Lexikon des Mittelalters: Band IX Seite 72
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WIDONEN (LAMBERTINER)
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Herausragendes, seit dem Ausgang des 7. Jh. nachweisbares salfränkisches Adelsgeschlecht, das im Bereich der mittleren Mosel, Saar und Nahe beheimatet war, auch bei Verdun über Besitz verfügte und im Reichsdienst in viele andere teile des Frankenreiches ausgriff. In der Frühzeit sind ihm zuzuzählen der zuerst als dux, dann als Bischof von Trier (ca. 705-722/23) tätige Gründer des Klosters Mettlach, Liutwin, mit seinen erst spät bezeugten Eltern Gerwin und Gunza (ihr Bruder war der 705 verstorbene Bischof Basin von Trier) und seinen Söhnen Graf Wido und Bischof Milo von Trier und Reims (722/23-761/62), letzter besonders bekannt als Opponent des Heiligen Bonifatius. Sie wirkten als Helfer Pippins des Mittleren und Karl Martells. Ob der 739 wegen Hochverrats hingerichtete Laienabt Wido von St. Wandrille, ein propinquus Karl Martells, mit Milos Bruder zu identifizieren ist, bleibt ungewiß. Unsicher ist auch, ob den Brüdern Milo und Wido noch die beiden Grafenbrüder Warnharius, Gründer des Klosters Hornbach (vor 742), und Adalhard- beide stellten sich 771 nach König Karlmanns Tod entschlossen auf die Seite KARLS DES GROSSEN und verhinderten so drohende Auseinandersetzungen - als Geschwister oder Schwäger oder einem von ihnen als Söhne zuzuordnen sind. Nach Warnharius und seinen drei Söhnen Nanther, Herloinund Rothar verlieren sich sichere Nachkommenslinien, die indessen - vermutlich über einen Herard, einen Herloin und/oder einen dux Nanthar (um 864 Gründer des Klosters Münsterdreisen) und einen oder zwei Grafen Werinhar - zu Herzog Konrad den Roten und den SALIERN weiterliefen; Kaiser HEINRICH IV. betonte jedenfalls 1105, dass Hornbach von seinen Vorfahren gegründet wurde. Andererseits steht fest, dass sich die genealogische Linie von Bischof Milo oder seinem Bruder Widoüber einen Grafen Lambertzu den in der Zeit KARLS DES GROSSEN nachweisbaren drei Grafenbrüdern Wido (er bezeichnete 796 Hornbach als von seinem progenitores gegründet), Hrodold und Warnar weiterverfolgen läßt. Während Warnar 814 bei der "Säuberung der Pfalz Aachen" als amicus LUDWIGS DES FROMMEN ums Leben kam, Hrodold zu Beginn des 9. Jh. Graf von Vannes war und diese Grafschaft einem Wido (813-830/31), wohl seinem Sohn hinterließ, der 834 als Graf von Maine gegen LUDWIGS DEN FROMMEN Gegner fiel und einen gleichnamigen Sohn hatte, war Wido Präfekt der bretonischen Mark und durch seinen Sohn Graf Lambert I. von Nantes, einen (ab 830) überzeugten Anhänger Kaiser LOTHARS I. (fautorum Lotharii maximus) und der Reichseinheitspartei, welcher 834 mit LOTHAR nach Italien abzog und dort 837 verstarb, der Stammvater der WIDONEN VON SPOLETO. Denn Lamberts I. von Nantes Sohn Wido erhielt 842 das Herzogtum Spoleto, das dann Widos Nachkommen Herzog Lambert von Spoleto (+ 879) und sein Bruder WIDO II., der spätere König und Kaiser, und dessen Sohn Kaiser LAMBERT, zu einem für Papst und Kaiser beunruhigenden mittelitalienischen Machtzentrum ausbauten. Eine Tochter Widos I. von Spoleto, Rothilde, war mit Markgraf Adalbert I. von Tuszien vermählt, was das jahrelange politische Agieren der WIDONENgegen Papst Johann VIII. begünstigte. Offenbar von einem zweiten nach Italien gekommenen Sohn Lamberts I. von Nantes,Heimo, der als fidelis consiliarius LOTHARS I. bezeugt ist, stammen zwei widonische Seitenlinien in Camerino und in Lecco ab; letztere ist bis zum Ausgang des 10. Jh. nachweisbar. Zwei weitere Söhne des 837 verstorbene Lambert waren die in Nantes zurückgebliebenen Grafen Lambert II. von Nantes und Warnar, die beide 852 im Aufstand gegen König KARL DEN KAHLEN den Tod fanden. Nachkommen des mit einer Tochter Kaiser LOTHARS I. verheirateten Lambert II. lebten - über den Sohn Graf Witbert - im lotharingischen Mittelreich weiter. Ob über Lamberts II. Bruder Warnar oder bereits über den genannten Grafen Wido von Vannes jene Blutsverwandtschaft lief, die zu Ausgang des 9. Jh. dem Erzbischof Fulco von Reims, den HauptprotagonistenKönig Karls des Einfältigen, und seinem Bruder Graf Rampo mit den Kaisern WIDO undLAMBERTverband, ist ungeklärt. Gleiches gilt für eine Verwandtschaft mit den MILONIDEN und ANSKARIDEN im burgundischen Raum um Langres, bei denen WIDO II. von SPOLETO 888 Unterstützung beim Ringen um sein Königtum fand und von denen ihm einige nach Italien folgten, wie ebenso für die Verwandtschaft zu den FULCONEN von Angers/Anjou.
Literatur:
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Th. Wüstenfeld, Über die Hzg.e v. Spoleto aus
dem Hause der Guidonen, Forsch. zur dt. Gesch., 3, 1863, 383-433 - A. Hofmeister,
Mgf.en und Mgft.en im Ital. Kgr., MIÖG-Ergbd. 7, 1906, 348-369, 411-415
- H. Baldes, Die Salier und ihre Untergf.en in den Gauen des Mittelrheins
[Diss. Marburg 1913] - H. Schreibmüller, Die Ahnen Ks. Konrads II.
und Bf. Brunos v. Würzburg, Herbipolis jubilans, 1952, 173-233 - A.
Doll, Das Pirminkl. Hornbach, Archiv für mittelrhein. Kirchengesch.
5, 1953, 108-142 - G. Tellenbach, W. und Salier, Protokoll Nr. 78 der Arbeitssitzungen
des Konstanzer Arbeitskreises (21.V.1960) - M. Mitterauer, Karol. Mgf.en
i So, 1963, 64-72 - W. Metz, Miszellen zur Gesch. der W. und Salier, Hjb
85, 1965, 1-27 - E. Hlawitschka, Waren die Ks. Wido und Lambert Nachkommen
Karls des Großen? QFIAB 49, 1969, 366-386 - G. Schneider, Ebf. Fulco
v. Reims und das Frankenreich, 1973, 1-21 - Th. Raach, Kl. Mettlach/Saar
und sein Grundbesitz, 1974, 23-36 - E. Hlawitschka, Die W. im Dukat v.
Spoleto, QFIAB 63, 1983, 20-92 - Ders., Die polit. Interventionen der W.
im Dukat v. Spoleto, Atti del 9 Congr. internaz. di studi sull'Alto
Medioevo 1, Spoleto 1983, 123-147 - W. Haubrichs, Der Prestarievertrag
des Bf.s Theotelach v. Worms mit dem Gf.en Erenfried vom Jahre 891, Jb.
Westdt. Landesgesch. 16, 1990, 48ff. [betr. Münsterdreisen].
Waren die SALIER mit
den gleichbeheimateten
KAROLINGERN
verwandt, denen sie an Vornehmheit und Macht kaum nachstanden? Gerd Tellenbach
hat richtig bemerkt: "Für die karolingische
Abkunft der WIDONEN (und der LIUTPOLDINGER)
lassen sich immerhin beachtliche Gründe beibringen". Bischof Milos
Bruder Wido (+ 739) soll propinquus = Verwandter Karl
Martells gewesen sein, vielleicht sein Schwager.
Kaiser
WIDOS
und Lamberts Mutter Itana war eine Tochter
Kaiser
LOTHARS I. Merowingische Quellen lassen eine solche Verwandtschaft
zwischen
SALIERN
und KAROLINGERN
noch nicht mit Sicherheit erkennen. Den Markgrafen
Wido von Spoleto bezeichnete I.F. Böhmer als "Verwandten
des karolingischen Hauses" und nahm
ihn daher in die Regesta Karolorum auf. Johannes Haller tat dies nur vermutungsweise.
Doch lassen sich verwandtschaftliche "Querverbindungen"
von den SALIERN zu anderen hohen Adelsgeschlechtern
ziehen.
Adolf Hofmeister hat vermutet, daß der große
Bischof Leudegar (Leodegar) von Autun (659-674), der die Adligkeit seiner
Vorfahren noch zu überbieten und ihre Pflege des Christentums als
"christianissimus" zu übersteigen versuchte, auch zur Familie des
Bischofs
Liutwin gehörte. Beweisen läßt sich diese Vermutung
nicht, da wir über Leudegars Besitz gar nichts wissen. Vielleicht
darf man darauf hinweisen, dass der erste Bestandteil des Namens Leudegar
eins ist mit dem Liutwins - eine Übereinstimmung, die dem Kenner
der damaligen, stark verwandtschaftlich bestimmten Namensgebung nicht belanglos
erscheint. Der Name von Leudegars Bruder Gairin deutet auffallend auf den
SALIER-Namen
Werner, alt Warinhari, gekürzt Warin romanisiert Gwarin, Garin. Nach
Wüstenfeld wäre dieser Name eins mit dem Namen von Leudegars
Bruder Gerwin.
Erzbischof Fulko von Reims betonte Ende des 9.
Jahrhunderts, dass er mit LAMBERT durch
ganz enge Verwandtschaft verbunden sei, und erwähnt einen gewissen
Rampo
als gemeinsamen Verwandten.
863 wird ein Nanthari als Anhänger Kaiser
LOTHARS erwähnt, 868 ein Nanthari als Vogt der Besitzungen
des heiligen Remigius im Wormsgau und 872 abermals ein Nanthari
als Gründer des Klosters Münsterdreisen im Wormsgau. Wenn dieser
Nanthari
865 als "dux" erscheint, darf man diesen die Reichsaristokratie auszeichnenden
häufigen Titel nicht mit "Herzog" übersetzen. Nach Rudolf Kraft
wäre er wahrscheinlich ein SALIER
gewesen; vielleicht muß man abschwächend sagen, ein Seitenverwandter
der SALIER. Vermutlich deuten einige
pfälzische Ortsnamen auf diesen Nanthari (Kurzform Nanno);
Landstuhl, im 8. Jahrhundert Nannenstul; Entersweilerhof bei Kaiserslautern,
Nentriswilre; Nanzweiler am Glan und Nünschweiler bei Pirmasens, 1396
Ninnesweiler.
Sicherlich ist eine Verwandtschaft, vielleicht Verschwägerung,
der SALIER mit den gräflichen
Trägern des Namens Wala(h)o, den WALAHONEN, anzunehmen, wenn auch
Grad und Art dieser Verwandtschaft unklar sind. Baldes hat die drei Gründe,
die dafür sprechen, zusammengefaßt: die
SALIER und die WALAHONEN waren zeitlich gemischt in denselben
Gauen als Grafen tätig; im Jahr 900 war im salischen Eigenkloster
Hornbach ein Walaho Laienabt; endlich sind alle Gaue und Lehen der WALAHONEN
schließlich an die Salier gefallen. Ein Graf Walaho ist von 842 bis
902 bezeugt; in wie viele Generationen er aufzuspalten ist, kann nicht
ermittelt werden. Als seine Gaue werden erwähnt: der Nahegau, Niddagau,
Speyer- und Wormsgau.
Eine Schwester Roberts des Tapferen, des Stammvaters
der KAPETINGER, wird von Glöckner
als Gattin eines Walaho (Walach) angenommen.
Die geschichtlichen Spuren der WALAHONEN zeigen sich
anscheinend in pfälzischen Ortsnamen: Walasheim bei Landau (786/96
Walahesheim), Walsheim bei Zweibrücken (882 Walahesheim) und Waldsesa
bei Landau.