In anderer Weise meinte König
Philipp sich Flanderns zu versichern. Um Johanna,
die ältere Tochter des als Kaiser von Byzanz verschollenen Grafen
Balduin, warb nämlich damals Ferrand
von Portugal, der Sohn des Königs
Sancho, und seine Tante Mathilde,
die Witwe des auf dem 3. Kreuzzug gestorbenen Grafen Philipp von Flandern,
brachte es in der Tat dahin, dass der französische König, welcher
als Oheim und Lehnsvormund nicht zu umgehen war und obendrein seit 1206
Johanna und ihre Schwester Margarethe
in seine Obhut genommen hatte, dem Infanten die Hand der flandrischen
Erbin gewährte.
Ferrand hat
dann am 22. Januar 1212 zu Paris dem König den Lehnseid für Flandern
geleistet. Er mochte denken, damit allen Anforderungen, welche von Frankreich
an ihn gestellt werden konnten, gerecht worden zu sein, und er war mit
seiner Gattin auf dem Heimweg schon bis Peronne gekommen, als der französische
Thronfolger Ludwig, dessen Mutter
eine Schwester des Grafen Balduin gewesen
war, einen Teil des flandrischen Hinterlassenschaft für sich verlangte.
Auf Ferrands Weigerung, diese Ansprüche
zu befriedigen, folgte seine und seiner Gattin Gefangennahme und es blieb
ihm am Ende nichts übrig, als mit der Abtretung von St. Omer und Aire
Ludwigs
Verzichtleistung auf das Übrige
zu erkaufen. Dann erst wurde ihm gestattet, von Flandern Besitz zu ergreifen
und den Widerstand Gents zu brechen, welches ihn nicht als Herrn aufnehmen
wollte.
Die Verbündeten erlitten bei Bouvines eine vollkommene
Niederlage. Flandern wurde gleich nach der Schlacht von den Franzosen überschwemmt
und tatsächlich dann im Besitz behalten, als die Gräfin
Johanna am 24. Oktober mit dem König
Philipp sich vertrug, unter den demütigsten Bedingungen
und so, dass das Schicksal des gefangenen
Ferrand
ganz
der Willkür des Siegers anheim gestellt blieb.
Burkhard von Avesnes, Domkantor von Laon und
Subdiakon, verließ 1211 den geistlichen Stand, befehdete seinen
Bruder und wurde vom Grafen Ferrand von Flandern
mit der Statthalterschaft über Hennegau, von der Gemahlin desselben,
der
Gräfin Johanna, nachher mit
der Hut ihrer jungen Schwester Margarethe betraut,
die er dann aber entführte und als seine Gemahlin ausgab, um durch
sie dereinst Anrechte auf Flandern geltend machen zu können. Er wurde
auf dem römischen Konzil gebannt und das über seinen jeweiligen
Aufenthaltsorten verhängte Interdikt sollte die Auslieferung
Margarethes
und Burkhards Rückkehr in den geistlichen Stand erzwingen:
Letzterer fand trotzdem in den Diözesen Laon, Cambrai und Lüttich
immer wieder freundliche Aufnahme und nicht bloß bei Weltlichen.
Margarethe
sagte sich zwar später von ihm los, nachdem sie ihm zwei Söhne
geboren hatten; aber am Ende hat die Gräfin
Johanna diesen sehr unwillkommenen Neffen doch einen Erbanteil
auswerfen müssen.
Viel härter war das Schicksal der gefangenen Vasallen
Frankreichs,
Ferrand von Flandern und
Reginalds von Boulogne. König Philipp
hatte den ersteren mit Ketten beladen bei seinem Triumpheinzug in Paris
aufgeführt, während seine Truppen sich an die Eroberung Flanderns
machten. Courtrai, Lille und so weiter wurden genommen, aber Valenciennes,
Ypern, Cassel und Oudenarde scheinen sich noch gehalten zu haben, so dass
der König mit der Gräfin Johanna von
Flandern in Verhandlungen trat. In dem von ihr am 24. Oktober
1214 zu Paris beurkundeten Vertrage versprach sie, die Festungswerke seiner
Städte schleifen zu lassen und die zu Frankreich haltenden Burggrafen
von Brügge und Gent wieder einzusetzen; wenn das geschehen sei, wollte
der König Verhandlungen über den Loskauf des Grafen zulassen.
Der Vertrag wurde aber nicht ausgeführt, weil die Einwohner von Valenciennes
die Zerstörung ihrer Befestigung verweigerten und Ferrand
musste nun noch viele Jahre gefangen bleiben. Im Jahre 1221
bot
Johanna für die Freilassung
ihres Gemahls 35.610 Pfund und sammelte dafür bei der Geistlichkeit
ihres Landes.