Die durch Engildeos
Absetzung erledigten Reichslehen erhielt
ein Verwandter des Königs,
Liutbold, vielleicht der Familie
seiner Mutter Liutswinda angehörig, dem
wahrscheinlich schon
seit 893 die Mark Kärnten und vielleicht auch ein Teil
der
Ostmark zugefallen war. Er vereinigte also die Erbschaft Egildeos mit
der der Söhne Wilhelms
und Engelschalks, über
dem Sturz dieser
beiden Familien erhob er sich durch das Vertrauen ARNOLFS
zu der weitaus mächtigsten Stellung unter allen bairischen
Großen,
denn in seiner Hand ruhte die Verwaltung von zwei Marken und zwei oder
drei Grafschaften. Er sollte zugleich der Hüter der Grenze gegen
Böhmen
wie gegen Mähren sein und unter seiner Leitung den Donaugau mit
dem
Nordgau verbinden. Hierdurch wurde für den tapferen Grafen
Liutbold und sein Geschlecht zu einer ähnlichen Macht der
Grund
gelegt, wie sie in Sachsen die Nachkommen Liudolfs besaßen. Von
Befugnissen,
die sich etwa auf den ganzen bairischen Stamm erstreckten,
läßt
sich auch hier nichts nachweisen [13 Ann. Fuld. 895: in cuius
(sc. Engildieonis) locum
Liutboldus nepos regis
subrogatus
est vgl. die Urkunde vom Jahr 900 (Ried cod. dipl. Ratisbon. I,
79):
in pago Solanzgowe in comitatu Liutpoldi in loco Mulihusa
iuxta
fluviolum Solanza (Mühlhausen an der Sulz), von 903 (Mon.
Boica
XXVIIIa, 128): in pago Nordgewi in comitatu Liutpoldi in villa
eorinhova, wuae pertinebat ad Otunussaz (Ottensoos an der
Pegnitz),
vom Jahr 901 (eb. XXXa, 165): in pago Westarmann in comitatu Liutpoldi
prope vila, que dicitur Maetingan (Bergmatting
oberhalb
Regensburg) und in einer Urkunde von 903 heißt er Liutpold
dux Boemannorum (Neugart I, 525, B 1181,1189,1190 vgl auch
noch
Ried I, 78,80). Hartkirchen (Hartchirihha) in comitatu Liupoldi
comitis nostri (Mon. Boica XXXIa, 155) vermag ich nicht
nachzuweisen,
ebenso wenig in der Urkunde Ludwigs vom
16. Mai 905 (eb. 175) aquam, que dicitur Lova, an
welchem
der König einen Vasallen Liutbolds illustris marchionis
eine Hufe in comitatu sui schenkt. Als Graf von
Kärnten
erscheint Liutbold zuerst 29. September in der Urkunde für
Walthuni im Glanthale rogatu ... Liupoldi videlicet
nepotis
nostri ausgestellt: in comitatu Liupoldi in orientalibus
partibus Charanta nominatis und im Jahre 898 für Zwentibolch Liupoldi
carissimi propinqui ac illustris nostri marchionis vasallo quasdam res
iuris nostri, hoc est in Charentariche in comitatu
ipsius
consanguinei nostri curtem quae dicitur Gurca und demselben in
Carinthia
in comitatu ipsius consanguinei nostri (Hormayr Archiv f.
Süddeutschland
II, 213-215, Eichhorn Beytr. zur Gesch. v. Kärnten I, 167, II 93,
B 1118, 1139, 1140). Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, daß Liutbold
auch dem Teile der Ostmark (oder Pannoniens) vorstand,
den
früher Engelschalk verwaltet
hatte, wie man aus den Ann. Fuld. 898,900
erwähnten Kämpfen schließen darf, doch vermissen wir
seinen
Namen in den für die Ostmark erlassenen Zollgesetzen (Leg. III,
480).
Jedenfalls unrichtig ist es, wenn Giesebrecht (Deutsche Kaiserzeit I,
185)
nach dem Vorgange von Waitz (König Heinrich I Seite 126) "die
gesamten
östlichen Marken Baierns" unter seiner Leitung stehen
läßt,
da wir naben ihm stets Aribo
in der Ostmark finden. Die Verwandtschaft
mit ARNOLF bezeugt auch
das Fragment.
de Arnulfe duce (Scr. XVII, 570), wo es von diesem heißt: quia
de progenie imperatorum et regnum est ortus. Aus der Nachricht der
Mirac. S. Walburgis I. IV c. 1 (Acta sct Boll. Febr. t. III, 539): accidit
praeterea quoda tempore, ut Hildegarda
domina pacifici regis
Ludowici
filia orationis gratia cum Liutpoldo
famosissimo comite ad iam dictum
monasterium (Monheim) deveniret, folgerte Buchner (Bair.
Geschichte
II, 124), daß Liutbold der Sohn Engildeos und
Hildegards sei. Abgesehen von der großen
Unwahrscheinlichkeiti,
die darin liegt, daß der Sohn des wegen Untreue Verurteilten
sofort
noch größere Lehen als der Vater erhalten haben sollte, so
ist
die Annahme auch chronologisch unhaltbar: Hildegard,
die nirgend als uneheliche Tochter bezeichnet wird und also ohne
Zweifel
von Liutgard geboren wurde, konnte
keinesfall 895 schon einen in männlichem Alter stehenden Sohn
haben.
Über Kärnten vgl. oben Seite 361.].