Mühlbacher Josef: Seite 122-126
***************
"Lebenswege und Schicksale staufischer Frauen"

Die zweite Ehe Kaiser FRIEDRICHS II., die 1225, drei Jahre nach Konstanzes Tod, geschlossen wurde, dauerte nur drei Jahre. Auch zu dieser Ehe hatte der Papst gedrängt, auch ihr hatte FRIEDRICH nur widerwillig zugestimmt.
Die französische Syrerin Jolanthe (auch Isabella genannt) war die Tochter des Johann von Brienne und der Maria von Jerusalem, einer Enkelin Amalrichs I. von Jerusalem; von ihrer Mutter hatte sie den Königstitel geerbt. Jolanthe brachte ihn ihrem Gatten als Mitgift ein; aber nicht mehr, denn die Grafen von Brienne waren, wenngleich hochgebildet, so doch arm. Der Papst hatte die Ehe FRIEDRICHS mit Jolanthe, Erbin des Königreiches Jerusalem darum gewünscht, weil FRIEDRICH noch immer zögerte, das bei seiner Krönung 1215 in Aachen abgelegte Kreuzzugsgelübde einzulösen.
Jolanthe 1211/12 geboren, durch ihre Schönheit, Vornehmheit und Bildung weithin bekannt, war erst 13/14 Jahre, als sich der doppelt so alte FRIEDRICH entschloß, sie zu heiraten. Wieder wurde zunächst eine Trauung ohne den Bräutigam in der Heiligenkreuzkirche in Akkon vollzogen, wobei der spätere Erzbischof von Capua den Kaiser vertrat. In Tyrins wurde Jolanthe zur Königin von Jerusalem gekrönt; die Barone und Ritter ihres Königreiches huldigten ihr.
Sie wurde mit 20 Galeeren, begleitet von hohen geistlichen und weltlichen Würdenträgern, über Zypern, wo sie ihre Tante, die Königin Alice von Zypern, besuchte und schweren Abschied nahm, nach Brindisi gebracht. Diese Brautfahrt wird in dem deutschen Epos "Ortnit" wie ein Märchen erzählt.
Am 9. November 1225 schritten FRIEDRICH und Jolanthe von Brienne über den Mosaikfußboden der Kathedrale mit der Darstelllung der Rolandsage an den Traualtar. Unter dem Gefolge Jolanthes befand sich eine ihrer Nichten. Sie gefiel dem Kaiser besser als die ihm eben angetraute Frau, so dass er diese in Brautnacht vergaß und sich ihrer Nichte widmete. Am Morgen gab es deswegen einen heftigen Familienstreit. Der empörte Vater Jolanthes zürnte seinem Schwiegersohn, der ihm den Titel des Königs von Jerusalem genommen (tatsächlich stand er nur seiner Tochter zu) und seine Tochter mißachtet habe; er beschimpfte seinen Schwiegersohn als Sohn des Schlächters - ein alter Vorwurf, FRIEDRICH sei seiner alten Mutter als Sohn eines Fleischers untergeschoben worden; er warf FRIEDRICH vor, er stelle seinen Verwandten mit Gift und Dolch nach. Ein Wort ergab das andere, Johann von Brienne verließ Brindisi im Zorn und reiste nach Rom, um dem Papst brühwarm zu berichten, was vorgefallen war.
Mit dem Liebesabenteuer des Kaisers in seiner Hochzeitsnacht wird ein Liebesgedicht in Zusammenhang gebracht, Verse an die Fior di Soria (Syrerblume), ein Sehnsuchtslied an die ferne Geliebte wie Schnee schmilzt, ohne die ihm ein Tag zu tausend Jahren wird - geh, mein seliges Lied, hin zur syrischen Blume - Canzonetta gioiosa, va la, fior di Soria!
Getrübt wie der Hochzeitstag blieb auch das künftige Leben Jolanthes - es dauerte nur noch drei Jahre. Zunächst lebte Jolanthe auf dem Schloß Terracina bei Salerno, dann in Sizilien, wohl im königlichen Palast in Palermo, in Pracht und Luxus, aber wie eine Orientalin abgesondert im kaiserlichen "Harem". 1226 brachte sie ein Mädchen zur Welt, das bald nach der Geburt starb.
Währen der Vorbereitungen zum Kreuzzug FRIEDRICHS 1227 war Jolanthe beim Kaiser in Apulien. Zum Schutz vor der sich ausbreitenden Seuche wurde sie nach Otranto gebracht, wo sie Ende April 1228 den Sohn KONRAD gebar. Zehn Tage später starb sie an den Folgen der Geburt. Sie wurde in der Krypta des Domes von Andria bestattet, unweit von Castel del Monte. (Auch die dritte Gemahlin FRIEDRICHS, Isabella von England, wurde dort beigesetzt). Ihr Grab ist verschollen.
Ein Gerücht will wissen, dass sie mit dem Landgrafen Ludwig von Thüringen, dem Gemahl der heiligen Elisabeth, der zum Kreuzzug nach Brindisi gekommen war, an einem Liebestrank gestorben sei.