Sohn des Gerard von Canossa
eigentlich Wibert von Ravenna
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 2139
********************
Clemens III. (Wibert), Gegen-Papst seit März 1084
---------------------------
* zw. 1020 und 1030, + 8. September 1100
Civita Castellana
zuvor Erzbischof von Ravenna
Als jüngerer Sproß einer mit den Markgrafen
von Canossa verwandten italienischen Dynastenfamilie zum Geistlichen
bestimmt, begann Wibert seine Laufbahn
am Hofe Bischof Cadalus‘ von Parma (des späteren Honorius
II.). Auf Betreiben der Kaiserin
Agnes wurde er als Nachfolger Gunthers von Bamberg zum
italienischen Kanzler bestellt. Als Vertreter des Reiches nahm er an
der Synode zu Sutri (Januar 1059) teil, auf welcher der von der Reformpartei
nicht anerkannte TUSKULANER-Papst
Benedikt
X. exkommuniziert wurde. In Verhandlungen mit Nikolaus
II. erreichte er die Aufnahme eines Vorbehaltes zugunsten der Rechte
des deutschen Königs bei der Papstwahl (sogenannter Königsparagraph)
in das von jenem erlassene Papstwahldekret (von 1059). 1061 war er an der
Erhebung des Gegen-Papstes Honorius II. beteiligt. Vermutlich im
Zusammenhang mit der Neuordnung der Regentschaft 1063 wurde er seines Amtes
enthoben. 1072 erhielt er jedoch auf Fürsprache der
Kaiserin Agnes das Erzbistum Ravenna. Im Frühjahr
1073 leistete er hierfür Alexander
II. einen Obödienzeid. Sein anfänglich gutes Einvernehmen
mit Gregor VII. wurde durch
die Kampfansage der lombardischen Bischöfe zu Piacenza (Anfang 1076)
erschüttert. Mit den übrigen lombardischen Bischöfen traf
ihn daraufhin der Bann. Auf der Fastensynode von 1078 wurde er zusammen
mit Erzbischof Thedald von Mailand, dem Haupt der antigregorianischen
Opposition, gebannt und im November endgültig für abgesetzt
erklärt. Dieses Urteil wurde auf der Fastensynode von 1080 bestätigt.
Auf eine von HEINRICH
IV. nach Brixen einberufenen Synode wurde daraufhin die
Eröffnung eines kanonischen Verfahrens gegen Gregor VII. beschlossen
und Wibert
als königlicher Kandidat
für den päpstlichen Stuhl nominiert (25. Juni 1080). Nach
der Einnahme Roms durch HEINRICH IV. am
21. März 1084 wurde er auf Vorschlag des Königs
zum Papst
gewählt und (durch zwei hierzu nicht berechtigte Bischöfe)
inthronisiert, wobei ihm der Name Clemens III.
verliehen
wurde. Am Ostersonntag (31. März) krönte er
HEINRICH
IV. zum Kaiser und residierte anschließend
gemeinsam mit diesem im Lateranpalast. Auch unter den nach dem Tode Gregors
VII. von der Reformpartei erhobenen Päpsten, Viktor
III. und
Urban II.,
vermochte sich Clemens III., dem die Mehrheit der Kardinäle
sowie der stadtrömische Adel anhing, in Rom zu behaupten. Die hier
vermutlich 1091/92 veranstaltete Synode geriet zu einer eindrucksvollen
Kundgebung der kaiserlichen Sache. Nach 1092 hielt sich
Clemens
III. vorwiegend am Hofe des Kaisers in
Oberitalien auf, dessen zuverlässigste Stütze er in dieser von
Rückschlägen geprägten Zeitspanne war. Auch die Wahl
Paschalis' II. 1099 in Rom
hat die Machtverhältnisse in der Stadt nicht wesentlich verrändert.
Erst das Eintreffen normannischer Unterstütztung veranlaßte
Clemens III., nach Norden auszuweichen, um von hier aus den Widerstand
gegen seinen Kontrahenten fortzusetzen; er starb in Civita Castellana.
Clemens III., dessen
persönliche Integretät auch von seinen Gegnern anerkannt wurde,
war keineswegs bloß ein Werkzeug HEINRICHS
IV.; er hat vielmehr eine durchaus eigenständige Politik
verfolgt. So war er bestrebt seie Obödienz über den Einflußbereich
HEINRICHS IV. hinaus in Dänemark, England, Portugal, Ungarn,
Serbien und Kroatien zur Geltung zu bringen. Er führte Verhandlungen
mit dem Metropoliten von Kiev über eine Union mit der russischen Kirche
und durch Vermittlung des Erzbischofs von Reggio über eine Wiederbelebung
des Bündnisses mit Byzanz. Clemens III.
setzte sich aktiv für die kirchliche Reform (Beschlüsse gegen
Simonie und Nikolaitismus [Zölibat] auf der römischen Synode
1091/92) ein und förderte die Kanonikerreform auch über den Bereich
der Ravennater Kirche hinaus. Von seiner Erzdiözese aus, deren Autonomiebestrebungen
gegenüber Rom er unter anderem mit Hilfe gefälschter Urkunden
unterstützte, leistete er HEINRICH IV.
nicht nur materielle Hilfe; mehrfach hat er für diesen auch das militärische
Kommando vor Rom übernommen. Ravemnna wurde während seines Pontifikats
zum Zentrum der kaiserlichen Propaganda. Clemens
III. griff auch selbst in die publizistische Auseinandersetzung
ein; die von ihm stammende Streitschrift ist jedoch nur aus der Entgegnung
Anselms von Lucca (MGH LdL. I, 517ff.) und der Benutzung durch Wido von
Ferrara (MGH LdL. I, 529ff.) zu erschließen. Die verfälschte
Fassung des Papstwahldekrets (MGH Const. I, 541-546, Nr. 383; vgl. H.-G.
Krause, Das Papstwahldekret von 1059 und seine Rolle im Investiturstreit
[StGreg 7, 1960], 271-275) ist jedoch nicht hier, sondern vermutlich im
Zusammenhang mit den vor seiner Wahl wischen dem deutschen Hof und der
Kardinalsopposition geführten Verhandlungen entstanden.
WIBERT, GRAF VON PARMA
------------------------------------------
* um 1025, + 1100
Urenkel des Gerard von Canossa
1052 Subdiakon; wird Reichskanzler für Italien
und
kaiserlicher Vikar, 1072 Erzbischof von Ravenna; Gegner der
Reformpartei; ernennt 1061 mit anderen Großen Gegen-Papst Honorius
II. (Peter Cadalus, ehemals kaiserlicher Kanzler) der letztlich 1064
scheitert; verficht stets die kaiserlichen Positionen und die Interessen
des norditalienischen Episkopates und wird daher 1078 von Papst Gregor
VII. gebannt; sagt ihm 1080 den Gehorsam auf und wird durch HEINRICH
IV. zum Papst bestimmt: nimmt den Namen KLEMENS III.
an (Synode von Brixen), 1084 in Rom inthronisiert: krönt HEINRICH
IV. zum Kaiser; beherrscht die Stadt Rom bis 1096, wird von
den Normannen verjagt und zieht sich zurück.