Eberl Immo: Seite 86
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"Die frühe Geschichte des Hauses Schwarzburg und die Ausbildung seiner Territorialherrschaft."

Im westlichen Chor des Naumburger Doms befinden sich die neun bekannten Standbilder, unter ihnen auch das eines Grafen Sizzo [44 Vgl. zum Beispiel Werneburg (wie Anmerkung 1) Seite 14ff.]. Über die Bedeutung der Standbilder hat die Forschung in den letzten Jahrzehnten immer wieder gearbeitet. Zwar dürfte eindeutig sein, daß es sich bei den dargestellten Personen um Stifter und Wohltäter des Naumburger Doms gehandelt hat, aber weitere Einzelheiten insbesondere über den abgebildeten Sizzo konnten nicht festgestellt werden. Da die Standbilder erst im 13. Jahrhundert entstanden, muß auch offengelassen werden, ob es sich um einen im 12. Jahrhundert urkundlich nachweisbaren Sizzo gehandelt hat oder um einen im frühen 11. Jahrhundert lebenden Adeligen, der bei der Verlegung des Bistums Zeitz nach Naumburg mitgewirkt hat. Da nach dem 1005 nachweislich bereits verstorbenen Bruder Sizzo des Eremiten Gunther bis nach der Jahrhundertmitte kein Sizzo in den Quellen erwähnt wird, erscheint es glaubhafter, den im Naumburger Dom abgebildeten Wohltäter Sizzo entweder mit dem um 1075 lebenden Sizzo oder sogar erst mit dem im 12. Jahrhundert erwähnten Graf Sizzo zu identifizieren. Auch die Umschrift "Zyzzo Comes Do" auf dem Schild, die als "Sizzo comes Doringiae" entziffert wurde [45 Werneburg (wie Anm. 1) Seite 24.], gibt keinen endgültigen Aufschluß, läßt aber für seine Person eher auf das 12. Jahrhundert schließen. Obwohl sich also der im Naumburger Dom dargestellte comes Sizzo nicht eindeutig identifizieren läßt, spricht sein Name für die Zugehörigkeit zum Hause SCHWARZBURG und seine Figur auch für die hohe Stellung seines Hauses im Thüringen des 11./12. Jahrhunderts, da er neben den Kreis der wichtigsten Persönlichkeiten in dieser Zeit gestellt wird.
Die Neffen des Eremiten Gunther sind unbekannt geblieben. Sie haben aber sicherlich Söhne und Nachkommen gehabt, denn der in einer Urkunde des Abtes Ruthard von Hersfeld, die zwischen 1059 und 1072 ausgestellt wurde [46 Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 187 Nr. 896; Urkundenbuch Hersfeld (wie Anm. 7) Seite 193f. Nr. 109.], genannte Zeuge Graf Sizzo dürfte seinem Namen nach wohl ein Enkel oder Urenkel des 1005 bereits verstorbenen Bruders des Eremiten Gunther gewesen sein [47
Apfelstedt (wie Anm. 1) Seite 2, setzt ihn fälschlicherweise als Neffen des Eremiten Gunther an. Für diese Identifizierung ist aber der Zeitabstand gegenüber 1005 zu groß.]. Es spricht alles dafür, daß dieser Graf Sizzo mit dem 1075 erwähnten gleichnamigen Grafen identisch ist. Dieser unterwarf sich in Spier Ende Oktober 1075 zusammen mit dem Erzbischof von Magdeburg, dem Bischof von Halberstadt und anderen sächsischen und thüringischen Großen König HEINRICH IV. nach dem sächsischen Aufstand [48 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annalen, hrsg. von Oswald Holder-Egger, MGH SS in us. schol., Hannover 1894, Seite 238; Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 195 Nr. 919b; ferner Geschichte Thüringens (wie Anm 1) Seite 15.]. Er wird dabei ohne nähere Bezeichnung als Graf Sizzo genannt. Derselbe ist anscheinend bald nach 1075 verstorben, da er später nicht mehr genannt wird.
Dagegen findet sich bei Annalista Saxo zum Jahre 1062 der Hinweis [49 MGH SS VI, hrsg. von Georg Waitz, Hannover 1844, Seite 693.]: Cunigunde nupsit regi Ruzorum genuitque filiam, quam nobilis quidam de Thuringia Guntherus nomine accepit genuitque ex illa Sizzonem Comitem. Nach der Ansicht der neueren Forschung hat es sich dabei um die mit Jaropolk, dem Sohn des Großfürsten Izjaslav I. von Kiew, vermählte Gräfin von Orlamünde gehandelt, deren gemeinsame Tochter später den Grafen Günther heiratete und diesem den Grafen Sizzo gebar [50 Vgl. dazu Forssmann, J.: Die Beziehungen altrussicher Fürstengeschlechter zu Westeuropa, Bern 1970, Seite 134 und Tafel IV; ferner de Baumgarten, N.: Genealogies et mariages occidentaux des Rurikides russes du Xe au XIIIe siecles, in: Orientalia Christiana Band 9, Rom 1927, Seite 10f. Aus den abweichenden Angaben ergibt sich, daß die Nachricht des Annalista Saxo noch eine Detailuntersuchung erforderlich macht, die den Rahmen des vorliegenden Beitrages sprengen würde.]. Wenn sich auch Probleme bei der Identifizierung des Rex Ruzorum ergeben mögen, ist an der Eheschließung der in erster Ehe mit einem RURIKIDEN vermählten Cunigunde in zweiter Ehe mit den thüringischen Grafen Günther nicht zu zweifeln, dem sie einen Sohn Sizzo gebar [Korrektur: Natürlich war Kunigundes Tochter Mechthild mit dem Grafen Günther verheiratet.].