Begraben: Kloster S. Salvatore in Patti
Tochter des Markgrafen Manfred I. del Vasto
Lexikon des Mittelalters: Band I Seite 146
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Adelheid, Gräfin von Sizilien
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+ 18. April 1118
Patti
Tochter Manfreds del Vasto
1089 verband sich Graf Roger I. von Sizilien in
2. Ehe mit Adelheid, um die norditalienisch-lombardische
Eroberungsgruppe, zu deren Führern
Adelheids
Bruder Heinrich, Graf von Paterno, zählte, fester auf seine Seite
zu ziehen. Für die Söhne Simon und Roger
II. führte Adelheid nach
dem Tode ihres Gatten die Regentschaft in der Grafschaft Sizilien und Kalabrien.
Zunächst residierte sie in Messina, ab 1112 vornehmlich in Palermo.
Im selben Jahr übergab sie die Regierung an Roger
II. Eine Reihe von meist griechischen Urkunden, in denen sie
Adelasia
genannt
wird, dokumentierten ihre erfolgreiche Regierung, in der sie den verschiedenen
ethnischen Einheiten gerecht zu werden verstand. Ende 1112 reiste sie nach
Jerusalem, um König Balduin I.
zu heiraten, der es vor allem auf ihre reiche Mitgift abgesehen hatte.
Der Verbindung war kein Glück beschieden. Aufgrund innenpolitischer
Rücksichten mußte Balduin Adelheid
im März 1117 verstoßen, die sich daraufhin wieder nach Sizilien
zurückzog. Wenn auch die Bestimmungen des Ehevertrages (bei kinderlosem
Ausgang sollte die Krone von Jerusalem dem Grafen von Sizilien zufallen)
nicht zur Wirkung kam, so hatte diese Verbindung für die spätere
Erhebung Siziliens zum Königreich doch schon den Weg bereitet.
Aber Balduin brauchte
noch immer Geld; und im Winter 1112 brachte er in Erfahrung, dass die begehrenswerteste
Witwe Europas sich nach einem Gatten umsehe. Adelheid
von Salona, Gräfin-Mutter von Sizilien, hatte sich
soeben, da ihr junger Sohn Roger II. großjährig
geworden, von der Regentschaft ihrer Grafschaft zurückgezogen. Sie
war unermeßlich reich, und ein Königstitel erschien ihr anziehend.
Balduin
fand sich nicht nur wegen ihrer Mitgift begehrenswert, sondern auch wegen
ihres Einflusses auf die Normannen Siziliens; ein Bündnis mit ihnen
würde ihm zu Seestreitkräften verhelfen und ein Gegengewicht
zu den Normannen von Antiochia schaffen. Er ließ um ihre Hand
anhalten. Die Gräfin nahm an, stellte jedoch ihre Bedingungen. Adelheid
verlangte, wenn ihre Ehe mit Balduin kinderlos
bliebe - und beider Alter verhieß in dieser Hinsicht nicht viel -
dass die Krone von Jerusalem auf ihren Sohn, den Grafen
Roger, übergehen solle. Der Ehevertrag wurde geschlossen;
und im Sommer 1113 ging die Gräfin mit solchem Gepränge von Sizilien
in See, wie man es im Mittelmeer nicht mehr erblickt hatte, seit Kleopatra
nach dem Kydnos segelte, um Mark Anton einzuholen. In ihrer Galeere, deren
Bug mit Gold und Silber beschlagen war, ruhte sie auf einem Teppich von
gewirktem Gold. Zwei weitere Triremen mit nicht minder prunkvoll verzierten
Schiffsschnäbeln begleiteten sie mit ihren Geleittruppen, darunter
vornehmlich arabische Soldaten aus ihres Sohnes Leibwache. Sieben weitere
Schiffe, die Laderäume gefüllt mit den gesamten persönlichen
Schätzen, folgten in ihrem Kielwasser. Sie ging im August in Akkon
an Land. Hier trat König Balduin
ihr entgegen mit aller Pracht, welche sein Königreich aufzubieten
vermochte. Das ganze Land erging sich in freudigem Jauchzen, weniger über
die Ankunft seiner neuen, alternden Königin, als vielmehr über
den Reichtum, den sie in ihrem Gefolge brachte.
Trotz ihres glanzvollen Auftakts war der Ehe kein Erfolg
beschieden.
Balduin nahm unverzüglich
die Mitgift der Königin an sich und verwendete sie, um die überfällige
Löhnung seiner Soldaten und den Bau von Befestigungswerken zu bezahlen;
und das Geld, das so in Umlauf kam, bereicherte den Handel des ganzen Landes.
Aber die Wirkung war bald verflogen, und die Nachteile des Ehebundes traten
zutage. Gottesfürchtiges Volk erinnerte sich, dass Balduins
vorherige Gemahlin nie rechtskräftig von ihm geschieden worden war.
Patriarch Arnulf machte in Rom ein Zugeständnis; er versprach, er
werde dem König befehlen, seine sizilianische Königin zu verstoßen.
Unter dieser Bedingung erklärte der Papst nicht nur die Absetzung
Arnulfs für nichtig, sondern stattete ihn überdies noch mit einem
Erzbischofsmantel aus, wodurch seine Stellung über alle Zweifel erhoben
wurde. Im Sommer 1116 kehrte Arnulf triumphierend nach Jerusalem zurück.
Das Zugeständnis war bereitwillig erfolgt; denn
Arnulf wußte, dass Balduin seine
Ehe, da Adelheids Mitgift ausgegeben
war, bereits halb bedauerte. Adelheid
selbst, an den Luxus des Palastes von Palermo gewöhnt, fand an den
Unbequemlichkeiten des Tempels Salomonis zu Jerusalem keinen Gefallen.
Aber Balduin zauderte; er war nicht
willens, auf die Vorteile des sizilianischen Bündnisses zu verzichten.
Er widersetzte sich Arnulfs Forderung, bis er schließlich im März
1117 schwer erkrankte. Im Angesicht des Todes lieh er seinen Beichtvätern
Gehör, die ihm erklärten, er sterbe im Stande der Sünde.
Er müsse Adelheid verstoßen
und seine vormalige Gattin an seine Seite zurückzurufen. Er konnte
nicht alle ihre Wünsche erfüllen; denn die frühere Königin
war nicht gesonnen, Konstantinopel zu verlassen, dessen galanter Lustbarkeit
sie sich so hingebungsvoll erfreute. Aber als er genas, gab Balduin
die Ungültigkeit seiner Ehe mit Adelheid
bekannt.
Adelheid
selbst segelte, aller ihrer Reichtümer entkleidet und fast ohne Geleit,
zornerfüllt nach Sizilien zurück. Diese schmähliche Behandlung
verzieh der sizilianische Hof nie. Am 16. April 1118 beschloß
die einstige
Königin Adelheid
ihr gedemütigtes Dasein in Sizilien. Ihr falscher Freund, der Patriarch
Arnulf, überlebte sie nur um 12 Tage.
Houben Hubert: Seite 21,25-32,37,50,152,165,185
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"Roger II. von Sizilien"
Als der Graf von Sizilien um die 50 war, vermählte
er sich mit der kaum 15-jährigen Adelheid
del Vasto (1089/90). Zwei Schwestern Adelheids
wurden mit zwei Söhnen Rogers verheiratet bzw. verlobt: die
eine mit dem trotz seiner unehelichen Geburt zunächst als Nachfolger
betrachteten Jordan, die andere mit Gottfried, der jedoch vor der Hochzeit
starb. Adelheids Bruder Heinrich bekam
eine Tochter des Grafen zur Frau. Durch dieses komplexe Heiratsbündnis
verband Roger I. seine Familie eng mit den ALERAMIDEN,
einer mächtigen Adelsfamilie aus N-Italien, die in Ligurien und Piemont
beheimatet waren.
Aus der Ehe mit Adelheid gingen
zwei Söhne hervor, Simon und Roger II.,
und wahrscheinlich auch mindestens eine Tochter. Die junge Frau des Grafen
verstand es, die aus früheren Ehen geborenen Söhne von der Erbfolge
ausschließen zu lassen. Im Juni 1101 starb Roger I. Seine
Gemahlin ließ ihn in einem antiken römischen Marmorsarkophag
beisetzen, über den ein aus Porphyrstein errichteter Baldachin angebracht
wurde.
Adelheid war beim
Tode ihres Mannes 1101 etwa 26 Jahre alt. Da der zur Nachfolge bestimmte
Simon noch ein Kind war, übte sie für ihn die Regentschaft aus.
Über diese Zeit ist wenig bekannt. Der normannische Mönch Ordericus
Vitalis (1075-1142) erzählt, Adelheid
habe die Regentschaft einem Sohn des Herzogs von Burgund anvertraut. Als
Roger
II. volljährig wurde, habe sie den nun überflüssigen
Regenten vergiftet. Davon weiß aber keine andere Quelle etwas.
Sicher ist, dass die Gräfin einige Rebellionen von
Vasallen mit harter Hand unterdrückte. Spätere griechische Quellen
sprechen in diesem Zusammenhang von einem "Aufstand der Barone im ganzen
Lande Kalabrien und Sizilien", von der Zerschlagung der Rebellen "wie Töpfergeschirr".
Die junge Regentin stützte sich vor allem auf ihren Bruder Heinrich
sowie auf die Mitarbeiter Rogers I.
Die griechisch-byzantinische Kultur und Religiosität
scheinen auf Adelheid, die nicht mehr
in Troina, sondern hauptsächlich in Messina residierte, einen großen
Einfluß ausgeübt zu haben. Besonders nahe stand der Regentin
der Abt Gregor von San Philipps di Fragala im Val Demone. Als der kleine
Roger
an
den Ohren erkrankte, vielleicht hatte er Mumps, wandte sich
Adelheid
an
Abt Gregor. Dieser führte eine baldige Genesung herbei (1101). Zum
Dank bedachte die Gräfin sein Kloster mit zahlreichen Schenkungen.
Im Alter von 12 Jahren starb am 28. September 1105 ihr
ältester Sohn Simon und Adelheid
übte jetzt die Regentschaft im Namen Rogers
II. aus. Es gelang ihr, ihrem Sohn die Grafschaft von Kalabrien
und Sizilien in geordneten Verhältnissen zu hinterlassen. Ihr Bruder
Heinrich
hatte mit zahlreichen Einwanderern aus N-Italien, die in den süditalienischen
Quellen vereinfachend Lombarden genannt werden, im Gebiet von Paterno und
Butera niedergelassen, das ihm Roger I. als Lehen zuwies.
In die Regentschaft Adelheids
fällt möglicherweise auch die Errichtung einer Niederlassung
genuesischer Kaufleute in Messina, der Anlaufstelle für die Schiffe
auf dem Wege nach Syrien und Alexandria. Kurz vor Ende ihrer Regentschaft,
zwischen März und Juni 1112, traf Adelheid
eine
wichtige Entscheidung. Sie verlegte die Residenz vom vorwiegend von Griechen
bewohnten Messina nach Palermo. Damit wurde eine Großstadt mit überwiegend
muslimischer Bevölkerung zur Hauptstadt eines christlichen Reiches.
Mit der Erreichung der Volljährigkeit Rogers
II. 1112 war Adelheids Aufgabe
beendet. Die etwa 37-jährige Gräfin hätte sich damit in
das Privatleben zurückziehen können. Sie bekam aber bald eine
Gelegenheit, erneut eine wichtige Rolle zu spielen. König
Balduin I. von Jerusalem hielt um ihre Hand an. Er war in verzweifelter
Geldnot und benötigte die reiche Mitgift, um seine Ritter besolden
zu können. Dafür war er bereit, jede Bedingung anzunehmen.
Adelheid
und Roger II. verlangten die Zusicherung,
dass, falls aus der Ehe kein Erbe hervorging, die Nachfolge im Königreich
Jerusalem an Roger
fallen sollte. Balduin
war auch damit einverstanden. In Sizilien wußte man wahrscheinlich,
dass der König eigentlich noch verheiratet war; er hatte zwar seine
zweite Gemahlin, die Armenierin Arda von Edessa,
verstoßen, die Ehe war aber nicht formal annulliert worden. Die Aussicht
auf eine Königskrone schien das Risiko wert.
Adelheid
brachte reich mit Waffen und Soldaten, Proviant und Gold beladene Schiffe
nach Jerusalem mit. Im September 1113 wurde die Vermählung mit großem
Prunk gefeiert. Die Ehe blieb tatsächlich kinderlos. Als Balduin
I. im Winter 1116/17 schwer erkrankte, schienen die Pläne
der inzwischen 40-jährigen Adelheid aufzugehen.
Sie hatte die Rechnung aber ohne die Vasallen des Königs und den Patriarchen
Arnulf von Jerusalem gemacht, die nicht bereit waren, den Grafen von Sizilien
als Nachfolger Balduins zu akzeptieren.
Sie befürchteten, ihre bisherige, auf Kosten des schwachen Königs
erworbene starke Stellung einzubüßen. Der Patriarch brachte
nun das Argument der noch bestehenden 2. Ehe Balduins
vor; der kranke König war also gezwungen, Adelheid
zu verstoßen. Enttäuscht verließ sie nunmehr als Ex-Königin
das Land und schiffte sich im Frühjahr 1117 nach Sizilien ein. Hier
starb sie kaum ein Jahr nach ihrer Rückkehr am 16. April 1118;
im Kloster S. Salvatore in Patti fand sie ihre letzte Ruhe.
Adelheids Plan, ihrem
Sohn die Königskrone von Jerusalem zu verschaffen, war zwar gescheitert.
Durch ihren Aufstieg zur Königin hatte sie jedoch das Prestige des
sizilianischen Grafenhauses erhöht. Als Roger
König werden sollte, wies er in seinen Urkunden darauf hin, dass er
der Sohn einer Königin war.
1087
1. oo 3. Roger I. Großgraf von Sizilien
1031-22.9.1101
1113
2. oo 3. Balduin I. König von Jerusalem
-1116 1058-2.4.1118
Kinder:
1.Ehe
Simon
1093-28.11.1105
Roger II.
22.12.1095-26.2.1154
Gottfried Graf von Ragusa
-
Mathilde
-
oo Guido III. d'Albon Graf von Grenoble
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Literatur:
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Bühnemann, Richard: Robert Guiskard 1015-1085.
Ein Normann erobert Süditalien. Böhlau Verlag GmbH & Cie,
Köln 1997 Seite 184,247 - Die Staufer im Süden. Sizilien
und das Reich, hg. von Theo Kölzer, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1996, Seite 52 - Houben, Hubert: Roger II. von Sizilien. Herrscher
zwischen Orient und Okzident, Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 7,21,25-32,37,50,152,
165,185,Tafel 1 - Lehmann Johannes: Die Kreuzfahrer. Abenteurer
Gottes. Gondrom Verlag Bindlach 1991 Seite 182 - Röhricht,
Reinhold: Geschichte des Königreichs Jerusalem (1100-1291). Verlag
der Wagnerschen Universitäts-Buchhandlung 1898 Seite 103,104,113,118
- Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe
in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978, Seite 413-415,503,511, 556
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