vereiste Furt queren. Sie stürzt und verletzt sich. Man bringt sie nach Cosenza, wo sie eine Fehlgeburt erleidet. Erschöpft kämpft sie einige Tage lang mit Kindbettfieber gegen den Tod, der am 28. Januar 1271 den Sieg über die Achtundzwanzigjährige davonträgt. Ihr Herz wird im Chor der Kathedrale von Cosenza bestattet, ihr Körper nach Frankreich überführt, wo man ihn am 22. Mai in Saint-Denis bestattet.