Regino: Seite 190
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"Chronik." in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII

Das Jahr 860.

Egil entsagte freiwillig der Abtei Prumia und Ansbald, ein durch Frömmigkeit und Tugend in aller Weise ausgezeichneter Mann, folgte ihm in deren Leitung nach. Um diese Zeit führte der ältere Ludowich, der Bruder des Kaisers Lothar, auf's rüstigste sehr viele Kriege mit den Stämmen der Slaven; denn eingedrungen in die Reiche der Maraher, bezwang er alles mit den Waffen und nahm ihren Fürsten, Namens Rastitz, gefangen, dem er auch wegen des Bruches der Verträge die Augen ausstechen ließ.

Um dieselbe Zeit entzündete sich unter den Fürsten Karl's ein gewaltiger Brand der Zwietracht und des Haders. Denn es tödtete Lambert, der zwischen Liger und Sequana die Herzogswürde besaß, mil Arglist den Vivianus, einen mächtigen Mann; den nämlichen Lambert wiederum hieb der Graf Gauzbert mit andern gleichfalls hinterlistiger Weise nieder. Eben dieser Gauzbert wurde auf Befehl Karl's enthauptet [18 Diese Ereignisse fallen in die Jahre 851 bis 853.]. Da die Brittonen das Land von Führern entblößt und unberathen sahen, ergreifen sie die Waffen, fallen in das fränkische Gebiet ein, überschreiten den Liger und dringen bis Pictavis vor; mit Mord, Raub und Brand alles verheerend und beladen mit unermeßlicher Beute kehren sie in die Heimat zurück. Um die Frechheit dieser Anmaßung zu zügeln, rückte Karl mit einem großen Heere in Britannien ein. Eine Schlacht wird geliefert, die Sachsen, die um Sold gedungen waren, werden auf der vorderen Front aufgestellt, um den trügerischen Angriffen der schnellen Rosse Stand zu halten, aber bei dem ersten Zusammenstoß weichen sie, erschreckt durch die Geschosse der Brittonen, in die Schlachtreihe zurück. Die Brittonen nach gewohnter Weise bald hie bald da mit ihren auf solchen Kampf eingeübten Pferden heransprengend, greifen jetzt die gedrängten Reihen der Franken an und schleudern mit voller Kraft ihre Speere in deren Mitte, jetzt heften sie auf scheinbarer Flucht Geschosse nicht minder in die Brust der Verfolger. Die Franken, die aus der Nähe mit gezücktem Schwerte zu fechten pflegten, standen wie betäubt, durch die Neuheit des bisher unerprobten Kampfes erschreckt, weder zur Verfolgung geschickt, noch sicher, wenn sie sich zusammenschaarten. Die hereinbrechende Nacht trennte die Kämpfenden. Viele von den Franken waren getödtet, die Mehrzahl verwundet, unzählige Pferde gingen zu Grunde. Am folgenden Tage ward die Schlacht von neuem begonnen, aber unter noch größerem Mißgeschick geendigt. Als Karl dies gewahrte, entfloh er vor übergroßer Angst heimlich bei Nacht ohne Wissen des Heeres, indem er Zelt und Lager und alles Prunkgeräth im Stiche ließ. Bei Tagesanbruch, da das Heer die Flucht des Königs erfuhr, ward es von übermäßiger Furcht erfüllt und dachte an nichts anderes mehr, als an die Flucht; die Brittonen fallen mit Geschrei darüber her und dringen in das Lager der Franken, das mit Kostbarkeiten aller Art angefüllt war, und erobern alle Kriegsvorräthe; sie setzen den fliehenden Schaaren der Franken nach, und hauen die, welche ihnen in den Wurf kommen, entweder mit dem Schwerte nieder oder nehmen sie lebend gefangen; die übrigen rettete die Flucht. Also mit den Schätzen der Franken bereichert und mit ihren Waffen ausgerüstet, ziehen sich die Brittonen in ihr Gebiet zurück. Im J. d. g. M.