Nach der Übergabe OTTOS
III. an seine Mutter auf dem Tag zu Rara am 29. Juni 984 kam
es in Lothringen zu einem neuen Aufschwung für die kaiserliche Partei.
An ihre Spitze traten Herzog Dietrich von Ober-Lothringen
und Graf Gottfried von Verdun. Von weiteren Parteigängern sind bekannt:
Siegfried von Luxemburg und die Grafen Bardo und Gozelo, die ihrerseits
Neffen des Grafen von Verdun waren. Zunächst widmeten sie sich der
Wiedereroberung von Verdun, die wahrscheinlich Ende September 984 gelang.
Etwa zur gleichen Zeit war es dem kaiserlichen Hofe durch den Tod Bischof
Dietrichs von Metz möglich, die kaiserliche Partei in Lothringen weiter
zu stärken. Das erledigte Bistum wurde Adalbero, dem Sohn der Herzogin
Beatrix, übertragen, der zuvor schon zum Bischof von Verdun
ausersehen worden war, aber durch den Tod OTTOS
II. seine dortige Anerkennung noch nicht erhalten hatte. Auch
nach Verdun kam als Bischof ein Anhänger der kaiserlichen Partei,
ein weiterer Adalbero, Sohn des Grafen Gottfried von Verdun. Um diese Stadt
entwickelte sich in einem prinzipiell gearteten Sinne die Auseinandersetzung
mit dem westfränkischen König. Er hat zu Ende des Jahres 984
mit den Vorbereitungen zur Rückeroberung begonnen. Auf der Gegenseite
hat man sich eifrig zur Verteidigung gerüstet. Der Angriff Lothars
war erfolgreich. Bei der Übergabe gerieten die Verteidiger, darunter
Herzog
Dietrich von Ober-Lothringen, Graf Siegfried von Luxemburg und
Graf Gottfried von Verdun in Gefangenschaft.
Lothar
hat seine Aktion nicht weitergeführt, er ist wieder ins westfränkische
Reich zurückgekehrt.
Nach den Worten des Gerbert von Aurillac ist es unklar,
ob Dietrich durch das Eintreten seines
Onkels Hugo Capet von Francien freikam,
oder ob er mit anderen lothringischen Gefangenen nach dem Tode König
Lothars entkam.
In der Entwicklung in Ober-Lothringen darf man annehmen,
dass Herzog Dietrich bei der Rückkehr
aus seiner Gefangenschaft etwa 15 Jahre alt war, und so wird sich wohl
in diesen Jahren die Frage seiner eigenständigen Regierung erhoben
haben. Wir sehen indes, dass seine Mutter Beatrix
noch bis zum April 987 die Regierungsgeschäfte geführt hat. Wenige
Monate zuvor, im Januar 987, wurde ihr Sohn in einer kaiserlichen Urkunde
genannt, als er an einem Hoftag in Andernach teilnahm. Es sieht so aus,
dass er zu diesem Zeitpunkt schon an den Regierungsgeschäften teil
hatte. Aber dann verschwinden Beatrix
wie Dietrich völlig
aus den Quellenberichten. Das ist um so auffallender, als OTTO
III. in den Jahren 992 und 995 vorübergehend Aufenthalt
in Lothringen nahm, so dass man in den damals ausgestellten Urkunden Beatrix
oder Dietrich erwähnt erwarten
könnte.
Zur Erklärung dieser Sachlage hat man einen Bericht
über die Gründung und die Güter der Kirche St. Maximus in
Bar herangezogen. In diesem Bericht wird an zwei Stellen von Schenkungen
gesprochen, die Herzog Dietrich vom
Papst aus Anlaß der Gefangenschaft seiner Mutter auferlegt worden
seien. Von der Gefangensetzung Beatrix ist nur bei Calmet die Rede.
Die gleichzeitige Nichterwähnung Herzog
Dietrichs für die gesamte restliche Regierungszeit OTTOS
III. läßt sich ebenfalls anders als bisher erklären.
Die Streitsache um den Einfluß in Lothringen zwischen Karl
von Nieder-Lothringen und Beatrixfür
ihren Sohn war ja nicht geregelt worden. Die Herzogin hatte nun im Frühjahr
987 die Konferenz von Montfaucon unter Ausschluß der Kaiserin
Theophanu vorgeschlagen. Neben der anscheinend bestehenden Absicht,
Beatrixmehr
in der Vordergrund zu rücken, wovon Gerbert von Aurillac ausdrücklich
schrieb, wäre das westfränkische Übergewicht bei einer solchen
Konferenz so stark gewesen, dass man dahinter wohl noch besondere politischen
Absichten suchen muß. Vermutlich hat die dementsprechende Warnung
Gerberts ihre Auswirkungen auf die weitere Politik des kaiserlichen Hofes
gehabt, von der wir als einen charakteristischen Punkt herausstellen können,
dass sie das Haus Karls von Nieder-Lothringens
im lothringischen Raum begünstigte, wohl um auf diesem Wege ein Gegengewicht
gegen eine allzu sehr nach westfränkischer Seite ausschauende Haltung
des oberlothringischen Herzogshauses zu gewinnen. Von Karls Sohn Otto erfahren
wir ja, dass er mit OTTO III. in guter
Verbindung stand, anscheinend war daneben kein Platz für Dietrich
von Ober-Lothringen.
Im Ganzen gesehen, gibt es also keine sichere Basis,
um von einer Auseinandersetzung zwischen Beatrix
und ihrem Sohn Dietrich zu sprechen.
Wir wissen, wie schon gesagt, über den Herzog in dieser Zeit praktisch
nichts. Er scheint damals geheiratet zu haben. Über die Herkunft
seiner Gemahlin ist keine einwandfreie Nachricht erhalten. Da er später
vom Grafen Folkmar von Luneville erbte, glaubt man, sie sei dessen Tochter
mit Namen Richildis gewesen. Nach dem Tode OTTOS
III. hat Herzog Dietrich angesichts
der Spaltung über die Nachfolgefrage im Reich zunächst noch mit
seiner eigenen Stellungnahme gezögert. Als bei der Trauerfeier für
den verstorbenen Kaiser in Aachen, Anfang 1002, ein Teil der anwesenden
Großen sich für Herzog Hermann von Schwaben als Nachfolger erklärte,
wartete Dietrich weiterhin noch ab.
Es gelang dann Herzog Heinrich von Bayern,
sich durch den Erzbischof von Mainz zum König krönen zu lassen.
Darauf huldigten ihm die Großen an der Mosel. Damit sind wohl in
erster Linie die des Moselgaues gemeint, dessen Graf, Heinrich von Luxemburg,
ein Schwager des Königs war. Herzog Dietrich
dürfte sich noch immer ferngehalten haben. Es ist nicht ausgeschlossen,
dass er damals an einen Anschluß an den
französischen
König Robert gedacht hat.
Im Januar 1003 ist der König dann auch in Ober-Lothringen
erschienen und hielt einen Hoftag in Diedenhofen ab. Dabei scheint sich
seine Autorität im Lande etwas gefestigt zu haben, obwohl Herzog
Dietrich noch in einiger Obstruktion verharrte. Der König
befahl zwar die Zerstörung einer seiner Burgen, konnte aber dadurch
nicht seine Unterwerfung erzwingen.
In Ober-Lothringen hat Herzog
Dietrich nach dem Tode des Bischofs Adalbero von Metz, seines
Bruders, im Dezember 1005 versucht, die Stellung seines Hauses in Metz
zu wahren und zu festigen. Er beabsichtigte, auf den Bischofsstuhl seinen
eigenen Sohn Adalbero zu bringen. Da dieser jedoch noch unmündig war,
konnte er die kirchlichen Weihen nicht empfangen. Aus diesem Grunde bestimmte
der Herzog seinen Vetter, Dietrich von Luxemburg, zum Administrator des
Bistums, um es auf diese Weise seinem Sohn zu sichern. Aber Dietrich von
Luxemburg hat sich dann mit Hilfe des Metzer Klerus selbst zum Bischof
aufgeschwungen. Dieser Rückschlag für den Herzog wurde noch dadurch
verschärft, dass er die Grafschaftsrechte in Metz verlor. Er konnte
sich in diesen Fragen nicht mehr durchsetzen, obwohl sein Sohn ehedem anscheinend
bereits durch Kaiser HEINRICH anerkannt
worden war.
Etwas auffallend ist die Verdrängung des Herzogs
Dietrich als Graf von Metz. Es scheint doch, dass in dieser
Frage der Kaiser sich gegen ihn erklärte. Damit im Zusammenhang taucht
wiederum die Vermutung eines Anschlusses des Herzogs an Frankreich auf.
Innerhalb dieser Geschehnisse besitzen wir über
Herzog
Dietrich keinerlei Nachrichten. Es ist aber wohl sicher, dass
er diese einzigartige Gelegenheit der Verfeindung des Kaisers mit den LUXEMBURGERN
für seine Zwecke entsprechend zu nutzen suchte. Man darf also annehmen,
dass in dieser Zeit eine Annäherung zum Kaiser zustande kam. Dessen
Aktion gegen Metz hat übrigens damals zu keinem Erfolg geführt,
er brach sie im Oktober 1009 ab. Im Juli 1011 dann wurde auf einem Hoftag
in Mainz, zu dem die LUXEMBURGER und
auch
Herzog Dietrich erschienen waren,
der Versuch gemacht, die Angelegenheit zu regeln. Doch wurden die Vorstellungen
der LUXEMBURGER vom Kaiser nicht angenommen,
ihnen wurde lediglich ein Waffenstillstand bewilligt.
Die LUXEMBURGER haben
anschließend den Herzog Dietrich
und die Bischöfe von Toul und Verdun, die zusammen von Mainz abreisten,
überfallen, wobei der Herzog in Gefangenschaft geriet, in der er längere
Zeit verblieb. Im Herzogtum Ober-Lothringen ergab sich in dieser Zeit eine
Änderung, die sich allerdings nicht klar erfassen läßt.
Es ist eine Urkunde des Bischofs Berthold von Toul aus dem Jahre 1019 erhalten,
die nach Herzog Dietrich und seinem
Sohn Friedrich datiert ist. Auch sonstwo erscheint in der Folgezeit Friedrich
als Herzog und dazu noch in maßgebender Stellung, während andererseits
sein Vater Dietrich nachweislich noch
lebte. Man kann sich etwa vorstellen, dass während der luxemburgischen
Gefangenschaft des Herzogs sein Sohn die Geschäfte im Herzogtum führte
und dadurch in eine assoziierte Stellung zu seinem Vater hinein gewachsen
ist, und dass schließlich
Kaiser HEINRICH
ihm bereits die Nachfolge im Herzogtum zusicherte, so dass er schon den
Herzogstitel führen konnte. Irgendwelche Dokumente oder dokumentarische
Berichte darüber besitzen wir indes nicht.
Herzog Dietrich geriet
in dieser Zeit unter einen wachsenden politischen Druck von seiten des
Grafen Odo von der Champagne. Wie sich hier die Verhältnisse im einzelnen
entwickelten, ist uns nicht überliefert. Vermutlich gehen aber die
Ursachen dieses Gegensatzes auf die Zeit der Gefangenschaft Dietrichs
und des Grafen Gottfried von Verdun zurück. Damals hatten die Grafen
von Vermandois ja besondere Vorteile für sich herausschlagen können.
Graf Odo von der Champagne, der mit dem Hause VERMANDOIS verwandt war,
erbte den Besitz dieses Hauses im Bereich des Herzogtums Ober-Lothringen.
Dadurch lassen sich sofort aufkommende Spannungen zwischen Odo und Dietrich
erklären.
Die Auseinandersetzung mit Odo war dann auch der Gegenstand
der Verhandlungen zwischen Kaiser HEINRICH II.
und König Robert von Frankreich
im Jahre 1023 in Ivois. Der lothringische Herzog war dabei anwesend. Da
König
Robert
sich ebenfalls in Gegensatz zu Odo befand, übernahm
der Kaiser die Vermittlung dieses Streites. Die entsprechenden Verhandlungen
sollten anschließend in Verdun stattfinden. Dort gelang dem Kaiser
dann eine Aussöhnung zwischen
Dietrichund
Odo im September 1023. Die Burgen, die letzterer auf oberlothringischem
Gebiet angelegt hatte, wurden geschleift.
Nach HEINRICHS II.
Tod war man in besonderem Sinne an der Wahl von 1024 interessiert, weil
Konrad der Jüngere der Sohn der Gemahlin Friedrichs von Ober-Lothringen
aus ihrer ersten Ehe war. Die Annahme allerdings, dass Friedrich
und seine Gemahlin seine Kandidatur veranlaßt hätten, ist eine
reine Vermutung, die durch keine Quellenangaben gestützt werden kann.
Man muß demnach die führende Rolle beim Widerstand
gegen die Königswahl wohl Herzog Gozelo zuschreiben, er hat dann Herzog
Dietrich
zu
aktivem Handeln aufgerufen. Die lothringischen Bischöfe unterwarfen
sich noch im Jahre 1024 König KONRAD II.,
doch blieb in Lothringen eine Opposition bestehen. Zu Weihnachten 1025
erschienen dann in Aachen, wohin KONRAD
gekommen war, die Herzöge Gozelo und Dietrich,
erkannten den König an und huldigten ihm. Anschließend zogen
der König und Herzog Dietrich gemeinsam
nach Trier. Das ist dessen letztes öffentliches Auftreten gewesen,
er ist im Jahre 1026 oder 1027 gestorben.