Kölner Königschronik
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Das Jahr 1107.
 

Für Weihnachten wird die Ankunft des Papstes nach Mainz angekündigt, jedoch durch die Rauhheit von Weg und Wetter verhindert. Der König aber feiert das Geburtsfest des Herrn zu Regensburg. Von da begibt er sich durch Thüringen nach Sachsen und befiehlt die Verbrennung der Radinburg und der Bemelburg, zweier stark befestigten Plätze in Thüringen, um der Räubereien willen, welche von dort
aus in die Nachbarschaft getrieben wurden. Das Fest der Reinigung der heiligen Maria begeht er in Quintilinburg. Daselbst empfängt er die Gesandten des Königs von Frankreich wegen einer gegenseitigen Unterredung. Hierauf begibt er sich nach Merseburg, später nach Goslar, indem er allen,
welche in ihren Angelegenheiten ihn angingen, nach  Königssitte das Recht sprach. Der Halverstädter Kirche gab er Reinhard zum Vorsteher. An die Stelle des soeben verstorbenen Abtes Marcward von Corvey setzte er bei seiner Ankunft den Merseburger Abt Erkenbert ein. Darauf kommt er nach Patherburis, durchzieht Westfalen, feiert in Köln den Palmsonntag, in Mainz das Osterfest. - Eine allgemeine Kirchenversammlung wird vom Papst allen Bischöfen nach Troyes angesagt. - Der König zieht, nachdem er so viele Fürsten wie möglich um sich versammelt hat, dem Papste entgegen, nimmt unterwegs viele Burgen ein und unterwirft sich insbesondere Claremonz und Brieth, welche die Nachbarschaft ausplünderten. - Die Gesandten des Königs: Bruno Bischof von Trier, Otto Bischof von Bavenberg, Herlevo Bischof von Würzburg, Berthold Herzog von Schwaben, Graf Herimann, Graf Wigbert begeben sich zum Papst nach Chalons und entbieten ihm von Seiten des Königs allen Gehorsam unbeschadet der Ehre des Reiches. Der Papst läßt dem König erwiedern, er verlange nichts von ihm, außer was die Ehre der Kirche erfordere. Hierauf begibt sich der König zurück, ohne daß die Unterredung stattgefunden hätte, um derentwillen der König von Frankreich ihm die Gesandten schickte.

Der Herr Papst hält unter zahlreicher Betheiligung der Bischöfe und Aebte und andrer Katholiken eine Synode zuTroyes. Hier setzt er in der Angelegenheit, derentwegen er selbst und der König sich vergleichen wollten, eine Frist, bis man vor seinem Stuhle zu Rom nach canonischer Regel über sie verhandeln werde. Daselbst wird ferner Erzbischof Ruthard von Mainz von seinem kirchlichen Amte suspendiert, weil er den Udo von Hildenesheim ohne Einwilligung der Kirche wieder eingeführt und den Reinhard gegen die canonischen Rechte für die Halverstädter Kirche geweiht hatte. Ebenso wird Gevehard von Constanz seines Amtes entsetzt, weil er denen zugestimmt, welche den Godescalk der Mindener Kirche als Bischof aufdrängten, und weil er den Heinrich eigenmächtig für die Magadeburger Kirche geweiht hatte. Der Kölner Bischöf Friderich wird mit seinen Suffraganen vom
heiligen Amte suspendiert, weil er dieser heiligen Synode sich entzogen hatte. Allen Kirchen gibt der apostolische Herr ihre Freiheit wieder, sich nach canonischer Vorschrift solche Prälaten zu erwählen, welche sie für würdig ansähen.

Nach Schluß der Synode kehrt der Papst nach Rom zurück und wird ehrenvoll daselbst empfangen. Der König aber zieht auf dem Wege zurück, auf dem er gekommen war, und feiert Pfingsten in der Stadt Straßburg. Den Adalgoz setzt er als Bischof von Magadeburg ein, und dieser wird gegen den Befehl des Papstes zum Bischof geweiht. Der apostolische Herr hatte nämlich zu Troyes mit Androhung des Bannes bekräftigt, daß niemand eine Investitur oder kirchliche Würde aus Laienhand annehme, bis diese Streitfrage zwischen ihm und dem König durch eine Kirchenversammlung entschieden sein würde.

Der König begibt sich hierauf nach Sachsen und rüstet sich zu einem Kriegszuge nach Böhmen, um den Aufstand zweier Verwandten zu unterdrücken, die sich um die herzogliche Würde in Böhmen stritten. Der eine von diesen floh erschrocken, sobald er von der Ankunft des Königs hörte, der andre aber kam nach Merseburg zum König und bot ihm für das Herzogthum Böhmen 5000 Mark. Diesen setzte der König in Goslar, nach Annahme von Geiseln, zum Herzog von Böhmen ein.

Um das Fest der Geburt der heiligen Maria, als der König ganz früh am Morgen in einem Gemach des Goslarer Hofes schlief, kam plötzlich ein Blitzstrahl, zerschmetterte die Wand, die am Kopfende des königlichen Bettes war, schlug mehrere Nägel aus dem Schilde des Königs und versengte das Schwert, welches der König an seine Seite gelegt hatte, an der Spitze, so daß die Scheide unverletzt blieb. Der König aber sprang erschrocken auf und eilte zu den am Schlafzimmer Dienst thuenden Rittern.

Graf Rubert von Flandern nimmt und behauptet Cammerich; um seine Verwegenheit zu strafen sammelt der König  ein Heer, kommt bis nach Duacum, einer stark befestigten Stadt, belagert ihn hier und verwüstet die benachbarte Gegend mit Feuer und Schwert. Endlich unterwirft sich Rubert, seinen Kräften mißtrauend, übergibt Cammerich, wird nach Ablegung des Treueides ein Vasall des Königs und empfängt von diesem die Vogtei über Cammerich als Lehen.
 

Die Jahre 1108 und 1109.
 

Der König feiert Weihnachten zu Aachen, Ostern zu Mainz. Der Bruder des Königs von Ungarn, Namens Almus, kommt zum König, um sich zu beschweren, daß er von seinem Bruder verjagt sei, und um den König für seine Wiedereinsetzung anzuflehen. Dieser sammelt hierauf ein Heer und überzieht Ungarn mit Krieg, um den Almus wiedereinzusetzen.

1109. Der König feiert das Geburtsfest des Herrn zu Mainz. Pfalzgraf Sifrid wird auf die Anklage, daß er dem König feindlich gesinnt sei, von diesem in Haft gebracht. Rothard, Erzbischof von Mainz, stirbt.

Eine Sonnenfinsterniß trat am 31. Mai ein.

Friderich Erzbischof von Köln, Bruno Erzbischof von Trier, der Kanzler, Graf Herimann von Winzenburg und andre bedeutende Fürsten reisen nach Rom, um zwischen dem apostolischen Herrn und dem König die Eintracht herzustellen. Der Papst verspricht, mit väterlicher Gesinnung und aller
Freundlichkeit den König zu empfangen, wenn dieser sich dem heiligen römischen Stuhle als katholischer König, als Sohn und Vertheidiger der Kirche, als Freund der Gerechtigkeit zeige.

Das Jahr 1121.
 

Herzog Lothar und Graf Herimann von Winzeburg ziehen mit einer zahlreichen und
tapfern Schaar vor Münster, um den Bischof Theoderich wieder einzusetzen. Bei dieser Gelegenheit
geht die Paulskirche, ein herrliches Bauwerk, in Folge von Unvorsichtigkeit in Flammen auf und mit ihr beinahe die ganze Stadt. Der Herzog aber führt fast alle Vertheidiger der Stadt, Edle sowohl wie Dienstmannen, gefangen hinweg. Um Michaelis halten der Kaiser und die Fürsten des ganzen Reiches im Bischofsitze Würzburg einen Reichstag und versöhnen sich durch Beistand der göttlichen Barmherzigkeit, indem sie dem Urtheil und Rath des Herrn Papstes die Sache des Königs zur  Entscheidung vorbehalten.