Neben Hermann
tritt in seinen letzten Lebensjahren sein Bruder Ekkehard
II. (1038-1046), der bereits die Ostmark innehatte, immer
mehr in den Vordergrund. In der Erklärung dieses Umstandes darf man
wohl Breßlau folgen, der eine Krankheit des Markgrafen in den Bereich
der Möglichkeit zieht. Damit wäre allerdings der unbemerkte Abgang
Hermanns
ganz befriedigend erklärt, auch wenn die Quellen keinen unmittelbaren
Beweis geben. Denn bei der bisherigen Stellung der beiden Brüder zueinander
konnte der Wechsel ganz unauffällig sein, da Ekkehard
II. schon vor der Übernahme
der Markgrafschaft in Meißen des öfteren neben Hermann
erscheint. Wenn schon in Hermanns späteren Jahren das Verhältnis
zur Reichsgewalt enger als früher geworden war, so hielt diese Entwicklung
unter Ekkehard II. noch an. Denn noch
enger als die Verbindung Hermanns mit KONRAD
II. waren die Beziehungen Ekkehards zu HEINRICH
III. Fast in jedem Jahre waren König und Markgraf ein
oder mehrere Male beisammen, um über das Wohl der östlichen Reichsgebiete
zu beraten. In den meisten Urkunden wird Ekkehards
Namen
mit ehrenden Beifügungen versehen wie "noster fidelis marchio"
oder "noster dilectus marchio"; ja einmal nennt ihn HEINRICH
III. sogar den treuesten Treuen, dem er durchaus nichts abschlagen
könne. Das sind Ausdrücke, die von dem guten Einvernehmen zwischen
Kaiser und Markgraf beredtes Zeugnis ablegen. Sogar bei Beratungen, die
sein Gebiet nicht unmittelbar betrafen, war Ekkehard
- genau wie sein Bruder - anwesend. Wiederholt hatte er Zusammenkünfte
mit dem Reichsoberhaupt in Goslar und Tilleda. Hier mögen noch Fragen
der Ostmark erörtert worden sein. Aber wenn er auch in Regensburg,
Köln und Pöchlarn angetroffen wird, dann wird man das als Hinweis
dafür ansehen können, dass sein Rat auch für Angelegenheiten
begehrt wurde, mit denen er unmittelbar nicht in Berührung kam. Seine
Anwesenheit bei der Kaiserkrönung
KONRADS
II. ist bereits erwähnt worden. Selbstverständlich
hatte der Meißener Herr hervorragenden Anteil an den Feldzügen
gegen Böhmen 1040 und 1041; er war in beiden Jahren der Führer
des von Meißen aus einrückenden Nordheeres. Der Zug des Jahres
1040 verlief ohne besonderen Erfolg. Die sächsische Heeresabteilung,
die nur gering an Zahl war, versammelte sich am 15. August in Dohna bei
Pirna. Zu ihr war auch Erzbischof Bardo von Mainz gestoßen. Am 24.
August erfolgte der Einfall in Böhmen. Neun Tage lang wurde das Land
mit Morden, Brennen und Plündern heimgesucht. Dann zog man ab, ohne
den Herzog Bretislav zur Unterwerfung gezwungen zu haben, aber auch ohne
von ihm beim Rückzug behelligt zu werden. Noch geringeren Erfolg hatte
der König, der von Bayern aus in Böhmen einbrach. Die Altaicher
Jahrbücher sagen, dass er viele von seinen Rittern verlor und ohne
glücklichen Erfolg heimkehrte. Einen vollen Erfolg brachte dagegen
der Zug des folgenden Jahres. Wieder drangen der König von Bayern,
der Markgraf, der von Bardo und anderen Großen unterstützt
wurde, von Sachsen her nach Böhmen ein und verheerten das durchzogene
Land. Am 8. September trafen sich die beiden Heere, nur noch durch die
Moldau getrennt, vor Prag. Noch scheint der Böhmen-Herzog zur Unterwerfung
nicht bereit gewesen zu sein, denn abermals zogen die Deutschen alles verwüstend
durch Böhmen, um sich am 29. September wieder vor Prag zu treffen.
Jetzt erst fand sich Bretislav zu Verhandlungen bereit, die in der Hauptsache
Ekkehard
mit
ihm geführt zu haben scheint. Der Böhme ging nun auf alle Bedingungen
ein. Welche Achtung gebietende Erscheinung Ekkehard
selbst
für die Feinde war, zeigt der böhmische
Geschichtsschreiber Cosmas von Prag. Er nennt ihn "dux"
der Sachsen und bezeichnet ihn als einen kriegserfahrenen Mann und
in den Verwaltungsgeschäften bewanderten Ratgeber des Königs
[Wenn Cosmas Ekkehard
"dux"
nennt, dann ist das nicht nur eine Bezeichnung für die Führerstellung
des Markgrafen auf dem Kriegszuge. Sie ist auch ein Beweis dafür,
dass Ekkehard
als Verwalter von zwei
bzw. drei Marken eine solch hervorragende Stellung im deutschen Osten einnahm,
dass er dem benachbarten Böhmen als Herzog erschien. Ein Vergleich
mit Gero I. und Ekkehard I. lehrt, dass Cosmas nicht zuviel gesagt
hat. In ähnlichem Sinne muß auch seine Bemerkung verstanden
werden, dass ganz Sachsen Ekkehard
wie einem König gehorche.]. Die daneben auch vorkommenden absprechenden
Bemerkungen des Prager Dekans stehen in seltenem Gegensatz zu den auszeichnenden
und sind leicht als mißgünstig gefärbt zu erkennen. Aber
auch die Lobeserhebungen sind nicht voll zu bewerten, da sie offenbar die
Niederlage des Böhmen-Herzogs leichter erklären sollen. Hier
dürfte der Bericht des Sächsischen Annalisten, der knapper und
sachlicher gehalten ist, eine schätzenswerte Ergänzung liefern.
Außerdem gibt er Kunde von Ekkehards
Tätigkeit als Unterhändler. Was den ungarischen Krieg 1042 betrifft,
so hat Ekkehard höchstwahrscheinlich an den Vorberatungen teilgenommen.
Am Feldzug selbst war er nicht beteiligt, denn keine Quelle redet davon.
Noch einmal fällt helles Licht auf Ekkehards
Stellung im Reich, nämlich bei seinem Tode. Dies Ereignis muß
einige Überraschung ausgelöst haben, denn zahlreiche Quellen
reden davon, dass es plötzlich eintrat. Auch die stattliche Zahl der
Quellen die davon berichten, ist bedeutsam. Während Hermanns Tod
in der Öffentlichkeit kaum bemerkt wurde, wird Ekkehards
Ableben von zum Teil fernstehenden Geschichtsschreibern aufgezeichnet,
ein Umstand für den seine Berühmtheit spricht. Hermann von Reichenau
berichtet, dass Ekkehard sehr reich
gewesen sei. All sein Besitztum erbte der Kaiser, dem er es vermacht hatte,
und dieser ehrte den treuen Berater und Freund durch seine Anwesenheit
beim Begräbnis. Das sind alles Vorgänge, die von den guten Beziehungen
zwischen Reichsoberhaupt und Lehensmann vernehmlich genug reden. Kaum einmal
hat der Markgraf seine Machtbefugnis überschritten [Nach D H III.
302 hat der Markgraf einmal ein Lehen des Klosters Hersfeld als Eigentum
behandelt und dem Kloster vorenthalten. Diese kleine Entgleisung kann das
Gesamtbild des verdienten Markgrafen nicht trüben] oder seine angesehene
Stellung zum persönlichen Vorteil und zum Schaden des Reiches
ausgenutzt. Noch eins mag erwähnt werden: nirgends wird in den Quellen
eine Beziehung zum sächsischen Herzog angedeutet. Aus allem geht eindeutig
hervor, dass die Mark Meißen dem Kaiser unmittelbar unterstellt war.
An dieser Stelle wird der Gegensatz zwischen Ekkehard
I., dem großen Vater, und Ekkehard
II., dem bedeutenden Sohn, geradezu auffallend: jener geriet
schließlich in Gegensatz zur obersten Reichsgewalt und ging im Kampfe
um sie unter; dieser kam in immer engere Verbindung mit ihr und überließ
ihr endlich sein gesamtes Eigengut.