LXXVI.    GOTFREDUS


Im Herbst des Jahres 879 bat Papst Johann VIII. einige Grafen aus dem oberitalienischen Raum, den Schutz der Güter der 875 verwitweten Kaiserin Angilberga zu übernehmen [1
MG Epist. VII, Seite 210 nr. 239.], und den fortschreitenden Güterentfremdungen [2 Vgl. Skizzen Cunibert, Liutfrid, Odelrich.] entgegenzutreten. Dieses Empfehlungsschreiben ist gerichtet an die Grafen Egifred und Suppo, die Brüder der Kaiserin [3 Vgl. Exkurs: Supponidengenealogie.], an einen Grafen Eripald, den Grafen Berard, Sohn des Markgrafen Bonifaz von Tuszien, und an einen Grafen Cotefredus. Diesen Gotfredus comes findet man im März 881 in Siena wieder, wo KARK III. - nach Empfang der Kaiserkrone in Rom wieder auf dem Rückwege nach dem Norden - einen Gerichtstag abhielt und den Streit zwischen den Bischöfen von Arezzo und Siena um einige Kirchen zugunsten von Siena entschied [4 MG DD Karl III. Seite 51, nr. 31 (= MANARESI, I placiti Seite 332, nr. 92). BM² nr. 1609a und 1612.]. Gotfredus war also Teilnehmer an KARLS III. Krönungszug. - Auf einem 2. Romzug - abermals einem Krönungszug - findet man einen Gotefredus comes, doch wohl wieder den gleichen, um die Jahreswende 900/901; er ist im Gefolge LUDWIGS DES BLINDEN, der für kurze Zeit in die Geschicke Italiens eingreifen und Mitte Februar 901 in Rom die Kaiserkrone erringen konnte [5 Teilnehmer dieses Romzuges ergeben sich aus: SCHIAPARELLI, I dipl. di Lodovico III. Seite 18, nr. 6 (= MANARESI, a.a.O. Seite 410, nr. 111).].
Die nächsten Nennungen lassen den Schluß zu, daß Gotefredus Graf im nordwestlichen Ober-Italien war. Eine am 4. August 910 in Asti ausgestellte Urkunde zeigt einen vassus Gutef rede comes [6
BSSS 28 Seite 68, nr. 42.], und die im Oktober 916 in Asti ausgestellte Urkunde des Bischofs Audax erwähnt auch Besitzungen des Grafen Gotefred in Radicata [7 BSSS 28 Seite 77, nr. 45. - Radicate nördlich von Asti im Bergland von Montferrat, nach Urkunden des Codex Astensis (Atti della r. Accademia dei Lineei scr. 2, vol. 4 [1887]) zur Grafschaft Asti gehörig.
Die Gerichtsurkunde, nach der sich im März 901 die Grafen Gotefredus und Everardus in der Umgebung König BERENGARS in Pavia aufhielten, ist eine Fälschung des 11. Jahrhunderts (SCHIAPARELLI, I dipl. di Berengario I. Seite 377, nr. + 6 mit Einleitung!).
].
Für die Abkunft des Grafen Gotefred von einem eingewanderten Geschlecht gibt es keinen direkten Beleg. Wenn die Urkunde vom 4. August 910 über einen Gütertausch zwischen Bischof Audax von Asti und Uualbertus qui et vocor Poljano uassus Gutefredi comes ex genere francorum Auskunft gibt, so ist in ihr entsprechend den Schreibgepflogenheiten dieser Zeit das ex genere francorum zwar auf Walbert, nicht auf Gotefred zu beziehen; die Tatsache aber, daß Graf Gotefred fränkische Vasallen hat, ist schon ein deutlicher Hinweis auf seine Herkunft [8
Vgl. auch Skizze Johannes (Nr. C II), Anm. 5.].