GENEALOGISCHES HANDBUCH ZUR BAIRISCH-ÖSTERREICHISCHEN GESCHICHTE
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Dungern Prof. Dr. Otto: Seite 45
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28. HERMANN I.
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Hier muß ich mich mit dem Buche von Uslar-Gleichen über die Grafen von Winzenburg auseinandersetzen. Nach diesem heiratet nicht Meginhard, sondern unser Hermann I. die Reinhausener Erbschwester Mathilde. Woher dann allerdings der Name "Hermann" in diesen FORMBACHER Geschlechtszweig gekommen ist, bliebe ein Rätsel. Die Formbacher Klostergenealogie kommt Uslar-Gleichen zu Hilfe, weil sie Meginhard als Sohn des Tiemo I. ansetzt, welche Stütze, oben als unrichtig erwiesen, wegfällt. Auszugehen ist bei der ganzen Frage von dem Altbericht über die Gründung des Kanonikatstiftes Reinhausen (Uslar, S. 308-311). Drei Brüder mit Mathilde stifteten dies Kanonikat. Da Mathildens Bruder Udo geistlich war und sich dieser Stiftung äußerst unfreundlich gegenüberstellte, scheidet er als möglicher Mitstifter aus und es bleiben nur die Brüder Konrad, Heinrich I. und Hermann III. übrig, von denen Heinrich I. 1079 schon tot war (Sudendorf registrum I. 20.12).
Mathilde besaß noch zwei Schwestern:
1. Beatrix, welche 1079 (Uslar 25) Witwe war, mit zwei erwachsenen, in der Verbannung lebenden
    Söhnen, einer heiratsfähigen Tochter und einer Tochter, die nach Ansicht ihrer Mutter für geistliche
    Würden bereits ganz geeignet war, weshalb anzunehmen ist, dass das älteste Kind ungefähr 30
    Jahre alt gewesen sein wird, was den Geburtenanfang der Kinder auf etwa 1050 bestimmt;
2. Richenza, die sich von Gerold von Immenhausen entführen ließ und keine Kinder hatte.
    Mathilde dürfte darnach die Älteste gewesen sein, sie machte die beste "Partie". Damit gelangen
    wir auf die Zeit zwischen 1045-1050 für die Geburt ihrer beiden Söhne; beider urkundliches
    Auftreten in den 70-er Jahren des 11. Jahrhundert entspricht dieser Sachlage. Die Stiftung von
    Reinhausen fällt daher in die Zeit, wo die Söhne noch nicht großjährig und ihr Vater schon tot war:
    1066/70. Der Altersunterschied zwischen Mathilde und unserem Hermann I. von Windberg
    schließt eine Heirat zwischen beiden von vornherein aus. Mathilde war die Mutter, nicht die Gattin
    Hermanns. Mathilde starb vor ihrem Bruder Hermann III. von Reinhausen, da alle vier Anteile
    an der Reinhausener Kanonikatsstiftung sich zum Schlusse auf Graf Hermann III. vereinigten
    (Uslar 309), letzterer seine Geschwister überlebte und um 1114 vor seinem Abgang nach Bayern
    das Kanonikat in ein Benediktinerkloster verwandelte; Mathilde war daher 1114 längst tot. Ganz
    nebenbei bemerkt, geht es nicht an, wie Uslar es tut, die in Salzburg verzeichneten Todesdaten von
    Meginhard und seinem Bruder Pilgrim einfach auf die Neffen gleichen Namens, Söhne des
    Schwagers Heinrich I. von Reinhausen zu übertragen (a.a.O. 18, Anm. 4) und dadurch deren
    Todeszeit (August 1097) als unmöglich zu erweisen. Die REINHAUSENER hatten gar keine
    Beziehungen zu Salzburg.
    Auf unseren Hermann I. übergehend, weisen die Bemerkungen bei Nr. 26 das
    Verwandtschaftsverhältnis nach. Es ist zu unterscheiden:
a) sein Auftreten in Bayern
9.IX.1083 (fra.II/8.249/50) comes mit Bruder Udalrich
comes de Winsberg (OÖ.UB.I.627/8.2 und 3)
29.IX.1108 comes de Ratilinperg (Arch. ö. G. 6. 294/8.2)
nach 1109 Vogt von Formbach (OÖ.UB. II. Nr. 105: 1122)
1121/22 Vogt von Göttweih (fra.II/8.53/ 4.208),
b) sein Auftreten in Sachsen:
1109 comes de Winceburch (MG.SS.III.112).
Mitglied einer Gesandtschaft des Kaisers an den Papst, meines Erachtens eine Verwechslung unseres Hermann mit seinem Oheim Hermann III. von Reinhausen, der 1106 (MG.SS. 12.295) als vir venerabilis Herimannus comes bereits einer kaiserlichen Gesandtschaft an den Papst angehörte. In letzterem erblicke ich auch den bis 1114 häufig vorkommenden comes, später marchio de Saxonia Herimannus, welcher am 26.VIII.1114 (Posse cod. d. saxon. 1/2 Nr. 46) zum letzten Male als marchio urkundlich aufscheint und, als der Aufstand der sächsischen Großen gegen Kaiser HEINRICH V. ausbrach, Sachsen und seine Klosterstiftung als kaiserlicher Anhänger im Stiche ließ, um nach Bayern zu seinem Neffen Hermann I. von Windberg zu fliehen (Altbericht Uslar 310) und dort als comes provinvcialis Hermannus de Saxonia 1122 zu sterben (MG. SS.9.628). Warum der Bayer Hermann von Windberg in den vielen bayerischen Urkundenstellen comes de Saxonia heißen sollte, bliebe auch schwer verständlich. Nachdem die Urkunde vom 25.IV.1112 (Posse cod. d. sax. 1/2 Nr. 34) verfälscht ist, treffen wir unsern Hermann von Windberg mit der Bezeichnung comes de Winceburch 1121 (MG.SS.3.114) bei der Hilfeleistung für Bischof Dietrich von Münster und Sommer 1118 (Uslar, 68 ff.) - wenn wir die Eingrabung seines Namens auf die Bronzetüren des Mainzer Doms in Verbindung mit dem damals erteilten Stadtprivilegium wirklich zu den Jahren 1134 oder 1135 stellen dürfen. Hermann I. von Windberg starb vor 7.VII.1123 (Gudens cod. dipl. Mog. I. 25b), wahrscheinlich 1122 (OÖ.UB. I.632).

Gattin:
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Hedwig.

   Uslar-Gleichen (282 ff.) wies nach, dass die Winzenburg im Hildesheimischen Kreise Alfeld
   zwischen Lamspringe und Groß- und Kleinfreden lag und dass das Kloster Lamspringe von den
   Vorfahren der Grafen von Assel = Asleburg (im Ambergau w. des braunschweigischen Burgdorf:
   a.a.O. 199) gegründet worden ist. Den letzten derer von Assel: Heinrich erhob die päpstliche Partei
   1083 zum Bischof von Paderborn (MG.SS. 16. 437) und nach seiner Vertreibung - 1088 - wählte ihn
   1102 der Klerus zum Erzbischof von Magdeburg, als welcher er - sehr angefochten - am 15.IV.1107
   starb (Vaterländ. Archiv f. Niedersachsen 1840, S. 69). Uslar läßt einen unbekannten Verwandten
   oder Bruder des Erzbischofs (S. 247) in den Besitz der Asleburg folgen; dessen Sohn sei ein
   unbekannter Graf von Assel, der Enkel sei der unten erwähnte Gatte der Eufemia von Vohburg
   (Nr. 42, 50) gewesen: Kombinationen, die das natürlichste beiseite schieben und Künsteleien an
   dessen Stelle setzen. Unbefangen betrachtet, ist Hedwig die Erbtochter derer von Assel, welche
   die Winzenburg als Hildesheimische Lehenanwartschaft und die Asleburg in die Ehe mitbrachte:
   wahrscheinlich belehnte Bischof Udo von Hildesheim (+ 9.X.1114) seinen Neffen Hermann I. von
   Windberg mit der Winzenburg. Danach nannten sich auch ihre Söhne Hermann und Heinrich
   "von Winzenburg" und "von Asleburg". Wenn Hedwig nach dem Tode ihres Gatten an Göttweih
   durch die Hand ihres Sohnes Hermann Güter übergab (fra. II/8 Nr. 224), so erweist ein Vergleich
   mit der Gütergabe ihres Sohnes Hermann (fra. II/8 Nr. 346) die Eigenschaft dieser ihrer Güter als
   wahrscheinlicher Morgengabe. In welch nahem Verwandtschaftsverhältnis Hedwig zum Erzbischof
   stand, läßt sich derzeit nicht feststellen. Sie dürfte 1075/80 geboren sein und starb jedenfalls nach
   ihrem Manne.