Sohn des Grafen Lothar-Udo I. von Stade
Thiele, Andreas: Tafel 216
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band I, Teilband 1"
UDO
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+ nach 1040
Udo war Graf im
Lies- und Rittigau. Gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich
und den Northeimer
Grafen war er an der Ermordung des Markgrafen
Ekkehard I. von Meißen in Pöhlde beteilgt. Er wurde
ebenfalls kaum bestraft und wurde nach 1007 bei wichtigen Anlässen
oft als Zeuge genannt. Nach 1013 amtierte
Udo
in der Dorfmark Pöhlde, also im östlichen Teil des Liesgaues,
die 1002 im Besitz seines Bruders war. Graf Udo
verfügte
ebenfalls im Rittigau über richterliche Befugnisse. Außerdem
verwaltete er eine Grafschaft im kleinen Gau Hemmersfeld, der ein Teilgebiet
des sächsischen Hessengaues war. Udo
unterhielt
enge Beziehungen zu Paderborn und war auch Vogt von Bremen. Er stand
zum bischöflichen Cousin in Münster und bekriegte mit ihm die
Grafen von Werl-Arnsberg und nahm 1018 sogar den Grafen Hermann II. gefangen.
Den Ereignissen des Jahres 1002 verdanken wir die erste
ausführliche Kunde von den Familienverhältnissen Siegfrieds
I. und der Rolle seiner Söhne beim Regierungsantritt HEINRICHS
II.
Thietmar, unsere Hauptquelle, berichtet ausführlich
von einer zu Frohse/Elbe stattgefundenen Versammlung sächsischer,
HEINRICH II. günstig gesonnener
Großer, auf der der thüringische Markgraf Ekkehard vergeblich
versuchte, für seine Ansprüche auf den Thron Anhänger zu
gewinnen. Sein Hauptgegner scheint Graf Lothar von Walbeck gewesen zu sein,
der seinen Forderungen aufs schärfste entgegentrat. Nachdem sich Ekkehard
als ungeladener Gast in Werla den Haß der beiden Schwestern OTTOS
III., Sophie und Adelheid,
zugezogen hatte, begab er sich über Hildesheim nach Paderborn, wo
ihm jedoch mitgeteilt wurde, dass sein mit Herzog Hermann II. von Schwaben,
einem weiteren Thronbewerber, in Duisburg geplantes Zusammentreffen nicht
stattfinden könne. Auf seinem Rückweg von Paderborn berührte
er auch Northeim, die curtis des Grafen Siegfried I. Hier eröffnete
ihm "domna Ethelind cometissa, euod Sigifrith et Benno, senioris suimet
filii, cum confratibus Heinrico et Udone aliisoue suis se nace sua tractarent
insidiis, supoliciter efflagitens, ut aut ibi usque in crastinum maneret
seu alio diverteret" Da jedoch der Markgraf seine Reise nicht verzögern
wollte, brach er unverzüglich nach Pöhlde auf, wo in der
Nacht des Verhängnis über ihn hereinbrach: die Verschwörer
überfielen Ekkehard und sein Gefolge, und ihn selbst traf aus der
Hand des jungen Siegfried II. von Northeim der tödliche Lanzenstoß.
Auch in den Parallelquellen erscheint Siegfried als der eigentliche Mörder
Ekkehards; man darf ihn deshalb als das Haupt der Verschwörung ansprechen,
ohne die Mittäterschaft seines Bruders Benno und der "confratres"
Heinrich
und
Udo zu unterschätzen. Halten
wir nach der Schilderung der Mordtat inne, um die Genealogie zu ordnen.
Die Angabe Thietmars, dass Siegfried I. zwei Söhne, nämlich Siegfried
II. und Benno, hatte, wird vom Annalisto Saxo bestätigt und insofern
erweitert, als er uns auch die Mutter der Brüder mit Namen Mathilde
nennt. Daraus folgt, dass die von Thietmar erwähnte Ethilinde zumindest
seit Ende April 1002, wahrscheinlich aber viel früher, Siegfrieds
I. zweite Gemahlin gewesen ist. Über Mathilde und Ethilinde haben
sich keinerlei Nachrichten erhalten. Zum Verständnis des Mordes von
Pöhlde ist es weiterhin erforderlich, die Herkunft der bei Thietmar
genannten confratres Heinrich und Udound
ihr Verhältnis zu den NORTHEIMER Brüdern zu klären. Der
Annalista Saxo bezeichnet beide als KATLENBURGER,
ohne jedoch ihre Herkunft anzugeben. Die Ansicht Wedekinds, der in
ihnen die Söhne des im Liesgau bis 995 nachweisbaren Grafen Sigebert
sah, fand eine schnelle Entgegnung durch Schrader, der, verleitet durch
die Bezeichnung "confratres" bei Thietmar, die beiden KATLENBURGER
als "Mitbrüder" Siegfrieds II. und Bennos von Northeim und Söhne
aus Siegfrieds I. zweite Ehe mit Ethilinde betrachtete. Die damit behauptete
Abstammung der Grafen von Katlenburg von denen von Northeim fand zunächst
allgemein Zustimmung, bis Kurze in seiner Thietmarausgabe diesen Irrtum
Schraders richtigstellte und "confratres" mit "Brüder" übersetzt
wissen wollte. Die These Schraders erfuhr dann durch Uslar-Gleichen ihre
endgültige Widerlegung. Seinen stichhaltigen Argumenten kann man noch
hinzufügen, dass bei Ansetzung der KATLENBURGER
als Seitenverwandte der NORTHEIMER im Sinne Schraders die um das Jahr 1100
geschlossene Ehe zwischen Dietrich III. von Katlenburg und Adela,
der Tochter Kunos von Beichlingen und Enkelin Ottos von Northeim, eine
Verwandtenehe im 4. Grade gewesen wäre. Die Tatsache aber, dass diese
Ehe vollzogen wurde, spricht deutlich gegen Schraders These. Eine Verwandtschaft
beider Geschlechter ist nach alledem vor der eben erwähnten Ehe nicht
nachweisbar. Einen Schritt weiter führt die Behauptung Uslar-Gleichens,
dass die Grafen Heinrich und Udo von Katlenburg
als Söhne des Grafen Luder-Udo I. von Stade anzusehen seien,
eine These, die neuerdings von Hucke durch die Kombinierung zweier Thietmarstellen
quellenmäßig unterbaut wurde. Damit darf die Abstammung der
Grafen von Katlenburg von den Grafen von Stade als sicher gelten.
Nach diesen Voruntersuchungen wollen wir die Frage nach
den Motiven des Mordes von Pöhlde, soweit sich aus den spärlichen
Andeutungen der Quellen ein Bild gewinnen läßt, zu beantworten
suchen. Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass die Bestrebungen
Lothars von Walbeck, des Hauptgegners Ekkehards, der Thronfolge
HEINRICHS II. gegolten haben. Durch den Nachweis, dass die Grafen
von Katlenburg Abkömmlinge der Grafen von Stade sind, wird ferner
deutlich, dass Heinrich und Udo
an der Mordtat als die Verwandten und Helfershelfer Lothars von Walbeck
Anteil nahmen, waren sie doch Neffen von Lothars Schwägerin, der STADERIN
Kunigunde. Diese Umstände haben offenbar Thietmar, den Sohn der Kunigunde,
veranlaßt, die eigentlichen Hintergründe der Bluttat zu verschweigen.
Da dieselbe jedoch nicht im Auftrage HEINRICHS
II. geschah, werden soweit erkennbar, die Familienstreitigkeiten
zwischen Lothar von Walbeck und Ekkehard, über die uns Thietmar ausführlich
berichtet, und die gegen die ehrgeizigen Pläne des Rivalen gerichtete
Eifersucht Lothars zumindest den äußeren Anlaß zum Mord
gegeben haben. Die weiteren von Thietmar aus 2. Quelle als Beweggründe
genannten Umstände, die auf Anstiften Ekkehards erfolgte Peitschung
Heinrichs von Katlenburg und die Dienstfertigkeit der Mörder den beleidigten
Schwestern OTTOS III. gegenüber,
treffen jedenfalls nicht den Kern der Sache und dürften nur eine sekundäre
Rolle gespielt haben. Man ist daher unwillkürlich geneigt, nach tieferen
Ursachen zu fragen. Vielleicht kennzeichnet der Mord von Pöhlde ein
durch die oben erwähnten Familienhändel bedingtes Wiederaufleben
des alten zwischen STADERN und BILLUNGERN bestehenden Spannungsverhältnisses,
mit denen die beiden Kontrahenten, Lothar und Ekkehard, versippt waren.
oo Bertrada aus Schwaben (Beatrix de Sueva)
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Kinder:
Dietrich I.
-10.9.1056
Literatur:
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Annalen
von Hildesheim ad a.1039 - Annalista
Saxo: Reichschronik Seite 69,72 - Lange, Karl-Heinz: Die Grafen
von Northeim (950-1144). Politische Stellung, Genealogie und Herrschaftsbereich.
Beiträge zur Geschichte des sächsischen Adels im Hochmittelalter
Dissertation Kiel 1958 Seite 12-18 - Rupp,
Gabriele: Die Ekkehardiner, Markgrafen von Meißen, und ihre Beziehungen
zum Reich und zu den Piasten, Peter Lang GmbH Frankfurt am Main 1996
Seite 81-86 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln
zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag
Frankfurt/Main 1993 Tafel 216 - Thietmar von Merseburg: Chronik
Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 - Weinfurter,
Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich
Pustet Regensburg 1999, Seite 52 - Winzer,
Hans-Joachim: Die Grafen von Katlenburg (999-1106). Dissertation Göttingen
1974 Seite 42-44 -