Einziger und nachgeborener Sohn des Herzogs
Gottfried II. von Anjou-Bretagne und der Konstanze von Bretagne,
Erbtochter von Herzog Conan IV.
Lexikon des Mittelalters: Band I, Spalte 1067
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Arthur I., Graf der Bretagne
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* 1187, genauer Zeitpunkt des Todes unbekannt
Posthumer Sohn des Grafen Geoffroy (Godfredus), des 3. Sohnes König Heinrichs II. von England, und der Constance, Erbin der Bretagne
Arthur empfing die
Erbschaft seines Vaters. König Richard I.
von England bestimmte ihn 1191 zu seinem Erben, enterbte ihn
jedoch später zugunsten Johanns Ohneland.
Arthur
beanspruchte weiterhin das Erbe
Richards,
da sein Vater älter als Johann
war. Während der Kriege zwischen Johann
und König Philipp August von Frankreich
stellte sich Arthur
in
den Dienst des französischen Königs. Ein Teil der Barone von
Anjou und Maine erkannte ihn an, er leistete Philipp
August den Lehnseid und führte Krieg gegen seinen Onkel.
Ein erstes Mal bereits von Guillaume des Roches, Seneschall von Anjou,
an Johann
ausgeliefert, vermochte er
zu fliehen. Er wurde vom französischen König im Vertrag von Goulet
(1200) preisgegeben, der ihn später allerdings erneut als Parteigänger
und Werkzeug benutzte. 1202 wurde er von seinem Onkel gefangengenommen,
als er seine Großmutter, Eleonore von Aquitanien,
belagerte. Er wurde anschließend vielleicht von Johann
ermordet.
Sein Schicksal gab Anlaß zur Entstehung von Sagen.
ARTHUR I.
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postum 1186, + 1203 ermordet
Herzog der Bretagne, Prätendent für England
und Aquitanien
ARTHUR I. D'ANJOU
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* 1187, + 1203
Arthur I. wurde von
bretonischen Großen an den französischen König ausgeliefert,
da die englische Herrschaft sehr verhaßt war. Nach dem Tode Richards
I. Löwenherz galt er als nächstberechtigter Thronerbe
von England. Arthur gelang es,
Anerkennung in den Erblanden seines Hauses in Anjou, Maine und Tourraine
zu finden, wofür er Philipp II. August von
Frankreich den Lehnseid leisten mußte, während sich
in den übrigen Gebieten sein Onkel Johann
durchsetzte. Als Arthur Aquitanien
forderte und deshalb seine Großmutter bekriegte, wurde er gefangengenommen
und von seinem Onkel ermordet.
Obwohl Eleonore ihren
Entschluß wirklich schnell gefaßt hatte, kam ihr Arthur
zuvor. Zusammen mit dem Vizegrafen Hugues de Chatellerault hatte er Tours
bereits hinter sich gelassen und Lourdon erreicht. Die Königin konnte
sich noch in die Burg Mirebeau flüchten. Das Städtchen
wird sofort im Sturm genommen, aber der Burgfried hält stand. Dort
ist Eleonore nun mit einer Handvoll
Leuten eingeschlossen. Sollte sie die Gefangene ihres Enkels werden.
Eleonore schickte
in aller Eile einen Boten zu Guillaume des Roches, der sich in Chinon aufhielt,
und einen zweiten an Johann Ohneland,
der zu jener Zeit in Le Mans ist. Johann kam
in Windeseile; der Bote hatte ihn in der Nacht zum 30. Juli erreicht, und
in der Morgenfrühe des 1. August war Johann
bereits
dicht vor Mirebeau.
Arthur und seine
Leute hatten alle Tore des von ihnen besetzten Städtchens zumauern
lassen, damit keiner der Belagerten entkommen sollte. Nur ein Tor ließ
er für ihren eigenen Nachschub offen. Sie hielten das für sehr
klug und glaubten, ihrer Beute sicher zu sein. Man erzählt, dass Ritter
Geoffroy de Lusignan sich gerade mit einer Schüssel gebratener Tauben
zu Tisch gesetzt habe, als ihm gemeldet wurde, dass die Truppen des Königs
von England mit wehenden Fahnen herannahten. Geoffroy lachte nur und schwor,
er sich durch eine solche Lappalie nicht stören lassen und erst seine
Mahlzeit beenden. Doch dazu kam er nicht mehr. Er wurde samt
Arthur und den etwa tausend Leuten, die die Burg belagerten,
buchstäblich wie in einer Mausefalle gefangen. Es blieb ihnen nicht
einmal mehr Zeit, sich zu wehren.
Damit war Eleonore gerettet
und in Sicherheit. Aber niemand konnte die harte Behandlung vorausahnen,
die die vielen Gefangenen anschließend erleiden mußten. Den
unglücklichen gefangenen Rittern blieb keine Demütigung erspart.
Johann
ließ sie an Karren binden und so auf ihre eigenen Güter bringen,
wo sie in den Burgverliesen eingekerkert wurden.
Den jungen Arthur von Bretagne
übergab er zunächst Hubert de Bourgh, einem seinen Vertrauten,
mit dem Befehl, ihn zu blenden und zu entmannen. Aber Hubert de Bourgh
lehnte ein solches Verbrechen ab. Arthur blieb
als Gefangener im Festungsturm von Rouen bis zum Gründonnerstag, dem
3.
April 1203. An diesem Tag drang Johann,
nur von einem einzigen Mann, seinem Vertrauten Guillaume de Briouze begleitet,
in den Kerker ein, in dem der Jüngling saß. Er hieß ihn
mitkommen, bestieg mit ihm ein Boot, erdrosselte ihn und warf seinen
Leichnam in die Seine. Niemand erfuhr etwas von dieser Tragödie. Erst
etwa sieben Jahre später berichtete Guillaume de Briouze, der einzige
Augenzeuge, der sich inzwischen mit Johann tödlich
verfeindet hatte und an den französischen Hof geflüchtet war,
von der scheußlichen Freveltat.
Berg Dieter: Seite 58,69-71,81,87,93-99
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"Die Anjou-Plantagenets. Die englischen Könige im
Europa des Mittelalters."
Hinzu kam, daß der französische König
nach dem Tode Gottfrieds gegenüber
Heinrich
nicht mehr nur auf der Heirat Alices
mit Richard und den Entschädigungszahlungen
an Margarethe bestand, sondern auch
die Vormundschaft für die unmündigen Kinder des verstorbenen
bretonischen Fürsten - Eleonore
und später Arthur - und die Verwaltung
der Bretagne für sich beanspruchte.
Die Wirkung dieser Aktion auf Tankred
war beachtlich, da er umgehend Johanna freiließ
und dem PLANTAGENET als Rechtsnachfolger
Heinrichs
II. 20.000 Unzen Gold als Kompensation für das Wittum Johannas
überstellte; zudem unterbreitete er das Angebot eines Heirtasbündnisses,
wonach eine seiner Töchter mit dem Neffen Richards,Arthur
von der Bretagne, die Ehe eingehen und 20.000 Unzen Gold als
Mitgift erhalten sollte. Der englische König akzeptierte wahrscheinlich
im Oktober 1190 diese Offerten und erklärte sich bereit, Arthur
als Thronerben zu benennen, sollte er - Richard
- kinderlos sterben. Dieser Vertrag, für dessen vermittlung Philipp
beachtliche Gelder kassierte, führte nicht nur zu einer baldigen Beruhigung
der innenpolitischen Lage in Sizilien, sondern besaß auch beträchtliche
innen- wie außenpolitische Implikationen, da die überraschende
Erbregelung zugunsten Arthurs die Kräfteverhältnisse in Frankreich
verschieben und zugleich die Hoffnungen Johanns
auf
die Thronfolge in England beeinträchtigen musste.
Zudem wird einsichtig daß die nahezu gleichzeitige
Auflösung der Verlobung mit Alice und das Auftreten von
Berengaria exakt geplant waren, so daß die frühere
Erbfolgeregelung Richards zugunsten
seines Neffen Arthur von der Bretagne
nur als taktisches Manöver erscheinen kann.
Vielmehr einigten sich HEINRICH
und
Leopold am 14. Feabruar 1193 in Würzburg auf eine vertragliche Regelung
der Auslieferung des PLANTAGENET. Dieser
sollte dem Kaiser 100.000 Mark Silber in zwei Raten zahlen, von denen die
Hälfte ab den BABENBERGER weiterzuleiten war, der die Gelder als Mitgift
für Eleonore, die Schwester
Arthurs von der Bretagne, zu verstehen gedachte, die einen der
Söhne Leopolds heiraten sollte.
Obwohl nicht anzunehmen ist, dass Löwenherz
den Forderungen des Kaisers entsprach, ist dennoch von dessen ungebrochenen
Willen zur Fortsetzung des Krieges gegen Philipp
auszugehen, da er nach dem Ausbruch von Konflikten zwischen der bretonischen
Fürstin Konstanze und ihrem Gatten Ranulf, Earl von Chester, im
April 1196 in der Bretagne intervenierte, aber die Übergabe des Thronerben
Arthur
an den KAPETINGER nicht verhindern
konnte.
Insofern war es nicht überraschend, dass sich Johann
mit konkurrierenden Erbrechtsansprüchen von Arthur
I., Herzog der Bretagne
und Sohn Gottfrieds, des vierten Sohnes
Heinrichs II., auseinandersetzen musste. Konstanze erreichte
hingegen zu Ostern 1199 in Angers die Anerkennung ihres Sohnes Arthur
als Erbe durch Große aus Anjou, Maine und Touraine sowie durch König
Philipp, der zwar die Huldigung des Prinzen für Anjou,
Maine
und Touraine entgegennahm, aber umgehend in der Grafschaft Evreux einfiel.
So konnte Johann im
Sommer 1199 die militärische Konfrontation mit dem KAPETINGER
wagen, der schon im September eine Schwächung seiner Position hinnehmen
musste, als Wilhelm des Roches und Konstanze mit
Arthur überraschend ins angevinische
Lager wechselten.
Zwar unterblieben in der Folgezeit Kampfhandlungen den
Monarchen, dennoch eskalierten die Spannungen wegen des dilatorischen Verhaltens
Johanns gegen den LUSIGNAN, so dass
sich Philipp zum Konflikt entschloss
und auf einem Treffen am 24./25. März 1202 bei Le Goulet in Anwesenheit
der Großen beider Reiche von Johann
verlangte, auf sämtliche Lehen im französischen regnum zu verzichten,
die an Arthur von der Bretagne fallen
sollten.
Obwohl sich anfangs die militärischen Kampagnen
Philipps
und Arthurs
unter anderem durch Unterstützung
rebellischer Barone in Poitou günstig entwickelten, gelang
Johann
im Kampf um Mirabeau wo die Königin-Mutter
Eleonore angegriffen wurde, ein überraschender Erfolg,
da er am 1. August die Belagerer besiegte und außer ca. 200 Rittern
seinen Neffen Arthur und Hugo von Lusignan
gefangen nehmen konnte.
Hingegen konzentrierte sich Johanns
Zorn
auf Arthur als angeblichen Kristallisationspunkt
für weitere Revolten und Widerstände, so dass er beschloss, den
Kontrahenten endgültig auszuschalten. Obwohl die genauen Umstände
des Verschwindens von Arthur
ungeklärt
sind, ist dennoch davon auszugehen, dass der Bretone nach einer verbalen
Auseinandersetzung mit dem ANGEVINEN
in Rouen entweder von diesem selbst oder wahrscheinlicher auf dessen Anweisung
ermordet wurde.
Literatur:
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Appleby John T.: Heinrich II. König von England.
Die Zeit des Thomas Becket. Dr. Riederer-Verlag Stutgart 1962 Seite 320
- Berg Dieter: Die Anjou-Plantagenets. Die englischen Könige
im Europa des Mittelalters. Verlag W. Kohlhammer 2003 Seite 58,69-71,81,87,93-99
- Csendes, Peter: Heinrich VI., Wissenschaftliche Buchgemeinschaft
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Ein Staufer im Kampf um die Macht. Primus Verlag 2003 Seite 128 - Ehlers
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Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis
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Otto IV. Der wiederentdeckte Kaiser. insel taschenbuch 2557 2003 - Mexandeau
Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 351 -Pernoud
Regine: Der Abenteurer auf dem Thron. Richard Löwenherz König
von England. Diedrichs Verlag München 1994 Seite 64,114,200,245, 255,265
- Pernoud Regine: Herrscherin in bewegter Zeit. Blanca von Kastilien,
Königin von Frakreich. Diederichs Verlag München 1991 Seite 29,32,44,
55,57,86 - Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe
in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978, Seite 812,885 - Thiele,
Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und
Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 93,200
- Toeche Theodor: Kaiser Heinrich VI. Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Darmstadt 1965, Seite 154, 264 -