Da der kinderlose Ludwig V. nur
von zwei illegitimen Brüdern namens Arnulf
und Richard überlebt worden war,
konnte der karolingische
Geblütsanspruch
allein von König Lothars Bruder
Karl,
dem lothringischen Herzog, verfochten wurden. Er war damals 34 Jahre
alt und mit Adelheid, vermutlich einer
Tochter Graf Heriberts III. von Troyes, verheiratet, mit der er
mehrere Kinder, darunter einen Sohn Otto,
hatte. Wenn daraus nicht die neue Königsfamilie geworden ist, so deshalb,
weil Karl seine Machtbasis jenseits
der Reichsgrenzen, im "Ausland" gewissermaßen, hatte und in W-Franken
ohne ausschlaggebenden Anhang war. Für ihn trat nicht nur keine Königin-Witwe
ein wie Gerberga 954 für Lothar,
sondern seine Schwägerin Emma
war seit Jahren zutiefst mit ihm verfeindet; anders als früher ergriff
auch der Erzbischof von Reims nicht die Partei dieses KAROLINGERS,
und am ottonischen Hof bestand schon
um Lothringen willen kaum Neigung, seine Thronkandidatur zu begünstigen,
was zugleich für Hugo Capet jede
Zurückhaltung erübrigte. Sämtliche Faktoren, die in der
Vergangenheit westfränkischen KAROLINGERN
auch aus schwächerer Position heraus die Nachfolge im Königtum
ermöglicht hatten, entfielen diesmal, ja waren in ihr Gegenteil verkehrt.
So bedurfte es auf der Wahlversammlung im Juni 987 in Senlis gar nicht
der von Richer referierten, sachlich fragwürdigen Einwände Adalberos
von Reims gegen Karl, er habe sich
in den Diensten eines externus rex begeben und unter seinem Stand
geheiratet, um die Entscheidung zugunsten Hugos,
des mächtigsten der bisherigen Lehnsfürsten, zu lenken, der dann
am 3.7. in Noyon gekrönt wurde. Kennzeichnend für den politischen
Rahmen war, dass Hugo sogleich den
Hochverratsprozeß gegen Adalbero niedergeschlagen hatte und die Besetzung
von Verdun aufgab, nachdem Graf Gottfried bereits vor der Krönung
freigelassen worden war.
Erst nachdem Hugo Capet
Weihnachten 987 seinen Sohn Robert
in Orleans zum Mit-König gekrönt hatte, regte sich der überspielte
Karl von Lothringen zum Kampf für seine Thronrechte, indem
er im Frühjahr 988 im Handstreich die Königsstadt Laon einnahm,
wobei ihm verräterische Hilfe seines Neffen Arnulf,
eines Reimser Klerikers und vorehelichen Sohnes König
Lothars, zustatten kam. Falls er gehofft hatte, damit einen
allgemeinen Umschwung zu seinen Gunsten einzuleiten, sah er sich bald enttäuscht,
denn sein aktiver Anhang blieb spärlich und umfaßte im französischen
Hochadel offenbar nur den Grafen Heribert IV. von Troyes (seinen mutmaßlichen
Schwager) und Odo I. von Blois, die schon seinem Bruder Lothar
eifrig zur Seite gestanden hatten. Immerhin vermochte er Laon, wo ihm die
verhaßte Schwägerin Emma
und der dortige Bischof Adalbero (Azzelin), ein Neffe des Reimser Metropoliten,
in die Hand gefallen waren, auch gegen zweimalige Belagerung zu behaupten,
zu denen die Könige Hugo und Robert
im
Sommer und Herbst 988 anrückten. Es wäre wohl beim zähen
Ringen um diese befestigte Stadt geblieben, wenn die KAPETINGER
nicht Anfang 989 nach dem Tode Adalberos von Reims den schwer verständlichen
Entschluß gefaßt hätten, ausgerechnet den erwähnten
Kleriker
Arnulf
als Erzbischof einzusetzen. Entgegen allen geleisteten Eiden
sorgte dieser nämlich nicht für die erwartete Spaltung in
Karls Gefolgschaft, sondern übergab im Herbst 989 die Stadt
an seinen Oheim. Obgleich auch danach keine förmliche Königswahl
und Königskrönung zustande kam, war Karl
durch
den Gewinn von Reims samt den Vasallen und Besitzungen der dortigen
Kirche in einer deutlich gebesserten Position, der Hugo
militärisch nicht beizukommen verstand.
Zu Fall brachte den KAROLINGER
erst "das schwärzeste Verbrechen des Jahrhunderts" (W. Kienast): Bischof
Adalbero von Laon, der sich Karls Vertrauen
erschlichen hatte, öffnete in der Nacht vom 29./30.3.991 unversehens
die Tore der Stadt und gab ihn damit in die Gewalt seiner Feinde. Als Aufrührer
wurde er zusammen mit seiner Frau Adelheid,
dem Sohn Ludwig und den Töchtern
Gerberga
und
Adelheid in einen "festen Turm"
König
Hugos in Orleans verbracht, wo er zu einem unbekannten Zeitpunkt
ums Leben kam. Gesichert scheint zu sein, dass die Familienangehörigen
nach Karls
Tod von weiterer Haft verschont
blieben. Die beiden Töchter sind später als Ehefrauen lothringischer
Grafen bezeugt, während der junge Ludwig
995
noch einmal erwähnt wird im Zusammenhang eines vagen Plans Adalberos
von Laon, OTTO III. gegen die KAPETINGER
ins
Land zu rufen.