Im westlichen Chor des Naumburger Doms befinden sich die
neun bekannten Standbilder, unter ihnen auch das eines Grafen Sizzo
[44
Vgl. zum Beispiel Werneburg (wie Anmerkung 1) Seite 14ff.]. Über
die Bedeutung der Standbilder hat die Forschung in den letzten Jahrzehnten
immer wieder gearbeitet. Zwar dürfte eindeutig sein, daß es
sich bei den dargestellten Personen um Stifter und Wohltäter des Naumburger
Doms gehandelt hat, aber weitere Einzelheiten insbesondere über den
abgebildeten Sizzo konnten nicht festgestellt werden. Da die Standbilder
erst im 13. Jahrhundert entstanden, muß auch offengelassen werden,
ob es sich um einen im 12. Jahrhundert urkundlich nachweisbaren Sizzo
gehandelt hat oder um einen im frühen 11. Jahrhundert lebenden Adeligen,
der bei der Verlegung des Bistums Zeitz nach Naumburg mitgewirkt hat. Da
nach dem 1005 nachweislich bereits verstorbenen Bruder Sizzo
des Eremiten
Gunther bis nach der Jahrhundertmitte kein Sizzo in den
Quellen erwähnt wird, erscheint es glaubhafter, den im Naumburger
Dom abgebildeten Wohltäter Sizzo entweder mit dem um 1075 lebenden
Sizzo oder sogar erst mit dem im 12. Jahrhundert erwähnten
Graf
Sizzo zu identifizieren. Auch die Umschrift "Zyzzo Comes
Do" auf dem Schild, die als "Sizzo comes Doringiae"
entziffert wurde [45 Werneburg (wie Anm. 1) Seite 24.], gibt keinen
endgültigen Aufschluß, läßt aber für seine Person
eher auf das 12. Jahrhundert schließen. Obwohl sich also der im Naumburger
Dom dargestellte comes Sizzo nicht eindeutig identifizieren läßt,
spricht sein Name für die Zugehörigkeit zum Hause
SCHWARZBURG und seine Figur auch für die hohe Stellung seines
Hauses im Thüringen des 11./12. Jahrhunderts, da er neben den Kreis
der wichtigsten Persönlichkeiten in dieser Zeit gestellt wird.
Die Neffen des Eremiten Gunther sind unbekannt
geblieben. Sie haben aber sicherlich Söhne und Nachkommen gehabt,
denn der in einer Urkunde des Abtes Ruthard von Hersfeld, die zwischen
1059 und 1072 ausgestellt wurde [46 Dobenecker (wie Anm. 2) Seite
187 Nr. 896; Urkundenbuch Hersfeld (wie Anm. 7) Seite 193f. Nr. 109.],
genannte Zeuge Graf Sizzo dürfte seinem Namen nach wohl ein
Enkel oder Urenkel des 1005 bereits verstorbenen Bruders des Eremiten
Gunther gewesen sein [47
Apfelstedt (wie Anm. 1) Seite 2, setzt ihn fälschlicherweise
als Neffen des Eremiten Gunther an. Für diese Identifizierung
ist aber der Zeitabstand gegenüber 1005 zu groß.]. Es spricht
alles dafür, daß dieser Graf Sizzo mit dem 1075 erwähnten
gleichnamigen Grafen identisch ist. Dieser unterwarf sich in Spier Ende
Oktober 1075 zusammen mit dem Erzbischof von Magdeburg, dem Bischof von
Halberstadt und anderen sächsischen und thüringischen Großen
König
HEINRICH IV. nach dem sächsischen Aufstand [48 Vgl.
Lampert von Hersfeld, Annalen, hrsg. von Oswald Holder-Egger, MGH SS in
us. schol., Hannover 1894, Seite 238; Dobenecker (wie Anm. 2) Seite 195
Nr. 919b; ferner Geschichte Thüringens (wie Anm 1) Seite 15.]. Er
wird dabei ohne nähere Bezeichnung als Graf Sizzo genannt.
Derselbe ist anscheinend bald nach 1075 verstorben, da er später
nicht mehr genannt wird.
Dagegen findet sich bei Annalista Saxo zum Jahre 1062
der Hinweis [49 MGH SS VI, hrsg. von Georg Waitz, Hannover 1844,
Seite 693.]: Cunigunde nupsit regi
Ruzorum genuitque filiam, quam nobilis quidam de Thuringia Guntherus
nomine accepit genuitque ex illa Sizzonem Comitem. Nach der
Ansicht der neueren Forschung hat es sich dabei um die mit Jaropolk,
dem Sohn des Großfürsten Izjaslav I.
von Kiew, vermählte Gräfin von Orlamünde gehandelt,
deren gemeinsame Tochter später den Grafen
Günther heiratete und diesem den Grafen Sizzo gebar
[50 Vgl. dazu Forssmann, J.: Die Beziehungen altrussicher Fürstengeschlechter
zu Westeuropa, Bern 1970, Seite 134 und Tafel IV; ferner de Baumgarten,
N.: Genealogies et mariages occidentaux des Rurikides russes du Xe au XIIIe
siecles, in: Orientalia Christiana Band 9, Rom 1927, Seite 10f. Aus den
abweichenden Angaben ergibt sich, daß die Nachricht des Annalista
Saxo noch eine Detailuntersuchung erforderlich macht, die den Rahmen des
vorliegenden Beitrages sprengen würde.]. Wenn sich auch Probleme bei
der Identifizierung des Rex Ruzorum ergeben mögen, ist an der Eheschließung
der in erster Ehe mit einem RURIKIDEN
vermählten Cunigunde
in zweiter Ehe mit den thüringischen Grafen Günther nicht
zu zweifeln, dem sie einen Sohn Sizzo gebar [Korrektur: Natürlich
war Kunigundes Tochter Mechthild
mit dem Grafen Günther verheiratet.].