Sohn des N.N.
Lexikon des Mittelalters: Band IX Spalte 494
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Zawisch von Falkenstein
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+ 24. August 1290
Stammte aus der altböhmischen Adelsfamilie der WITIGONEN
und stand im Dienste des oberbayerischen Adelsgeschlechts Falkenstein als
Burggraf auf der gleichnamigen Burg.
1276 stellte er sich gegen König Premysl Otakar II. und unterstützte
RUDOLF I. von Habsburg. Nach Premysls
Tod wurde Zawisch zunächst der
Geliebte, im Mai 1285 der Gemahl der königlichen Witwe Kunigunde
und erwarb neben dem Hofmeisteramt großen politischen Einfluß
in Böhmen. 1287 heiratet Zawisch
die ungarische Prinzessin Elisabeth und wurde zum Gegner RUDOLFS
und Wenzels II., der ihn 1290 verhaften und hinrichten
ließ.
Literatur:
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M. Pangerl, Z. v. F., Mitt. des Vereins für Gesch. der Deutschen
in Böhmen 10, 1872, 145-186 - Bosl, Böhm. Länder, I, 278f.
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Johann Franzl: Seite 135,231,275
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"Rudolf I."
Nun forderte der römische König gar, Ottokar solle die WITIGONEN,
deren Aufstand er eben unter Aufbietung aller Kräfte niedergeschlagen
hatte und deren südböhmische Güter er eingezogen hatte,
wieder in ihre alten Rechte einzusetzen. Denn Zawisch
von Falkenstein und seine Gesellen, lautete RUDOLFS
Urteil, zählten zu seinen "Dienern und Helfern" und seien demnach
in das Abkommen vom vergangenen Mai eingeschlossen. Dass diese südböhmischen
Barone auch sogar nach dem Wiener Frieden noch gegen ihren rechtmäßigen
König gekämpft und im Zuge dieser militärischen Unternehmungen
die Stadt Budweis angezündet hatten, ließ RUDOLF
ganz bewußt außer acht.
Im Triumphzug hatten die Böhmen 1283 ihren König Wenzel nach
Prag eingeholt, als er 12-jährig aus der Vormundschaft Ottos des Langen
entlassen worden war. Der wahre Regent Böhmens hieß aber nicht
Wenzel, sondern Zawisch von Falkenstein,
jener Zawisch, der einst im Konflikt
zwischen RUDOLF und Ottokar eine trübe,
heimtückische Rolle spielte. Indessen hatte der listige und machtgierige
Mann das Herz der heißblütigen Königin
Kunigunde erobert, die, ungeachtet der Tatsache, daß der
WITIGONE zu den gefährlichsten Feinden ihres verstorbenen
Gemahls gezählt hatte, mit diesem Verehrer intimsten Umgang pflog
und im Geheimen sich sogar mit ihm vermählte. Was die WITIGONEN
zu Ottokars Zeiten mit Waffengewalt nicht erreicht hatten, fiel ihnen jetzt
durch die ungezügelte Leidenschaft einer verblendeten Frau gleichsam
in den Schoß. Bald waren die einflußreichsten Ämter Böhmens
in den Händen des heimlichen Prinzgemahls und seiner Verwandten.
Strikt weigerte sich der Böhme, bei ALBRECHTS
eventueller Königswahl mitzuwirken. Für den wahrscheinlichen
Fall, dass der alte HABSBURGER bald
das Zeitliche segnete, hatte er schon seine eigenen Pläne entwickelt,
die zum Gutteil noch auf die Einflüsterungen des Zawisch
von Falkenstein zurückgingen. Der intrigante Ratgeber war
gestürzt und während im Erfurter Peterskloster der Wein in Strömen
floß, erfüllte sich im fernen Böhmen Zawischs
Schicksal. Am 24. August wurde Zawisch
vor den Mauern der Frauenburg bei Budweis enthauptet, weil sein
Bruder Witigo die Übergabe der Festung an die königlichen Truppen
verweigerte. So endete der Mann, von dem das Gerücht ging, er habe
selbst König von Böhmen werden wollen.
Jiri Kuthan: Seite 136
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"Premysl Ottokar II."
Ein wesentlicher Teil von Ottokars Schätzen blieb nach der Schlacht
bei Dürnkrut und Jedenspeigen in den Händen seiner Witwe, der
Königin
Kunigunde. Davon legt die Chronik von Königsaal/Zbraslav bei
der Schilderung der Geschicke des Zavis von Falkenstein
Zeugnis ab. Dieser ehrgeizige Landesherr hatte sich nach der
Aussage des Chronisten "nicht nur die Gattin, sondern auch den Schatz und
sämtliche Pracht König Ottokars angeeignet..." Nach seiner Einkerkerung
zum Jahreswechsel 1288/89 mußte Zavis die
von Kunigunde
erworbenen Schätze an Ottokars Sohn, König Wenzel II., zurückgeben.
Jörg K. Hoensch: Seite 225,232,237,257-258
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"Premysl Otakar II. von Böhmen. Der goldene König"
Die böhmischen Verbände waren aber in S-Böhmen nur langsam
vorangekommen, weil sich die dort reich begüterten WITIGONEN,
die enge familiäre und politische Kontakte zu den oberösterreichischen
Herren von Schaunberg pflegten, im offenen Aufruhr gegen ihren König
befanden. Alle drei Familienzweige - die Herren von Krumau, Neuhaus
und Rosenberg - fühlten
sich seit längerem durch die königlichen Gründungen Goldenkron
und Budweis in ihrem Bestreben nach weiterer Ausdehnung und Entwicklung
unabhängiger Territorialherrschaften beeinträchtigt; da ihnen
Premysl Otakar die 1276 an ihn zurückgefallene Herrschaft Welleschin
(Velesin), die sich wie ein Riegel zwischen ihre Besitzung in Süd-
und Mittelböhmen schob und ein Zusammenwachsen der rosenbergischen
und Neuhauser Güter verhinderte, trotz ihrer Bitten und Drohungen
vorenthielt, hatten sie sich unter Führung des dynamischen Zavis
von Falkenstein, Herrn auf Krumau, zur Unterstützung König
RUDOLFS entschlossen und erschwerten nach Kräften den Durchzug
der böhmischen Reiter. Neben den erlittenen materiellen Verlusten
löste die durch die anstrengenden Märsche verursachte Erschöpfung
im premyslidischen Heer bald offenen Defätismus aus, wobei vor allem
nichtböhmische Adlige in rasch anwachsender Zahl die Truppen verließen,
um bei dem sich immer deutlicher abzeichnenden Erfolg König
RUDOLFS der drohenden Konfiskation ihrer Güter zu entgehen.
In seinem entschlossenen Vorgehen gegen die Unruhestifter im eigenen
Land, die er entweder gefangennahm oder - wie Zavis
von Falkenstein - zur Flucht zwang und deren Besitzungen er
einzog, ließ sich Premysl Otakar jedoch nicht irremachen.
RUDOLFS Versuch, die von Otto auf
der nordböhmischen Burg Bösig (Bezdez) in Gewahrsam gehaltene
Königinwitwe
Kunigunde und ihre Kinder zu befreien, wurde 1280 vom Markgrafen
vereitelt. Als Wenzel sogar in die Festung Spandau verbracht wurde, Kunigunde
schließlich in Gräz bei Troppau residierte und dort
heimlich den mächtigen Senior der WITIGONEN,
Zavis von Falkenstein, ehelichte und
die Anarchie in Böhmen immer weiter um sich griff, fanden sich unter
Führung des neuen Prager Bischofs Tobias von Bechin doch einige Patrioten,
die einen weiteren Machtverfall Einhalt gebieten und die Wiederherstellung
eines souveränen Königtums herbeiführen wollten.
Obschon sich der böhmische Adel zu einem "ewigen" Frieden verpflichtet
und die Rückstellung des geraubten Königsgutes zugesagt hatte,
besaß der gerade 12 Jahre alte Wenzel II., der sich anfangs nur als
"Herr und Erbe Böhmens und Mährens" und erst seit 1285 häufiger
als "König" bezeichnete, bei seinem Herrschaftsantritt nicht die notwendigen
Machtmittel, um die eingerissenen Mißstände gleich beseitigen
zu können. Die Regierung führte praktisch
Zavis von Falkenstein, der Familienmitglieder und Parteigänger
der WITIGONEN in dei einflußreichsten
Stellungen schleuste, sich damit aber auch das Mißfallen des übrigen
Adels und das wachsende Mißtrauen König
RUDOLFS I. einhandelte. Zwar wurde im Januar 1285 in Eger mit
großem Pomp noch einmal die Hochzeit zwischen Wenzel und Guta gefeiert,
doch angesichts der unsicheren innenpolitischen Verhältnisse nahm
der Brautvater seine Tochter wieder mit und unterstützte offen Bischof
Tobias und Nikolaus von Troppau, die sich entschlossen gegen die Amtsanmaßung
Zavis' wandten. Auch nachdem am 9.
September 1285 die Königinmuter
Kunigunde verstorben war und sich der WITIGONE
kurz darauf mit einer Schwester König Ladislaus'
IV. von Ungarn verehelichte, "ordnete er alles alleine an, und
ihm allein gehorchten alle". Doch seinen Versuch, in Wiederaufnahme der
Politik Premysl Otakars II. in den österreichischen Ländern Fuß
zu fassen, mußte König RUDOLF als
nicht mehr tolerierbare Herausforderung des Usurpators empfinden.Durch
die endgültige Ankunft Gutas im Juli 1287 in Prag erhielt die pro-habsburgische
Partei Auftrieb und verlangte von Zavis
die sofortige Herausgabe der von ihm pfandweise in Besitz genommenen königlichen
Güter. Als er dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde er des Hochverrats
beschuldigt unjd gefangengesetzt. Ein mit ungarischer Unterstützung
durchgefürter Aufstand seiner Brüder wurde durch die Drohung
gebrochen, Zavis zu töten, wenn
ihre Burgen nicht kapitulieren würden. Als die Besatzung von Frauenberg
(Hluboka) dieses Ultimatum nicht beachtete, wurde Zavis
von Falkenstein am 24. August 1290 enthauptet.
Ein Teil des beachtlichen Grundbesitzes der
WITIGONEN wurde von König Wenzel II. seiner Klostergründung
Königssaal/Aula regia überschrieben, während die größere
Hälfte an den Markgrafen Friedrich für das premyslidische Nachfolgerecht
in Meißen und in der Lauistz fiel.
1. oo 2. Kunigunde von Kiew Königin von Böhmen
um 1245-9.9.1285
1287
2. oo 1. Elisabeth von Ungarn, Tochter des Königs Stephan
V.
- nach 1313
Literatur:
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Franzl, Johann: Rudolf I. Der erste Habsburger auf dem deutschen Thron,
Verlag Styria 1986, Seite 127,130,135,172,231,275 - Jörg K. Hoensch:
Premysl Otakar II. von Böhmen. Der goldene König Verlag Styria
Graz Wien Köln 1989, Seite 225,232, 237,257 -