Jüngerer Sohn des Grafen Eustach II. von Boulogne
und der Ida von Lothringen, Tochter von Herzog Gottfried dem Bärtigen
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1598
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Gottfried von Bouillon (Gottfried V.), Herzog von Nieder-Lothringen
1087-1096,
--------------------------------------------- einer
der Führer des 1. Kreuzzuges
* um 1060, + bald nach 18. Juli 1100
Boulogne Jerusalem
LEBEN UND WIRKEN
1. Als Herzog von Nieder-Lothringen
Gottfried war der
zweite Sohn Eustachius' II., Grafen von Boulogne, und der Ida
von Ardenne, der Schwester Gottfrieds des Buckligen und Tochter
Gottfrieds des Bärtigen. Er wurde um 1075 von seinem Onkel
Gottfried dem Buckligen adoptiert und als Nachfolger designiert.
Dennoch wurde er von Kaiser HEINRICH IV.
1076 lediglich mit der Markgrafschaft Antwerpen belehnt und konnte
das Herzogtum Nieder-Lothringen erst 1087 in Besitz nehmen.
Gottfried betrieb
die Durchsetzung der Erblichkeit der Herzogswürde. Er hielt die Expansionsbestrebungen
seiner Nachbarn, der Grafen von Löwen und Namur sowie des Fürstbischofs
von Lüttich, in Schach; auch verstand er es, aus seinen Interventionen
in den Abteien St-Hubert und St-Trond Nutzen zu ziehen, ebenso 1096 aus
seinem Eingreifen gegen die Judenverfolgung im Mittelrheingebiet. Als er
1096 das Kreuz nahm, führte er eine Veräußerung seines
Herzogtums durch, die ihm bei präsumptiver Heimkehr den Rückkauf
ermöglichen sollte.
2. Auf dem 1. Kreuzzug
Gottfried unterschied
sich in seiner Haltung insofern von den übrigen Führern des 1.
Kreuzzuges, als er enge Beziehungen zu HEINRICH
IV. hatte. Eine feste Ansiedlung im Osten plante er im Unterschied
zu anderen Kreuzfahrern nicht. Während der 1. Hälfte des Kreuzzuges
kann seine Position zwar als gesichert, nicht aber als dominierend bezeichnet
werden. Nachdem sich Gottfrieds Bruder
Balduin
von Boulogne in Edessa niedergelassen hatte (10. März 1098)
erhielt auch Gottfried
dort Besitzungen
und wurde mit Hilfsgütern versorgt. Gewachsener Reichtum und gestiegenes
Prestige ließen ihn während des Marsches auf Jerusalem (Frühling
und Frühsommer 1099) zum Rivalen des bis dahin tonangebenden Raimund
von St-Gilles werden. Am 22. Juli 1099, eine Woche nach dem Fall Jerusalems,
wurde er zum Oberhaupt der neuen Kreuzfahrerherrschaft gewählt. Es
gibt keinen klaren Beleg, dass er den Titel eines 'advocatus Sancti
Sepulcri' geführt hat; üblicherweise nannte er sich
'princeps'.
Während seiner nur einjährigen Regierung übte er offenbar
eine straffe Kontrolle bei der Eroberung von Palästina aus und schuf
erste Grundlagen einer feudalen Organisation. Andererseits war er bereit,
für sein Fürstentum eine formelle Belehnung durch Daimbert, den
Patriarchen von Jerusalem, der zugleich päpstlicher Legat war, zu
empfangen, und Gottfried von Bouillon
dürfte auch weitreichende Zugeständnisse an die Kirche von Jerusalem
gemacht haben. Sich dadurch anbahnende tiefgreifende Konsequenzen wurden
allerdings durch Gottfrieds Bruder
und Nachfolger, Balduin I. durchkreuzt.
Band II (1990) Spalten 271-272 Autor: Friedrich Wilhelm Bautz
GOTTFRIED von Bouillon,
der Eroberer von Jerusalem im 1. Kreuzzug,
----------------------------------- seit
1076 Herzog von Nieder-Lothringen,
* um 1060, † (an der Pest) 18.7. 1100 in Jerusalem
Auf der Synode in Clermont-Ferrand rief Urban II. (s. d.) 1095 zu einem Kreuzzug auf, für den u. a. der Eremit Peter von Amiens (s. d.) als Kreuzzugsprediger in Frankreich und in Deutschland am Rhein erfolgreich warb. Unter dem Einfluß der kirchlichen Reformpartei der Cluniazenser nahm Gottfried als einziger Reichsfürst mit seinen Brüdern Balduin und Eustach am 1. Kreuzzug teil. August 1096 zog er mit einem Kreuzheer die Donau hinab durch Ungarn und Bulgarien nach Konstantinopel, das sie gegen Weihnachten erreichten. Dort verhandelte Gottfried von Bouillon mit Alexios I. Komnenos (s. d.) und leistete ihm den Lehnseid für die zu erobernden Gebiete seines Reiches. Im April 1097 setzte Gottfried nach Kleinasien über. Er beteiligte sich an der Belagerung der Festung Nizäa, die am 20.6. 1097 erobert wurde, und kämpfte am 1.7. mit in der siegreichen Schlacht bei Doryläum. Erst am 3.6. 1098 wurde Antiochia genommen. Im Juni 1099 gelangte man vor die Tore Jerusalems. Bei der Eroberung der Stadt griff Gottfried entscheidend ein. Am 15.7.1099 drang er in Jerusalem ein. Die Führer des Kreuzfahrerheeres boten die Krone des Reiches, das man zu errichten beschlossen hatte, dem Grafen Raimund von Toulose an. Als dieser ablehnte trug man sie Gottfried von Boulillon an. Er ließ sich aber nicht krönen und nannte sich nur »Beschützer des heiligen Grabes« (»Advocatus sancti Sepulchri«). Erzbischof Daimbart (Dagobert) von Pisa wurde Patriarch von Jerusalem. Gottfried hatte keinen leichten Stand. Der Besitz des Heiligen Landes war gefährdet. Die weltlichen Fürsten leisteten ihm nicht den nötigen Gehorsam. Der Patriarch behauptete, Jerusalem dürfe keinen weltlichen Herrn haben. Durch den glänzenden Sieg bei Askalon am 14.8.1099 wies Gottfried einen übermächtigen Angriff des Sultans von Ägypten ab, konnte sich aber nicht gegen die sich steigernden hierarchischen Ansprüche des Klerus behaupten. Nach seinem Tod wurde sein Bruder Balduin (s. Balduin I.) König von Jerusalem.
Literatur:
-----------
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(1898) - François Monnier, Godefrol de B. et les accises de Jérusalem,
1874 - Alphonse Vétault, Godefroi de B., Tours 1874 (18815) - Juilus
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1893 (Additam. 1904) - Ders., Die Dt. im Hl. Lande, ebd. 1894 - Ders.,
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in: Mélanges Godefroy Kurth, I, 1908, 73 ff. - Albert v. Aachen,
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1957 - John CarI Andressohn, The Ancestry and Life of Godfrey of B., Bloomington/Indiana
1947 - Henry Dorchy, G. de B. Duc de Bas-Lotharingie, in: Revue Belge de
Philologie et d'Histoire 26, Brüssel 1948, 961 ff; - Steven Runciman,
The First Crusader's Journey across the Balkan Peninsula, in: Byzantion
19, Brüssel 1949 - Ders., A History of the Crusades, 3 Bde., London
- Toronto 1951-53 (dt. 1957 ff.); - Adolf Waas, Gesch. der Kreuzzüge
1, 1956, 123 ff. 130 ff. u. ö.; II, 1956, ö. - ADB IX, 471 ff.;
- NDB VI, 663 -LThK IV, 1137; - NCE VI, 577; - ODCC2 578.
Letzte Änderung: 15.09.2001
XI. 150 b. GOTTFRIED VON BOUILLON, Graf
von Boulogne ca. 1080,
------------------------------------------- Herzog
von Nieder-Lothringen 1088, König von Jerusalem 1099
* ca. 1060, + 1100 2. IV. in Palästina
GOTTFRIED IV.
----------------------
+ 1100
Graf de Bouillon, Markgraf von Antwerpen, Herzog von Nieder-Lothringen
Gottfried von Bouillon
war 1090 mit Kaiser HEINRICH IV. in
Italien, 1096 Mitanführer des 1. Kreuzzuges und mußte unterwegs
dem Kaiser von Byzanz einen Lehenseid für eventuell zurückeroberte
ehemals byzantinische Gebiete schwören. Er eroberte Nablus, Hebron,
Tiberias, Bethlehem und 1099 Jerusalem. Gottfried
lehnte die Königskrone ab und nannte sich "Beschützer des
Grabes".
Werner Matthias: Band I Seite 449
*************
"Der Herzog von Lothringen in salischer Zeit" in Die
Salier und das Reich.
Zur Frage, ob Gottfried von Bouillon
verheiratet war und ob, wie vermutet, es sich bei seiner Gemahlin um Beatrix
von Mandeville, die Tochter eines hohen Vasallen Wilhelms
des Eroberers in Essex, handelt, vgl. die kritischen Bemerkungen
bei H.E. Mayer, Etudes sur l'histoire de Baudouin I, roi de Jerusalem,
in: Ders., Melanges sur l'histoire du Royaume Latin de Jerusalem (INstitut
de France. Memoires de l'Acad. des inscription et Belles-Lettres, N. Seite
5), Paris 1984, Seite 18ff. mit Anm. 28.
oo Beatrix von Mandeville
-
Literatur:
-----------
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Groß-Lothringen (900-1048) Verlag "Die Mitte" Saarbrücken
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1993 Band III Seite 50,58 - Payne Robert: Die Kreuuzüge. Zweihundert
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Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
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Ergänzungsband, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 170 - Werner,
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