Rostislav
Herrscher des Großmährischen Reiches (846-870)
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†
870
Vetter des Fürsten
Moimir I.
von Mähren
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 1044
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Rostislav, Fürst im Großmährischen Reich 846-870
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† nach November 870
Vetter Mojmirs I.
Ist in den Quellen als rex, regulus oder knjaz
bezeichnet. Die Herrschaft
errang Rostislav dank der
Förderung
Ludwigs des Deutschen,
doch suchte er bald, sich seinem Einfluß zu entziehen. Daher
unterstützte
er die innere Opposition gegen Ludwig und
nahm ihre Repräsentanten bei sich auf. Zu den Königs-Söhnen
Karlmann (861) und Ludwig
(866) stand er in Verbindung. Ebenso strebte er nach
Unabhängigkeit
von der bayerischen Kirche. Als seine Verhandlungen mit dem Papst
scheiterten,
wandte er sich an den byzantinischen Kaiser. Nicht nur aus kirchlichen,
sondern auch aus politischen Gründen sandte dieser im Jahre 863
die
Brüder
Konstantin und Method
nach Mähren, wodurch die
Spannungen
zum Ostfränkischen Reich und besonders zu Bayern verstärkt
wurden.
864, nach einem Kriegszug Ludwigs
ins
Großmährische Reich, mußte
Rostislav dem König den
Schwureid
leisten. Dennoch wollte er nicht auf seine politische
Selbständigkeit
verzichten. Ein neuer Feldzug gegen Rostislav
im Jahre 869 scheiterte zwar, doch führte die
Rivalität
zu seinem Vetter Svatopluk
I. zu seinem Sturz. Rostislav wurde
nach Bayern ausgeliefert und in Regensburg zum Tode verurteilt, von König
Ludwig begnadigt und nur geblendet. Wahrscheinlich
ist Rostislav
bald darauf gestorben.
Spindler Max: Seite 196-199
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"Handbuch der bayerischen
Geschichte.
Erster Band. Das alte Bayern. Das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des
12.
Jahrhunderts."
Bereits im folgenden Jahr 846 zog Ludwig mit
Heeresmacht nach Mähren und ersetzte hier den Herzog Moimir
durch dessen Neffen Rastizlav. Den
Rückweg durch Böhmen mußte der König sich
mühsam erkämpfen, und das könnte darauf schließen
lassen, daß die Regensburger Taufe mit dieser aufflammenden
kriegerischen Aktivität anderer in Böhmen ansässige
Stämme in Zusammenhang stand.
Der große Gegner des bayerischen Reiches aber wurde der von Ludwig dem Deutschen
eingesetzte Herzog Rastizlav von Mähren.
Offenbar im Zusammenhang mit dem Mährer
[7 So
BRESSLAU, Salzb. Annalistik 46. s Excerpta Aventini (zu 854) 744.] entfachte im Jahre 854 der Ostmark-Präfekt Radbod einen
Aufstand, der zwar rasch wieder niedergeworfen wurde, durch den aber
doch der ganze Osten in Bewegung geraten zu sein scheint. Im Jahre 855
unternahm Graf Ernst als
Führer des bayerischen Aufgebotes einen Kriegszug nach
Böhmen, und im gleichen Jahr führte Ludwig selbst
einen allerdings nicht sehr erfolgreichen Zug gegen Rastizlav.
856 kämpfte Ludwig wieder
in Böhmen und ausdrücklich wird gesagt, daß der Sohn
eines der besiegten Fürsten zu Rastizlav von
Mähren floh, der mehr und mehr zur zentralen Figur in der
slawischen Staatenwelt wurde.
Zugleich ging Karlmann
im Einvernehmen mit Herzog Rastizlav von Mähren
gegen seinen Vater vor und besetzte Bayern bis zum Inn. Dem
Übereinkommen mit dem Mährer-Herzog
opferte Karlmann
auch den slawischen
Fürsten Priwina,
der in seinem pannonischen Fürstentum durch seinen Sohn Kozel abgelöst wurde
[6 Die Conv. Bag. c. 11; Seite
136 berichtet sogar, die Mährer hätten Priwina getötet,
vgl. DÜMMLER II 24, neuere ungarische Literatur zu Priwina bis
SOS (siehe oben 193 Anm. 2) 226ff.].
Wie weitgespammt die Pläne waren, zeigt auch der zum gleichen
Zeitpunkt unternommene Versuch Herzogs
Rastizlavs, des
Verbündeten Karlmanns,
sich von der fränkischen Reichskirche zu emanzipieren. Vom Jahre
863 datiert das Empfehlungsschreiben des byzantischen Kaisers für
den Missionar Konstantin, der
sich auf Bitten Herzog Rastizlavs zur Bekehrung
der Mährer aufmachte. Ob man darin außerdem noch den Versuch
des Mährers sehen kann,
gegen die sich damals anbahnende fränkisch-bulgarische Allianz zu
einer Verständigung mit Byzanz zu kommen, mag dahingestellt
bleiben. Jedoch scheint der byzantinische Kaiser gewillt gewesen zu
sein, größere Verwicklungen mit dem Franken-Reich zu
vermeiden, da er dem Mährer-Herzog
nicht den zur Einrichtung einer eigenen Kirchenprovinz notwendigen
Bischof, sondern lediglich einen einfachen Priester sandte.
Ludwig traf
noch im Jahre 863 mit dem Bulgaren-Fürsten zusammen und die hier
getroffenen Vereinbarungen scheinen ihm Gelegenheit gegeben zu haben,
im folgenden Jahr 864 gegen Rastizlav von
Mähren zu ziehen, den er in seiner Burg Theben belagerte und zur
Unterwerfung zwingen konnte [4
Ann. Fuld. (zu 864) 62; auch für das Folgende die Hauptquelle,
vgl. auch Ann. Bertiniani zu 866 (siehe oben 194 Anm. 3) 84.].
Daß aber der dabei geleistete Eidschwur des Mährers nicht ernst gemeint
gewesen sei, betont schon der Annalist, und tatsächlich sehen wir Rastizlav in
den Jahren 865 und 866 in verstärkter politischer Aktivität,
um im Franken-Reich neue Verbündete zu gewinnen. Das gelang ihm
auch im Jahre 865 mit dem Grafen
Werner von der pannonischen Mark (zwischen Enns und Wienerwald),
der im Jahre 865 wegen seiner Konspiration mit Rastizlav angeklagt
und seiner Würden entsetzt wurde. Vielleicht wollte er auch
einfach die mährerfreunliche Politik Karlmanns
der letzten Jahre fortsetzen. Er wurde ein Opfer der Versöhnung Ludwigs des Deutschen
mit seinem Sohn Karlmann. Werner ging zu Ludwig dem
Jüngeren über, dem jüngsten
Sohn Ludwigs des Deutschen,
der anscheinend durch Vermittlung Werners
ebenfalls auf die Seite des Mährers
trat. Rastizlav
nahm seine Versuche, die kirchliche Selbständigkeit des Landes zu
erringen, wieder auf, diesmal aber nicht im Zusammenwirken mit Byzanz,
sondern mit Rom, das gerne auf diese Bestrebungen einging und in
Mähren, in Anknüpfung an die 582 untergegangene Metropole
Sirmium eine selbständige Kirchenprovinz zu errichten suchte. Der
Papst sah darin jedenfalls nicht nur die Möglichkeit, die einst an
die Oskirche verlorene Provinz Illyricum wiederzugewinnen, sondern
hoffte damit wohl auch seine Stellung gegenüber dem
fränkischen Episkopat stärken zukönnen. Diese Versuche
schienen zunächst von Erfolg gekrönt, zumal nach dem
großen Erfolg Rastizlavs im
Jahre 869 über ein vereinigtes ostfränkisches Heeresaufgebot,
ein Sieg, der zugleich auch die Böhmen wieder zu neuen
Einfällen in Bayern anstachelte. Erst das Jahr 870 brachte einen
Umschwung, als Swatopluk,
der Neffe Rastizlavs, der offenbar bisher Teil-Fürst von Neutra gewesen
war, seinen Onkel gefangennahm und an Ludwig den Deutschen
auslieferte, der ihn blenden
ließ [4 Ann.
Fuldenses (zu 869) 67.].
Fuchs Franz/Schmid Peter:
Seite 148,149,159,175
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"Kaiser
Arnolf.
Das ostfränkische Reich am Ende des 9. Jahrhunderts."
Im Jahre 854 setzte König Ludwig der Deutsche den Ostland-Präfekten Ratpot, der
ihm allzu mächtig geworden war und auffallend gut mit dem Mährer-Fürsten Rastizlav
zusammengearbeitet hatte, ab. Karlmann
entfaltete als Machthaber der "pannonischen und karantanischen Grenze"
bald eine eigenständige Politik und verbüdete sich 858 durch
Eid mit dem Mährer-Fürsten Rastizlav, dem
gefährlichsten Feind des Ostfränkischen Reiches.
Die schweren Niederlagen, die Karlmann und
die von ihm eingesetzten Grenzgrafen gegen den mährischen Fürsten Zwentibald I. einstecken mußten, der seinen Onkel Rastizlav 870
gestürzt und an die Franken ausgeliefert hatte, führten zur
Teilung des bayerischen Ostlandes.
Zwentibald
hatte 870 seinen Onkel, den in
Mähren regierenden Fürsten Rastizlav, gestürzt
und an König Ludwig den Deutschen
ausgeliefert, der Rastizlav
blenden ließ.
Karlmann hatte sich im Kampf gegen seinen Vater Ludwig den Deutschen 861
mit dem Mährer-Fürsten Rastizlav verbündet
und das östliche Bayern bis zum Inn erobert. In diesen
Kämpfen hatten entweder er selbst oder - was wahrscheinlicher ist
- seine mährischen Verbündeten die Ungarn zu Hilfe gerufen [102 Dieser Zusammenhang wird schon
dadurch wahrscheinlich, daß auch der 861 begonnene Aufstand Karlmanns und
dessen Bündnis mit dem mährischen
Fürsten Rastizlav in
den Annales Bertiniani zu 861 (wie Anm. 13) 55, überliefert ist.
Vgl WOLFRAM, Grenzen (wie Anm. 4) 253; BOWLUS, Franks (wie Anm. 11)
236ff.; VAJAY, Der Eintritt (wie Anm. 99) 12.].
Literatur:
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Annalen von Fulda Seite
34,48-50,62,64-68,72-76,80,82 - Annalen
von Fulda a 864,869 - Annalen von St.
Bertin a. 861,866 - Dümmler Ernst:
Geschichte des
Ostfränkischen
Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 - Dümmler Ernst:
Geschichte des
Ostfränkischen
Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite
284,370-372,397,406,466,492,526-528,559,593,619,623,701,715,733,740,754,777
- Dümmler, Ernst: Die
südöstlichen
Marken der Reiches unter den Karolingern (795-907) AföG 10
1853
-
Fuchs Franz/Schmid Peter:
Kaiser
Arnolf.
Das ostfränkische Reich am Ende des 9. Jahrhunderts. Verlag
C.H.Beck
München 2002 Seite 148,149,159, 164,166,167,175 - Hartmann, Wilfried: Ludwig der Deutsche.
Primus
Verlag 2002 Seite 115, 117,150,165,169,182,210 - Palacky
Franz: Geschichte von Böhmen
1842
- Regino Chronik. Quellen zur
karolingischen
Reichsgeschichte
Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 Seite 190 - Spindler
Max: Handbuch
der bayerischen
Geschichte.
Erster Band. Das alte Bayern. Das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des
12.
Jahrhunderts. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung München Seite
196-199 -