8. Die Grafen von Haldensleben
Werfen wir einen Blick auf die Verteilung der Herrschaftsrechte
im Nordthüring- und Derlingau in der Mitte des 10. Jahrhunderts, so
springt ins Auge, wie dicht die Amtsbereiche verschiedener mächtiger
Sippen hier beieinander lagen und wie vielseitig sich die Herrschaftssphären
überschnitten. Gerade in seinem Gebiet wird augenfällig, wie
wenig es berechtigt ist, großräumige Machtkomplexe in der Hand
einer einzigen Familie als gegeben zu betrachten. Auf engstem Raume konzentrierten
sich hier die Kerngebiete der WALBECKER, BRUNONEN,
der RICDAG-Sippe und der Sippe des Markgrafen
Gero, zu denen in der 2. Hälfe des 10. Jahrhunderts nachweisbar
auch das Haus HALDENSLEBEN trat.
Ein Dipolm des Jahre 956 bezeugte im Nordthüringgau
im Gebeit um Wanzleben einen Grafen
Dietrich (Theodericus). Auch im Derlingau nahm Graf Dietrich
Herrschaftsrechte wahr, wie aus der Urkunde von 966 hervorging.
Graf
Dietrich trat für einem sonst unbekannten Grafen Mamacho als Petent
auf. Dietrich, der als fidelis noster bezeichnet
wurde, übertrug nämlich seinen Besitz in Veltheim, Arnaldesheim
(bei Hessen), Barnstorf, Küblingen, Achim, Seehausen, Dreileben, Althaldensleben
und Vahldorf pro remedio anime sue dem Kloster in Magdeburg. Diesen
Besitz empfing Mamacho vom König zu Lehen, da er auch zugleich in
seiner Grafschaft lag. Wir erfassen hier also ausgedehnten Eigenbesitz
Dietrichs, der seinen Schwerpunkt wohl um Althaldensleben - also
im Gebiet nördlich von Magdeburg - hatte. Man nannte deshalb Dietrich
und seine Familie später nach diesem Stammsitz in Haldensleben.
Zwei Urkunden von 975 und 980 bestätigten, dass er Herrschaftsrechte
im Nordthüring- und Derlingau ausübte. Nach dem Tode Geros
des Großen
(+ 965) wurde Dietrich mit einer markgräflichen
Stellung in der sogenannten Nordmark betraut. Schon 968 führte er
offiziell den Titel dux. In dem betreffenden Schreiben OTTOS
DES GROSSEN aus Capua wurde er rangmäßig Herzog
Hermann von Sachsen als dux gleichgestellt. Dietrich war
der einzige unter den zahlreichen Nachfolgern Geros, der den Titel
dux weiterführte. Daraus darf man jedoch nicht mit Böttger
schließen, dass er auf Grund diese Titels ein unmittelbarer Nachfolger
der LIUDOLFINGER
war, da sonst keinem Grafen der herzogliche Titel zugestanden habe. Auch
bei Thietmar hieß er gelegentlich dux. Der sächsische Annalist
nannte ihn dux et marchio, wie auch Gero diesen Titel geführt
hatte. Drei weitere Urkunden bezeichneten ihn als marchio.
Dietrichs
markgräfliche Befugnis erstreckte sich über den Gau der Heveller,
wie die Urkunde von 981 erkennen läßt. Thietmar gibt uns einen
weiteren Einblick in seine Tätigkeit. Im Jahre 953 begab er sich zusammen
mit dem BILLUNGER Wichmann
an der Spitze eines Heeres auf den Weg nach dem belagerten Mainz. Ehe
sie jedoch ihren Bestimmungsort erreichten, wurden sie von den Aufständischen
abgefangen. Dietrich widerstand eindeutig der Werbung des aufsässigen
Königs-Sohnes
Liudolf, der ihn für seine Sache zu gewinnen suchte,
während Wichmann ins andere Lager überwechselte. Eingedenk dieser
Haltung bezeichnete ihn der König als fidelis noster.
Thietmar nannte ihn schon bei der Schilderung dieser Vorgänge dux,
was mit seiner tatsächlichen Stellung in diesen Jahren nicht in Einklang
zu bringen ist. Die Bezeichnung dux steht entweder im Sinne
von "Heerführer" - wogegen spricht, dass Wichmann nur den comes-Titel
führte - oder Thietmar gab ihn schon aus der Rückschau der Ereignisse.
955 kämpfte
Dietrich mit wenig Erfolg gegen die Slawen. Nicht
mehr ganz zu erhellen sind die Beweggründe, die ihn 979 zusammen mit
dem Erzbischof von Magdeburg zum Widersacher Geros
von Alsleben werden ließen. Möglicherweise handelte
es sich hierbei um den Austrag einer nachbarlichen Fehde; denn Alsleben,
Geros Besitz, und Wanzleben und Seehausen, Dietrichs Eigentum, lagen
nahe beieinander, so dass Möglichkeiten zu Reibereien gegeben war.
Vielleicht waren die Gründe auch schwerwiegender und Dietrich
wollte
etwaige Ansprüche Geros von Alsleben auf die Nachfolge des großen
Markgrafen endgültig beseitigen und seinem Hause die Machtstellung
sichern. Dietrich erreichte jedenfalls sein Ziel. Am folgenschwersten
zeigte sich seine Untüchtigkeit als Markgraf in dem großen Wendenaufstand
von 983. Nach Thietmars Aussage gab die
superbia des Markgrafen
Anlaß dazu. Dieser Aufstand setzte die erst teilweise dem Christentum
gewonnenen Slawen, die bisher tributpflichtig gewesen waren, wieder in
den Besitz des Gebietes zwischen Elbe und Oder, das erst unter Gero erobert
worden war. Selbst durch den Sieg der Deutschen in der Schlacht am Tanger
als Antwort auf den Aufstand wurde das Land nicht wiedergewonnen. Wegen
dieser Vorgänge, die hauptsächlich dem falschen Verhalten Dietrichs
den
Slawen gegenüber zur Last gelegt wurden, soll er seines Amtes enthoben
worden sein. Adam von Bremen, der ihn marchio Slavorum nannte und seine
ignavia als Ursache des Abfalles ansah, berichtete von seiner Absetzung.
An einer zweiten Stelle führte er aus: Theodericus marchio,
depulsus ab honore et ab omni hereditate sua, prebendarius apud Magdeburg
vitam finivit, mala morte, ut dignus fuit. Gegen Dietrichs
Unterkommen
in Magdeburg erheben sich keine Bedenken, wir konnten seine engen Bindungen
zu Magdeburg bereits nachweisen. Diese Ereignisse berichtete gleichfalls
Helmhold. Er vermehrte den Katalog der schlechten Eigenschaften Dietrichs
noch um die avaritia und crudelitas. Auch der sächsische
Annalist erwähnte den Verlust seiner dignitas. Die Chronica
principum Saxoniae schloß sich diesen Darstellungen an. Die Nachricht
der Quedlinburger Annalen dagegen, die 985 den Tod eines
Markgrafen
Dietrich verzeichneten, dem sie die ehrenvolle Auszeichnung
Thiedericus
marchio praeclarus zuteil werden ließen, ist mit diesem
schmachvollen Ende nicht zu vereinen. Auch die Annales Necrol. Fuld. brachten
zum Jahre 985 den Tod eines Deiterih marchio. Sein
Todestag läßt sich nicht mehr ganz genau feststellen. Das Lüneburger
Totenbuch bringt zwar am 6. März, am 2. Juni und am 22. November die
Nachricht vom Tode je eines Dietrich, die aber alle nur den comes-Titel
führen. Durch die späte Überlieferung seiner Absetzung erhebt
sich die Frage, ob es vielleicht zwei Markgrafen des selben Namens gab,
was Hirsch zu beweisen suchte, indem er auf den abgesetzten Dietrich
seinen gleichnamigen Sohn folgen ließ. Dagegen spricht, dass Thietmar
als der nächststehende Berichterstatter keine Andeutung über
Dietrichs Absetzung machte, sondern noch nach 983 einen Markgrafen
Dietrich handelnd auftreten ließ, ohne ihn als Sohn des erstgenannten
erkennen zu geben. Das ist insofern auffällig, als er die anderen
Kinder des
Markgrafen Dietrich erwähnte. Natürlich könnten
bei Thietmar auch persönliche Gründe mitsprechen, die ihn bewogen,
die Ereignisse diskret zu übergehen. Auf der anderen Seite erzählte
er die wenig erfreulichen Szenen in seiner eigenen Familie. Die Frage,
ob es zwei Markgrafen mit Namen Dietrich gab, von denen der zweite nach
983 im Amt gewesen könnte, ist wohl zu verneinen. Markgraf Dietrich
hinterließ von einer unbekannten Gattin mehrere Kinder.
Als Erstgeborene wird in den Quedlinburger Annalen Oda
genannt. Sie war zuerst Nonne in Calbe (an der Milde, Kr. Salzwedel). Dieses
St. Laurentiuskloster war ihre Stiftung, wie aus der Urkunde Bischof Reinhards
von Halberstadt hervorgeht. Es fiel 983 dem Wendenaufstand zum Opfer. Wahrscheinlich
wurde es auf Eigenbesitz des Markgrafen errichtet, wofür die Nähe
seines übrigen Allods spricht. Später wurde es nach Schöningen
(Kr. Helmstedt) im Nordthüringgau verlegt, wo vermutlich ebenfalls
Besitz des Markgrafen lag. Thietmar erzählte, dass Oda
ihr Kloster verließ und nach Dobrawas
Tode die zweite Gattin Herzog Misecos von Polen
wurde. Sie übte guten Einfluß auf die deutsch-polnischen Beziehungen
aus, indem sie dafür Sorge trug, dass sich das Christentum festigte
und die deutschen Gefangenen nach Hause zurückkehrten. Oda
schenkte ihrem Gatten drei Söhne: Miseco,
Swentepule
und Wlodoweius. Die Quedlinburger Annalen
verzeichneten ihren Tod zum Jahre 1023 und nennen sie: Oda,
religiosissima domina.
Die Reihenfolge der anderen Kinder liegt nicht fest.
Seine zweite Tochter hieß Mathilde.
Thietmar führte aus, dass sie ebenfalls Nonne war, dann jedoch den
Slawen Prebislaw
heiratete. Sie erfuhr
ein wechselvolles Schicksal. Aus unersichtlichen Gründen setzte sie
der unrechtmäßige Befehlshaber Brandenburgs gefangen. Dort gebar
sie ihren Sohn, den sie in Trauer aufzog. Ihr Gatte war schon vorher von
zwei Brüdern Ugio und Uffico getötet worden. Seinen Todestag
setzte Thietmar auf den 28. Januar. Er war wohl mit dem
Prebislav
frater
noster identisch, der am 30. Januar im Lüneburger Totenbuch verzeichnet
wurde. Prebislavs Bruder Liudolf war
Kleriker. Als sein Rächer griff er zu den Waffen und mußte gewaltsam
wieder in den geistlichen Stand zurückgeführt werden. Mathilde
wurde später Äbtissin der Magdeburger Abtei, der sie bis
zu ihrem Tode vorstand.
Eine dritte Tochter Dietrichs
läßt
sich durch die Quedlinburger Annalen nachweisen. 1020 zeigten sie den Tod
einer Othelhulda, filia marchionis
Thiedrici an. Sie war Nonne in Quedlinburg.
Thietmar und der sächsische Annalist bezeugten Thietburga
als
vierte Tochter des Markgrafen. Sie heiratete den WETTINER Dedi,
der nach dem Tode des Grafen Bio von Merseburg vom König mit dessen
Grafschaft belehnt wurde. Beider Sohn hieß Dietrich. Er übernahm
nach der Ermordung seines Vaters Dedi im Jahre 1009 dessen Amtsstellung
und gesamten Lehnbesitz. Anläßlich seiner Belehnung Weihnachten
1009 auf dem Hoftag in Pöhlde wurde als sein Oheim mütterlicherseits
(avunculus) ein Bernhard
genannt, der sich somit als Sohn
des dux et marchio Dietrich erweist.
Bernhard erhielt damals Werners Mark und dessen
Amtslehen. Es ist auffällig, dass Thietmar Bernhard nicht als
Sohn Dietrichs erwähnt. So wiederholte sich hier ein merkwürdiger
Vorgang: auf
Dietrich (+ 985) folgte Lothar von Walbeck in der markgräflichen
Stellung. An die Stelle seines abgesetzten Sohnes Werner trat nun Dietrichs
Sohn, so dass nachträglich die Sohnesfolge wieder aufgegriffen wurde.
Es läßt sich nicht nachweisen, ob Bernhard
985 beim Tode seines Vaters noch zu jung war, um die gefahrvolle Lage in
den Marken zu meistern. Da im allgemeinen die Unmündigkeit des Sohnes
keinen Grund für die Nichtbelehnung darstellte, sprachen wohl andere
Gründe mit. Bernhard trat 1010 urkundlich auf. Er führte
durchgängig den Titel marchio oder auch marchicomes
und
marchisus. 1010 wurde die Übertragung seines Besitzes
in Schierstedt (Kr. Aschersleben) an den König rechtskräftig
gemacht. 1011 amtierte Werner im Gau Mrozani. Bemerkenswert ist, dass dieser
Gau noch 975 Gero von Alsleben unterstanden hatte. Möglicherweise
hatte schon Dietrich
diesen Herrschaftsbereich nach Geros Enthauptung
an sich gebracht, was vielleicht sogar das Ziel gegen Gero gewesen war.
Eine Urkunde aus dem Jahre 1013 beweist, dass auch die Gaue Osterwalde
und Belsheim seiner Gerichtshoheit unterstanden. In ihnen wurden die Orte
Lagendorf (Kr. Salzwedel), Belsheim, Briest (Kr. Stendal), Elversdorf und
Stendal namhaft gemacht. Hinzu trat eine Grafschaft im Nordthüringgau
in der Gegend von Salbke. Bis in das Jahr 1044 können wir die Tätigkeit
eines Markgrafen Bernhard verfolgen, wobei offen bleibt, ob es sich
vielleicht um zwei Markgrafen gleichen Namens - etwa Vater und Sohn - handelte.
Diese Frage kann aus Mangel an zuverlässigen Quellen nicht eindeutig
entschieden werden.
Einen wichtigen Hinweis gibt uns eine Urkunde aus dem
Jahre 1036, die den Ort Salbke im Nordthüringgau in der Grafschaft
des marchi-comes
Bernhard erwähnte, der aus königlichem Besitz an
das Kloster in Quedlinburg überging. Salbke ist durch eine Erwähnung
Thietmars bekannt. Er erzählte, dass ein geistlicher Mitbruder Bernhard,
der ihm carnis propinquitate consanguineus war, seinen Lehnbesitz zu Salbke
vom König um treuer Dienste willen in freies Eigentum umgewandelt
erhielt. Thietmar setzte Bernhards (Bernarius) Todestag, der sein
Mitbruder in Magdeburg war, auf den 17. Mai. Wir würden Bernhard gern
auf Grund seines Namens, der Lage seines Lehnbesitzes und seiner Beziehung
zu Magdeburg der Familie der Markgrafen von Haldensleben angliedern.
Andererseits besteht wenig Veranlassung, ihn als Mitglied des Hauses WALBECK
zu betrachten.
Es ist auffällig, dass der Name Dietrich bei den
Kindern des Markgrafen Lothar auftritt, der Nachfolger des Markgrafen
Dietrich von Haldensleben wurde. Über die Verwandtschaft beider
Familien liegt kein direktes Quellenzeugnis vor. Sie ist nicht ganz von
der Hand zu weisen, zumal wenn man bedenkt, dass Walbeck und Haldensleben
keine 20 km weit voneinander entfernt lagen, so dass eine Geschlechterverbindung
wünschenswert war. Schließlich müssen wir uns bewußt
bleiben, längst nicht alle Mitglieder dieser fast immer kinderreichen
Familien erfaßt zu haben.
Kehren wir noch einmal zu Markgraf Bernhard zurück.
Er wurde 1014 beauftragt, Werner von Walbeck vor das königliche Gericht
zu laden. Sein Erscheinen trug kaum dazu bei, freundschaftliche Gefühle
zwischen beiden Häusern zu erwecken, deren Beziehungen ohnehin durch
die Übertragung der Markgrafschaft von Werner auf Bernhard
sehr gespannt waren. Bernhard soll sich sogar mit dem Gedanken getragen
haben, Werner gegen Übertragung der Elbinsel Parey (westlich von Genthin)
durch den König zu ermorden, falls man Thietmars Bericht überhaupt
Glauben schenken kann. Erst 1017 fand die offizielle Versöhnung zwischen
beiden Familien statt.
Bernhard leistete in den Slawenkriegen nichts
Hervorragendes. Dafür lag ihm der Kleinkrieg mehr. 1016 ging er kriegerisch
gegen den Erzbischof von Magdeburg vor. Er mußte seine Kampflust
teuer mit seiner Ehre bezahlen. Der König zwang ihn nämlich,
sich 1017 barfuß vom Bann lösen zu lassen, den der Erzbischof
über ihn verhängt hatte, und Besserung zu versprechen. Außer
dem Ehrverlust hatte er einen Schaden von 500 Pfund Silber zu tragen. 1018
fand eine erneute Versöhnung zwischen Bernhard und dem Erzbischof
statt. Die Aussprache beider kam in Wanzleben zustande, das schon einmal
im Zusammenhang mit diesem Hause erwähnt wurde. Hier muß also
Eigengut der Familie gelegen haben. Von Bernhards markgräflicher
Tätigkeit ist nur bekannt, dass er 1017 zusammen mit den Großen
des Reichs vergeblich an der Mulde Herzog Boleslaw
von Polen aufforderte, zu Unterhandlungen zu erscheinen. Mit
dem Abbrechen von Thietmars Chronik versiegen die Nachrichten über
ihn, so dass wir über sein weiteres Leben nicht unterrichtet sind.
Auch über seine Familienangelegenheiten ist nichts genaues bekannt.
Die Magdeburger Annalen erwähnen 1018 den Tod einer
Thietburg,
die als Tochter des Markgrafen Bernhard und pia conversa bezeichnen.
Der Name Thietburg paßt gut in diese Familie. Markgraf
Dietrich hatte auch eine Tochter gleichen Namens. Auffällig ist
dagegen, dass die Sächsische Weltchronik unter den Kindern des Markgrafen
diese Tochter nicht aufführte. Sie erwähnte nur Wilhelm,
Konrad,
Oda
und als illegitimen Sohn
Otto. Da die Zuverlässigkeit der Chronik
nicht allzu groß ist, kann man aus dem Übergehen der Thietburg
kaum die Berechtigung ableiten, in den Zeitraum von 1009-1044 zwei Markgrafen
amtieren zu lassen, von denen der erste Vater der Thietburg und
der zweite der der übrigen Kinder wäre.
Gerne würden wir noch tiefer in die Anfänge
des Hauses HALDENSLEBEN hineinleuchten.
Das ist am ehesten vom Ende aus möglich, wenn man die charakteristischen
Familiennamen kennt und Eigentumsverhältnisse sowie Lage des Herrschaftsbereiches
überblicken kann. Der Name Dietrich begegnete, wie schon Sabine
Krüger nachwies, bei den vornehmsten sächsischen Geschlechtern.
So ist beispielsweise schon im 8. Jahrhundert ein Theodericus überliefert,
dem die Hochseeburg unterstellt war. Die Sippe des Markgrafen Dietrich
von Haldensleben hatte nachweisbar Besitz im Hassegau. Der Name Dietrich
tauchte auch bei den Nachkommen Herzog Widukinds auf, bei denen ihn der
Vater der Königin
Mathilde trug. Sie selber wurde wahrscheinlich nach ihrer
Großmutter väterlicherseits benannt, deren Geschlecht nicht
mehr zu ermitteln ist. Es ist sicher kein Zufall, wenn die beiden Namen
Dietrich und Mathilde auch für das Haus HALDENSLEBEN
charakteristisch sind. Es ist ferner zu erwägen, dass eine
Schwester der Königin Mathilde
- Frideruna
mit Namen - mit dem BILLUNGER Wichmann vermählt war. Wir trafen
Wichmann und Dietrich
gemeinsam bei kriegerischen Unternehmen. Schließlich
setzte sich der Name Bernhard für mehrere Generationen bei
beiden Geschlechtern durch. Vielleicht dürfen wir in jenen Legaten
Bernhard, dem um 929 die Provinz der Redarier unterstellt war,
in Zusammenhang mit Dietrichs Haus bringen. Zeitlich gesehen könnte
Dietrich sein Sohn sein. Ferner fällt ins Gewicht, dass sich
die markgräfliche Stellung Dietrichs
ungefähr über
dasselbe Gebiet erstreckte. Eine Klärung der Verwandtschaftsbeziehungen
ist im einzelnen nicht mehr möglich. Wahrscheinlich haben sich diese
Familien in irgendeiner Generation miteinander versippt. Fest steht, dass
das Haus HALDENSLEBEN
zu den ältesten
und angesehensten Familien zählte.
Die Kernpunkte ihres Allods lagen um Althaldensleben,
Wanzleben und Salbke. Auch im Umkreis ihrere Eigenklöster ist mit
einer besonderen Dichte ihres Besitzes zu rechnen, also um Calbe, Schöningen
und Königslutter, das nach der Chronica ducum de Brunswick ebenfalls
ihre Stiftung war.