Sein hohes Ansehen innerhalb der zeitgenössischen Adelswelt und seine Wertschätzung am Königshof schlugen sich nicht zuletzt in den prestigeträchtigen Eheschließungen seiner Kinder nieder: Die nach der Mutter benannte Tochter Agnes heiratete 1196 den französischen König Philipp II. Augustus (+ 1223), ihre Schwester Gertrud den ungarischen Königssohn und späteren König Andreas II. (+ 1235). Hedwig, eine weitere Tochter, wurde die Gemahlin Herzog Heinrichs I. von Schlesien (+ 1238) aus der polnischen Fürstenfamilie der PIASTEN. Otto VII. schließlich vermählte sich mit Beatrix von Burgund, einer Nichte König PHILIPPS VON SCHWABEN.
d. Herzogin Hedwig von Schlesien (+ 1243)
Hedwig schließlich, auch sie eine Tochter
Herzog Bertholds IV., wurde die Gemahlin Herzog Heinrichs I.
des Bärtigen von Schlesien (+ 1238) aus dem Hause der PIASTEN.
Der Zeitpunkt der Eheschließung läßt sich nicht genau
ermitteln, dürfte aber in den 1190-er Jahren anzusetzen sein [157
Gottschalk, St. Hedwig 93, und Bosl, Europ. Adel 47,
datiert die Hochzeit auf 1186-1190; Teresa Dunin-Wasowicz: Hedwig von Schlesien,
in: LMA 4 (1989) 1985f., auf um 1190/92; Schütz, Hedwig 145, setzte
das Ereignis in den 1190-er Jahren an.]. Ihrer kurz vor 1300 verfaßten
Vita [158 Zur Vita s. Hedwigis vgl. Gottschalk, St. Hedwig
1417; Schütz, Hedwig 152.] zufolge soll sie zwölfjährig
verheiratet worden sein und mit 13 Jahren und 13 Wochen erstmals schwanger
geworden sein [159
Vita s. Hedwigis, c. 1, MPH 4, 514.]. Doch läßt
sich auf der Grundlage dieses Hinweises der Hochzeitstermin nicht näher
bestimmen, denn weder kennen wir Hedwigs eigenes Geburtsjahr noch
das ihres ältesten Kindes. Ohnehin ist nicht zu entscheiden, ob die
hier überlieferten Altersangaben den Tatsachen entsprechen oder eher
eine Reflexion mystischer Zahlensymbolik darstellen [160
Letzteres vermutet Schütz, Hedwig 145.].
Jedenfalls fand die Vermählung zu einer Zeit statt,
als Heinrichs Vater Herzog
Boleslaw der Lange (+ 1201) noch lebte. Über die Beweggründe,
die zu seiner Eheschließung mit der ANDECHSERIN Hedwig geführt
haben, lassen sich einmal mehr nur Mutmaßungen anstellen. Grundsätzlich
waren Eheverbindungen von Mitgliedern des PIASTEN-Hauses
mit Angehörigen deutscher Adelsfamilien keine Seltenheit [165 So
war Wladyslaw
Hermann (+ 1102) mit
der SALIERIN Judith,
einer Schwester Kaiser
HEINRICHS IV., verheiratet, sein Sohn Boleslaw
(+
1138) mit der schwäbischen Grafen-Tochter Salomea
von Berg, dessen Sohn Wladyslaw
II. (+ 1159) wiederum mit der BABENBERGERIN Agnes.
Boleslaw
IV. (+ 1173) hatte 1147/48 seine Schwester Judith
dem ASKANIER Otto
(+ 1184), dem ältesten Sohn Albrechts
des Bären, in die Ehe gegeben. Sein Bruder
Mieszko
(+ 1202) verheiratete seine Töchter Judith
und
Ludmilla
mit Ottos Bruder Bernhard
von Anhalt (+ 1212), der seit 1180 die sächsische Herzogswürde
innehatte, bzw. mit dem oberlothringischen Herzogs-Sohn Friedrich
von Bitsch (+
1207). Vgl. auch Europ. Stammtafeln NF 2 (1984), Tafel 120 und
121; Gottschalk, St. Hedwig 94ff.; Schütz, Hedwig 145.]. Vermutlich
stammte auch Heinrichs Mutter aus Deutschland [166 Immerhin
verbrachte Boleslaw der Lange den größten Teil der Jahre
1146 bis 1163 in Deutschland. Ob allerdings seine zweite Gemahlin Adelheid,
die Mutter Herzog Heinrichs, tatsächlich eine soror imperatricis,
coniugis Conradi secundi imperatoris
gewesen ist, wie die Chron. princ. Polon., c. 18, MPH 3, 481, und die
Chron. Polon., MPH 3, 636f., 645, glauben machen wollen, scheint nicht
ausgemacht. Demnach müßte sie eine Tochter Berengars von Sulzbach
(+ 1125) und der Adelheid von Wolfratshausen (+ 1126) gewesen sein
(so auch Gottschalk, St. Hedwig 96ff.; Bosl, Europ. Adel 47f.). An der
Zuverlässigkeit der recht späten polnischen Quellenangaben bestehen
allerdings Zweifel. Vgl. die Diskussionn bei Dendorfer, Adelsclan 62-65,
der selbst eine unentschieden Position einnimmt.]. Auch wird eine Rolle
gespielt haben, daß Hedwig von der Mutterseite her eng mit
den WETTINERN verwandt
war. Dieses Fürstengeschlecht war nicht nur seinerseits mit den PIASTEN
verschwägert, sondern seine sächsischen Herrschaftsgebiete schlossen
unmittelbar westlich an Schlesien an [167 Markgraf
Dietrich von der Ostmark (+
1185) war mit Dobronega,
einer Halbschwester Wladyslaws II.,
verheiratet gewesen, während sein Neffe und unmittelbarer Nachfolger
Konrad
(+ 1210) Mieszkos III. Tochter
Elisabeth
zur Frau hatte. Siehe auch Dunin-Wasowicz, Saint Hedwige 383.].
Überdies war Heinrich über seine Großmutter, die
BABENBERGERIN Agnes, mit dem staufischen
Kaiserhaus verwandt. Sein Vater Boleslaw hatte lange in Deutschland
gelebt und FRIEDRICH
BARBAROSSA auf dem zweiten Italienzug begleitet, an dem
auch Berthold III. von Andechs teilnahm [168 Vgl. Gottschalk,
St. Hedwig 102f.]. So ist anzunehmen, daß auch die politische Nähe
der schlesischen PIASTEN wie der ANDECHSER
zu den STAUFERN
ihren Teil zu der Eheschließung beigetragen hat [169
Immmerhin hatte BARBAROSSA auch
die Eheprojekte von Boleslaws des Langen Schwester Rica/Richeza
- seiner Cousine - vermittelt, die 1152 König
Alfons VII. von Kastilien-Leon (+ 1157)
und 1161 in zweiter Ehe Raimund Berengar III. von der Provence (+
1166) aus dem Hause der Grafen von Barcelona heiratete.].
Ein konkreter Einfluß Hedwigs auf die Politik
Herzog Heinrichs läßt sích nur schwer ausmachen.
Hervorgetreten ist sie vor allem durch die von ihr mitinitiierte Gründung
des Zisterzienserinnenklosters Trebnitz im Jahre 1202, bei der auch zwei
andere ANDECHSER, ihr Bruder Ekbert von Bamberg und ihr Onkel
Poppo II., zugegen waren [170 Vgl. die Gründungsurkunde
Herzog Heinrichs I. von 1203 (der Gründungsakt muß im
Jahr zuvor stattgefunden haben) in: Schlesisches UB 1, No. 83, 54-58 (hier
57): Actum est hoc in Stapin [...], Bambergensi electo domino Ekberto
et patruo suo preposito Poppone tunc mecum gratia visitationis existentibus.
Schütz, Hedwig 150, gibt zu bedenken, daß die Klostergründung
"in einem heute nicht mehr näher faßbaren Zusammenhang mit Hedwigs
Heirat stand" und daß auch die kolonisatorischen Pläne Herzog
Heinrichs I. eine Rolle bei der Brautwahl gespielt haben könnten.
Vgl. zur Gründung Trebnitz' und der Rolle Hedwigs hierbei Gottschalk,
St. Hedwig 121-130.]. Nähere Informationen über Hedwigs
Person stammen fast sämtlich aus ihrer Vita, die etwa dreißig
Jahre nach ihrer Heiligsprechung am 26. März 1267 entstand [171
Vgl. die Urkunde Papst Clemens' IV. vom 26. März
1267, in der er dem Erzbischof von Gnesen sowie dessen Suffraganen die
Kanonisation Hedwigs mitteilt: Schlesisches UB 4, No. 15, 18-23
(dt. Übersetzung bei Gottschalk, Kanonisationsurkunde 130-140.]. Sie
schöpft zwar unter anderem aus den Akten des Kanonisationsverfahren,
ist aber letztlich ein Werk mittelalterlicher Hagiographie - ein Genre,
das historisch meist schwer auszuwerten ist. Dieser Lebensbeschreibung
zufolge lebte Hedwig nicht nur tugendhaft, fromm, demütig,
mildtätig und anspruchslos bis zur Askese, sondern sie soll, nachdem
sie ihrem Mann sechs Kinder geboren hatte, mit ihm vereinbart haben, künftig
getrennt und in völliger Enthaltsamkeit zu leben, was die Eheleute
dann über ca. dreißig Jahre hinweg bis zu Heinrichs Tod
am 19. März 1238 auch praktiziert hätten [172 Vgl. hierzu
und zum folgenden Vita s. Hedwigis, c. 1, MPH 4, 514-517. Siehe auch Gottschalk,
St. Hedwig 107ff.; Schütz, Hedwig 153-156.]. Die Herzogin habe ihren
Gemahl nicht mehr aufgesucht außer zu Gespräche über fromme
Werke sowie karitative oder klösterliche Angelegenheiten, und auch
diese hätten in publicio loco vel in ecclesia und immer im
Beisein Drittter stattgefunden. Auch den Tod ihres Gemahls habe sie gottergeben
und ohne Tränen hingenommen [173 Vita s. Hedwigis, c. 3, MPH
4, 525.], es später sogar abgelehnt, in der Trebnitzer Klosterkirche
an seiner Seite bestattet zu werden, denn sie habe nicht im Tod mit jemand
vereinigt sein wollen, mit dem sie im Leben - aus Liebe zur Keuschheit
- so lange keine eheliche Gemeinschaft gepflegt habe [174 Vita s.
Hedwigis, c. 4, MPH 4, 577f., hier 578.]. Um hier etwaige Zweifel an der
Ehrbarkeit seiner Protagonistin im Keim zu ersticken - und er gesteht zu,
daß solch verleumderisches Geschwätz rasch aufkommt [175
Vita s. Hedwigis, c. 1, MPH 4, 516.] - betont der Vitenschreiber an
anderer Stelle die aufrichtige Gattenliebe, die Hedwig ihrem Gemahl
entgegengebracht habe: Sie habe ihm vielfache Anregungen zu einem gottesfürchtigen
Leben gegeben, da sie ihn allen Menschen am meisten geliebt habe [176
Vita s. Hedwigis, c. 5, MPH 4, 543.]. Umgekehrt habe sich Herzog
Heinrich selbst ein Beispiel an dem heiligmäßigen Lebenswandel
seiner Frau genommen, er sei sogar auf ihren Zusprich hin quasi ein Mönch
geworden, freilich nicht durch ein Gelöbnis, sondern was die Demut
seines Herzens und seiner Gesinnung angehe. So sei Hedwig ihm, wenngleich
dem Gesetz nach untergeben, doch eine Führerin in der Tugendhaftigkeit
und Frömmigkeit gewesen [177 Vita s. Hedwigis, c. 2, MPH 4,
519.].
Derlei Nachrichten der Hedwigsvita kollodieren freilich
mit dem aus anderen Quellen bekannten Umstand, daß Heinrich der
Bärtige gegen Ende seines Lebens einen schweren Konflikt mit den
Kirchen von Breslau und Gnesen geriet. Grund dafür waren seine Ansprüche
auf die Dienstleistungspflicht und die Besteuerung kirchlicher Güter.
Im Verlauf dieses Streites wurde er sogar von dem päpstlichen Legaten
Wilhelm von Modena gebannt [178 Vgl. Gottschalk, St. Hedwig 109f.;
Randt, Geschichte 129ff.; Schütz, Hedwig 148ff.; siehe auch die Papstbriefe
Gregors IX. in: Schlesisches UB 2, No. 113, 75ff. (24. März
1236); No. 114 und 115, 77f. (17. Juni 1236); No. 133-135, 85-89 (29.
September, 6. und 23. Oktober 1237).]. Noch zum Zeitpunkt seines Todes
war der Zwist nicht beigelegt, und Papst
Gregor IX. (1227-1241) drohte, den verstorbenen Herzog,
dessen Lösung vom Bann unter rechtlich nicht einwandfreien Umständen
vonstatten gegangen war, gegebenenfalls wieder aus seinem Grab im geweihten
Kirchenraum entfernen zu lassen [179 Vgl. Schlesisches UB 2, No.
153, 98f. (25. Mai 1238).].
Hedwig ihrerseits, nunmehr Witwe geworden, nahm
endgültig Wohnung im Kloster Trebnitz, das sie schon zuvor häufig
besucht hatte. Hier starb sie am 14. Oktober 1243 [180 Vgl.
Gottschalk, St. Hedwig 213f. Nur ein Jahr vor ihrem Tod vermachte sie der
Abtei ihren Besitz in Schawoine (vgl. Schlesisches UB 2, No. 234, 141f.).
Offenbar handelte es sich hier um ihre Morgengabe oder Witwenausstattung.],
nachdem noch hatte erleben müssen, wie ihr Sohn Herzog Heinrich
II. im April 1241 in der Abwehrschlacht bei Liegnitz gegen die Mongolen
umkam [181 Vgl. Randt, Geschichte 140ff.].