Dobromir
Fürst der Heveller
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†
Sohn des Heveller-Fürsten Tugumir
Lexikon des Mittelalters: Band III Seite 1150
*******************
Dobromir
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Vater der Emnilda (Emnildis,
† 1017), der 3.
Gemahlin Boleslaws
I. Chrobry. In dem 1013 niedergeschriebenen Nachtrag, der
mit
Notizen zur PIASTEN-Familie beginnt,
die Thietmar gerade damals
beim Abschluß des Merseburger Friedens
auch persönlich kennengelernt hatte, findet sich der einzige
Hinweis
auf Dobromir. Thietmar bezeichnet
ihn
als "venerabilis senior Dobremirus"
(Thietmar IV, 58). Woher Dobromir stammte,
ist strittig. Die Palette der Deutungen reicht vom
"Milsener-Fürsten"
(S. Zakrzewski), Angehörigen der HEVELLER-Dynastie
(J. Widajewski), Mitglied einer
sächsischen Grafen-Familie (A. F. Grabski)
bis zum Herrn des Krakauer Land
(H. Lowmianski). Die Lösung des Rätsels
bleibt an folgende Voraussetzung geknüpft:
1. Der Name Emnilda
und der ihrer Tochter Regelindis, die
1002 Markgraf Hermann, den
ältesten Sohn Ekkehards von
Meißen,
geheiratet
hat, lassen mit Sicherheit den Schluß zu, dass
Dobromir
zwischen 965 und 975 mit einer sächsischen
Grafen-Tochter (aus der
Familie
Rikdags, Geros oder der QUERFURTER?) vermählt war.
2. Der Name Dobromir selbst
deutet auf Verbindungen zur HEVELLER-Dynastie
(Tugumir, Drahomir)
hin.
3. Boleslaws
Heirat
mit Emnilda
(987) darf nicht aus dem
Kontext piastischer
Bündnispolitik
und der Ereignisse von 1002, die zum Ausbruch
der Kriege
HEINRICHS
II. mit Boleslaw
führten,
herausgelöst werden. - Wahrscheinlich war Dobromir
ein
Fürst der Lausitz und des
Milsenerlandes.
Quellen:
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Thietmar von Merseburg, ed. R. Holtzmann, MGH SRG NS
IX, IV, 58, 1935 - unentbehrlich: Kronika Theitmara, ed. M.Z. Jedlicki,
1953, 225f, n. 313-318
Literatur:
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SlowStarSlow I, 352 [D. Borawska] - S. Zakrzewski,
Boleslaw
Chrobry Wielki, 1925, 374 n. 41 - A. F. Grabski, Boleslaw Chrobry,
1966,
62 - H. Ludat, An Elbe und Oder um das Jahr 1000, 1971, bes. 21ff.,
34ff.
Dobromir
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dobromir
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(* ?; † ?)
War ein slawischer Fürst des 10. Jahrhunderts in der
Lausitz, Vater der Emnilda, der 3. Gemahlin
Boleslaws I. Chrobry.
In dem 1013 niedergeschriebenen Nachtrag, der mit Notizen
zur PIASTEN-Familie beginnt, die Thietmar
gerade damals beim Abschluss des Merseburger Friedens 1013 auch
persönlich kennengelernt hatte, findet sich der einzige Hinweis
auf Dobromir.
Thietmar bezeichnet ihn als »venerabilis
senior Dobremirus« .
Woher Dobromir stammte,
ist strittig. Die Palette der Deutungen reicht vom »Milsener-Fürsten« (S.
Zakrzewski), Angehörigen der
HEVELLER-Dynastie
(J. Widajewicz), Mitglied einer
sächsischen
Grafen-Familie (A.F. Grabski) bis zum Herrn aus dem Krakauer Land (H.
Lowmianski).
Die Lösung des Rätsels bleibt an folgende
Voraussetzungen geknüpft:
- Der Name Emnilda und der ihrer Tochter Regelindis, die
1002 Markgraf Hermann, den ältesten Sohn Ekkehards von
Meißen,
geheiratet hat, lassen mit Sicherheit den Schluss zu, daß
Dobromir zwischen
965 und 975 mit einer sächsischen
Grafen-Tochter (aus
der Familie Rikdags, Geros oder der Querfurter?) vermählt war.
- Der Name Dobromir selbst deutet
auf Verbindungen zur
HEVELLER-Dynastie (Tugumir, Drahomir)
hin.
- Boleslaws
Heirat mit Emnilda (987)
darf nicht aus dem
Kontext piastischer
Bündnispolitik und der Ereignisse von 1002,
die zum Ausbruch der Kriege HEINRICHS II.
mit Boleslaw
führten,
herausgelöst werden.
Wahrscheinlich war Dobromir ein
Fürst der Lausitz und
des Milzenerlandes.
Thietmar von Merseburg: Seite 174
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"Chronik"
Kapitel 37
Im Jahre des Herrn 992, im zehnten Regierungsjahre
Otto's
III, am 25. Mai, ging der schon bejahrte Miseco
von einem Fieber ergriffen aus diesem Pilgerleben in seine wahre
Heimath
hinüber, indem er sein Reich sehr vielen zur Theilung
hinterließ.
Indeß zog sein Sohn Bolizlav,
indem er seine Stief-Mutter und
seine Brüder vertrieb, und seine
Verwandten Odilienus und Pribuwoi
blendete, wie ein listiger Fuchs dasselbe nachher wieder in eins
zusammen.
Er setzte, um nur allein zu herrschen,
alles Recht und Gesetz aus den Augen. Er heirathete eine
Tochter des Markgrafen Rigdag [223 Wohl 984. Name unbekannt,
Tochter des Markgrafen von Meißen (979-9856).], entließ sie
jedoch nachher
wieder; darauf nahm er eine Ungarin
zur Frau, von der er einen Sohn,
Namens
Besprim [224
986/87. R. Holtzmann setzt ihn gleich mit Otto (VIII,
1); vgl. Anm. 226.] erhielt, die er aber auch wieder
fortwies. Die dritte hieß Emnildis;
sie war eine Tochter des ehrwürdigen Herrn Dobremir.
Diese,
eine gläubige Christin, lenkte den unbeständigen Geist ihres
Gemahls zu allem Guten und ließ nicht ab, durch reiche Almosen
und
Enthaltsamkeit ihre und ihres Gemahls Sündenmakel zu sühnen.
Sie gebar zwei Söhne, den
Miseco
[225 Herzog
Mieszko II. = Lambertus, *
990, 1025-1034.] und einen andern, dem der Vater den Namen seines
geliebten Lehnsherrn gab [226 senior
= "Vater" oder "Lehsnherr"? Holtzmann = Dobromir. Jedlicki Seite 225 Anm.
313 = Otto (vgl. VIII, 1).];
außerdem drei Töchter, von denen die eine Aebtissin ist; die
zweite heirathete den Grafen Herimann [von Meißen],
und die dritte einen Sohn des Königs Wlodemir
[von Rußland], wie
ich weiter unten erzählen werde.
Ludat, Herbert: Seite 21-23,25,34,41
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"An Elbe und Oder um das Jahr 1000. Skizzen zur Politik
des Ottonenreiches und der slavischen Mächte in Mitteleuropa."
Die Lösung des Problems ist denkbar einfach: Boleslaw und Gunzelin waren in der Tat
miteinander verschwägert, weil sie mit zwei Schwestern verheiratet gewesen
sein müssen [108 Es
bleibt merkwürdig, weshalb R. HOLTZMANN diese Möglichkeit
überhaupt nicht nicht in Erwägung gezogen hat, zumal er
für seine Vermutung, Gunzelin
habe eine unbekannte Schwester Boleslaws zur Frau
gehabt, nicht die geringsten Anhaltspunkte besaß und wohl auch
schon deshalb auf die chronologische Einordnung und politische
Motivierung dieser Ehe verzichtete.]: Boleslaw, wie
wir durch Thietmar erfahren,
mit Emnildis,
der Tochter des Dobromir [109 Vgl. Thietmar IV, 58.], den er als venerabilis
senior nur einmal nennt, und Gunzelin
mit ihrer Schwester, deren
Name nicht überliefert ist. Als Zeitpunkt
für die Eheschließung Boleslaws
mit Emnildis gilt 987 [110 Vgl. O. BALZER, Genealogia
Piastow, Seite 63; so auch hier die bisher durchgängige Ansicht in
der Forschung: vgl. die Artikel über Emnildis in:
Polski Slownik Biograficzny, Band 6, 1946, Seite 267; und zuletzt in:
SSS, Band 1, Seite 454; ohne Jahresangabe H. LOWMIANSKI, in: PPP, Band
1, Seite 128. - G. LABUDA datiert demgegenüber, wie er mir
liebenswürdigerweise mitgeteilt hat, die Eheschließung Boleslaws mit
Emnildis
erst in das Jahr 989; seine Argumente hat er in seinem Beitrag zur
Festschrift für K. TYMIENIECKI, die sich im Druck befindet,
dargelegt. Die Schlüssigkeit meiner Ausführungen wird von der
Datierungsfrage nicht berührt, wie mir Herr Kollege LABUDA nach
der Lektüre dieses Manuskripts bestätigt hat.]; es war
seine
dritte Ehe. Da die Eheschließungen zwischen Adels-Geschlechtern
in
jener Zeit stets einen politischen, das heißt friedens- und
bündnisstiftenden
Charakter trugen [115 Vgl.
unter anderem M. WIELERS, zwischenstaatliche Beziehungsformen im
frühen Mittelalter, Diss. Münster 1959.], ist fraglos auch
die drei Jahrzehnte währende
Ehe
mit Emnildis [116 Der starke Einfluß, den Emnildis nach
dem Worten Thietmars (IV, 58)
ausgeübt haben muß (vgl. auch ihre Charakterisierung bei
GALLUS I, 13), ihre Rolle als eifrige Christin und die offenbar und die
offenbar glückliche und harmonische, bis zum Tode der Fürstin
im Jahre 1017 währende Ehe haben R. GRODECKI (in: Polski Slownik
Biograficzny, Band 6, Seite 267) zu der Ansicht verführt, diese
Ehe sei nicht unter politischen Gesichtspunkten geschlossen worden;
anders hingegen schon St. ZAKRZEWSKI, Boleslaw Chrobry Wielki, Seite 66
und 374; sowie J. WIDAJEWICZ, H. LOWMIANSKI und G. LABUDA, die nie an
dem bestimmenden politischen Motiv für diese so auffällig
rasch nach dem Ehebund mit der Ungarin geschlossene Heirat gezweifelt
haben.] aus ebensolchen
Gründen
zustande gekommen.
Die deutsche Forschung wußte mit Thietmars
Angabe über Dobromir als
Vater von Emnildis überhaupt
nichts anzufangen und nahm nicht einmal von den zahlreichen Hypothesen,
die polnische Historiker aufgestellt hatten, Notiz [118 R. HOLTZMANN
hat dieser Frage in seiner
Geschichte der sächsischen Kaiserzeit keine Beachtung geschenkt
und
ihre Bedeutung für die Kriege Boleslaws mit HEINRICH II. nicht
in
Rechnung gestellt; dazu seine Angaben in der Thietmar-Ausgabe über
die
PIASTEN-Familie,
die an manchen Stellen (unter anderem gerade zu Dobromir,
Seite
198f., n. 6 und 8) leider eine heillose Verwirrung angerichtet haben
und auch von W. TRILLMICH in der neuen
Freiherr-vom-Stein-Ausgabe der mittelalterlichen Geschichtsschreiber
übernommen worden sind (so Seite 174f., n. 224 und 226);
klärend und
unentbehrlich darum besonders hier die Erläuterungen von M. Z.
JEDLICKI, Kronika Thietmara, Seite 218ff. Zu der Dobromir-Stelle vgl.
auch H. LOWMIANSKI, in: PPP, Band 1, Seite 128, n. 87; und M. Z.
JEDLICKI, a.a.O., Seite 226, n. 318. - Lediglich H. JÄNICHEN
hatte sich in seinem Buch über die Rolle der Wikinger in Polen
(Die
Wikinger im Weichsel- und Odergebiet, 1938, Seite 99ff.) eingehender
mit
der Frage befaßt, die nordische (!) Herkunft des Namens
herausgestellt
und Emnildis
als Tochter eines pomoranischen
Fürsten bezeichnet (dazu
M. RUDNICKI, in: Slavia occ., Band 17, 1938, Seite 256f.), während
K. ENGELBERT in seiner Arbeit über die Frauen der
PIASTEN-Herrscher
(in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte, Band 12. 1954,
Seite
5) sie als Tochter des „Dobromir
aus Slawonien" bestimmte (vgl. auch
Anm. 120).]. Diese glaubten in teils
scharfsinnigen, teils in gänzlich phantastischen Studien, Dobromir bald
im Elbslavengebiet [119
So schon St. ZAKRZEWSKI, Boleslaw Chrobry Wielki,
Seite 374, n. 41; die Lösung, in Dobromir
einen Milzener Fürsten zu
sehen,
erschien ihm am wahrscheinlichsten.],
zwischen Obodriten und Milsenerland, bald in Klein-Polen oder
Slavonien ansiedeln zu können [120
Vgl. die Übersichten über die verschiedenen Ansichten in:
SSS, Band 1, Seite 454; und in den Arbeiten von J. WIDAJEWICZ, in:
Zycie i Mysl, 1951, H. 3/4, Seite 475ff.; DERS. , in: Slavia occ.,
Band 20/1, 1960, Seite 68ff.; sowie M. Z. JEDLICKI, Kronika
Thietmara, Seite 225, n. 316, und Seite 232, n. 346. - J. WIDAJCWICZ
ist in seinen Überlegungen zu dem Schluß gelangt, daß Dobromir
zur
STODORANEN-Dynastie
gehört habe, dem sich kürzlich auch K. MALECZYNSKI,
in: Slaski Kwart., Jg. 21, 1966, Seite 510, angeschlossen hat.]. Da auch Pommern als Heimat Dobromirs in
Erwägung gezogen wurde [121
Siehe oben Anm. 118; eine Ansicht, die allerdings wegen des
damals noch weithin heidnischen Charakters des Landes überhaupt
nicht
ernsthaft in Erwägung gezogen werden konnte (vgl. J. WIDAJEWICZ,
in: Slavia occ., Band 20/1, Seite 70).],
standen nahezu alle Interessensphären der piastischen
Politik zur Auswahl. Zuletzt hat A. F. Grabski sogar die Vermutung
ausgesprochen, daß Emnildis die Tochter eines sächsischen Grafen gewesen
sei [122 A.
F. GRABSKI, Boleslaw Chrobry, Seite 62.],
während H. Lowmianski mit Nachdruck die heute weithin gültige
These vertrat, daß Dobromir nur
im Wislanengebet zu suchen sei und die Eingliederung des Krakauer
Landes mit dieser Ehe in Verbindung gestanden habe [123 H. LOWMIANSKI,
in: Kwart. Hist., Band 67, 1960, Seite
961f., und zuletzt in: Malopolskie Studia Hist., Band 4, 1961, Seite
10f.;
vgl. dazu die kritische Ablehnung dieser fatalen Konjekturen durch K.
BUCZEK, in: Studia Zrödloznawcze, Bd. 10, 1965, Seite 130ff.].
Absolute Gewißheit, dass es sich bei Dobromir
nur
um eine Persönlichkeit gehandelt haben kann, die im Gebiet
zwischen
Elbe und Oder im Bereich der sächsischen Grafen-Geschlechter eine
politische
Rolle gespielt haben muß, erbringt nun folgender Gedankengang:
Von
den drei Töchtern, die Emnildis
geboren hat, ist zwar nur die älteste, Reglindis,
mit ihrem Namen bekannt [124
Von den fünf Kindern der Emnildis
(vgl. O. BALZER,
Genealogia Piastow, Seite 4, Taf. II) ist Reglindis wahrscheinlich
das
erste (oder zweite: Tochter N.N.,
die Nonne wurde) gewesen, geb. um
989, vermählt 1002 mit Hermann
von Meißen, dem ältesten Sohn Ekkehards
von Meißen, gestorben 21.3. nach 1014 (Relingis fundatrix,
Regelyndis marchionissa),
wie Nekrolog und Anniversarium des Naumburger
Stifts ausweisen (vgl. S. HIRSCH, Jbb. Heinrichs II., Band 1, 1864,
Seite 254, n. 5; vgl. Anm. 229).]. Aber die
beiden Namen Emnildis
(Erminildis) und Reglindis
beweisen bereits, dass Dobromir seine
Frau aus einem deutschen Grafen-Geschlecht genommen hat. Da nun der Name Emnildis
[125 Neben
Thietmar IV, 58 (Handschrift 2) hat auch der Ann. Saxo
(zu a. 992) die Namensform Erminildis.
- Zu dem Namen Emnild (aus
Irminhild, zu as. irmin
„groß, gewaltig") vgl. W. SCHLAUG,
Studien zu den altsächsischen Personennamen des 11. und 12.
Jahrhunderts, 1955, Seite 117, wo die Belege - darunter auch die Gemahlin
Boleslaws - unter
anderen neben sechs weiteren Belegen aus dem Lüneburger
Totenbuch verzeichnet sind. Hierfür sind aber auch die Emnild-Belege aus
dem 9. und 10. Jh. heranzuziehen (zu as. *amja „emsig"; vgl. auch J.
SCHATZ, in: Zeitschrift für deutsches Altertum, Band 72, 1935,
Seite 129ff.; W. SCHLAUG, Die altsächsischen Personennamen vor dem
Jahre 1000, 1962, Seite
119), wo gleichfalls Boleslaws Frau
aufgeführt ist. Dazu die
zusätzliche Bemerkung von W. SCHLAUG, daß diese Namengruppe
teilweise auch mit Irmin-Namen
verbunden werden (vgl. F. STARK,
Die Kosenamen der Germanen, 1868, Seite 207f.). Es lassen sich offenbar
die beiden Namen Imhildis (Emnildis) und Erminildis nicht voneinander
trennen.] in sächsischen Familien
dieser Zeit belegt ist [126
Unter den Belegen bei W. SCHLAUG, a.a.O., 1962, Seite
119, ist das Auftreten des Namens in der Rikdag-Sippe (siehe oben Anm.
112), im Geschlecht der QUERFURTER
(vgl. Thietmar IV, 16; und Stammtafel III in der
Ausgabe
von R. HOLTZMANN) und in der Familie des Erzbischofs Gero von
Magdeburg (Thietmar VII, 55), über deren genaue Verbindung
mit anderen
sächsischen Geschlechtern leider nichts bekannt ist, am
bemerkenswertesten. Hinzu kommt vielleicht noch die unmittelbar neben
Kero (Gero) im Reichenauer Gedenkbuch
(Cod. aug. col. 263; vgl. K. SCHMID, in: Zeitschrift für
Geschichte des Oberrheins, Band 108, Seite 213) aufgeführte
Eininhilt (sonst nirgends
belegt, vielleicht für Erninhilt?).
Auch die
in den Ann. Quedl. zu 991 genannte Emnild
sowie die im Merseburger
Nekrolog unter 21. Sept. als Äbtissin und die ebenda am 13. 4. als
sancta monialis verzeichnete Emnild sind sicherlich Angehörige des
sächsischen Adels gewesen. Der in diesem Zusammenhang
älteste und meines Erachtens
gewichtigste Beleg ist der Name der
Gemahlin des comes Siegfried,
des
Schwagers HEINRICHS I. und Bruders Geros, in einem
verschollenen St.
Gallener Verbrüderungsbuch (MGH Libri
con fraternitatum, 1884, Seite 84): Herminburch (zu Irmin - vgl. W. SCHLAUG, a.a.O.,
1962, Seite 120);
es handelt sich um eine Schwester des
Königs (vgl. K. A. ECKHARDT, a.a.O., Seite 20), deren
Todesdatum 29. Dez. (Irminburg)
auch der
Merseburger Nekrolog enthält.], diese
Grafen-Geschlechter
aber - wie neue genealogisch-besitzgeschichtliche Forschungen erwiesen
haben [127 Vgl.
hierzu unter anderem besonders die Ausführungen von K. A.
ECKHARDT, a.a.O., besonders Seite 54ff.; und die zahlreichen Beispiele
in der
Darstellung von R. SCHÖLKOPF über die sächsischen Grafen.] - weithin miteinander versippt gewesen sind [128 Das zeigen bei
aller Vorsicht und Kritik, die gegenüber
vielen, besonders ausschnitthaften genealogischen Untersuchungen zu
walten haben, vor allem die neuen Arbeiten über die
Grafen-Geschlechter
und besitzgeschichtlichen Studien im niedersächsischen Raum, unter
aanderem besonders
von S. KRÜGER, R. SCHÖLKOPF, R. G. HUCKE, H. W. KRUMWIEDE,
K.-H. LANGE, K.A. ECKHARDT und viele andere, die sämtlich für
die hier behandelten Fragen herangezogen wurden.] und viele in enger
verwandtschaftlicher
Beziehung zum Königs-Haus und
durch sie und über die
EKBERTINER
auch zu den KAROLINGERN
gestanden haben [129
Schon von S. KRÜGER und R. SCHÖLKOPF ist auf
diese Tatsache aufmerksam gemacht worden; noch nachdrücklicher mit
dem
Hinweis auf das Auftreten von Namen, die auf Verbindung zum Geschlecht
der Königin Mathilde und damit auf
die EKBERTINER hindeuten, wie
Ida,
Friderun, Bia usw. speziell in der Rikdag-Gruppe und deren Umkreis, bei
Haldensleben und den Querfurten Grafen, K. A. ECKHARDT,
a.a.O.,
besonders Seite 86f.], wo ebenfalls der
Name Reglindis
auftaucht [130
Zum Namen vgl. W. SCHLAUG, a.a.O., 1962, Seite 144ff. mit
Belegen (Ableitung von as, regin „Schicksal"). Der Name ist geradezu
Leitname bei den IMMEDINGERN,
der Familie der Königin Mathilde,
deren
Mutter Reinhilda und deren
Oheim Reginbern hießen; dazu aus dem
9. Jh.
der fränkische comes Reginhild (Abkömmling
der KAROLINGER),
von dem die
Walbecker Grafen sich herleiten
(vgl. R. SCHÖLKOPF, a.a.O., Seite
76 und 89 f.; dazu die Einleitung R. HOLTZMANNS zur
Thietmar-Chronik, Seite VIIff.). - Beachtenswert in diesem Zusammenhang
der Name des Kolberger Bischofs
Reinbern!],
liegt
es nahe, zunächst an ihren Kreis zu denken, aus dem Dobromirs Gemahlin
gestammt haben dürfte.
Mit Sicherheit läßt sich nur soviel
erschließen, daß Dobromir -
wohl zwischen 963 und 973 [131
Dieser Zeitraum
ergibt sich aus dem Mindestalter der
Emnildis,
die 987 die Ehe mit Boleslaw Chrobry
einging, und den
politischen Vorgängen im Zusammenhang mit Geros Aktionen 963, in
die
Dobromir
aller Wahrscheinlichkeit nach verwickelt gewesen ist (vgl.
unten, Brandenburg in der Politik um die Jahrtausendwende, Seite 34ff.
und
Anm. 241, 242 und 260.] - wahrscheinlich
eine Angehörige aus der Verwandtschaft
des Markgrafen Gero oder
der sogenannten Harzgrafen, zu
denen die Sippe des Markgrafen Rikdag
und das Geschlecht Bruns von Querfurt
gehört haben [132
Vgl. hierzu
besonders die in Anm. 129 genannten Arbeiten sowie W.
SCHLESINGER, Die Entstehung der Landesherrschaft, 1941, Seite
172.], geehelicht hat, da in beiden
Familien der Name in jener Zeit überliefert ist [133 Vgl. Anm. 126.]. Die Frage nach der eindeutigen Familienzugehörigkeit
der Mutter der Emnildis
läßt sich, wie mir scheint,
vorläufig jedenfalls noch nicht mit Sicherheit beantworten und
muß daher offen bleiben. Aber daß der Zusammenhang, in dem
Dobromir
mit den sächsischen
Adels-Familien gestanden haben
muß, nur auf dieses Landschaften hindeutet und alle sonstigen
Spekulationen über seine Herkunft und Herrschaft
überflüssig macht [135 Ähnliche
Erwägungen haben schon J. WIDAJEWICZ geleitet und A. F. GRABSKI
veranlaßt, Dobromir
sogar für einen sächsischen Grafen
zu halten, was bei den engen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen
dem sächsischen und elbslavischen Adel zwar theoretisch durchaus
denkbar wäre, wodurch aber der ganze Fragenkomplex noch keine
Erklärung fände; außerdem böte der slavische Name
in dieser Zeit auch ein gewaltiges Gegenargument, wenn auch Zwentibold,
der Sohn Kaiser ARNULFS, als
Parallelbeispiel angeführt werden
könnte.], darf als feststehend gelten.
Es gab hier - so darf man wohl schließen -
in dem
Abschnitt zwischen Elbe und Neiße bis hin zur Oder eine Zone, in
der sich die politischen Interessen der sächsischen Markgrafen, der
PIASTEN und PREMYSLIDEN
trafen und in der sich mit an Sicherheit grenzenden
Wahrscheinlichkeit
die Herrschaft des senior Dobromir
befunden haben muß. Wahrscheinlich stellte sie damals nur noch
einen
- allerdings strategisch und politisch höchst wichtigen -
Restbestand
eines einst größeren Machtbereichs dieser Dynastie, als Ekkehard
mit der Eroberung Meißens auch seinen Einfluß auf Dobromirs
Herrschaft auszudehnen begann.
Die Lausitz,
höchstwahrscheinlich einmal ein Bestandteil
der Herrschaft
Dobromirs, hat zuvor
einwandfrei zum Machtbereich der Tugumir-Dynastie
gehört. Wahrscheinlich ist Dobromir
damals der Herr dieser Landschaft
gewesen, die Gero 963
unterwarf und auf die sich bereits der piastische
Einfluß erstreckt haben mag. Es läßt sich ferner aus
der
Vergabe des Zehnten vom Tribut aus den Provinzen Milzsane und Lusiza,
die
OTTO
I. der Kirche von Meißen 971 schenkte, mit Sicherheit
auch der Schluß ziehen, dass Dobromir
damals - und zwar gewiß seit der erneuten Unterwerfung durch Gero
- dem König tributpflichtig war.
Gunzelin, nunmehr das Haupt der ekkehardinischen Dynastie,
hat hierbei
aktiv und entscheidend mitgeholfen, während über Ekkehards
ältesten Sohn Hermann, der
sich mit seiner Mutter Schwanhild
damals im Frühsommer 1002 ebenfalls in Meißen befand,
Thietmars Bericht schweigt, was
wiederum nur als Einverständnis
Hermanns gedeutet werden kann
und was auch durch die kurz darauf
erfolgte Heirat mit Reglindis bestätigt
wird [209 Über den
Zeitpunkt der
Heirat und zur Haltung Hermanns
vgl. unten Piasten und Ottonen, Anm.
462. In Ergänzung hierzu nur der Hinweis, daß zwischen
Hermann und Gunzelin meines Erachtens damals
noch keine Rivalität bestanden
haben kann und daß die besonders aktive Rolle Gunzelins im Kampf
um Meißen durch seine Stellung als Gemahl der Tochter Dobromirs
leicht erklärlich ist (vgl. oben Anm. 207). Hinzu kommt aber noch,
daß Hermann die Ehe mit Reglindis
auch in der Absicht eingegangen
ist, nicht nur die Stellung des Hauses
der EKKEHARDINER und seine
eigene nach der Ermordung des Vaters zu festigen, sondern darüber
hinaus auch durch die direkte Bindung an die PIASTEN-Dynastie über
die Ehe mit der Enkelin des Dobromir sich der
künftigen
Anwartschaft auf diese Landschaften bei Boleslaw zu
versichern, was
vielleicht auch erst nach Boleslaws
Abzug aus Merseburg in der zweiten
Hälfte des Jahres 1002 geschehen sein kann, wobei die Schenkung
der eminent wichtigen Burg Strehla
(vgl. Thietmar V, 18 und 36; VI, 58;
VII, 21 und 23) am Elbübergang als Morgengabe an Reglindis
sowohl
für Boleslaw
als auch für Hermann
eine große Bedeutung
für das wechselseitige Verhältnis gehabt haben dürfte.].
In diese Jahre fällt nun, wie wir gesehen
haben,
auch seine sächsische
Eheverbindung, der Emnildis
entstammte. Offen muß allerdings die Frage bleiben, ob
anfänglich
Dobromirs
gesamtes Herrschaftsgebiet einschließlich des Milsenerlandes der
Oberhoheit Geros unterstellt
war oder lediglich die Lausitz, wobei dann
Dobromirs Restgebiet, das Milsenerland,
als
tributpflichtiges
Territorium eine relative Selbständigkeit behalten hätte,
möglicherweise
auf Grund einer direkten Einflußnahme seiner am Kaiserhofe
hochangesehenen
presmyslidischen Verwandten.
Die Kernlandschaft der Mark Geros
und seines Nachfolgers Dietrich
haben
demnach keine größere Erschütterung im Innern erlebt,
wenn man von dem Vorgehen Dobromirs und
der Vergeltung durch Gero
absieht [309 Vgl. oben
Seite
34ff. und Anm. 242-2244; dazu die Vermutung, daß Dobromirs
Vorgehen mit Mieszkos
Politik in irgendeinem Zusammenhang gestanden
haben dürfte, vielleicht von ihm sogar inspiriert, zumindest wohl
unterstützt worden ist.].
Was dieser piastisch-ezzonische
Ehebund für die Politik Boleslaws
und in der Auffassung des PIASTEN-Hofes
bedeutete, geht nun
unmißverständlich auch daraus hervor, daß dem aus
dieser Ehe im Jahre 1016 geborenen Sohn
Kazimierzs noch der
programmatische Beiname Karolus
gegeben wurde. Er hatte übrigens
einen Name erhalten, der in der Dynastie bisher unbekannt war [496 Der Name Kazimir/Kazimierz
kommt in der älteren Genealogie der PIASTEN nicht
vor, und man hat
deshalb sein Auftauchen aus Verwandtschaftsbeziehungen zu fremden
Dynastien (Pommern?) erklären wollen (vgl. St. KETRZYNSKI, in:
Zycie i Mysl, 1951, S. 684), wohingegen K. JASINSKI das dortige, im 12.
Jh. belegte Vorkommen dieses Namens gerade umgekehrt aus
Eheverbindungen mit dem PIASTEN-Haus herleiten
will (in: Studia Zrodl.,
Band 6, Seite 153, n. 17; zu den Verwandtschaftsbeziehungen vgl. A.
HOFMEISTER, Genealogische Untersuchungen zur Geschichte des pommerschen
Herzoghauses, 1938, S. 7 ff.). Wenn man von den Gepflogenheiten der
Namengebung ausgeht, ist wegen des zweiten Bestandteils des Namens auch
an eine Herleitung aus dem Geschlecht
des Vaters der Emnildis, des
Dobromir, das heißt der HEVELLER-Dynastie zu
denken (siehe oben Anm. 442). Auf
jeden Fall bereitet aber die Etymologie dieses Namens den
Sprachforschern große Schwierigkeiten.].
ca. 963
oo N.N. (sächsische Grafen-Tochter)
†
Kinder:
Emnilde
um 970/75 † 1017
987
oo Boleslaw I. Chrobry Herzog von Polen
967 † 17.6.1025
Tochter
†
987
oo Gunzelin Markgraf von Meißen
† nach 1017
Literatur:
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Ludat, Herbert: An Elbe und Oder um das Jahr
1000.
Skizzen zur Politik des Ottonenreiches und der slavischen Mächte
in
Mitteleuropa, Böhlau Verlag Weimar Köln Wien 1995, Seite
21-23,25,28,31,34-36,39-41;109,118-120,131,135,209,234,242,254,257,260,265,299,309,496
- Rupp, Gabriele: Die Ekkehardiner,
Markgrafen
von
Meißen, und ihre Beziehungen zum Reich und zu den Piasten, Peter
Lang GmbH Frankfurt am Main 1996 - Thietmar
von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche
Buchgemeinschaft
Darmstadt 1992 Seite 174 -