Die Ursache der Unruhen, die von den Werlern in Verbindung
mit dem BILLUNGER Thietmar angezettelt wurden, sind daher nicht
in einem Kampf gegen den Kaiser, sondern richtiger in lokaler begrenzten
Streitfällen zu suchen, denen freilich der Kaiser durch sein Eingreifen
schließlich ein Ende setzte. Auch der Empörung Herzogs Bernhards
im folgenden Jahr liegt ja ganz offensichtlich eine solche lokal begrenzte
Aueinandersetzung, nämlich mit dem Erzbischof Unwan von Hamburg-Bremen,
zugrunde [2 Vgl. Adam II 48. Ferner Hirsch, Jahrbücher Heinrichs
II., Band III Seite 117.]. Erst durch die Häufung ähnlicher Vorkommnisse
im Aufgebotsbereich des Herzogs weiteten sich diese lokalen Streitfälle
zu der geschlossenen Erhebung gegen HEINRICH II.
im Jahre 1020 aus, wobei der BILLUNGER-Herzog Bernhard die Führung
übernahm [3 Thietmar VII 50.]. Weder ihm noch der um ihn gescharten
westfälischen Heerschaft ging es dabei um einen Kampf gegen den Kaiser
um jeden Preis, sondern um die Rechtssuche auf dem Weg über den bewaffneten
Widerstand gegen eine kaiserliche Kirchenpolitik, die nicht nur die Interessen,
sondern auch tatsächliche Rechte des weltlichen Adels beeinträchtigte.
Die Nichterfüllung ihrer Rechtsansprüche aber
war der Grund zu einer neuen Erhebung, an deren Spitze nunmehr der BILLUNGER-Herzog
Bernhard II. trat. Mochte für ihn auch ein persönlicher Grund
zur Empörung vorliegen, nämlich in der Auseinandersetzung mit
dem Erzbischof Unwan von Hamburg-Bremen, einem Vetter Meinwerks [49
Vgl.
Adam II 48, der als Begründung für die Übergriffe des Herzogs
auf das Erzstift dessen Reichtum, aber auch dessen abseitige Lage von der
schützenden Hand des Kaisers anführt. Im Grunde aber ging es
dem Erzbischof wie dem Herzog um die Vormachtstellung an der Unterweser
(vgl. O. H. May, Regesten der Erzbischöfe von Bremen, Band I, Bremen
1928, Reg. 176).], so kann kein Zweifel sein, daß er sich dabei auch
zum Sprecher des unzufriedenen Adels seines Aufgebotsbereichs machte, den
er um sich sammelte [50 In übertriebener Weise berichtet Adam
II 48, der Herzog habe das ganze sächsische Land zu gemeinsamer Empörung
gegen den Kaiser veranlaßt, zutreffender schränkt jedoch der
zeitgenössische Quedlinburger Annalist (SS III 84 a.a. 1020) die Sammlung
des Aufgebots auf den Westen, das heißt auf Westfalen ein. Vgl. dazu
Hömberg, Westfalen und das sächsische Herzogtum, 92.]. Der Augenblick
der Erhebung war auch diesmal so gewählt, daß er in eine Zeit
fiel, in der der Kaiser in weiterer Entfernung weilte: Im Juni 1019 hatte
er Sachsen auf dem Weg durch Westfalen verlassen und sich von Köln
weiter rheinaufwärts gewandt. Von der Empörung wird er Nachricht
bekommen haben, als er am 15. Dezember in Mühlheim in Thüringen
mit Bischof Meinwerk zusammentraf. Trotzdem wandte er sich zunächst
zur Weihnachtsfeier nach Würzburg. Den dortigen Aufenthalt scheint
er zur Sammlung eines Heeres benutzt zu haben, mit dem er dann im Januar
1020 auf kürzestem Weg in den Weserraum bei Minden zog, wo sich Herzog
Bernhard mit seinem Heer in die Schalkeburg (Hausberge) zurückgezogen
hatte. Das Ereignis hat ziemliches Aufsehen in Sachsen erregt, da nicht
nur die zeitgenösssichen Quedlinburger und Hildesheimer Annalisten,
sondern auch spätere Geschichtsschreiber davon berichten. Zum Kampf
ist es jedoch nicht gekommen, sondern die Streitigkeiten wurden Deo
gratial! [54 So die Ann. Hildesheimenses 32, freilich mit falscher
Datierung zu 1019.] in Frieden beigelegt, wobei sowohl Bischof Meinwerk
von Paderborn mit seinen Freunden als auch Erzbischof Unwan von Hamburg-Bremen
und ebenso die Kaiserin [57 So schließlich die Ann. Quedlinburgenses
SS III 84 a.a.1020.] vermittelt haben sollen. Die geschlossene Opposition
einer westfälischen Adelsgruppe unter Anführung des Herzogs muß
den Kaiser zum Einlenken veranlaßt haben. Einen Hinweis darauf gibt
der Quedlinburger Annalist, wenn er nicht nur die Begnadigung des Herzogs,
sondern auch die Rückgabe der Lehen des Vaters an ihn erwähnt
[58 SS III 84: Bernhardus ... gratiam imperatoris pariter
cum beneficio patris obtinuit.]. In ähnlicher Weise wird der Kaiser
mit den übrigen westfälischen Aufständischen übereingekommen
sein.