1. Die Fürstenversammlung.
Im Jahre 1024 nach des Herrn Fleischwerdung wurde
Kaiser Heinrich II, als er bei
gut geordneten Verhältnissen des Reiches nach langer Arbeit schon
die gezeitigten Früchte des Friedens zu ernten begonnen hatte, bei
unversehrtem Zustande des Reiches, bei gesundem Geiste von einer Körperschwäche
ergriffen und, da dieselbe zunahm, schied er am 13. Juli aus diesem Leben.
Sein Leib wurde von Sachsen hinweg zum Begräbniß nach dem Orte
Babenberg gebracht, wo er selbst in frommem Eifer und Streben ein Bisthum
gegründet hatte, das mit aller geistlichen Pracht ausgestattet war.
Zur Einweihung desselben berief er den apostolischen Vater Benedict,
durch dessen Bestätigung er die Privilegien zum Schutze des Ortes
in öffentlicher Urkunde befestigte. Nach des Kaisers Hingange fing
der Staat wie durch den Verlust eines Vaters verwaist in kurzem zu wanken
an. Daher hatte jeder Gutgesinnte Angst und Sorge, die Schlechtesten aber
wünschten die Zerrüttung des Reiches. Doch die göttliche
Vorsehung vertraute die Anker der Kirche Prälaten und Herrschern an,
wie sie in solcher Zeit da sein mußten, um das Vaterlaud ohne Schaden
in den Hafen der Ruhe zu führen. Denn da der Kaiser kinderlos gestorben
war, strebten die weltlichen Fürsten, je mächtiger sie waren,
mehr mit Gewalt als mit Weisheit danach, entweder der erste zu werden
oder unter irgend welcher Bedingung nach dem ersten der nächste. In
Folge hiervon kam Zwietracht fast in das ganze Reich, so sehr, daß
an sehr vielen Orten es zu Mord, Brand und Raub gekommen wäre, wenn
nicht jene heftige Bewegung durch das Dazwischentreten erlauchter
Männer verhindert wäre. Die Kaiserin
Kunigunde aber, obwohl der Stütze
des Ehegemahls beraubt, kam doch unter dem Beirath ihrer Brüder, des
Bischofs Theodorich von Metz und des Herzogs Hezilo von Baiern, nach Kräften
dem Staatswesen zu Hilfe und richtete mit sorgsamem Nachdenken die Schärfe
ihres Geistes und Verstandes auf die Herstellung des Reiches.
[Die Umstände erheischen es, daß ich einige
Namen der bedeutendsten Männer nenne, seien es Bischöfe oder
weltliche Fürsten, welche damals in den verschiedenen Theilen des
Reiches walteten, und auf deren Rath Franken seine Könige zu wählen
pflegt, damit, was ich sagen will, nicht wie zufällig geschehen sich
darstelle, sondern damit, was nach Berathung der einsichtsvollsten Männer
geschehen erscheint, auch als heilsame und ehrbare und beste That
erachtet werde.] Damals hatte den Mainzer Bischofsitz Aribo, ein Noriker,
inne, ein edler und weiser und für den Rath des Königs tüchtiger
Mann; den Kölnischen Bischofstuhl behauptete Pilegrin, ein Verwandter
des Erzbischofs
Aribo, einsichtig und geschickt zu solchem Amte; auch
das Erzbisthum Trier verwaltete Popo, der Bruder des Herzogs Ernst,
ein frommer und bescheidener Mann, der damals seines Bruders Sohn, den
Herzog Ernst, mit dem Alamannischen Herzogthum in Vormundschaft hatte;
den Bischofstuhl zu Metz hatte Theodorich inne, ein edler und tugendstrenger
Mann; dem Straßburger Gemeinwesen stand der edle Bischof Werinher
vor, voll Eifer in göttlichen wie in weltlichen Pflichten; auf dem
Würzburger Stuhle saß Mazelin, weise und treu in seinen geistlichen
Würden; das Bamberger Bisthum hatte Eberhard, der erste Bischof jener
Kirche, ein Mann von Geist und Charakter so recht wie ihn der Staat
brauchte; der Kirche zu Constanz stand Heimo vor, ein Mann voll göttlicher
Weisheit, bescheiden und in weltlichen Dingen wohlerfahren; in Augsburg
war Bruno Bischof, der Bruder des Kaisers
Heinrich, ein brauchbarer Mann und von klarem Verstande, wenn
er nur nicht durch den Bruderhaß, womit er dem Kaiser Widerstand
leistete, verdunkelt wäre. Die Kirche zu Juvavum, das man gewöhnlich
Salzburg nennt, regierte guten Angedenkens Erzbischof Gunther, der
Bruder der Grafen Ekkehard und Hermann, milde und gut gegen
Gott und Menschen; Bischof der Kirche zu Regensburg war Gebhard, wegen
seines Wohlwollens ausgezeichnet; die Kirche zu Freising regierte Bischof
Eigilbert, ein weiser Lenker des Clerus und seiner Gemeinde. [Gleichzeitig
mit jenen waren viele andere Bischöfe und Aebte aus denselben Gegenden
anwesend, welche einzeln namhaft zu machen ermüden würde. Sachsens
Bischöfe lasse ich unerwähnt, weil ich nicht weiß, was
über ihr Leben ich ihren Namen beifügen müßte wiewohl
ich für gewiß vernommen habe, daß auch sie der Regierung
bei den wichtigsten Dingen rathend und helfend zur Seite stehen. Italien
übergehe ich, da dessen Fürsten in der kurzen Frist nicht zu
der Königswahl kommen konnten; sie haben, als sie später in der
Stadt Constanz zugleich mit dem Erzbischof von Mailand und den übrigen
Fürsten zum Könige
kamen, sich ihm unterworfen und bereitwillig den Eid
der Treue geschworen.] Die Herzöge aber, welche mit den vorerwähnten
Männern gleichzeitig lebten, waren folgende: Benno, Herzog
von Sachsen; Adalbero, Herzog von Istrien; Hezilo,
Herzog von Baiern; Ernst, Herzog von Alamannien;
der Lothringer Herzog Friedrich; der Ripuarier Herzog Gozelo;
Kuno von Worms, Herzog der Franken; Ulrich, Herzog
von Böhmen. [Burgund nämlich gehörte damals noch nicht
zum Römischen Reiche wie jetzt. Daß es aber jetzt unterthan
geworden ist, ist dem Ruhme dreier Könige zuzuschreiben. Kaiser
Heinrich II strebte zuerst danach es zu unterwerfen und beharrte
kräftig in diesem Streben. Alsdann verjagte Kaiser Konrad durch einen
heftigen Angriff die Lateinischen Franken feindlicher Weise aus demselben
und eroberte das Land mit Gewalt. Endlich brachte König
Heinrich III, der fromme, der friedsame, die Richtschnur der
Gerechtigkeit, durch Krieg und Frieden das nämliche Burgund großmächtig
zur Ruhe; und was dort die göttliche Vorsehung durch Rathschlüsse
des Friedens wie des Krieges, durch Berathungen und Versammlungen, denen
ich bisweilen selbst beigewohnt habe, gethan hat, werde ich anderen Ortes
mittheilen. Jetzt kehre ich zu meiner Aufgabe zurück. Ungarn aber,
das derselbe König Heinrich III
durch einen herrlichen und wunderbaren Sieg bezwungen und nach dem Siege
durch Weisheit und Klugheit sich und seinen Nachfolgern gesichert hat,
ertrug es in vorerwähnter Zeit noch nicht, auch nur unser Wort zu
hören.]