Heyck Dr. Eduard: Seite 17-96
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"Geschichte der Herzöge von Zähringen"

Bertold I. war, ehe er Herzog wurde, Graf. Und zwar verwaltete er nicht nur alsbald nach seines Vaters Tode die Grafschaften, die sein Großvater gehabt hatte und die gewiß auch sein Vater später wieder gehabt hatte, obwohl sich in unseren Quellen keine Gelegenheit mehr bietet das unmittelbar zu erkennen, nämlich den Breisgau und den Thurgau, sondern auch seines Vaters sichere Grafschaft, die Ortenau. Ferner war er Graf im Albgau, aus dessen spärlichen Quellen nicht zu ersehen ist, wann er an dies Haus kam und vielleicht auch schon in dem später sicher dem Grafenamt der ZÄHRINGER unterstehenden Teil der 999 noch einheitlichen Baar, der zugleich einen guten Teil ihres Besitzes umschloß. Da dieser Graf Bertold vor 1056 zum Gedächtnis seines (mütterlichen) Großvaters einen Mansus in dem Dorf Wiesen im Klettgau an Reichenau vergabte, wird von der schon früher herangezogenen Urkunde Eberhards des Seligen von Nellenburg erwähnt.
Die sich fast über ganz Schwaben erstreckenden Ämter und Besitzungen des zähringischen Hauses waren es wohl, die ihm auch die Vogtei über die Besitzungen des Hochstifts Bamberg in Schwaben brachten.
Die Chronik Ekkehards von Aura erzählt, Kaiser HEINRICH III. habe in einem seiner letzten Jahre Graf Bertold die Nachfolge im Herzogtum Schwaben für den Todesfall des dortigen Herzogs Otto von Schweinfurt versprochen und ihm als Zeichen der Erinnerung an das kaiserliche Wort den Ring von seiner Hand übergeben. Doch die Regentin Agnes übergab 1057 Schwaben an Rudolf von Rheinfelden, den sie mit ihrer Tochter Mathilde verlobte. Agnes mochte sich mit Recht scheuen, Schwaben, das Land, das vor allen der Krone und ihren salischen Trägern, den Nachkommen Giselas bisher in Treuen nahe stand, demjenigen zu überlassen, dessen ohnehin große Macht und Bedeutung im Lande dasselbe am ehesten dem Kaiserhause entfremden konnte. Über Bertolds Verhalten in den folgenden Jahren gegenüber dem Hofe und Rudolf verlautet keinerlei sichere Nachricht, mag nun der planreiche Mann die Zurücksetzung mit guter Art und fernerer Hoffnung getragen haben. Offenen, feindseligen Trotz bekundete Graf Bertold nicht, uns um so eher konnte die Kaiserin an eine Entschädigung für ihn denken, die auch in dem Interesse RUDOLFS war, das ihr so sehr am Herzen lag, insofern nämlich, als eine anderweitige Aufgabe Bertold von den schwäbischen Dingen abziehen mußte.
Nach dem Tode Konrads III. von Kärnten im Jahre 1061 war das unruhige Land dem schwäbischen Grafen Bertold übertragen worden.
Und nunmehr, nachdem Berthold Herzog geworden, ist es gelegene Zeit seiner Gemahlin, Richwaras zu gedenken. Eine Urkunde im Besitzrodel von St. Peter auf dem Schwarzwalde, die einzig ihren Namen aufbewahrt hat, verzeichnet, dass Bertold mit seiner Gemahlin Richwara zugleich einst Güter im Neckargau (im jetzigen württembergischen Oberamt Kirchheim unter Teck) an das in der Folge nach St. Peter übertragene Kloster Weilheim überwiesen habe. Über die von den Quellen im Dunkel gelassene Herkunft der Herzogin ist aber neuerdings die sehr zu beachtende Vermutung aufgestellt worden, "Richware, erste Gemahlin Bertolds I., sei höchst wahrscheinlich eine Tochter des 1039 verstorbenen Herzogs Konrad II. (von Kärnten) "gewesen und durch sie seien von der Seite ihrer Großmutter, der schwäbischen Herzogs-Tochter Mathilde (der Mutter ihres Vaters, eben des Herzogs Konrad II.) ererbte alaholfingische Güter auf ihren Gemahl Bertold I. übergegangen. Zu diesen würde sich auch das von beiden an Weilheim Geschenkte als ein altes alaholfingisches Gut vortrefflich fügen. Und nun kommt ferner zur Bestätigung dieser Aufstellung in Betracht der wichtige Kern einer Mitteilung Ekkehards von Aura, die zwar nicht irrtumsfrei ist, aber nicht zu denen gehört, welche willkürlich entstehen: der Chronist erzählt nämlich, dass Kärnten nicht nur an Bertold I., sondern später auch an dessen Sohn von HEINRICH IV. übertragen worden sei, er versäumt auch nicht hinzuzusetzen, dass der spätere Verlust des Herzogtums Vater wie Sohn betroffen habe. Dieser Hergang scheint mir auf die Weise am natürlichsten begründet zu werden, wenn man den Sohn Bertolds und Richwares als Träger gewisser erblicher Ansprüche auf Kärnten, die durch die Mutter auf ihn gekommen seien, betrachtet. So glaube ich denn, dass Bertold I. in eigener Person ordnungsgemäß von der Reichsgewalt mit der Wahrnehmung des herzoglichen Amtes in Kärnten betraut wurde, ohne dass am Anfang seine Ehe mit Richwara dazu beigetragen hatte; dass er danach jedoch zur Verstärkung dieser Stellung gegenüber sowohl den Kärntnern, wie der Krone, eine mütterliche Anwartschaft als für seinen Sohn bestehend hervorhob und für den letzteren, Hermann, innerhalb der nächsten Jahre, wenn nicht ganz, so doch zum Teil auf jene Erbansprüche hin vom König eine Mitübertragung des Herzogtums auswirkte, die zunächst in Hermanns Titel eines Markgrafen (von Verona) zum Ausdruck kam.
Sollte der neuernannte Herzog nun versuchen, worin Konrad gescheitert war? Bertold hat tatsächlich keine Truppen versammelt, um mit ihnen nach Kärnten zu ziehen, und sich keiner Niederlage durch die ihm zugewiesenen Untertanen ausgesetzt; wir erfahren nicht einmal, ob er überhaupt ernstlich an die Besitznahme gedacht hat. Ebensowenig hat die Reichsregierung etwas dafür getan, die Einführung des von ihr eingesetzten Herzogs zu erleichtern. Es ist aber von der anderen Seite nicht minder natürlich, wenn Bertold nach 1061 nicht länger Graf schwäbischer Gaue unter dem Herzogtum des Rheinfelders geblieben ist; schon für beide Herzöge selbst muß ja ein solches Verhältnis lästig gewesen sein. Einen Gau, nämlich den Breisgau, hatte Herzog Bertold seinem Hause gewahrt. So stand denn nunmehr Bertold als gleichberechtigter Fürst neben dem RHEINFELDER da, dem gegenüber er keine Pflichten mehr hatte, währen der darum doch durch seinen Grundbesitz und das breisgauische Grafenamt seines Hauses fest in Schwaben wurzelte. Es ist begreiflich, wenn Bertold in dieser Stellung, im Range eines Herzogs, tatsächlich als großer Herr ohne Amt in Schwaben lebend, bald dazu gelangte, sich vorzugsweise um Dinge im Reiche und unter dem Fürstenstande zu bekümmern.
Bertold und Rudolf von Schwaben waren seit 1062 vertraute Freunde des Erzbischofs Anno von Köln. Nach der Verjagung des Erzbischofs Adalbert von Bremen aus der königlichen Nähe folgen die Jahre, die Rudolf und Bertold immer enger aneinander schließen und andererseits die innere Entfremdung des Königs und der Fürsten voneinander zum landkundigen, offenen Bruch zeitigen sollten. Bertold hatte bis zum Wormser Ausgleich im Jahre 1072 alles mit Rudolf: die Unzufriedenheit, die Opposition, das Verdächtigwerden, die Gefahr geteilt. Aber mit ihm bedurfte es keines besonderen Ausgleichs; der mit Rudolf getroffene galt stillschweigend auch für ihn. So steht Bertold also doch nur im Hintergrunde da, als der Helfer Rudolfs und sein auf eigene gesonderte Berücksichtigung verzichtender Genosse, wie es ja der landlose Herzog auch schwerlich anders hätte tun können. Er hat allezeit in treuer Freundschaft an Rudolf und an der Richtung festgehalten, die nunmehr längst auch seine innere Überzeugung für sich gewonnen hatte. Dem Kärntner-Herzog Bertold soll - so wird erzählt - wegen desselben Aufruhrverdachts, der Rudolf traf, der König, als er das Weihnachtsfest 1072 zu Bamberg feierte, als Abwesenden und ohne ordentliche Verhandlung Kärnten entzogen und dieses an Markward von Eppenstein gegeben haben.
Doch dieses Vorgehen HEINRICHS, das ein vielfach anzufechtender Erzähler allein berichtet, kann unmöglich in dieser Weise stattgehabt haben. Denn Lambert selber muß bei Schilderung der Vorgänge auf der Harzburg zum August 1073 erzählen, der König habe sich dort gegenüber Bertold mit den heiligsten Beteuerungen verschworen, Kärnten an niemand anders übertragen zu haben. Da vermeidet also schon der Wortlaut überhaupt von einer Entziehung zu reden, und ferner, wenn eine solche und eine anderweitige Übertragung auf einem öffentlichen Hoftag stattgefunden hätte, so hätte es, und wäre er selbst ein aller Wahrheit offen ins Gesicht schlagender Mann gewesen, der König nicht leugnen, hätte Bertold sich nicht völlig beschwichtigen lassen können. Diese ganze Harzburg-Angelegenheit und was alles über dieselbe berichtet wird, zeigt eines deutlich: wie fremd doch Bertold gegenüber den Kärntner Dingen stand und selbst ungenau und nur durch Hörensagen über sie unterrichtet war.
Überblicken wir noch einmal die ganze Sachlage. Bertold war ein alter Mann, der schon seine Enkel auf den Knien wiegte; in all den Jahren war er, auch unter den Regentschaften, kaum je am Hofe erscheinen. Er hielt zu Rudolf und galt als beteiligt bei den Plänen der Unzufriedenen, aber doch nur als Gesinnungsgenosse und ruhigerer Teilnehmer; nur der kleinere Teil der Annalisten erachtet es für nötig, wenn vom Fürstenwiderstand die Rede ist, seiner ausdrücklich zu gedenken; hatte es uns doch einzig der Brief Annos wissen lassen, dass auch Bertold unter den Männern von Tribur war. Bei der Aussöhnung von Worms genügte es, dass Rudolf erschien; auch des Königs Augenmerk fiel also nicht in erster Linie auf Bertold. Aber andererseits hatte der König auch am wenigsten Grund hemmend einzugreifen, wenn des ZÄHRINGERS schattenhaftes Herzogtum immer mehr zum Gespött wurde; er konnte vielmehr persönlich und selbst als Oberhaupt des Reiches zufrieden sein, wenn ein anderer, ihm nahestehender Mann in Kärnten zu wirklicher Herzogsmacht gelangte.
Am Palmsonntag (24. März) 1073 in Eichstätt wandte der König Rudolf wieder seine volle Gnade zu, zugleich auch Bertold und den Anhängern der beiden. Ob Bertold auch selber mit zu Eichstätt war, läßt sich nicht ergründen, ebenso nicht, ob er auf dem Fürstentag Pfingsten zu Augsburg war. Eines aber läßt beides eher bezweifeln: der Umstand, dass der Herzog sich im Sommer veranlaßt sah, die weite Reise bis über den Harz nach Sachsen zu machen, wohin der König im Juni gegangen war. Bei HEINRICH auf der Harzburg war gerade kurz zuvor Herzog Bertold eingetroffen, um eine eigene Angelegenheit am Hofe zu betreiben.
Der König beschloß in das Lager der in drohender Haltung verharrenden Sachsen eine Botschaft zu senden und wählte zu ihrem Führer Herzog Bertold "als einen Mann äußerster Klugheit und volkstümlicher Rednergabe, dem er zwei geistliche Herren hinzugesellte". Die Gesandtschaft verlief genauso erfolglos wie eine zweite. In der Nacht des 9. August brachen der König, Herzog Bertold, Benno und Eppo, die Bischöfe von Osnabrück und Zeitz und eine Anzahl vom königlichen Gefolge auf und verließen heimlich die Harzburg. Am 13. August trafen der König und Bertold mit den übrigen im Kloster Hersfeld ein. Es scheint, dass Herzog Bertold auch während der nun folgenden Ereignisse dem König treu zur Seite blieb; und wenn er nicht etwa stets in der persönlichen Umgebung desselben war, so ist er doch nicht für dauernd nach Schwaben zurückgekehrt. Noch weniger dachte er daran, in dieser aufgeregten Zeit nach Kärnten zu gehen. Eine Urkunde vom 27. Oktober, weist unter den Intervenienten den ehrend aufgezählten Befürwortern der betreffenden königlichen Gnadenverfügung auch Herzog Bertold auf, und es wird späterhin auch sonst weiter deutlich werden, dass Bertold, wenn nicht schon früher, Mitte Oktober bei HEINRICH war. Herzog Bertold nahm mit anderen süddeutschen Fürsten an den Verhandlungen von Gerstungen mit dem aufständischen Sachsen teil, zu dessen Ergebnis wohl vor allem Herzog Bertold und Herzog Gottfried von Lothringen beitrugen.
Wenig später auf einer Rast des königlichen Zuges zu Nürnberg glaubten Herzog Rudolf und Herzog Bertold einem gewissen Regenger, dass der König sie ermorden lassen wolle. Beide Freunde, Rudolf und Bertold, glaubten dem Ankläger alles und ließen, außer sich über den König, diesem sagen: nun binde sie kein Treueid und kein Unterwerfungsversprechen mehr an ihn, der ihnen nach dem Leben trachtete.
Durch die Absage der meisten Fürsten zum Reichskrieg gegen die Sachsen, unter denen sich auch Rudolf und Bertold befanden, mußte HEINRICH IV. am 2. Februar 1074 den Frieden von Gerstungen schließen. Nach der Schändung der Königsgräber auf der Harzburg schlossen sich die süddeutschen Fürsten Rudolf, Bertold und Welf dem König an, denn der Krieg gegen Otto von Northeim war Rudolfs beste Aussicht, das Haupt der Fürsten und dem König zunächst unentbehrlich zu bleiben. In der am 9. Juni 1075 stattgefundenen Schlacht bei Homburg an der Unstrut hat Bertold vermutlich unter den schwäbischen Truppen Rudolfs die Mannen und die Gauleute seines Hauses selber geführt. Nach ihrer Rückkehr von Eschwege, wo HEINRICH IV. die Truppen entließ, hielten Rudolf und Bertold 40-tägiges Fasten ab und gelobten Gott, so wird uns erzählt, nicht fürder gegen die Sachsen zu kämpfen. Kurz darauf fand in aller Stille eine Zusammenkunft Rudolfs und Bertolds mit den sächsischen Fürsten statt, denen die Herzöge für den Fall der Unterwerfung eine nur kurze und milde Haft gewährleisteten.
Zu der auf den 22. Oktober vereinbarten neuen Heerfahrt gegen die Sachsen erschienen Herzog Bertold, Rudolf und Welf von Bayern nicht. Das Verhalten Bertolds und Rudolfs ist nicht zu betrachten ohne den Rückhalt, den sie an Papst Gregor VII. fanden. Auch zu dem auf Weihnacht 1075 nach Goslar berufenen Tag, der über das Geschick der sächsischen Fürsten beraten sollte, erschienen die süddeutschen Herzöge nicht.
Ende März des Jahres 1076 kamen Rudolf, Welf, Bertold, Adalbero von Würzburg, Hermann von Metz und andere Herren zusammen. Nun wurde Hermann von Metz Rudolfs Genosse, wie der seines Freundes Bertold; denn vollständig schwamm der alte Herzog in dem mehr und mehr sich trübenden Fahrwasser des RHEINFELDERS. Bei den Unzufriedenen  im ganzen Reich und zwar mit Einschluß des Sachsen galten jetzt unbestritten Rudolf und Bertold als die öffentlichen Häupter, als die Träger der Anklage und Gegenwehr gegen den König. Auf dem am 15. Mai nach Worms berufenen allgemeinen Tag fehlten die beiden Herzöge erneut. Ihretwegen wurde die ganze, zahlreich besuchte Versammlung nach Mainz auf Peter und Paul (29. Juni) verschoben; ja, HEINRICH fügte der königlichen Einberufung bei den Herzögen freundliche dringende Bitten hinzu, aber sie blieben für den bittenden Königsruf taub und behielten unbeweglich den Aufstand im Auge. Dann folgte Mitte August die Zusammenkunft der süddeutschen Gegner HEINRICHS in Ulm; Herzog Bertold, der RUDOLF begleitete, traf dort auch Welf und andere süddeutsche Fürsten.
Nebenbei verdient es doch nicht übergangen zu werden, dass Herzog Bertold nicht, wie es einzelne der Anwesenden taten, den Triburer Tag benutzte, um für seinen eigenen Vorteil zu sorgen. Er hat unseres Wissens niemals eine eigene Angelegenheit in den Kampf gegen HEINRICH IV. mit hineingezogen. Bertold sollte Papst Gregor, der in Augsburg dabei sein wollte, am Fuße der Alpen erwarten.
Die drei Herzöge und ihre Anhänger waren schon in größte Bestürzung geraten, als sie des Königs Alpenübergang vernahmen, den sie vergeblich zu hindern gesucht hatten. Nun zogen sie die Wachmannschaft an den Pässen zurück und zugleich das Geleit, das Gregor an den Alpen erwarten sollte. Eine neue Zusammenkunft nach Ulm ward ausgeschrieben, die um Mitte Februar dann stattgefunden haben muß; hier kamen Rudolf, Welf, Bertold, sodann die Bischöfe von Mainz, Würzburg und Metz zusammen, aber im ganzen war der Tag nicht in gehoffter Weise besucht. Hier traf dann auch die erste Botschaft des Papstes über die am 28. Januar geschehene Absolution HEINRICHS ein. Um jeden Preis aber mußte Gregor VII. die deutschen Fürsten für sich erhalten. So machte er denn in dem Schreiben, das sein getreuer Rapoto an die Fürsten überbrachte, Aussicht auf sein Kommen. So waren denn die Wenigen, die mit Rudolf und Bertold versammelt waren, doch ziemlich getröstet; sie klammerten sich an den Gedanken der Königswahl, der der Sorge um die eigene Sicherheit zur Deckung diente. Nach Forchheim luden sie auf den 13. März die Sachsen, Lothringer und Bayern zur Königswahl und mahnten sie bei der beschworenen Bündnistreue in beweglichen Worten. Der festgesetzte Termin, der 13. März, vereinigte vor allem die Großen der Sachsen und Schwaben, unter denen die Quellen es für unnötig erachte, Bertold mit seinem Namen hervorzuheben; mit Recht, denn nur das Fehlen dieses Mannes zu Forchheim hätten sie besonders berichten müssen. Mit Bertold hatte dem Anschein nach der eine seiner beiden noch lebenden Söhne, der junge Bertold, die Fahrt zur Königswahl getan. Am 14. März schritt man nach der Abreise der päpstlichen Legaten zur Entscheidung. Sie deckten sich einfach hinter des Papstes jetzt doch veralteter Weisung und sprachen HEINRICH die Krone ab. Damit hatten sie den Vertrag von Tribur, unbekümmert um die geschehene Lösung HEINRICHS vom Banne, beiseite geschoben und konnten mit der Neuwahl beginnen. Der von der Bischofsversammlung vorgeschlagene Schwaben-Herzog Rudolf wurde auch von der Versammlung der weltlichen Großen angenommen. Wie Bertold selbst über die etwaige Annahme der Krone gedacht hat, darüber fehlt jeder positive Anhaltspunkt, nur nach einigen Späteren hätte gerade er Rudolfs Wahl besonders betrieben; dass er sich jedenfalls nicht zurückgesetzt fühlte, geht aus dem Weiteren und ganz insbesondere aus seinem sogleich zu erzählenden Anerbieten hervor. Ihm fehlte der Ehrgeiz, der Rudolfs Schritt für Schritt auf jener Bahn vorwärts geführt hatte, in der auch seine besten Freunde noch vor einem Monat nur einen Notweg gesehen hatten. Nach der Krönung RUDOLFS in Mainz, bei der es zu einem Aufstand der Stadtbevölkerung kam, kehrte Bertold und Welf auf ihre schwäbischen Besitzungen zurück. Zu der von RUDOLF und dem ZÄHRINGER geführten Partei gehörten in Schwaben die Grafen von Bregenz, Dillingen-Kyburg, zwei von Achalm und Wülfingen, dann Hugo von Tübingen, Burkard von Nellenburg - dessen Bruder Eberhard für HEINRICH IV. stritt und fiel - Adalbert von Calw und Manegold von Veringen. Das waren Verbündete RUDOLFS und Bertolds, die mit ihrem Anhang deren eigentliche militärische Macht verstärkten. König HEINRICH kam mit wenig Leuten, aber vielem lombardischen Geld; der EPPENSTEINER Liutold war ihm entgegengeeilt und hatte ihn durch Kärnten geleitet und nun zögert HEINRICH nicht länger, dem zähringischen Scheinherzogtum in Kärnten auch den letzten Rest des leeren Titels zu nehmen. Mit bayrischen, böhmischen und kärntnischen Truppen, die durch die gegen RUDOLF kämpfenden Bischöfe und Herren in Burgund und in Alemannien verstärkt wurden, fiel HEINRICH verheerend in Schwaben ein. In Ulm hielt König HEINRICH auf einem Hoftag "nach schwäbischen Volksrecht" Gericht über RUDOLF, Bertold, Welf und die schwäbischen Vornehmen, die zu ihnen standen: des Gerichtes Spruch erkannte sie des Todes schuldig und sprach ihnen ihre Würden und ihre Lehen ab. Wir wissen nicht, wer die Richter gewesen sind, die den Achtspruch über Bertold gefällt haben, Liutold von Kärnten und Wratislaw von Böhmen begleiteten von Bertolds Standesgenossen die königliche Heerfahrt, auch der Bischof von Osnabrück und der Bischof von Zeitz (Naumburg) waren noch und Embricho von Augsburg und andere waren vielleicht schon beim König; dazu waren schwäbische Grafen anwesend.
Seit der kläglichen Fahrt des Gegen-Königs von Mainz nach Schwaben hatte sich Bertold zurückgehalten, an RUDOLFS Tagen und Zügen nicht teilgenommen und ruhig auf seinen Burgen gesessen. Ob eine Ladung zu des Königs Gericht an Bertold gelangt ist, wissen wir nicht; es scheint kaum so. Nun also brachte man dem Herzog, wie RUDOLF und Welf, die Kunde vom Ulmer Spruch: Sein Herzogs-, sein Grafenamt war ihm genommen und anderen teils gegeben, teils zugedacht, nur seines Hauses Eigengut hatte man ihm gelassen und über seinem eigenen grauen Haupte schwebte weitere vernichtende Kriegsnot. Das hat den alten ZÄHRINGER noch einmal aufgerüttelt aus der Zurückgezogenheit und Untätigkeit, aus dem Stillverhalten und Abwarten; war doch RUDOLFS fast aufgegebene Sache jetzt für ihn selber das Einzige geblieben. An Unterwerfung knüpfte er keine Gedanken und keine Hoffnung; er war entschlossener denn je, an RUDOLFS Seite zu kämpfen, mit ihm zu bestehen oder zu fallen. Er sammelte, was er konnte, an Mannen und Reisigen und führte sie dem Gegen-König zu; dasselbe tat Welf. Aber was die beiden und RUDOLF selbst zusammenbringen konnten, es reichte doch kaum an 5.000 Kämpfer heran und deshalb bestanden alle darauf, dass RUDOLF den ebenso törichten wie kleinlichen Kampf in Schwaben aufgeben und nach Sachsen gehen solle. RUDOLF nahm, als er nach Sachsen ging, die 5.000 nicht mit, sondern ließ sie in Schwaben, dessen Schutz er den Zurückbleibenden, an erster Stelle Bertold anvertraute. Nach der Übereinkunft von Würzburg zwischen den beiden streitenden Parteien hatten Bertold und Herzog Welf ihre schwäbischen Truppen beurlaubt und mußte tatenlos zusehen, wie König HEINRICH Schwaben erneut verwüstete. Nach dem Scheitern des Fürstentages zu Worms (1. November) ging der Krieg in Schwaben weiter. Bertolds Sohn, Markgraf Bertold II. besiegte das Heer der Bischöfe von Straßburg und Basel und ließ die Bauern, die an der Schlacht teilnahmen und nicht zu fliehen vermochten, entmannen.
Der alte Bertold selbst war mit Welf nach dem königstreuen Franken gezogen, wo ihre Truppen durch Sengen und Plündern für die Leiden Schwabens Rache nahmen; bei ihnen befand sich der päpstliche Legat Abt Bernhard von Marseille, der ihren ganzen Feldzug bis zu Ende mitmachte. Die Herzöge beschlossen, von Franken aus den Weg zu RUDOLF fortzusetzen. Doch König HEINRICH verlegte ihnen den Weg und zwang sie zur Errichtung eines Lagers, das er von 12.000 Bauern bewachen ließ und zog selbst RUDOLF zur Schlacht von Mellrichstadt entgegen (7. August). Inzwischen aber waren, sobald sich der König entfernte, die beiden Herzöge mit ihrem Heer zum offenen Kampf gegen die zahlreicheren Bauern vorgegangen und hatten - zufällig ebenfalls am 7. August - den Sieg, jedoch nicht ohne härtestes Ringen erfochten. Zum Schluß waren die Bauern völlig zersprengt und nun verhängte Herzog Berthold über die Gefangenen dieselbe Strafe für ihr Waffentragen, die schon sein Sohn auf dem Siegesfeld vollstreckt hatte. Sie plünderten das Gebiet und kehrten froh und hoffnungsvoll über den eigenen wirklichen und den von RUDOLF gemeldeten Sieg nach Schwaben zurück. Anschließend fielen König HEINRICHS Truppen zum dritten Mal in Schwaben ein und plünderten überall. Vor allem auf Welfs und Bertolds eigene Besitzungen stürzte sich der wilde Schwarm, der wohl auch die von Bertold gegründete und mit Hirsauern besetzte junge zähringische Hauspropstei Weilheim zur raschen Vernichtung kurzen Gedeihens gebracht hat.
Krank und todesmatt lag in diesen Tagen Herzog Bertold hinter den Mauern seiner Limburg. Der Brandrauch der Dörfer nahe umher, der Jammerruf seiner Treuen drangen zu dem gebrochenen Manne auf dem kriegsumringten Bergkegel empor und beschleunigten sein Ende; er bestellte sein Haus und befahl sich seinem Gott. Aber kein sanftes Hinscheiden ward ihm beschieden: zu grauenhaft verwirrend waren auf das Gemüt des Kranken die alles vernichtenden Ereignisse seiner letzten Lebenstage eingestürmt; in wilden Fieberphantasien lag er, bis dann am siebenten Tage seit der gefährlichen Wendung seiner Krankheit, am 5. oder 6. November 1078 der Tod ihn erlöste. Seinen Leichnam, der in Weilheim keine Stätte der Ruhe mehr hätte finden können, brachten die Seinigen in dasjenige Kloster, das den Lebenden oft als Freund gesehen hatte, nach Hirsau und hier hat Herzog Bertold nun auch im Tode Gastfreundschaft gefunden.
Folgenden Nachruf hat Bertold von Reichenau dem der Gregorianer-Partei entrissenen Herzog gewidmet: "Er war der christlichen Frömmigkeit ein Freund und eifriger Verteidiger, einer, der in mäßiger und geordnet ehrenvoller Lebensführung von nicht durchschnittlicher und in Gerechtigkeit und Frieden, Demut, Barmherzigkeitspflege und Eifer für Gott von dienstwilliger Haltung befunden ward, ein sehr unterrichteter Hüter der Rechte und der väterlichen Würden, in großer Beratung ein Mann weisester Art und schlechthin ein Mensch von jeglicher Ehrbarkeit der Sitte von rechter Mannestüchtigkeit".
Bertolds erste Gemahlin ist Richwara, mit welcher gemeinschaftlich er das Klösterchen Weilheim mit Gütern im Neckargau ausstattete. Sie ist die Mutter seiner Söhne, nämlich Hermanns, Gebhards und Bertolds und muß nach Maßgabe der für die beiden ersten anzusetzenden Geburtsjahre, wenn nicht etwa noch früher, in den 40-er Jahren des Jahrhunderts, also zur Zeit, als Bertold noch schwäbischer Graf war und unter HEINRICHS III. Regierung, von ihm als Gattin heimgeführt worden sein. Ihre Herkunft bleibt in den Quellen dunkel; vereinigte Kombinationen, die hauptsächlich, jedoch nicht allein auf die Besitzverhältnisse gestützt sind, haben sie als eine kärntnische Herzogs-Tochter erkennen lassen, an die von der Seite ihrer Großmutter, Mathilde, das heißt der Mutter Konrads II. von Kärnten und Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben ein ansehnliches Gut aus dem Erbe der - neuerdings als "ALAHOLFINGER" in die Geschichte eingeführten - alten alamannischen Herzogsfamilie gekommen war. Die sonst bekannt gewordenen alaholfingischen Güter aber liegen keinem geschlossenen Güterkomplex so benachbart, wie gerade den zähringischen Besitzungen an der Alb im Osten des Neckarsbug (das heißt der später Treckschen Herrschaft), während diese ihrerseits von dem alt-zähringischen Gut im Breisgau und in der Ortenau und auf der begleitenden Ostabdachung des Schwarzwaldes bis an den oberen Neckar heran, also von den einheitlich um den damals unbesiedelten inneren Schwarzwald herum gelagerten Gebieten abgeschnitten waren durch das sich dazwischen schiebende alte ZOLLERN-Gut. Ferner: bei der einzigen Verfügung über einen Besitz aus diesem isolierten ZÄHRINGER-Gut, die wir von Bertold I. kennen, bei der Stiftung und Ausstattung der Propstei Weilheim verfügt der Herzog mit Richwara zusammen und die Klostertradition hält es sorglich fest, dass sie Mitvergaberin gewesen sei. So fügt sich denn alles zusammen, um über Richwaras Abkunft und das von ihr Bertold I. zugebrachte Gut mit einer recht hohen Sicherheit entscheiden zu lassen.
Richwara starb vor ihrem Gemahl. Der verwitwete Herzog entschloß sich noch zu einer zweiten Heirat und führte die "Schwester des Markgrafen Friedrich, Beatrix" heim. Sie war die Tochter Ludwigs, des Grafen vom burgundischen Elsgau (Mömpelgard) und lothringischen Baargau (Mousson) und Sophies, der Tochter des mosellothringischen oder oberlothringischen Herzogs Dietrich II., dessen andere Tochter Beatrix sich mit Markgraf Bonifaz von Tuszien vermählt hatte, so dass also deren Tochter Mathilde und Herzog Bertolds I. zweite Gemahlin rechte Cousinen waren. Von einer besonderen Bedeutung würde es sein, die Zeit der zweiten Heirat Bertolds, die ihn mit der gregorianischen Partei durch ein Familienband verknüpfte, genauer bestimmen zu können.
Wenn Beatrix mit ihrer Cousine Mathilde ungefähr gleichaltrig war, dürfte sie frühestens in den 60-er Jahren mannbar geworden sein. Beatrix überlebte Bertold, vermählte sich aber nicht wieder. Sie ging in die Heimat ihrer Mutter zurück und lebte bei letzterer und zwar ohne erkennbare nähere Beziehung zu den Stiefsöhnen, nur dass Bischof Gebhard, das heißt wohl durch diesen sein Vertrauter, der Chronist Bernold von ihrem Ableben zu seiner Zeit erfuhr. In ihren letzten Jahren war sie durch langwierige Krankheit heimgesucht, von der sie der Tod am 26. Oktober 1092 erlöste. In Toul ward sie von dem dortigen Bischof zu Grabe geleitet.