Einziger Sohn des Mattäos Kantakuzenos und
der Theodora Palaiologina-Tarchaneiotissa, Tochter von Michael
Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 534
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Johannes VI. Kantakuzenos, byzantinischer Kaiser 1341-1354
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* ca. 1295, †+ 1383
Großdomestikos nach 1325, enger Freund und
Ratgeber von Andronikos III. Palaiologos (1328-1341),
der ihm faktisch die Leitung der Staatsgeschäfte anvertraute. Nach
dessen Tod begegnete er den Intrigen der Regentin Anna
von Savoyen und des Patriarchen Johannes Kalekas durch die Ausrufung
zum Gegen-Kaiser gegen Johannes V. Palaiologos,
den Erben seines Freundes. In dem folgenden zweiten byzantinischen Bürgerkrieg
verheerten die als Verbündete des Thronprätendenten ins Land
gerufenen Serben, Bulgaren und Türken das Territorium des byzantinischen
Kaiserreichs. Die mit Johannes VI. Kantakuzenos
verbündeten Türken besetzen Gallipoli. 1347 konnte
Johannes VI. Kantakuzenos in Konstantinopel einziehen und schloß
eine dynastische Allianz mit Johannes V. Palaiologos,
dem er seine Tochter Helena zur Frau
gab. Gleichzeitig ließ er seinen Sohn Matthaios
zum Kaiser krönen. Auf der Synode von 1351setzte er die Anerkennung
der Rechtgläubigkeit des Hesychasmus durch. 1354 zwangen ihn die andauernden
Thronstreitigkeiten zur Abdankung. Er zog sich unter dem Namen
Josasaph als Mönch in das Manganenkloster (Konstantinopel) zurück
und lebte später vorwiegend im Kloster Charsianiton, da Johannes
V. ihm einen Aufenthalt auf dem Athos untersagte. 1381 begab
er sich gemeinsam mit Matthaios zu
seinem Sohn Manuel, Despot von Mistra
(Peloponnes), wo er zwei Jahre später starb.
Unter dem literarischen Namen Christodulos verfaßte
Johannes
VI. Kantakuzenos in Konstantinopel ein vierbändiges Geschichtswerk,
in dem er eine apologetische Darstellung seiner Politik in der Zeit vom
ersten bis zum zweiten byzantinischen Bürgerkrieg (1320-1356) gibt,
einer von politischen, gesellschaftlichen und religiösen Krisen erschütterten
Epoche. Er ist ferner Autor von theologischen Abhandlungen, unter denen
den polemischen Schriften zur Verteidigung des Palamismus und der Apologie
des Christentums gegenüber dem Islam besondere Bedeutung zukommen.
Es wurde ihm auch eine Paraphrase der Nikomachischen Ethik zugeschrieben.
Zunächst Feldherr und Staatsmann im Dienst der byzantinischen
Kaiser, verdrängte den Thronfolger und ließ sich selbst zum
Kaiser proklamieren. Den darauf ausbrechenden Bürgerkrieg gewann
Johannes
VI. Kantakuzenos mit türkischer Unterstützung. Nach
erzwungener Abdankung wurde er Mönch.
JOHANNES VI. KANTAKUZENOS
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* um 1295, †+
1383
Sohn des Mattäos und der Theodora Palaiologina-Tarchaneiotissa
Johannes VI. Kantakuzenos wurde Megas Domestikos und Panhypersebastos, 1341 Regent für Kaiser Johannes V. Er hatte schon davor die Position eines Hausmeiers, begann mit dem Schwiegersohn einen Thronkrieg und verbündete sich dabei mit Serbien, dem alten Gegner von Byzanz und später mit den Osmanen, womit er erst richtig die Osmanen auf den Balkan und in die byzantinische Geschichte brachte. Er wurde 1347 Kaiser und verdrängte den Schwiegersohn, machte den Hesychasmus zur offiziellen Lehre (stark antipäpstliche und streng mystische Richtung) und beendete die Zelotenregierung in Thessaloniki. Das Prinzip der Erbteilungen verfestigte sich, was zur völligen Zersplitterung des Restreiches und zum Niedergang führte. Johannes VI. verlor die letzten byzantinischen Flottenverbände an Venedig, geriet schroff gegen Genua, das den Schwiegersohn stützte und etwa 85 % der Bosporus-Zolleinnahmen kontrollierte und wurde nach verheerenden Thronkriegen 1354 endgültig verjagt. Er verlor 1352 die Seeschlacht gegen Genua, wurde Mönch und verfaßte eine wichtige autobiographische Schrift und Schriften gegen den Islam. Johannes wurde 1346 Patriarch von Jerusalem und 1347 von Konstantinopel.
oo IRENE
ASEN VON BULGARIEN
† um 1379
oo Irene Asen von Bulgarien, Tochter des Prinzen
Andronikos
† um 1379
Kinder:
Helena
1333 † 1396
1347
oo Johannes V. Kaiser von Byzanz
1332 †
16.2.1391
Theodora
†
1349
oo Orchan Türkenkhan
† 1359
Matthäus
um 1325 † 1383
gefallen
Manuel
um 1326 † 1380
Andronikos
um 1334 † 1347
an der Pest
Er war 1341-1342 inhaftiert.
Maria
†
oo Nikephoros II. Despot von Epiros
† 1359 ermordet
Literatur:
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BERTELSMANN Lexikon Geschichte 1991 Seite 394
- Browning Robert: Byzanz. Roms goldene Töchter. Die Geschichte
des Byzantinischen Weltreiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH Bergisch
Gladbach 1982 Seite 170,172,187,191,197,204 - Majoros Ferenc/Rill
Bernd: Das Osmanische Reich 1000-1922. Die Geschichte einer Großmacht.
Bechtermünz Verlag 1999 Seite 101,104 - Norwich John Julius:
Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf
und München 1993 Band III Seite 348,351-362,364,366-371,373,379,386,388,395,398,402,421,441,475
- Runciman Steven: Die Eroberung von Konstantinopel 1453 C.H. Beck'sche
Verlagsbuchhandlung München 1966 Seite 5-6,36-37,91,92 - Runciman,
Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C.
Beck München 1978 Seite 1232 -
Thiele, Andreas: Erzählende
genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band III Europäische
Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser Ergänzungsband,
R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 212,214 -
Die rechte Hand des jungen Kaisers war
Johannes Kantakuzenos, ein führendes Mitglied der Militäraristokratie.
Sein Vater war Statthalter der Morea gewesen, er selbst ein bedeutender
Landbesitzer im Reich, der große Güter in Makedonien, Thrakien
und Thessalien besaß. Er war ein oder zwei Jahre älter als Andronikos
und von Kind an eng mit ihm befreundet. Johannes
sollte die politische Szene von Byzanz über weite Strecken des Jahrhunderts
beherrschen: als graue Eminenz, Großdomestikos, aufständischer
Rebell und Kaiser. Dass er außerdem eine umfangreiche, detaillierte
Reichsgeschichte der Jahre zwischen 1320 und 1356 schrieb, die zum großen
Teil auf persönlichen Erinnerungen an Menschen und Ereignisse beruht
und in der er häufig Originaldokumente zitiert, ist für die Nachwelt
mindestens ebenso wichtig. Natürlich hat er sie bis zu einem bestimmten
Grad zu seinen Gunsten geschönt; dennoch darf man sie nicht übergehen;
denn Kantakuzenos war der überragende
Feldherr und Staatsmann seiner Zeit.
Unter solchen Umständen erfolgte die Einnahme der
Stadt durch seinen Enkel ohne nennenswerten Widerstand. Am Abend des 23.
Mai 1328 schlichen Andronikos III. und
Johannes Kantakuzenos an der Spitze eines 24 Mann starken Trupps
mit Sturmleitern zu einer bestimmten Stelle der Großen Bastion gegenüber
dem Romanostor. Komplizen in der Stadt ließen Taue herab, die Leitern
wurden hochgezogen, und nach ein paar Minuten standen die ersten Leute
des jungen Kaisers innerhalb der Mauern und öffneten ihren Kameraden
das Tor. Es kam weder jemand um, noch gab es Plünderungen, nicht einmal
Verletzte. Der alte Andronikos, aus
dem Schlaf gerissen, geriet anfangs in Panik. Seine Befürchtungen
bewahrheiteten sich indes nicht. Von ihm wurde einzig die Abdankung verlangt.
Er durfte seine kaiserlichen Titel und Insignien behalten und, falls er
dies wünsche, weiterhin im Blachernenpalast wohnen. Dann wurde eine
Abordnung zur Befreiung des Patriarchen Esajas losgeschickt, der sich im
Jahr zuvor Andronikos' Weisung, seinen
Enkel aus der Kirche auszuschließen, widersetzt hatte und daraufhin
im Manganenkloster festgesetzt worden war. Die Rückkehr in seinen
Palast habe er, so berichtet Gregoras, nicht etwa, wie zu erwarten war,
in Begleitung von bedeutenden Kirchenleuten angetreten, sondern mit einer
Musikantentruppe, Komödianten und Tänzerinnen, von denen ihn
eine bald so sehr zum Lachen gebracht habe, dass er beinahe vom Pferd
gefallen sei.
Johannes Kantakuzenos war
nicht nur Freund und Berater des Kaisers, sondern im wahrsten Sinne des
Wortes sein guter Geist. So wie er als treibende Kraft hinter der jüngsten
Rebellion stand, lenkte er auch nach deren Gelingen die Geschicke des Reichs.
Kantakuzenos
schlug alle Titel aus - selbst den des Regenten und Mit-Kaisers, die ihm
Andronikos
zum Dank angeboten hatte - und bekleidete offiziell kein Staatsamt außer
dem des Großdomestikos, also des Oberbefehlshabers.
Dennoch gab es in Konstantinopel keine Zweifel, wer die Macht wirklich
in Händen hielt.
Und doch ging die Initiative für eine der ersten
und zugleich bedeutendsten Entscheidungen seiner Regierung vermutlich von
Andronikos
und
nicht von Johannes Kantakuzenos aus.
Er war sich völlig im klaren darüber - wie übrigens auch
das Volk und damit die Leidtragenden -, dass die Rechtsordnung im Reich
völlig korrumpiert war. Wie schon erwähnt, konnten Johannes
Kantakuzenos und Syrgiannes Palaiologos ihre Statthalterschaft
in Thrakien mit Leichtigkeit kaufen. Sogar der Großlogothet Theodor
Metochites, dessen Integrität unbestritten und der moralphilosophisch
sehr versiert war, hatte ohne Skrupel hohe Staatsämter gekauft und
verkauft. Etwa 30 Jahre zuvor hatte Andronikos
II. einen Anlauf genommen, um das Problem anzugehen, sich jedoch
wie meist nicht durchsetzen können. Nun stellte sich ein knappes Jahr,
nachdem er als einziger Kaiser auf dem Thron saß, sein Enkel der
Herausforderung. 1329 ließ er einen Gerichtsstand schaffen, den "obersten
römischen Gerichtshof". Dieser bestand aus vier Richtern, zwei Klerikern
und zwei Laien, die im Prinzip die oberste Appellationsinstanz bildeten,
als solche die Oberaufsicht über das Rechtswesen im ganzen Reich ausüben
und ihr Augenmerk besonders auf Fälle von Korruption und Steuerhinterziehung
hoher Ämter richten sollte. In abgelegenen Gebieten wurden Gerichte
mit vergleichbarer Machtfülle eingesetzt. Leider erwies sich das System
nicht durchweg als erfolgreich. Die Korruption, hat sie einmal Fuß
gefaßt, ist bekanntlich nur schwer auszurotten; schon 1337 wurden
anläßlich eines Gerichtstags in der Hagia Sophia unter dem Voritz
des Kaisers und des Patriarchen drei von den vier obersten Richtern
der Bestechung überführt, abgesetzt und ins Exil geschickt. Doch
die Ernennung der Nachfolger erfolgte auf dem Fuße. Die Institution
blieb bis zum Untergang von Byzanz bestehen.
Syrgiannes ist schwer einzuschätzen. Wie erwähnt,
Aristokrat von der Mutter her und väterlicherseits Kumane, war er
ein enger, intimer Freund des Kaisers und seines Großdomestikos gewesen,
dazu hochintelligent und anscheinend ungewöhnlich charmant. Doch schien
er weder Treue noch Loyalität zu kennen. Schon einmal hatte er Andronikos
verraten - als er während des Bürgerkriegs zu dessen Großvater
übergelaufen war. Schon bald danach beteiligte er sich an einer Verschwörung
zur Ermordung des alten Kaisers und wurde zu lebenslanger Haft verurteilt,
nachdem Andronikos III. die Macht ergriffen
hatte, jedoch wieder freigelassen und offiziell begnadigt, dies auf nachdrücklichen
Wunsch von Johannes Kantakuzenos, und
sodann verblüffenderweise zum Statthalter von Thessalonike ernannt.
Dort gab es gleich wieder Probleme; er intrigierte gegen Kantakuzenos
und schmeichelte sich bei Kaiserin Rita-Maria
ein - die sich nach dem Tod ihres Mannes, Michael
IX., in Thessalonike niedergelassen hatte -, bis sie ihn an
Sohnes Statt annahm. Nach ihrem Tod 1333 stellte sich bald heraus, dass
Syrgiannes erneut eine Verschwörung anzettelte, diesmal gegen den
Kaiser und vermutlich mit dem Ziel, sich selbst auf den Thron zu setzen.
Ob er damals schon mit Stephan Duschan
in Kontakt stand, ist nicht bekannt. Doch da Thessalonike zu nah an der
serbischen Grenze lag, um dort im Notfall Zuflucht zu suchen, wollte Andronikos
nichts
dem Zufall überlassen. Syrgiannes wurde unter strengem Arrest zur
Aburteilung nach Konstantinopel gebracht. Bevor es jedoch dazu kam, entfloh
er über das Goldene Horn nach Galata und von dort über Euböa
und Thessalien nach Serbien. Stephan Duschan
empfing ihn herzlich und übertrug ihm den Oberbefehl über ein
Heer, das im Frühjahr 1334 Kastoria und dazu mehrere benachbarte
Festungen einnahm. Andronikos und Johannes
Kantakuzenos eilten nach Makedonien, fest entschlossen, Syrgiannes
ein für allemal zu vernichten. Da sie jedoch unsicher waren, ob ihr
eilig zusammengerafftes Heer der Aufgabe gewachsen wäre, griffen sie
zu einem Trick. Sie trugen einem ranghohen Offizier namens Sphrantzes Palaiologos
einen Plan vor, nach dem er zum örtlichen Stathalter ernannt werden
sollte, um einen wohlschmeckenden Köder für Syrgiannes abzugeben;
dieser würde gewiß sogleich versuchen, Sphrantzes auf seine
Seite zu ziehen. Darauf sollte Sphrantzes zum Schein eingehen, um sein
Vertrauen zu gewinnen und ihn dann um sie leichter festnehmen und einer
Bestrafung zuführen zu können. Alles lief ab wie geplant, außer
dass im kritischen Augenblick Sphrantzes seinen Auftrag übertrieb
und, anstatt Syrgiannes gefangenzusetzen, ihn sofort umbrachte. Für
diesen Ungehorsam wurde er zwar verwarnt, bald darauf jedoch in den Rang
eines Großstratopedarchen erhoben, womit eine beträchtliche
Erhöhung seiner Bezüge einherging. Diese Ausgabe bezahlte der
Kaiser gern; denn nur einen oder zwei Monate später, im August 1334,
traf er Stephan Duschan unweit von
Thessalonike an der Grenze. Dabei kamen sie überein, dass als Gegenleistung
byzantinischer Hilfe gegen Ungarn, die von Syrgiannes eingenommenen Festungen
an das Reich zurückfallen sollten.
Und Andronikos benötigte
sie dringend, denn Stephan
ließ keine Zweifel daran, dass alle anderen Eroberungen der letzten
beiden Jahre - dazu gehörten auch Ochrid, Prilap, Strumika und sogar
Wodena (Edessa) - serbischer Hand verblieben. Es war dies der Anfang vom
Ende.
In Kleinasien ging es noch schneller auf den Untergang
zu. Als Ende Mai 1329 Berichte in Konstantinopel eintrafen, die türkischen
Osmanen unter Orhan hätten eine
Blockade über Nikäa verhängt, setzten
Andronikos III. und Johannes Kantakuzenos
mit einem etwa 4.000 Mann starken Heer über die Meerenge nach Chalkedon
über und marschierten südostwärts entlang der Küste
des Marmarameeres. Am Morgen des dritten Marschtages erspähten sie
das türkische Heerlager in den Hügeln oberhalb des kleinen Ortes
Pelekanos (Manyas). Das Heer war nicht nur strategisch viel günstiger
postiert, sondern erschien ihnen auch doppelt so groß wie das eigene.
Doch nach einem kurzen Kriegsrat beschloß man, sich zu stellen und
zu kämpfen, falls Orhan von oben
angreifen würde. Und dies tat er. Am 10. Juni kam es zur Schlacht.
Der Kampf tobte den ganzen Tag über bei glühender Sonne; gegen
Abend sah es so aus, als sollten die byzantinischen Truppen, die zwei große
Angriffe der Türken abgewehrt hatten, die Oberhand behalten. Sie hatten
allerdings schon schwere Verluste erlitten. Außerdem wußten
sie, dass Orhan, der bewußt einen
Teil seines Heers aus dem Kampf herausgehalten hatte, am nächsten
Tag wieder angreifen würde. Aus diesem Grund riet Kantakuzenos
zu
einem unauffälligen ehrenvollen Rückzug im ersten Morgengrauen.
Und so geschah es. Leider scherten wie so oft einige
jüngere, wenig erfahrene Soldaten, von den ständigen Belästigungen
der türkischen Bogenschützen zur Raserei gebracht, aus den Reihen
aus, um sie zu vertreiben. Sich der großen Gefahr einer solchen Aktion
voll bewußt, wandte Kantakuzenos
sein Pferd und galoppierte ihnen nach. Einen Moment später tat Andronikos,
der ihn nicht bemerkt hatte, es ihm nach. Was sie befürchtet hatten,
war eingetreten. Sie fanden die Heißsporne umzingelt. Im nun folgenden
erbitterten Kampf traf Andronikos ein
Pfeil am Oberschenkel. Mit knapper Not erreichte er die Hauptmasse des
Heers - sein blutüberströmtes Pferd brach bei Ankunft tot zusammen
- und kehrte am folgenden Tag auf einer Bahre nach Konstantinopel zurück.
Da es sich nicht um eine schwere Wunde handelte, wäre alles gut gewesen,
hätten nicht einige Soldaten Anblick der Bahre angenommen, er sei
gefallen. Sie gerieten in Panik, und mit äußerster Mühe
konnte Johannes Kantakuzenos, der selbst
nur um Haaresbreite entkommen war, die Ordnung halbwegs wiederherstellen,
bevor die nachstürmenden Türken sie vor den Mauern von Philokrene
erneut zum Kampf zwangen.
Der einzige größere Geländegewinn, den
Andronikos und Johannes Kantakuzenos
erzielten, gab es in Thessalien und Epiros zu verzeichnen - und auch dieser
Erfolg sollte wieder zerrinnen. Schon 1318 waren die letzten herrschenden
Vertreter der in diesen beiden griechischen Gebieten mächtigsten Dynastien
innerhalb weniger Monate gestorben: Johannes II. von Thessalien auf unspektakuläre
Weise und Thomas von Epiros ermordet, wie schon berichtet, von seinem Neffen
Nikolaus Orsini, mit dem sich Anna,
die Ehefrau seines Opfers und Schwester Andronikos'
III., verehelichte, womit er Thomas nicht nur auf dem Thron
nachfolgte. Nach Johannes' Tod zerfiel Thessalien. Das Gebiet erbeuteten
zum größten Teil katalanische und venezianische sowie verschiedene
einheimische Adelsfamilien, die sich dort holten, was es noch zu holen
gab. Lediglich die Ecke zwischen Trikkala und Kastoria im Nordwesten wurde
von ihrem Oberhaupt, einem gewissen Stephan Gabrielopulos Melissenos, in
Frieden regiert; er führte den Titel Sebastokrator und war daher vermutlich
vom Kaiser dazu ermächtigt. Als er 1333 ebenfalls starb, sah auch
dieses Gebiet anarchische Zustände auf sich zukommen.
Andronikos, der sich damals gerade in Makedonien aufhielt, und
Michael Monomachos, der Statthalter von Thessaionike, retteten jedoch die
Situation. Beide eilten mit ihren Truppen in die bedrohte Region, vertrieben
Johannes Orsini, den Despoten von Epiros, der seinen Bruder Nikolaus ermordet
hatte, und stellten in Windeseile die byzantinische Herrschaft im Süden
bis an die Grenze des katalanisch beherrschten Territoriums wieder her.
Der Wiedergewinnung Thessaliens für Byzanz mußte früher
oder später jene von Epiros nach sich ziehen. Die ORSINI waren nie
als legitime Herrscherfamilie allgemein anerkannt worden. Das nachfolgende
Gerangel und die unablässigen Angriffe von außen hatten das
einst blühende Despotat an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Zu
den führenden Personen in der bereits mächtigen probyzantinischen
Parta in Arta gehörte auch Anna Palaiologina,
die Ehefrau des vertriebenen Johannes Orsini. Ermuntert durch die jüngsten
Ereignisse in Thessalien, vergiftete sie 1335 ihren Ehemann - der dritte
Mord an einem ORSINI innerhalb von 17 Jahren - und übernahm selbst
die Regierung anstelle ihres 7-jährigen Sohnes Nikephoros. Als Andronikos
zwei Jahre darauf in diese Gegend kam, um einen albanischen Aufstand niederzuschlagen,
sandte Anna Boten zu ihm nach Berat
mit dem Vorschlag, ihn auch im Namen ihres Sohnes Nikephoros als Oberherrn
anzuerkennen und dafür weiter in Epiros zu regieren. Andronikos
paßte
beides nicht. Epiros hielt sich nun schon seit mehr als 130 Jahren als
unabhängiges Despotat. Künftig, darauf bestand er, müsse
es von einem ihm direkt unterstellten byzantinischen Statthalter verwaltet
werden. An Ort und Stelle ernannte er für diesen neuen Posten einen
engen Freund und Waffengefährten, Protostrator Theodor Synadenos,
einen Anführer des Staatsstreichs gegen seinen Großvater neun
Jahre zuvor. Anna, ihr Sohn und ihre
zwei kleinen Töchter erhielten ein Gut in Thessalonike, um künftig
im - wenigstens bequemen - Exil zu leben.
Wie so oft nicht nur in der byzantinischen Geschichte
nicht alles nach Plan. Unvermutet verschwand der junge Nikephoros, entführt
durch epirotische Adlige. Dabei hatten höchstwahrscheinlich jene westlichen
Mächte die Hand im Spiel, bei denen ein Fortbestand des unabhängigen
Despotats bestand. Der Junge gelangte zunächst nach Italien und kam
schließlich an den Hof Katharinas von Valois,
der Fürstin von Tarent und lateinischen Titular-Kaiserin Konstantinopel.
Dort blieb er bis zum Herbst 1338. In diesem Jahr begab sich Katharina
mit ihm zu ihrem Landsitz in Achäa - Achäa gehörte zum Gebiet,
über welches ihr Ehemann Philipp gebot
- und benutzte ihn als Gallionsfigur, um eine antibyzantinische Erhebung
in Epiros anzuzetteln. Schon nach kurzer Zeit hatte sie damit Erfolg. Der
Statthalter Theodor Synadenos wurde verhaftet und eingekerkert. Zu Beginn
des Jahres 1339 kehrte der junge Nikephoros in aller Form nach Epiros zurück;
in der Küstenfestung Thomokastron fand seine Einsetzung statt. Doch
dieser Revolte war nur kurzzeitig Erfolg beschieden, denn sie fand außerhalb
von Arta, Janina und ein oder zwei anderen Städten keine Unterstützung.
Andronikos erschien 1340 erneut, an seiner Seite wie gewöhnlich Johannes
Kantakuzenos. Arta wurde erfolgreich belagert, und noch lange
vor Jahresende eine Generalamnestie verkündet und Statthalter Synadenos
wieder auf freien Fuß gesetzt. Anschließend ritt Johannes
Kantakuzenos nach Thomokastron. Dort ließ sich, trotz
Anwesenheit einer angevinischen Flotte,
Nikephoros rasch dazu bringen, seine Ansprüche aufzugeben und nach
Thessalonike zurückzukehren. Als eine Art Entschädigung wurde
ihm der wohlklingede Titel Panhypersebastos verliehen und die Hand von
Johannes'
Tochter Maria Kantakuzena angetragen.
Für einen noch nicht 13-jährigen Knaben ging ein ereignisreiches
Jahr zu Ende.
Zu Beginn des Frühjahrs von 1341 feierte Andronikos,
der sich immer noch in Thessalonike aufhielt, die Vermählung seiner
Kusine Irene Palaiologina mit Johannes
Kantakuzenos' ältestem Sohn Matthäus,
wodurch die beiden Familien sich noch enger miteinander verbanden. Kurz
danach kehrte er mit Johannes nach
Konstantinopel zurück, mitten in das Dickicht einer neuen Krise.
Zwar erwies sich die Stadt für sie als zu stark
und widerstand, doch mit Unterstützung der sechstausend Leute von
Umur gelang der Durchbruch nach Didymoteichos, wo Johannes
Kantakuzenos und Irene Asen
einander nach fast einjähriger Trennung wieder in die Arme schließen
konnten.
Mit Orhan wurde er
rasch ebenso gut Freund wie mit Umur, und sie kanmen sich vielleicht noch
näher, denn Orhan und Theodora,
die zweite der drei Töchter von Johannes
Kantakuzenos und Irene Asen,
verliebten sich leidenschaftlich ineinander.
Als bewußte Antwort auf die Krönung Stephan
Duschans zum König von Serbien und Griechenland
ließen sich nur fünf Wochen später, am
21. Mai 1346, am Fest der Heiligen Konstantin und Helena, Johannes
Kantakuzenos und Irene Asen
in Adrianopel vom Jerusalemer Patriarchen Lazaros die in aller Hast von
einem einheimischen Goldschmied hergestellten Kaiserkronen aufs Haupt setzen.
Im August 1348 segelten die Genuesen mit einigen ihrer
Schiffe über das Goldene Horn, spürten die neuen byzantinischen
Schiffe aus und steckten sie in Brand. Johannes
Kantakuzenos hielt sich gerade in Thrakien auf, doch Kaiserin
Irene stachelte zusammen mit ihrem jüngeren Sohn Manuel
und Nikephoros, dem Ehemann ihrer Tochter Maria,
die gesamte Bevölkerung in Konstantinopel zum lebhaften Widerstand
an.
Am 4. Dezember 1354 setzte sich
Johannes VI. im Blachernenpalast feierlich das Diadem ab, zog
die mit goldenen Adlern bestickten Purpurstiefel und kaiserlichen Gewänder
aus und hüllte sich statt dessen in eine Mönchskutte.
Kaiserin Irene tat es ihm gleich. Sie trat als Nonne in
das Kyra-Martha-Kloster ein, das nach 1270 von Maria Palaiologina
gegründet worden und wo ihre Schwiegermutter Theodora Kantakuzena
bestattet
war.
Fünfunddreißig Jahre Dienst am Reich sind
ihm übel vergolten worden. Man kann sich nur schwer vorstellen, daß
Johannes
Kantakuzenos und Irene Asen
nicht erleichtert aufgeatmet haben, als sei die Staatsgewänder gegen
das rauhe Klostergewand eintauschten.