Clemens III.                                    Gegen-Papst (März 1084-1100)
---------------                                    Erzbischof von Ravenna seit 1072
zw. 1020/30-8.9.1100
                    Civita Castellana
 

Sohn des Gerard von Canossa

eigentlich Wibert von Ravenna
 

Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 2139
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Clemens III. (Wibert), Gegen-Papst seit März 1084
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* zw. 1020 und 1030, + 8. September 1100
                      Civita Castellana

zuvor Erzbischof von Ravenna

Als jüngerer Sproß einer mit den Markgrafen von Canossa verwandten italienischen Dynastenfamilie zum Geistlichen bestimmt, begann Wibert seine Laufbahn am Hofe Bischof Cadalus‘ von Parma (des späteren Honorius II.). Auf Betreiben der Kaiserin Agnes wurde er als Nachfolger Gunthers von Bamberg zum italienischen Kanzler bestellt. Als Vertreter des Reiches nahm er an der Synode zu Sutri (Januar 1059) teil, auf welcher der von der Reformpartei nicht anerkannte TUSKULANER-Papst Benedikt X. exkommuniziert wurde. In Verhandlungen mit Nikolaus II. erreichte er die Aufnahme eines Vorbehaltes zugunsten der Rechte des deutschen Königs bei der Papstwahl (sogenannter Königsparagraph) in das von jenem erlassene Papstwahldekret (von 1059). 1061 war er an der Erhebung des Gegen-Papstes Honorius II. beteiligt. Vermutlich im Zusammenhang mit der Neuordnung der Regentschaft 1063 wurde er seines Amtes enthoben. 1072 erhielt er jedoch auf Fürsprache der Kaiserin Agnes das Erzbistum Ravenna. Im Frühjahr 1073 leistete er hierfür Alexander II. einen Obödienzeid. Sein anfänglich gutes Einvernehmen mit Gregor VII. wurde durch die Kampfansage der lombardischen Bischöfe zu Piacenza (Anfang 1076) erschüttert. Mit den übrigen lombardischen Bischöfen traf ihn daraufhin der Bann. Auf der Fastensynode von 1078 wurde er zusammen mit Erzbischof Thedald von Mailand, dem Haupt der antigregorianischen Opposition, gebannt und im November endgültig für abgesetzt erklärt. Dieses Urteil wurde auf der Fastensynode von 1080 bestätigt. Auf eine von HEINRICH IV. nach Brixen einberufenen Synode wurde daraufhin die Eröffnung eines kanonischen Verfahrens gegen Gregor VII. beschlossen und Wibert als königlicher Kandidat für den päpstlichen Stuhl nominiert (25. Juni 1080). Nach der Einnahme Roms durch HEINRICH IV. am 21. März 1084 wurde er auf Vorschlag des Königs zum Papst gewählt und (durch zwei hierzu nicht berechtigte Bischöfe) inthronisiert, wobei ihm der Name Clemens III. verliehen wurde. Am Ostersonntag (31. März) krönte er HEINRICH IV. zum Kaiser und residierte anschließend gemeinsam mit diesem im Lateranpalast. Auch unter den nach dem Tode Gregors VII. von der Reformpartei erhobenen Päpsten, Viktor III. und Urban II., vermochte sich Clemens III., dem die Mehrheit der Kardinäle sowie der stadtrömische Adel anhing, in Rom zu behaupten. Die hier vermutlich 1091/92 veranstaltete Synode geriet zu einer eindrucksvollen Kundgebung der kaiserlichen Sache. Nach 1092 hielt sich Clemens III. vorwiegend am Hofe des Kaisers in Oberitalien auf, dessen zuverlässigste Stütze er in dieser von Rückschlägen geprägten Zeitspanne war. Auch die Wahl Paschalis' II. 1099 in Rom hat die Machtverhältnisse in der Stadt nicht wesentlich verrändert. Erst das Eintreffen normannischer Unterstütztung veranlaßte Clemens III., nach Norden auszuweichen, um von hier aus den Widerstand gegen seinen Kontrahenten fortzusetzen; er starb in Civita Castellana.
Clemens III., dessen persönliche Integretät auch von seinen Gegnern anerkannt wurde, war keineswegs bloß ein Werkzeug HEINRICHS IV.; er hat vielmehr eine durchaus eigenständige Politik verfolgt. So war er bestrebt seie Obödienz über den Einflußbereich HEINRICHS IV. hinaus in Dänemark, England, Portugal, Ungarn, Serbien und Kroatien zur Geltung zu bringen. Er führte Verhandlungen mit dem Metropoliten von Kiev über eine Union mit der russischen Kirche und durch Vermittlung des Erzbischofs von Reggio über eine Wiederbelebung des Bündnisses mit Byzanz. Clemens III. setzte sich aktiv für die kirchliche Reform (Beschlüsse gegen Simonie und Nikolaitismus [Zölibat] auf der römischen Synode 1091/92) ein und förderte die Kanonikerreform auch über den Bereich der Ravennater Kirche hinaus. Von seiner Erzdiözese aus, deren Autonomiebestrebungen gegenüber Rom er unter anderem mit Hilfe gefälschter Urkunden unterstützte, leistete er HEINRICH IV. nicht nur materielle Hilfe; mehrfach hat er für diesen auch das militärische Kommando vor Rom übernommen. Ravemnna wurde während seines Pontifikats zum Zentrum der kaiserlichen Propaganda. Clemens III. griff auch selbst in die publizistische Auseinandersetzung ein; die von ihm stammende Streitschrift ist jedoch nur aus der Entgegnung Anselms von Lucca (MGH LdL. I, 517ff.) und der Benutzung durch Wido von Ferrara (MGH LdL. I, 529ff.) zu erschließen. Die verfälschte Fassung des Papstwahldekrets (MGH Const. I, 541-546, Nr. 383; vgl. H.-G. Krause, Das Papstwahldekret von 1059 und seine Rolle im Investiturstreit [StGreg 7, 1960], 271-275) ist jedoch nicht hier, sondern vermutlich im Zusammenhang mit den vor seiner Wahl wischen dem deutschen Hof und der Kardinalsopposition geführten Verhandlungen entstanden.



Thiele, Andreas: Tafel 396
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

WIBERT, GRAF VON PARMA
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* um 1025, + 1100

Urenkel des Gerard von Canossa

1052 Subdiakon; wird Reichskanzler für Italien und kaiserlicher Vikar, 1072 Erzbischof von Ravenna; Gegner der Reformpartei; ernennt 1061 mit anderen Großen Gegen-Papst Honorius II. (Peter Cadalus, ehemals kaiserlicher Kanzler) der letztlich 1064 scheitert; verficht stets die kaiserlichen Positionen und die Interessen des norditalienischen Episkopates und wird daher 1078 von Papst Gregor VII. gebannt; sagt ihm 1080 den Gehorsam auf und wird durch HEINRICH IV. zum Papst bestimmt: nimmt den Namen KLEMENS III. an (Synode von Brixen), 1084 in Rom inthronisiert: krönt HEINRICH IV. zum Kaiser; beherrscht die Stadt Rom bis 1096, wird von den Normannen verjagt und zieht sich zurück.



Literatur:
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Golinello, Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf 1998 Seite 177,211,218,220,227,231,237,242,246,257,268,274,277 -