"Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich
II."
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Exkurs II. 1862-1875
Das Haus Scheiern in der Epoche Heinrichs II. - Die Sage
von Babo von Abensberg
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Die Abstammung des Hauses
SCHEIERN-WITTELSBACH von Herzog Arnulf ist unseres Dafürhaltens
unleugbar.
Abgesehen nämlich davon, dass nach den von dem Mönche
Conrad in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts nicht ohne Sinn aufgefassten
Überlieferungen des Hauses SCHEIERN.
Herzog Arnulf mit dem Burgbau zu Scheiern begonnen hat , kann es keinem
Zweifel unterliegen, dass jener Perehtoldus filius Arnolfi de castello
Risinesburc (Reisenburg bei Günzburg an der Donau) vocitato, der nach
Gerhard, Vita S, Udalrici cap. 12, SS IV, 402, am Morgen des 10. August
955 den Ungarn verräterischer Weise von dem Heranzug OTTOS
I. Kunde bringt, derselbe ist mit dem ungenannten Grafen
von Scheiern (ex Bavaria quidam ScirensisS comes), der nach Otto
von Freising VI, 20, und dem Grafen Werher, der nach Conrad von Scheiern
cap. 17 diese Feinde des deutschen Namens auf das Schlachtfeld am Lech
führt. - Unter jenem Bertold kann nach dem, wie Gerhard, cap. 10,
den Pfalzgrafen Arnulf einführt, wie er ebendaselbst von dessen Bruder
Hermann spricht, nur dieses Arnulfs Sohn, also des Herzogs Enkel gemeint
sein; von seinem Grafen aber Otto von Freising ausdrücklich, dass
der sicher wittelsbachische Pfalzgraf Otto von Bayern (+ 1155) zu desselben
Mannesstamm gehöre (ex hujus Origine - perfidi et iniqui patris haud
dissimilis heres), und Conrad nennt den Wernher nur, um zu zeigen, wie
von ihm die Scheiern ausgehen.
Die Differenzen zwischen unseren 3 Zeugen sind von geringem
Belang: in der des Namens hat natürlich der Zeitgenosse Gerhard Recht:
der Verräter hieß Bertold, und ist gewiss mit dem Peretoldus
filius Arnolfi identisch, von dem OTTO II.
in der Urkunde vom 21. Juli 976, Böhm. 509, sagt, dass er einst, adhuc
in gratia imperatoris manens, dem Kloster Metten eine Schenkung gemacht
habe. Dass ihn Conrad Wernher nennt, wird wohl auf dem Missverständnis
einer Abbreviatur, in der er den Namen verzeichnet gefunden, beruhen .
Ganz gut erklärt sich, dass Otto, in seinem Hass wider die WITTELSBACHER
ohnehin bemüht, den Verrat ihres Ahnherrn so schlimm wie möglich
darzustellen , diesem von der Hand der um den Sieg getäuschten Ungarn
sterben lässt, während Conrad, der zur Entschuldigung seines
Wernher das: quia hunc idem imperator rebus et patria proscripserat, einflicht,
auch von ihm weiß, dass er unter dem Schutz des Bischofs Udalrich
von Augsburg, der ihn einst aus der Taufe gehoben, mit dem Leben davon
gekommen sein soll. Keiner von beiden hat wohl hier den Anspruch, uns wirkliche
Geschichte zu überliefern. Dagegen rechtfertigt sich durch die Sache
selbst die Nachricht des Otto, dass ein Teil seines Gutes vom Könige
eingezogen, ein Teil aber auch, und darunter die Burg Scheiern seinen
Erben belassen worden sei.
So sind es also Männer derselben Geschlechtsfolge,
die mit mehreren
Stufen des Rückgangs im 10. Jahrhundert die 1. Stelle
im Lande verloren und sie durch eine Reihe von Kämpfen und Wechseln
im 12ten wieder erwarben. Es ist gewiss kein Zufall, vielmehr ein Zeugnis
von dem Geist der Kontinuität, der das Mittelalter beherrscht, und
von der Zähigkeit und Langlebigkeit, welche das deutsche territoriale
Fürstentum gleich in den ersten Stadien seines Lebens zeigt, dass
die Pfalzgrafenwürde das letzte und wiederum das erste Reichsamt von
größerer Wirksamkeit war, das die Familie bekleidete. Um so
eher wird das Ermittlung verdienen, was hier zwischen Fall und Wiedererhebung,
zwischen jener Urkunde von 976, in der noch ein Scheiern des ersten Alters
genannt wird, und dem Briefe liegt, mit dem HEINRICH
V. im September 1122 seinen Frieden mit Papst Calixtus ins Reich
verkündigt, einen der weltberühmten Konkordatsaktenstücke,
und der unter den Fürsten, die den Kaiser beraten und den Schluss
unterzeichnet haben, auch den "Otto palatinus comes" nennt, LL. II.,76.
Der Mönch Conrad sagt cap. 17 von seinem Wernher:
Hujus nepos comes Otto, filius dominae
Hazigae fundatricis (des nachmals nach Scheiern verlegten Kloster
Vischpachau), und cap. 3: Haec igitur (Haziga)
nobili et antiquo genere principum de castro Schyren orta, nobilior
actibus, ut post claruit, comiti Hermanno de Chastel nupta fuit. Quo mortuo,
cuidam comiti Ottoni
de Schyren tradita, per eum tres filios, Ottonem scilicet, Bernhardum
et Ekkehardum,
habuit.
Die hier genannte
Haziga ist zwischen dem 21. November 1102 und dem 7. November 1104
gestorben (in der Urkunde Papst Paschalis II. von den 1. Datum, Jaffe 4425,
erscheint sie sichtlich noch als lebend; in der 2., eben daselbst 4469,
als: bonae memoriae, vgl. Scholliner, Voreltern Otto des Großen,
Neue Abhandlungen der kurbairischen Akademie III, 171, Aventin. Annal.
Schyrenses p. 209, hat den 1. August 1101, was Huschberg a. a. O. p. 220
ohne Prüfung wiederholt), wohl hoch betagt: ihre Söhne waren
im Jahr 1123, bei Übersiedlung des von ihr gestifteten Klosters nach
Scheyern, schon verstorben, Scholliner a.a.O. p. 172, ihre Enkel von 2
männlichen und einer weiblichen Linie im Jahre 1124 großjährig,
Urkunde vom 25. April, Böhm. 2284. Zu ihren Söhnen hatte Ekkehard
gehört, dessen Gemahlin die 4. Tochter (wahrscheinlich Richardis
geheißen, Huschberg p. 225 N. 8) aus der zwischen März und Juni
1071 geschlossenen Ehe zwischen dem BILLUNGER Herzog Magnus und Sophia
von Ungarn, der Witwe Udalrichs von Orlamünde, war (Annalista Saxo
zu 1062, 1070, 1106; vgl. Wedekind, Noten I, 187, 191; Raumer Tabell. VI
und XIII). Sie ward, von ihm aus Stift Niedermünster zu Regensburg
entführt (Anon. Weingart., bei Schollinger a.a.O. pp. 173), gewiss
in jungen Jahren, doch wohl nicht vor etwa 1088-1090 seine Frau. Sie gebar
ihm Otto, mit dessen Erwerb der Pfalzgrafenwürde die aufsteigende
Linie des Hauses wiederbeginnt: und es passt zu Ottos präsumtiver
Geburtszeit, dass wir ihn eben sicher zum 1. Mal bei dem Römerzug
HEINRICHS
V. von 1111 auftreten sehen (vgl. das Calend. Inderstorf. bei
Huschberg p. 267 N. 14). Dass er also der Otto Ekkehard
filius, der in Freisingischen Urkunden noch unter Bischof Meginward, also
vor
1098, als 1. Zeuge vorkommt (Meichelbeck I, 2, Nr. 1259, p. 526, 528),
bleibt doch zweifelhaft; auch die Untersuchung über das Jahr, in dem
er Pfalzgraf geworden (vgl. Buchner IV, 287), empfängt von hier aus
ihren Anhalt. Es ist ferner danach unstatthaft, seinen Vater unter die
Genossen der vier Bischöfe bei ihrer bekannten Jerusalemfahrt von
1065 zu setzen, wie dies von Hochwart, Catal. epp. Ratisbon, bei Oefele
I, 182, geschieht; vielmehr kann man Hazigas
Ehe
mit Otto von Scheiern,
nach diesen Altersverhältnissen ihrer Kinder und Enkel, kaum jenseits
des Jahres 1050 zurückrücken. Die mehrfachen Angaben der Neuern
über das Todesjahr Ottos
(bei
Scholliner 1069, bei Huschberg um 1073) beruhen auf Nichts. Weitere Schritte
könnte diese Forschung machen, wenn man die im Reichsarchiv zu München
befindlichen, von Huschberg benutzten Freisinger Saalbücher, einsähe
und hier Ermittlungen über das Jahr, den Bischof usw. machte, darunter
Notizen wie: Hazacha
vidua
domni Ottonis - pro anima defuncti conjugis (p. 218 N. 13 oder p. 224 N.
3) fallen.
Den Namen WITTELSBACH führt, wie bekannt,
der Pfalzgraf Otto in die Geschichte ein (siehe Urkunde Heinrichs V., wohl
vom 1. November 1115, Mon. Boica XXIV, 9; XXIX, 235, sodann LL. II, 91);
der Name Scheiern beginnt urkundlich mit Haziga
und ihren Söhnen (Hazacha
de Sciran, Meichelb. I, 2. Nr. 1252. Ekkehardus
de Schyren Nr. 1253; aus einem ungedruckten Freisinger Saalbuch,
Huschberg p. 225 N. 5); Bernward,
der zweite Sohn der Haziga,
als de Scira. Mon. Boica VI, 12; endlich Otto der Dritte Nr. 1255 von 1096,
Nr. 1262. Ältere Beispiele könnten sich nur in jenen Freisinger
Quellen finden.
Es kommt also darauf an, die Lücke zwischen dem
Gemahl der Haziga
und jenem Sohn des Pfalzgrafen Arnulf auszufüllen. Kurfürst Ludwig
V. von der Pfalz glaubte in seiner interessanten "Reimweis verfassten Genealogie
des baierischen und pfälzischen Hauses" (Fischer, Collct. script.
ac monument. I, 37), mit der er eben "das fürstlich Herkommen und
Geburt" seiner Familie "von dem herrlichen und tapferen Helden Luitolf
(Liutpold)" beweisen wollte, hierfür mit einem Zwischengliede auskommen
zu können: er nennt als Sohn jenes Bertold Babo von Abensberg und
Otto
I. von Scheiern, und den Sohn des letzteren eben "Otto
II., Pfalzgraf zu Baiern und Kölheimb, Graf zu Scheiern" lässt
er mit Haziga
verheiratet sein (a.a.O. p. 79). Hierin folgt ihm von den Neuern namentlich
Scholliner , gerät aber bei seinem Suchen nach Zeugnissen für
Otto I. an den gleichnamigen Grafen von Diessen (vgl. Büchner III,
Docum, p. 30). Aventin berechnete sich mit vielleicht größerem
Recht, dass man noch eine Stufe mehr brauche; er gibt deshalb (Annal. Bojor.
VII, cap. 1; Annal. Schirenses p. 204) dem Bertold einen Sohn Babo, und
lässt Babo den Abensberger und Otto
I. erst dessen Söhne sein. Hierin folgen ihm Nagel, Orig.
domus Boic., und wiederum Huschberg, nur dass sie den 1. Babo des Aventin
Bertold benennen, und so, den Herzog mitgerechnet, 3 Bertolde haben. Beweise
sind weder für einen ersten Babo-Bertold, noch für seine Söhne
vorhanden. Für jenen gebrauchte Huschberg die Urkunde von 976, die
wir notwendig dem 2. Bertold vondiciren mussten, die Stelle bei Thietm.
III, 7, die entschieden auf Bertold vom Nordgau, den BABENBERGER geht,
und die Notiz in Lamberti Annales, SS III, 65, von einem in der Sarazenenschlacht
von 982 gefallenen miles Bertoldus!
Scheiern liegt nicht weit von der Südgrenze des
Chelsgaues: der ursprüngliche und stetige Besitz des Hauses in Kelheim
und von da aufwärts lässt es glaublich erscheinen, dass ihm auch
in den Zeiten seines Verfalls das Grafenamt dort geblieben sei: ein Otto
wird als Graf im Chelsgau in Urkunden von 1014 und 1040, Böhmer 1129,
1457, genannt. Huschberg sieht in dem einen den ersten, in dem anderen
den zweiten
Otto von
Scheiern; Buchner III, Docum. p. 29, in beiden den Gemahl der Haziga;
seiner Theorie, die sich ganz an Conrad von Scheiern anschließt,
zu Liebe, möchte er dann gern den Berengar, der in Urkunden HEINRICHS
II. von 1007 als Graf im Chelsgau und zugleich im Nordgau begegnet,
Böhm. 1009-1012, zu einem Werner, zum Vater dieses Otto und zum Sohn
des Bertold machen!!
Schon der Gemahl der Haziga
war im Besitz der Schirmvogtei des Hochstiftes Freising, siehe Huschberg
p. 218 N. 13, und viele seines Geschlechts sind ihm darin gefolgt; Aventin,
der doch schon ohne Anschauung von den älteren Rechtsverhältnissen
war, nimmt an, Annal. Schirens. p. 202, dass OTTO
DER GROSSE, als er den Arnulf und Hermann "capite deminuit et
in ordinem comitum palatinorum redegit"! er ihnen und ihren Nachkommen
auch befohlen habe: esse Voethos, i.e. advocatos et patronos episcopii
Frisiorum. Hierauf gestützt, glaubt Huschberg p. 198, in Pabo und
Udalschalk, die als Vater und Sohn die Zeit von 957-1030 jene Schirmvogtei
inne haben, und von denen man den letzteren auch als Gaugrafen in den Stammgebieten
der Scheiern zwischen Amber, Ilm und Paar, kaum aber auch in einem Teil
des Nordgaues, wie er nach der Urkunde Böhm. 946 will, finden mag.
Sohn und Enkel des Pfalzgrafen Arnulf und in beiden somit einen besonderen,
mit Udalschalk erloschenen Zweig des Hauses vertreten sehen zu dürfen.
Sein weiterer Beweis dafür, p. 203, dass nämlich ein Oudalschalcus
de Elisendorf, mit dem allerdings seinem Sitze nach (Elsendorf an der Abens,
zwischen Siegenburg und Kägenhofen) wieder dieser Sohn des Babo gemeint
sein kann, als "cognatus" des Bischofs Bruno von Augsburg, des Bruders
HEINRICHS
II., bezeichnet wird, und man dies Familienband nur auf Judith,
die Tochter Herzog Arnulfs und die Gemahlin Herzog Heinrichs I., zurückführen
kann, hat begreiflich noch weniger überzeugende Kraft. - Die anderen
angeblichen Nebenlinien der Scheiern, die Bogen, Dachau,
Vohburg, Rott und andere hier zu entwirren, fehlt jede Veranlassung,
obwohl die Existenz solcher Abzweigungen schon nach dem Wort des Conrad
über die Herkunft der Haziga einleuchtet. Dass sich die Existenz einer
Tochter Bertolds II. des Namens Mathilde und eine etwaige Ehe derselben
mit Burggraf Babo von Regensburg nicht nachweisen lasse, hat schon Giesebrecht,
Jahrb. II, 1, 130, gegen Huschberg p. 180 dargetan. - Auch hieraus also
ergeben sich keine irgend greifliche Einwirkungen des scheiernschen Hauses
auf die bairischen Dinge der Jahre von 985-1024.
Endlich ist noch einer Persönlichkeit zu gedenken,
die mit sehr zweifelhaftem Recht in das Haus
SCHEIERN und ganz zu Ungrund in die Zeit unseres Kaisers eingeführt
worden ist - eben jenes sogenannten Babo von Abensberg. Die in den Jahren
1170-1177 verfasste Vita des Erzbischofs Conrad von Salzburg (1106-1147)
hebt also an, SS. XI, 63: Chuonradus itaque ex illustri principum Bawariae
provinciae stemmate originem duxit, utpote frater virorum clarissimorum,
id est comitum Ottonis et Wolframmi. Quorum alter sine liberis mortuus
est, alter comitem Rapotonem de Abinperch, advocatum Babenbergensis episcopatus,
ex sorore marchionis Dietpaldi heredem reliquit. Heinricus quoque de Lechesgemunde,
pater illus Heinrici, qui adhuc superest, ex matertera ejus nepos exitit.
Prefectus Ratisponensis Otto senior avunculi ejus filius fuit. Preter hanc
nobilissimam genealogiam aliam humiliorem quidem, veruntamen claram et
splendidam cognationis seriem habuit, quae numerositate sua non solum Bawariam
et Carinthiam, verum etiam orientalem et Reni Franciam occupavit. Quae
unde surrexerit, lectoris curiositati satisfaciendo non ab re videtur,
sicut ab ipso frequenter audivi, exponere. Avum habuit Babonem nomine,
de cujus lumbis exierunt triginta filii et octo filiae, omnes ex libris
matribus progeniti. Und nun erzählt er, wie Babo, einst mit der Weisung,
nur ein kleines Gefolge mitzubringen, von Kaiser
HEINRICH zur Jagd geladen, die Gunst des Tages genutzt habe,
seine 30 erwachsenen Söhne, jeden nur von einem Reisigen und einem
Diener begleitet, zu des Kaisers Diensten vorzustellen: der sei bei dem
Anblick der Söhne zuerst über die Verletzung seines Gebotes betroffen
gewesen, aber nur, um, belehrt, was es damit bedeute, zu hoher Freude überzugehen:
er habe die Jünglinge an seinem Hofe behalten, bis er jeden mit Lehn
und Ansitz ausstatten können.
Es begegnet uns also hier auf germanischem Boden zum
ersten Mal die Geschichte, die hernach, wie es den Sagen zu geschehen pflegt,
mit den Jahrhunderten noch so manche Stätte aufgesucht hat, unter
andern auch an die Waldstein gekommen ist und so von dem Deckengemälde
des Bankettsaales in Schloß Dux noch heute zu uns spricht.
Unfehlbar das sicherste Element der hier entwickelten
Genealogie ist Rapoto von Abensberg, der uns aus mehrfachen Beziehungen,
als Mitstifter des Klosters Heilsbronn, in der Advokatie über Berg,
als Gemahl der Mathilde aus dem Hause WETTIN in den Jahren 1136-1172, in
seiner bedeutendsten Stellung in einer Urkunde Kaiser
FRIEDRICHS I.
von 1160 als advocatus burgi Babenberc, und als
Babenbergensis ecclesie beneficio comes in Rangowe begegnet,(Ussermann,
Episcop. Babenb. probat. Nr. 122, Böhm. 2435, vgl. Urkunde Bischof
Eberhards von 1152, Nr. 117), und der nach dieser Zeit seines Auftretens
ein Brudersohn des Erzbischofs gewesen sein kann. Sodann finden wir unter
den Unterschriften der Stiftungsurkunde von Kloster Berg von 1071: Wolfram
comes er frater ejus de Abenberc. Freilich könnten diese nicht Brüder
des im Jahre 1147 verstorbenen Erzbischofs gewesen sein. Aber die Urkunde
wird namentlich durch ihre Bezeichnung HEINRICHS
IV. als Romanorum imperator bedenklich, und der Fälscher
könnte gerade Namen, deren Authentie ihm bekannt war, gewählt
und nur damit, wie beides oft genug vorkommt, für seine Entlarvung
Sorge getragen haben, dass er sich dabei um ein Menschenalter vergriff,
oder man hält die Urkunde aufrecht, so bleibt das gewöhnliche,
auch hier neuerdings von Haas ergriffene Auskunftsmittel, einen 2. Wolfram
anzunehmen, dessen Sohn dann Rapoto: oder man käme auch dazu, bei
dem Biographen den Irrtum anzunehmen, dass er die Vatersbrüder des
Erzbischofs für dessen Brüder gehalten habe. Aber für welche
dieser Möglichkeiten man sich auch entscheide, man kann doch nicht
umhin, auch des Erzbischofs Vater für einen Abensberger zu halten.
Sollte man nun, wie Lang ausgeführt hat, auch Babo
für einen Abensberger halten und annehmen, dass Aventin, als er, mit
sichtlicher Benutzung der Vita, die Geschichte herübernahm, nur durch
die Namensähnlichkeit und die bessere Bekanntschaft mit dem bairischen
Abensberg verleitet, den Helden der Fabel dahin verpflanzt und ihn auf
die oben angegebene Weise unter die Scheiern eingereiht hat? Meine Verehrung
für ihn reicht nicht so weit, dass ich ihm das nicht zutrauen sollte:
gleich hier an unserer Stelle erlaubt er sich Mancherlei, das ihm nicht
zur Empfehlung gereicht. Aus dem "ex liberis matribus", das wir in der
Vita gelesen, macht er: "bei zwey eheligen Weibern"; er wählt Regensburg
als Bühne für die Fabel; den imperator
HEINRICUS seiner Quelle deutet er auf HEINRICH
II.; er identifiziert den Babo und den gleichnamigen Burggrafen
von Regensburg und macht ihn zu "St. Kunigund der Kaiserin Hofesmeister".
Wie müsste man diese Annahmen erzwingen! Lassen wir den Erzbischof
Conrad 70 Jahre alt sterben, so müsste sein Vater, auch wenn er nur
im Todesjahr HEINRICHS II. den Beginn
des waffenfähigen Alters erreicht haben sollte, dem 70. Jahre nahe
gewesen sein, als er ihn zeugte! Suchen wir hinter der Fabel, die der Biograph
doch immer aus dem Munde des Erzbischofs erzählt, irgend einen geschichtlichen
Vorgang, so kann dieser nur in HEINRICHS III.
Tage gehören, nur den letzteren kann die Vita im Sinn haben. So wird
uns Aventins Autorität hier sehr brüchig, und nur das kann ihm
hier, so weit er von Babo dem Abensberger berichten will, Etwas aufhelfen,
dass er hier in Dingen seiner Vaterstadt doch zugleich auf lokalen Traditionen
fußt; nicht umsonst kann es sein, dass er seine Erzählung also
schließt: "In meiner Heimat Abensperg helt man noch alle Jahr einen
Jahrtag und Beingnus diesem Grafen Babo und opfert männiglich, es
geben alle Bürger in den Kirchen dem Grafen zu Ehren und ewiger Gedächtnis".
Es weist an dieselbe Stelle hin, dass, wie er schon anführt und wir
heute noch lesen, das Necrologium des Abensberg so nahe gelegenen Klosters
Weltenburg, Mon. Boica XIII, 477, zu III. Nonas Martii "Pabo comes cum
30 filiis et 7 filiabus" anmerkt. Gewiss lässt es auf bairische Beziehungen
schließen, dass das Nekrologium von St. Emmeran, Mon. Boica XIV,
373, zu II, Nonas Martii, also doch wahrscheinlich denselben Pabo comes
verzeichnet; ja immer fällt auf, dass die Vita selbst von Conrad als
"aus bairischem Fürstenstamm" zu reden anhebt, was doch auf Abenberg
in Rangau und seine Grafen niemals passen könnte.
So viel ist gewiss, dass man Babo den Platz immer noch
eher unter den Abensbergern als unter den Scheiern vindiciren kann; gegen
diesen Punkt in Aventins Genealogie zeugt es einmal, dass man im wittelsbachischen
Hause späterhin niemals von einem Familienbande mit den bekanntlich
erst zu Ende des 15. Jahrhunderts ausgestorbenen Abensbergern gewusst hat;
und es würde auch, wenn jenes Haus des Babo im Grunde nur eine Nebenlinie
von Scheiern gewesen wäre, der der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts
angehörige Biograph kaum von demselben als von einer, im Vergleich
mit den vorher genannten Fürsten cognationis series humilior gesprochen
haben.