Das Jahr 1158.
Im Begriff, in Italien einzurücken, schickte der
Kaiser seinen Kanzler Reinold, einen durch Rechtschaffenheit in jeder Hinsicht
bewundernswürdigen Mann, und den Pfalzgrafen Otto voraus. Diese gelangten
nach Bononia, brachten ier ihre Angelegenheiten in Ordnung und nahmen sodann
ihren Weg nach Ravenna. Als sie dahin kamen, empfing
sie der Erzbischof dieser Stadt in Begleitung von vierzehn Bischöfen,
die er aus Ehrerbietung gegen den Kaiser zusammenberufen hatte, mit großer
Ehre. Als sie aber die Botschaft des Kaisers den Bürgern verkündigen
wollten, zogen der Stadtpräfect Willehelm, der gesammte Adel und die
bewaffnete Mannschaft der Stadt nach Anchona, um das von dem griechischen
Gesandten ihnen versprochene Geld in Empfang zu nehmen und ihm den Eid
der Treue zu leisten. Sie schwuren nämlich diesem Griechen, der in
Anchona sich aufhielt, daß sie seine Person und seine Habe gegen
jedermann zu schützen sich verpflichteten. Der Kanzler Reinold und
Pfalzgraf Otto verweilten indeß zu Ravenna und erwarteten auf Bitten
des Bischofs ihre Rückkehr. Da sie aber nicht zurückkamen, so
gingen Reinold und Otto, von Zorn erfüllt, aus der Stadt ihnen nach,
und siehe, da begegnen ihnen jene auf der Rückkehr von Anchona mit
einer großen Menge Goldes, welches sie von dem Griechen erhalten
hatten. Es waren ihrer gegen dreihundert, der Ritter des Reinold aber waren
nicht mehr als zehn. Da kam der Geist der Tapferkeit über Reinold,
und im Vertrauen auf Gott griff er die Ueberzahl jener mit seinen wenigen
Leuten an. Ein Kampf entbrannte; bald wurden der Stadtpräfect Willehelm,
dessen Sohn Petrus und sechs von den Vornehmsten der Stadt gefangen; kaum
entkamen die übrigen durch die Flucht. Als hierauf Reinold und die
Seinigen sich Ariminum näherten, schickten sie Boten an die Consuln
der Stadt voraus und geboten diesen, daß sie ihnen entgegenkämen
und sie mit ihren Gefangenen aufnähmen. Dies thaten jene sofort mit
großer Ehrerbietung. Tags darauf richteten sie ihren Weg nach
Anchona. Ein solcher Schrecken aber ergriff alle benachbarten Städte
und Festen, daß die Leute ausriefen: "Seitdem die Ravennaten, welche
Herren dieses Landes heißen, gefangen sind, wer kann da den Händen
solcher Gesandten entrinnen?" Und indem diese durch alle Seestädte
zogen, nämlich durch Pisaurum, Fanum, Senogallum, verbreiteten sie
Ehrfurcht und Schrecken vor dem anrückenden Kaiser. Die Anchonitaner
aber, dem Griechen die Treue bewahrend, wollten ihnen nicht entgegengehen.
Deßhalb sammelten der Kanzler Reinold und Pfalzgraf Otto von allen
Seiten Mannschaften zu Fuß und zu Pferde und schlugen nahe am Meere
ein Lager auf, in der Absicht, die Stadt mit Sturm anzugreifen und alles,
was außerhalb der Mauern lag, zu verheeren. Als die Bürger
sahen, daß ihnen Gefahr drohe, baten sie den Griechen, er möge
jenen entgegengehen und ihren Zorn beschwichtigen. Dieser sandte an sie
nur den Grafen Alexis und bat, daß sie sowohl die Stadt um seiner
Liebe und Willfährigkeit willen schonen, als auch ihn selbst sprechen
und sehen möchten. Dies geschah. Jener Grieche nämlich kam mit
allen seinen Söldnern zu ihnen heraus vor ihr Lager, und sie ihrerseits
empfingen ihn mit Pauken (timpanis) und Fahnen und mit Rossen im Waffenschmuck.
Das alles that Reinold zur Ehre des Kaisers. Als sie nun so ihre Zusammenkunft
hielten, fingen der Kanzler und der Pfalzgraf an, dem Griechen vorzuwerfen,
was ihnen von ihm hinterbracht worden. Wegen aller dieser Vorwürfe
entschuldigte er sich deutlich und wie sich's geziemte, indem er betheuerte,
er wolle sich selbst und alles Geld seines Herrn, des Griechenkönigs,
dem Gutdünken des römischen Kaisers zur Verfügung stellen.
Als jene dies so in Ordnung gebracht hatten, standen sie ab von dem Kriegszug
und Kampfe; doch ließen sie sich zuvor von den Anchonitanern den
Eid der Treue leisten. Der Erzbischof von Ravenna aber, der dort erschien
und sich für die Befreiung seiner Leute verwendete, erlangte
durch Bitten, daß man die Gefangenen mit all ihrem Hab und Gut frei
ließ, unter der Bedingung, daß die ganze Stadt dem Kaiser die
gebührende Treue schwur; denn es waren zweihundert Jahre vergangen,
seitdem Ravenna keinem Kaiser den Treueid leistete. So nun wirkte Reinold,
als er noch Kanzler des Kaisers war.
Der Kaiser also versammelte ein sehr großes Heer
Deutsche und zog kühn und ruhmvoll nach Lombardien. Es hatten sich
viele Reichsfürsten ihm angeschlossen, unter denen die hauptsächlichsten
waren der König von Böhmen, Erzbischof Friderich von Köln,
Herzog Heinrich von Sachsen, Herzog
Friderich von Alamannien,
Herzog Bertholf von Alsatien, Herzog Heinrich von Kärnten, Landgraf
Ludwig, Pfalzgraf Kuonrad bei Rhein und viele andere Großen von
römischer Tapferkeit. Nach dem Uebergang über die Alpen kam man
an einen Fluß, der Adua genannt wird. Die Mailänder aber zerstörten
alle Brücken über dieses reißende Gewässer, um dem
Kaiser ein Hinderniß auf seinem Marsche zu bereiten; jenen Stolz
hatten sie abgelegt, mit welchem sie zuvor dem Kaiser entboten: er habe
nicht nöthig, sich bis Mailand zu bemühen, denn am Flusse Adua
würden sie ihm den Weg
vertreten. Daher begannen jetzt etliche Ritter, ihrer
Kühnheit vertrauend, auf starken Rossen den Fluß zu durchschwimmen;
jedoch viele von ihnen ertranken, von der allzu großen Wassermenge
überwältigt; nur wenige, denen die Pferde untergesunken
waren, kamen mit Mühe durch und schlugen einige Mailänder in
die Flucht, auf die sie am Ufer stießen. Die Böhmen aber ergriffen
einen von den Langobarden und zwangen ihn durch Drohungen, ihnen eine Furt
durch den reißenden Strom zu zeigen. Als er ihnen diese gewiesen
hatte, drangen sie um die Wette hinüber, schlugen Brücken und
verschafften dem ganzen Heere drei Tage hindurch einen sichern Uebergang.
Sobald nun der Kaiser das jenseitige Ufer erreichte, rückte er in
das Gebiet der Mailänder: da schlossen sich ihm die Papienser und
Cremonenser mit einem starken Heere an, die selbst auch Feinde der Mailänder
waren. Nicht lange, und sie belagerten eine Feste mit Namen Trittium,
wo eine Besatzung der Mailänder lag, und nahmen sie ein. Der Kaiser
aber schickte bei der Annäherung an Mailand seinen Marschall
mit fünfzig Rittern voraus, damit dieser einen Platz ersehe, wo das
Lager des Kaisers vor der Stadt könnte
aufgeschlagen werden. Es folgten jedoch diesem Marschall
mehr denn fünfhundert Ritter, unter denen sich ein österreichischer
Graf Namens Eckebert befand, der ohne Befehl des Kaisers mit jenen auszog.
Als sie nun vor Mailand kamen, sahen sie die Stadt auf jeder Seite befestigt,
alle Thore stark verrammelt, und hörten niemand in derselben irgend
ein Geräusch machen. Sie betrachteten sich also in aller Ruhe und
Muße die Stadt, die Gräben, die Straßen und die Stellen,
wo wohl am passendsten ein Lager sich abstecken ließe, bemerkten,
wie gesagt, von der Stadt her keine kriegerische Bewegung gegen sich und
fingen allmählich an, schnellen Laufs zum Kaiser zurückzukehren.
Graf Eckebert aber
ritt mit wenigen der seinen unglückseliger Weise
langsamer und sich gute Zeit lassend zurück. Als die in der Stadt
dies sahen, brachen ihrer gegen zweitausend aus den Thoren, trafen auf
jene und begannen einen heftigen Kampf. Hierbei wurde der tapfre Graf Eckebert
mit noch einigen erschlagen, andere aber gefangen. Als der Kaiser dies
beim Abendessen erfuhr, betrauerte er den Grafen in tiefer Betrübniß,
verwies den übrigen ihren Ungehorsam, rückte Tags darauf nun
selbst mit dem ganzen Heere an Mailand heran und ließ sein Lager
vor dem Thore, welches das römische heißt, aufschlagen,
während die übrigen Fürsten die anderen
Thore und günstigen Punkte ringsum besetzten, nachdem sie die im Umkreise
der Stadt gelegenen Weingärten zerstört hatten. Also wurde Mailand
vom ganzen Heere auf allen Seiten umlagert. Wir haben aber nicht unternommen,
alles, was bei dieser Belagerung geschah, zu schildern, weil es unserer
Kenntniß nicht vollständig vorliegt; denn wer das Einzelne schildern
wollte, der würde das Maß einer Königschronik überschreiten,
obwohl wir wissen, daß dies von einigen sorgfältig dargestellt
worden ist.
Als nun die Mailänder so belagert wurden, griffen
sie eines Tages, während die Kaiserlichen sich ruhig hielten, zu den
Waffen und machten aus drei Thoren einen kühnen Ausfall, nämlich
aus dem einen, wo das Lager des Kaisers war, aus dem zweiten, wo der König
von Böhmen die Wacht hatte, und aus dem dritten, wo der Herzog von
Sachsen stand. So wurde eine heiße Schlacht geschlagen, da die Kaiserlichen
für den Ruhm, die Mailänder für ihre Rettung stritten. Endlich
wurden die Mailänder besiegt und zum Rückzug in die Stadt gezwungen.
Es hatten sich aber eine Menge Landleute in
derselben angesammelt; als daher die Mailänder mehrere
Tage eingeschlossen waren und das Vieh nicht auf die Weide hinausziehen
konnte, so begann ein fürchterlicher Gestank in der Stadt zu herrschen.
Da erwogen die Mailänder, daß sie der kaiserlichen Majestät
keinen Widerstand zu leisten vermöchten, und beschlossen sich
zu unterwerfen. Unter Vortritt des Bischofs, dem die Geistlichkeit, dann
die Krieger, zuletzt das Volk folgten, schritten sie deshalb - ein schönes
Schauspiel - zu den Zelten des Kaisers heraus und flehten um Frieden und
Erbarmen. Der Kaiser also gewährte den Besiegten nach dem Rathe
der Fürsten Verzeihung und Frieden unter angemessener Bedingung und
für Entrichtung eines jährlichen Tributs. Der Friedensvertrag
für diesen Sieg wurde abgeschlossen am Geburtsfeste der Gottesmutter
Maria. An dem nämlichen Tage zog der Kaiser gekrönt in Mailand
ein, ein Einzug, der vielen Kaisern vordem verweigert worden. Siegreich
zog er hierauf von dannen, und da er nach Empfang von etwa fünfhundert
Geiseln hinsichtlich Mailands beruhigt war, so richtete er sein Augenmerk
auf andere Angelegenheiten. Nicht lange nachher schickte er den Kanzler
Reinold und den Pfalzgrafen Kuonrad nach Mailand wegen des Tributs, den
er den Besiegten auferlegt hatte. Die Mailänder aber, ihrer angebornen
Hinterlist gemäß, beschlossen, die Gesandten des Kaisers zu
tödten und den Krieg zu erneuern. Als dies dem Kanzler und dem Pfalzgrafen
kund wurde, flohen sie verkleidet des Nachts aus der Stadt, gelangten
zum Kaiser und machten ihm von allem Einzelnen, was geschehen war, Anzeige.
Sobald der Kaiser es erfuhr, schickte er wuthentbrannt nach allen Seiten
Boten aus, ließ die Fürsten und das Heer sich wieder versammeln
und gebot die abermalige Belagerung von Mailand. Und nun mühte
er sich drei Jahre lang ab mit der Einschließung und Verheerung nicht
der Stadt, sondern der Gegend.
In demselben Jahre starb zu Papia Bischof Friderich
von Köln.