Lexikon des Mittelalters: Band III Spalte 1877
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Embriaci (Embriac)
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Herren von Gib(e)let (Gubail, Byblos), aus Genua stammende große Adelsfamilie im Heiligen Land
Ursprünglich den vicecomitalen Familien zugehörig,
beteiligten sich EMBRIACI an der Erstürmung von Jerusalem.
Im April 1104 unterstützte Guglielmo Embriaco Raimund von St-Gilles
bei der Eroberung von Gibelet; als Gegenleistung erhielten die Genuesen
ein Drittel dieser Stadt. 1109 übertrug Bertrand von St-Gilles der
Kirche S. Lorenzo zu Genua die gesamte Stadt. Zunächst wurde Ugone
I. Embriaco, dem Sohn von Guglielmo, nur die Verwaltung übertragen;
vor 1135 wurde ihm dann jedoch die Stadt auf 20 Jahre gegen Jahreszinszahlungen
zu Lehen gegeben. Ugones Sohn Guglielmo II. (ca. 1135-1157)
erlangte 1154 die Erneuerung der Übertragung von Gibelet auf
29 Jahre gegen einen Zins von 270 Byzantii, während an seine Vettern
Ugone und Nicola Embriaco genuesische Besitzungen in Antiochia
und Akkon ausgetan wurden. Guglielmo II., Vater von vier Söhnen
und einer Tochter, ist der Stammvater der drei jüngeren Linien der
EMBRIACI: zu ihnen zählen die Herren von Besmedin. Mit Ugone
II. (ca. 1163-1179) und Ugone III. (1184-1186) lockerten sich
die Beziehungen der Familie zu Genua; die EMBRIACI begünstigten
durchweg den Handel ihrer Landsleute und insbesondere denjenigen der vicecomitalen
genuesischen Familien, die den Verkehr mit Syrien beherrschten, wodurch
die EMBRIACI allmählich eine starke Selbständigkeit gegenüber
ihrer Mutterstadt erlangten; die gegen diese Entwicklunge gerichteten Proteste
und Appelle der Päpste Alexander III. und Urban III. blieben wirkunglos.
Die EMBRIACI errichteten eine der mächtigsten Baronien der
Grafschaft Tripolis, frankisierten sich (sie nannten sich nun: Sires
d'Embriac) und verschwägerten sich mit anderen großen Familien
im Heiligen Land; besondere Bedeutung erlangte die Heirat Guys I. (1186-1233)
mit Alix, der Schwester Bohemunds IV. von Antiochia. Da Guy
bei Hattin in die Gefangenschaft Saladins
geriet, mußte er diesem 1187 Gibelet abtreten, konnte es aber
dank des geschickten Vorgehens seiner Mutter Etienne de Milly im
Jahre 1197 zurückgewinnen. Guy nahm 1217 an der von Leopold
VI., Herzog von Österreich, geführten Kreuzfahrt teil, verproviantierte
das vor Damiette liegende Kreuzheer und ergriff im Kampf FRIEDRICHS
II. und den IBELIN die Partei des Kaisers. Mit Henry (ca.
1252-1271) wurden die Beziehungen der EMBRIACI zur antiochenischen
Dynastie gespannter. Bertrand II., der einer Nebenlinie der EMBRIACI
entstammte, weigerte sich, Bohemund VI. im Krieg von St. Sabas gegen die
Akkoner Genuesen zu unterstützen; er stellte sich an die Spitze der
aufständischen Ritterschaft von Tripolis gegen den Fürsten und
kam schließlich in einem Hinterhalt um (1258). Guy II. (ca. 1271-1282)
geriet wegen eines Heiratskonflikts in Gegensatz zu Bohemund VII. Von den
Templern unterstützt, griff Guy Tripolis an, unterlag jedoch
und wurde schließlich mit seinen Brüdern zu Nephin lebendig
begraben (1282). Danach vermochte Bohemund VII., Gibelet zu besetzen. Nach
Bohemunds Tod schlossen die triolitanischen Ritter jedoch eine Schwureinung
(commune), als deren Führer Barthelemy de Gibelet, Sohn
von Bertrand II., fungierte. Er bat die Genuesen um Schutzherrschaft,
schloß einen Vertrag mit Benedetto Zaccaria und starb bei der Eroberung
der Stadt Gibelet durch Sultan Qalawun
(April 1289). Gibelet scheint bis etwa 1300 in der Hand des Jean
d'Antioche, eines Schwagers von Guy II. und Vasallen der Mamluken,
verblieben zu sein. Die überlebenden Mitglieder der EMBRIACI
zogen sich nach Zypern zurück, wo sich bereits unter Guido
von Lusignan ein Zweig der Familie niedergelassen hatte. Unter
den Mördern des Königs von Zypern, Peter
I. (+ 1369), befand sich ein GIBELET, der 1373 auf Befehl
des genuesischen Admirals Pietro di Campofregoso enthauptet wurde.