Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 728
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Franken, Landschaft
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B. FRÜH- UND HOCHMITTELALTER
Um 500 gehörten die Mainlande zum thüringischen
Großreich. Als dieses ein Opfer der Eroberungspolitik der Söhne
Chlodwigs geworden war (Schlacht an
der Unstrut 531), drangen die Franken nach Osten vor und überschichteten
in mehreren Wellen die ethnisch nicht sicher bestimmbare Vorbevölkerung
beiderseits des Mains. Fehlen auch sichere Erkenntnisse über die Neuorganisation
des ehemaligen Thüringerreiches, so scheinen doch zwei Herzogtümer
an seine Stelle getreten zu sein: eines nötrdlich des Thüringer
Waldes mit Erfurt, das andere für Mainfranken mit Würzburg als
Zentrum, wo die aus dem Westen gekommenen HEDENE regierten. Waren
diese auch sicher getauft, so gilt als der eigentliche Glaubensbote Mainfrankens
der irische Wanderbischof Kilian, der um das Jahr 689 seine rLehre wegen
in Würzburg ermordet wurde. Nach dem Untergang des hedenischen
Herzogshauses um 720?) wurde sein Herrschaftsraum unmittelbar in das Frankrenreich
einbezogen.
Im Zusammenwirken mit der Staatsgewalt gründete
Bonifatius 742 das Bistum Würzburg, das von den Herrschern so reich
ausgestattet und privilegiert wurde, daß es auch selbst Kristallisationskern
herrschaftlicher Gewalt werden konnte. Im Osten richtet das neue Bistum
zunächst bis zur Regnitzfurche, deren von Bamberg über Forchheim
bis Fürth reichende Kette von Martinskirchen auch die östlichen
Außenposition des Reiches bildete. Südlich davon entstand wohl
auf der Grundlage eines bonifatianischen Klosters, das Bistum Eichstätt.
Die Großen O-Frankens, unter welchen die MATTONEN herausragten,
überzogen das Land - mit Ausnahme der erst im Siedlungsausbau begriffenen
östlichen Randgegenden - mit einem dichten Netz von Klöstern,
auch Eigenkirchen, welche später in die Pfarreiorganisation integriert
wurden. Nach dem Tod Burchards von Würzburgs, Willibalds von Eichstätt
und der anderen Mitarbeiter des Bonifatius, deren Positionen von O-Franken
eingenommen wurde, ging die eigentliche Missionsepoche zu Ende. Für
die Unterwerfung und Christianisierung Sachsens durch KARL
DEN GROSSEN spielte O-Franken strategisch und missionarisch
eine bedeutende Rolle. Um die Vorherrschaft in Franken kämpften um
die Wende vom 9. zum 10. Jh. die mächtigen Geschlechter der (älteren)
BABENBERGER (POPPONEN) im Osten mit den rheinfränkischen KONRADINERN
im Westen. Die sogenannte Babenberger Fehde aber führte nicht zur
Ausbildung eines fränkischen Herzogtums. Einer der siegreichen KONRADINER,
Konrad
der Jüngere (I.), wurde am 10. November 911 in Forchheim
zum König gewählt. Nach dessen Tod suchte sein (mehrfach als
'dux' bezeichneter) Bruder Eberhard eine herzogsähnliche Stellung
zu behaupten, fand aber bei einer Empörung gegen OTTO
DEN GROSSEN 939 den Tod. Die BABENBERGER spielten fortan
eine bedeutende, aber keine beherrschende Rolle mehr in Franken. Dieses
blieb Basis des Königtums, dessen wichtigste Garanten die Bischöfe
waren. Nicht nur Grundbesitz, Wildbanne und Grafschaften gelangten durch
königliche Schenkungen an die Kirchen, sie wurden auch gestärkt
durch Königsschutz und Immunität. Freilich blieb das Kirchengut
in einer Art Obereigentum des Reiches und wurde vom König genutzt.
Dies gilt für das 1007 von König HEINRICH
II. nach Zertrümmerung des Machtkomplexes der Markgrafen
von Schweinfurt (wohl Deszendenten der älteren BABENBERGER)
gegründete Bistum Bamberg. Das nach der Ausstattung Bambergs im Rangau
und Nordgau verbliebene Reichsgut faßte König
HEINRICH III. um den neuen Mittelpunkt Nürnberg zusammen.
Für die ottonisch-salische
Reichskirche hatten die fränkischen Bistümer herausragende Bedeutung.
Nicht wenige Bischöfe der drei fränkischen Bistümer stammten
aus Kanzlei und Kapelle des Königs und wirkten als königliche
Berater.
Während der Investiturstreites wird O-Franken Schauplatz
heftiger Kämpfe. Für HEINRICH IV.
ist sein Besitz, der die Vereinigung seiner sächsischen mit seinen
oberdeutschen Gegnern verhindert, von entscheidender Bedeutung. Der Würzburger
Bischof Adalbero ist ein entschiedener Anhänger Gregors VII., die
Bischöfe von Bamberg und Eichstätt, auch - soweit man sieht -
die meisten Äbte, halten dagegen an der alten, von
HEINRICH IV. vertretenen Ordnung fest. Die Gegen-Könige
werden in Franken gewählt: RUDOLF VON RHEINFELDEN
1077
in Forchheim, HERMANN VON SALM 1081
in Ochsenfurt. Während des Investiturstreites erstarkte der Adel,
allen voran die HENNEBERGER, die nach der Mitte des 11. Jh. als
Grafen im Grabfeldgau hervortraten und als Helfer HEINRICHS
IV. Burggrafen, dann auch Vögte des Hochstifts Würzburg
wurden.
Eine herzogsähnliche Stellung hatten die Bischöfe
von Würzburg nach dem Zeugnis Adams von Bremen (III, 46) schon im
11. Jh. ausbilden können. Doch haben die bereits weit gediehenen Ansätze
die Zeit des Investiturstreites nicht ohne Schaden überstanden. Bischof
Erlung suchte an diese Tradition wieder anzuknüpfen. HEINRICH
V. entzog ihm nach einem Parteiwechsel 1116 den ostfränkischen
Dukat und verlieh ihn seinem staufischen
Neffen Konrad (KONRAD III.), gab ihn
aber nach seiner Aussöhnung mit Erlung 1119 wieder zurück. Auch
Bischof Emricho führte auf Münzen den Titel 'dux'. Mit der Rückerstattung
des pstfränkischen Dukats an Würzburg haben die STAUFER
ihre Position in Franken nicht aufgegeben. Mainfranken (Kirchenlehen) und
Nürnberg bildeten zusammen mit ihren Besitzungen in Schwaben, Rheinfranken
und dem Egerland den Rückhalt ihrer Herrschaft. 1168 bestätigte
FRIEDRICH
BARBAROSSA dem Würzburger Bischof die herzogliche Gewalt,
als deren wichtigste Ausprägungen die hohe Gerichtsbarkeit udn das
gericht über Eigen und Lehen genannt werden, im Bistum und Herzogtum
Würzburg, nicht im Herzogtum O-Franken, wie Würzburg es mit Hilfe
von Falsifikaten beanspruchte. Andererseits nahm BARBAROSSA
die
fränkischen Bistümer, besonders Würzburg, bis an die Grenze
ihrer Leistungsfähigkeit (Hofhaltung, Truppenhilfe) in Anspruch. Auf
die Besetzung der drei Bischofssitze übten die STAUFER
kaum geringeren Einfluß aus als früher die sächsischen
und salischen Kaiser.