Begraben: Troyes
Ältester Sohn des Grafen Theobald IV. von Blois-Champagne
und der Mathilde von Sponheim-Kärnten, Tochter von Graf Engelbert
I.
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2068
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Heinrich I. ‚le Liberal‘ (mit dem Beinamen ‚Richard‘,
der an Heinrichs normannische Abstammung, über Adela von England erinnert)
Graf von Champagne, aus dem Hause BLOIS
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* 1127, + 16. März 1181
Vitry-en-Perthois Troyes
Begraben: Troyes
Ältester Sohn von Tedbald II. (IV.) und der EPPENSTEINERIN Mathilde von Kärnten, verlobt zunächst mit Lauretta von Flandern
oo 1164 (nach Verlöbnissen 1153 und 1159)
Marie, Tochter König
Ludwigs VII. von Frankreich und Eleonore von Aquitanien
Schwiegersohn und - durch seine Schwester Adela
von Champagne - Schwager des französischen Königs,
ließ er 1171 von Guido Bazoches seine Genealogie entwerfen. Heinrich
reiste zweimal ins Heilige Land: 1147-1148 zum 2. Kreuzzug, auf dem ihm
der Basileus die Ritterwürde verlieh, und erneut 1179-1181, an seinem
Lebensende.
Nach dem Tode Graf Tedbalds (1152) erhielten Heinrichs
Brüder die Grafschaften Blois, Chartres und Sancerre, während
Heinrich
I. sich das reichste der väterlichen Länder, die Champagne
mit Troyes, vorbehielt. Als Anhänger des ‚kaiserlichen‘ Papstes
Viktor IV. näherte der Graf sich FRIEDRICH
BARBAROSSA an (St-Jean-de-Losne, 1162) und erhielt vom Kaiser
neun
lothringische Burgen zu Lehen. Mit dem Episkopat der Champagne in gespannten
Verhältnissen lebend, ging er vor allem gegen den Bischof von Meaux
vor (Nachprägung der bischöflichen Münze, 1165; Verleihung
eines Kommuneprivilegs an die Bürger von Meaux, 1179). Dank der Erhebung
seines Bruders Wilhelm Weißhand zum Erzbischof von Reims erreichte
Heinrich
I. eine Mediatisierung der großen erzbischöflichen Lehen
und faßte Fuß in der nördlichen Champagne, wo er keine
Hausgüter besessen hatte. Der an der Reform des Klerus wenig interessierte
Graf gründete mehrere große Säkularstifte (Troyes, Bar-sur-Aube,
Sezanne) und ein Hotel-Dieu bei seiner Pfalz. Er richtete für die
großen Champagnermessen die ‚gardes des foires‘ als Polizei- und
Kontrollorgan ein. Heinrich I. hinterließ ca. 500 Urkunden,
das erste Lehnsregister (Feoda Campanie) und eine Bibliothek, die - im
Gegensatz zum Mäzenatentum seiner Frau - keine Interessen an der höfischen
Literatur verrät.
Gemahlin: (verlobt 1153) 1164 Marie, Tochter König
Ludwigs VII. von Frankreich (siehe XIV 112)
+ 1198 11. III.
HEINRICH I. DER FREIGEBIGE
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* um 1126, + 1181
Sohn des Grafen Theobald IV. (II.) von Blois-Champagne
Heinrich I. der Freigebige erhielt 1152 in der Erbteilung Champagne-Troyes und nahm 1147/49 am 2. Kreuzzug teil. Zu seinem Lehensbereich gehörten unter anderem Teile vom Bar, Nevers, Rethel und Porcien und seinen königlichen Schwager unterstützte er gegen England-Normandie. 1162 war er als Gesandter bei Kaiser FRIEDRICH I. und huldigte ihm für seine Reichslehen. Er stritt viel mit den Brüdern, Vasallen und Lehnsherren wegen sehr verschachtelter Besitz- und Rechtsverhältnisse und 1180/81 mit Flandern wegen der Regentschaft für den Neffen.
1164
oo Marie von Frankreich, Tochter des Königs
Ludwig VII.
+ 1198
1190 Regentin für den Sohn, Gönnerin bedeutender
Troubadoure
Das konnte nicht im Interesse der
kapetingischen Dynastie liegen, und so heiratete
Ludwig VII. sofort nach dem Tod der Königin
Constanze (+ 4. Oktober 1160) Adela,
die Schwester des Grafen Heinrich I. von Blois-Champagne, der damit
eine radikale Revision der traditionell königsfeindlichen Politik
seines Hauses vollzog. Vier Jahre später wurde das bekräftigt,
indem Heinrich selbst Ludwigs Tochter
Maria
aus
dessen Ehe mit Eleonore von Aquitanien
zur Frau nahm, so daß die Grafschaft Champagne durch ein doppeltes
Ehebündnis an die Monarchie herangeführt wurde.
Die Familie der Königin
Adela war weitläufig sowohl mit den STAUFERN
als auch mit Viktor IV. verwandt, und Ludwigs
Schwager, Graf Heinrich von Blois-Champagne, konnte als wichtigste
Stütze der Monarchie gegen England wirksamen Einfluß auf die
Beschlüsse des Königs ausüben.
Schon bei Philipps Erstkrönung
hatte man die unvollständige Vertretung des Hauses CHAMPAGNE
bemerkt; unverfänglich im Falle Heinrichs von Troyes-Champagne,
der sich damals im Heiligen Land aufhielt, vielleicht schon Protest gegen
Philipp von Flandern bei Tedbald von Blois und Stephan von Sancerre.
Weniger ertragreich als die flandrischen Städte
boten die Messeorte Troyes, Provins, Lagny und Bar-sur-Aube dem Grafen
der Champagne gleichwohl eine ansehnliche wirtschaftliche Grundlage seiner
Regierung. Sie hatte mit dauerhaften Strukturproblemen einer kumulativ
entstandenen Großgrafschaft zu rechnen, deren Bestandteile nicht
kompakt gelagert, schwer zu verwalten und praktisch nur im Familienverband
beherrschbar waren. Als wichtigste Grundlage einheitlicher Herrschaft und
Verwaltung wirkte das Lehnsrecht; ein 1172 angelegtes Verzeichnis der direkten
Vasallen des Grafen heinrich von Troyes (Feoda Campaniae)
zeigt die Champagne in 26 Burgbezirke (chatellenies) eingeteilt,
die zusammen 2.030 Panzerreiter (milites) aufzubringen hatten.
Der Graf selbst war nur für Meaux direkter Vasall des Königs,
denn für sein Herrschaftszentrum Troyes huldigte er dem Herzog von
Burgund und für große Teile der Champagne dem Erzbischof von
Reims. Falls sich die Grafen von Flandern und von der Champagne zusammentaten,
konnte dessen Stellung unhaltbar werden. Ein solches Bündnis bahnte
sich im Mai 1181 an, als der Graf von Flandern die doppelte Eheverbindung
zwischen den Häusern FLANDERN-HENNEGAU und CHAMPAGNE aushandelten,
wonach der junge Graf Heinrich von Troyes Jolanthe
von Hennegau heiraten sollte, Nichte des Grafen von Flandern
und Schwester der französischen Königin
Elisabeth; im Gegenzug wurde ihr Bruder Balduin
mit Maria von Troyes verlobt, der Schwester
des Grafen Heinrich. Das konnte nur
gegen den König gerichtet sein, der in den folgenden Kämpfen
die Unterstützung der Söhne Heinrichs
II. von England erhielt.
Wies, Ernst W.: Seite 179,184
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"Kaiser Friedrich Barbarossa. Mythos und Wirklichkeit."
Auch dem König von Frankreich lag an einer gemeinsamen
Lösung. Er hatte darum seinen Schwager und Eidam, den Grafen Heinrich
von Champagne, zum Kaiser gesandt, um gemeinsame Wege zu finden. Kaiser
und Graf harmonierten so sehr, daß ein Treffen FRIEDRICHS
mit König Ludwig an der Saone-Brücke
bei St.-Jean-de-Losne südöstlich von Dijon vereinbart wurde.
In einem aus diesem Gespräch resultierenden Vertragswerk war vorgesehen,
daß auch die beiden Päpste daran teilnehmen sollten. Würde
aber einer von ihnen die Zusammenkunft verweigern, so solle der als rechtmäßiger
Papst gelten, der anwesend sei. Graf Heinrich von der Champagne war
seiner Sache so sicher, daß er sich eidlich verpflichtet, falls die
französische Seite seine Zusage nicht einhalte, mit seinen Ländern
Vasall des Kaisers zu werden. Diese Vereinbarung, die Ende Mai Anfang Juni
1162 getroffen wurde, schien dem Kaiser so wichtig, daß er seinen
Zug nach Sizilien und S-Italien verschob. Daraus wird klar, welchen Stellenwert
die Überwindung des Schismas für den Kaiser, aber auch für
alle anderen Beteilgten, darstellte. FRIEDRICH
hatte in euphorischer Hoffnung alle Könige des Abendlandes eingeladen,
an diesem Zusammentreffen zwischen ihm und König
Ludwig teilzunehmen.
Doch das auf den 9. August 1162 terminierte Treffen zwischen
Kaiser und König fand nicht in der gwünschten Form statt. Papst
Alexander hatte gegenüber König Ludwigerklärt,
er werde sich niemals weltlicher Gerichtsbarkeit stellen. Damit hatte er
laut dem Vertrag zwischen dem Grafen von Champagne und dem Kaiser über
das künftige Konzil sein Papsttum verwirkt.
Nicht ohne Erbitterung zog der Kaiser von Burgund nach
Deutschland. Ein Lichtblick war, daß die Bürgen des Vertrages,
Graf
Heinrich von der Champagne, die Grafen von Nevers und Flandern,
sich
symbolisch als Gefangene in seine Hand begaben und mit ihren Ländern
nominell seine Vasallen wurden.
Hiller, Helmut: Seite 154,158,161,214,337
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"Friedrich Barbarossa. Kaiser - Ritter - Held."
So beauftragte Ludwig VII.
seinen Schwager Graf Heinrich von Troyes damit, die Wogen beim Kaiser
zu glätten und alle Schwierigkeiten auszuräumen. Daraus entwickelten
sich überraschende Übereinstimmungen, und es wurde vereinbart,
daß sich die beiden Potentaten Ende August 1162 an der Saone-Brücke
bei St. Jean-de-Losne südöstlich von Dijon persönlich besprechen
sollten. Am 31. Mai schrieb der Kaiser an den französischen König,
es sei sein Wunsch, daß zwischen ihnen als Blutsverwandten und ihren
sich durch gemeinsame Abstammung nahestehenden Völker der alte Groll
beseitigt und aufrichtige, dauernde Freundschaft hergestellt würde.
Alles, was dem Erreichen dieses Zieles dienen könne, habe er mit dem
Grafen
Heinrich von Troyes umfassend besprochen, und er werde sich an die
getroffenen Abmachungen getreulich halten. Graf Heinrich von Troyes
verpflichtete sich eidlich, Vasall des Kaisers zu werden, falls der französische
König seine Zusagen in dem Vertrag nicht einhalten würde.
Am vereinbarten 29. August 1162 ritt Ludwigmit
seinem Gefolge zur Saone-Brücke von St. Jean-de-Losne. Er schickte
einige Kirchenfürsten als Abgesandte zu der deutschen Delegation und
ließ erklären, daß er von den zwischen dem Kaiser und
dem Grafen Heinrich von Troyes vereinbarten Vertragsbedinfungen
erst am Tage vorher erfahren habe.
In erneuten Verhandlungen zwischen dem Kaiser und Graf
Heinrich von Tryes wurde ein Aufschub von drei Wochen, bis zum 19.
September 1162, unter der Voraussetzung vereinbart, daß sich der
König dann dem Urteil angesehner Männer hinsichtlich der Papstwahl
von 1159 unterwerfe oder sich widrigenfalls dem Kaiser als Gefangener zur
Verfügung stelle.
Graf Heinrich von Troyes aber begab sich zum Kaiser,
um ihm den vereinbarten Lehnseid zu leisten, nachdem der französische
König den ersten Teil des Vertrages nicht erfüllt hatte. BARBAROSSA
nahm sowohl ihn als auch die drei von Ludwig
zur Verfügung gestellten Geiseln unter Lehsneid, entließ jedoch
alle bald aus ihren Verpflichtungen.
BARBAROSSA wechselte
ständig seinen Aufenthaltsort, um etwaigen Anschlägen oder Angriffen
seiner Gegner zu entgehen. Gesandte des Grafen Heinrich von Troyes
und des englischen Königs mußten ihn daher mühsam suchen.
König Heinrich II. von
England versuchte den jungen französischen
König Philipp August für ein gemeinsames kriegerisches
Eingreifen zugunsten des WELFEN Heinrichs
des Löwen zu gewinnen. Unter dem Einfluß des Grafen Heinrich
von Troyes - desselben, der 1162 bei dem gescheiterten Treffen an der
Saone so aktiv war - lehnte Philipp August
im Frühjahr 1181 eine derartige Einmischung in die deutschen Verhältnisse
ab.
oo Marie von Frankreich, Tochter des Königs
Ludwig VII.
1145-11.3.1198
Kinder:
Scholastika
-
1229
oo Wilhelm IV. Graf von Macon
- 1224
Marie
um 1174-9.8.1204
6.1.1186
oo Balduin IX. Graf von Flandern (BALDUIN
I.)
7.1171-11.7.1205
Theobald III.
1176-24.5.1201
Heinrich I. König von Jerusalem
29.7.1166-10.9.1197
Literatur:
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Berg Dieter: Die Anjou-Plantagenets. Die englischen
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1996, Seite 63,63 A.27,63 A.27, 63 A.28,64,64 A.32,64 A.37,65,65 A.40,67,74
A.90 -
Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart
Berlin Köln 2000 Seite 123,125,129,135 - Ehlers Joachim: Geschichte
Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 132,140,152 -
Ehlers
Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die
französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII.
888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 139,146,155 - Ennen,
Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite
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1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 150,153 - Hiller,
Helmut: Friedrich Barbarossa. Kaiser - Ritter - Held. Wilhelm Heine Verlag
München 1977 Seite 154,158,161, 214,337 - Runciman, Steven:
Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck
München 1978 Seite 585 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters
in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 222 - Thiele,
Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und
Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 118
- Wies, Ernst W.: Kaiser Friedrich Barbarossa. Mythos und Wirklichkeit,
Bechtle Esslingen 1999, Seite 179,182,184 -