Laut Flodoard ernannte den um 920 geborenen Ober-Lotharinger
Grafen
Friedrich 959 zu seinem - zumindest militärischen - Stellvertreter.
Graf
Friedrich war der Sohn des Pfalzgrafen Wigerich und der
Gräfin
Kunegonde und gehörte der großen ARDENNER-Sippe
an.
Er war Graf von Bar, Chaumontois, Charpeigne,
Soulossois, im pagus Ordenenis in Ober-Lothringen, von seinem
Bruder Adalbero I., Bischof von Metz, ernannter Stadtgraf in
Metz, Stiefbruder Ottos von Verdun, verehelicht mit der Tochter Herzogs
Hugo von Franzien, durch dessen Gemahlin Hadwig
Verwandter
OTTOS I. und Bruns.
Zu seinen Pfründen zählten die Klöster S. Mihiel
an der Maas, St. Die, Moyen Moutier an der Meurthe und andere.
Friedrich war die einzig verbliebene, über eigenständige,
binnenlotharische Machtkomplexe - teilweise allerdings nur indirekt - verfügende
Führungspersönlichkeit in Lotharingien, nachdem Reginar III.
958 von Brun verbannt worden war. Die
beträchtliche Anzahl geistlicher Würdenträger oder weltlicher,
hochrangiger Mitglieder des südlotharingischen Adels, die in Privaturkunden
auftreten oder Friedrich
bei Rechtsfindungen
assistieren, legen ein weiteres Zeugnis ab für die Führungsstellung,
die Friedrich bekleidete.
Friedrich, als Sprecher der in Oberlotharingien
über reiche Machtquellen verfügenden ARDENNER
Sippe, die für lange Zeit die späteren Führungsträger
Oberlotharingiens stellen sollte, war geographisch-strategisch prädestiniert
für Grenzsicherungsaufgaben im Süden Lotharingiens. Die Friedrich
in den Diplomen der Reichskanzlei gewährten Titel scheinen eine solche
begrenzte Aufgabenstellung zu bekräftigen. Zu Lebzeiten OTTOS
I. erscheint Friedrich ein
einziges Mal in einer Juni 960 datierten Königsurkunde als dux. Schon
939 tritt Friedrich in zwei Privaturkunden mit dem Kurztitel dux
auf. In einem Privileg für die Mönche der Abtei Moyen-Moutier
aus dem Jahre 942 nennt sich Friedrich dux Lotharingiae,
also zu einer Zeit, als Otto von Verdun vom König eingesetzter Lotharingien-Beauftragter
war. In zwei Privaturkunden der Jahre 950 und 957 trägt Friedrich
den Kurztitel dux, wiederum Unterstreichung seines Führungsranges,
wiederum vielleicht Andeutung einer Differenzierung vom Norden, wiederum
keine Teilungsabsicht. In einer Urkunde ebenfalls für das Kloster,
nun aus dem angeblichen Teilungsjahr 959, weist sich Friedrich
den
Titel Ego Fridericus gratia Dei et electione Francorum dux
zu.
Friedrichs I. Selbstverständnis
einer Direktverbindung an Gott wie auch electione Francorum scheinen
überdies zum Ausdruck zu bringen wollen, dass
Brun den lotharingischen Raum machtpolitisch zu durchdringen
nicht in der Lage war. In einer Urkunde für das Kloster Glodesinde
vom 1. September 962 zeichnet Friedrich als dux. Wiederum
kein Bezug auf eine Teilung. In einer vom 8. September 962 datierten Urkunde
für die Abtei S. Mihiel erscheint der Ober-Lotharinger wieder gesamtlotharingisch
als Ego Fridericus Dei miserante gratia dux Lothariensium
et senior monarchorum Sancti Michaelis. In einer Urkunde des
Jahres 966 für das Kloster Bouxier-aux-Dames läßt Friedrich
sich erneut gesamtlothringisch Fridericus divina comitante gratia
Lothariensium dux nennen. Unter den Zeugen erscheint er
mit Friderici ducis, und zwar
erstaunlicherweise vor Bischof Wigfrid, drei Grafen und 12 anderen Zeugen.
Dass Friedrich vor Bischof Wigfried
figuriert, spricht für die Echtheit dieser Urkunde.
Wir haben nun drei gesamtlothringisch formulierte Urkunden
Friedrichs
untersucht, die auf dukaler Ebene dem Herzog
Friedrich die gratia Dei zuordnen. Ohne notwendigerweise
vom deutschen Herrscher formell zum Herzog erhoben zu sein, liegt es durchaus
im Bereich des politisch Möglichen, dass die Friedrich
dank seiner grenzstrategischen Raumlage zufallende grenzsichernde
Aufgabe ihn faktisch zum dux machten. Allerdings, die - gemäß
Ruotger - königgleichen Aufgaben Bruns
in dessen Eigenschaft als Bruder des Herrschers erlauben auch die Schlußfolgerung,
dass Friedrich mittelbar vom König
autorisierter dux war, ohne genauere Definition eines bestimmten
herzoglichen Funktionsraums.
Wir stellen resümierend fest, dass 962, 963 und
966 noch gesamtlotharingisch beurkundet wird, ohne irgendwelchen Teilungshinweis.
Auch im Zusammenhang mit der Errichtung der Burg Barrum-Ducis
(Bar-le-Duc), südwärts von Verdun, finden wir Friedrich
gesamtlotharingisch
als Dux Lotharingiae. Zur Entschädigung für diesen
Burgenbau, über den sich der Bischof von Toul beklagt hatte, überträgt
diesem dux Fredericus die Abteien
S. Die und Moyen-Moutier. In Verbindung mit der Schenkung einiger bei Toul
gelegenen Besitzungen an die Kirche von St. Mihiel im Jahr 971 erscheint
Friedrich
mit den Lotharingien umfassenden, ethnisch zuordnenden Titel duce
Lothariensium Friderico.
Auch die Standorte herrschaftlichen Eingreifens Friedrichs
sprechen
gegen eine Teilung der Gewalten oder gegen eine vom König initiierte
raum- und herrschaftspolitische Aufteilung Lotharingiens. Zum Jahr 959
berichtet Flodoard von einem durch Brun
angeordneten Eingreifen
Friedrichs
gegen
Graf Immo, dessen Machtbereich in der Gegend von Maastricht lag. Zum Jahr
960 schildert derselbe Chronist, dass in Anwesenheit Friedrichs,
Lothariensium duce, die zu der Reimser Kirchenprovinz gehörige
Feste Mezieres dem Reimser Erzbischof zurückgegeben wird. Unabhängig
davon, dass ein militärisches Eingreifen Friedrichs
in N-Lotharingien wenig verständlich erscheint, weil seine Machtquellen
im Süden und Immos Potential bei Maastricht, also im Norden, lagen,
sprechen auch diese Mitteilungen Flodoards zu den Jahren 959 und 960 gegen
eine inzwischen erfolgte Zweiteilung Lotharingiens, umso mehr als von Gottfried
auch in diesem Teil der Annalen Flodoards keine Rede ist.
Fassen wir kurz zusammen, was wir bisher für den
Ober-Lotharinger Friedrich
I. haben feststellen können:
Das erste und einzige Diplom OTTOS
I., das Friedrich mit dem
Kruztitel dux ausweist, ist von Juni 960 datiert. Die Privaturkunden
formuliren teils gesamtlotharingisch, teils ohne jeglichen geographisch-politischen
Hinweis. Also ebenfalls kein Trennungsindiz. Mit einer - im übrigen
unzuverlässigen - Ausnahme enthalten auch die erzählenden Quellen
für unsere Berichtsepoche keinen Text, der auf eine Teilung Lotharingiens
959 oder um 959 deuten könnte. Das gleiche gilt für die außenmilitärischen
und außenpolitischen Missionen, deren Berichte sowohl den Ober-Lothringer
Friedrich
wie auch Gottfried vollends übergehen.