Als letzte Gestalt unserer OTTONEN-Verwandten wollen wir die Kaiserin Kunigunde, die Gattin Kaiser HEINRICHS II., betrachten. Mit den zahlreichen Geschwistern dieser Tochter des Grafen Siegfried kam es im Verlauf der Regierungszeit des Königs und Kaisers immer wieder zu Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen.
1. Zur Herkunft der Kaiserin Kunigunde
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Herzog Heinrich IV. von Bayern,
der Sohn des Zänkers, heiratete
in der Zeit um 998-1000 Kunigunde,
die Tochter Graf Siegfrieds von Luxemburg. Mit dem Vater der späteren
Kaiserin begegnen wir einer der rätselhaftesten Gestalten des 10.
Jahrhunderts, der daher ein dankbares Objekt für genealogische Untersuchungen
und Hypothesen jeglicher Art wurde.
Gesichert ist die karolingische
Abstammung der Kaiserin, die durch eine genealogische Tafel der Münchener
Handschrift clm 29093 und das Zeugnis Bischof Adelbolds von Utrecht in
dessen Vita Heinrici II einwandfrei bezeugt ist. Genauso eindeutig wissen
wir, dass ein Graf Siegfried der Vater Kunigundes
war; doch fangen mit diesem Siegfried die Unsicherheiten an. Es
gab nämlich im 10. Jahrhundert ebenso zweifelsfrei zwei Grafen
Siegfried von Luxemburg, und es gelang bisher nicht, zu entscheiden,
ob Siegfried I. oder Siegfried II. der Vater unserer Kunigunde
gewesen ist.
Noch rätselhafter ist die Mutter der Kaiserin
Kunigunde, von der wir nur den Namen Hadwig kennen. Mehrfach
wurden bereits Überlegungen angestellt, die Mutter Kunigundes
mit
der gleichnamigen Tochter Herzog Giselberts von Lothringen und dessen Gemahlin
Gerberga,
der uns bereits bekannten Schwester OTTOS DES
GROSSEN, zu identifizieren. Erst vor wenigen Jahren wurde diese
Identifizierung von Ferdinand Geldner wiederholt und mit einem neuen Argument,
der Josephsehe zwischen Kaiser HEINRICH II.und
Kunigunde,
verknüpft, um so ein durchschlagendes Gegenargument zu entkräften.
Sieht man nämlich in Kunigundes Mutter
die Tochter der
Herzogin Gerberga,
so hätte
Kaiser HEINRICH II. mit
seiner Ehe gegen die kanonischen Ehehindernisse verstoßen; gerade
von diesem Kaiser ist aber bekannt, wie er sich für die Durchsetzung
der kirchlichen Ehevorschriften und für das Verbot der Verwandtenehe
eingesetzt hat.
Siegmund Riezler sah noch 1927 eine gewisse Unebenbürtigkeit
bei der Heirat zwischen einer Grafentochter und dem bayerischen Herzog,
der ein Vetter des Kaisers war. Die neuere Forschung betont hingegen die
mächtige territoriale Basis und die königsnahe Stellung der LUXEMBURGER
Grafenfamilie,
die im Wissen um deren KAROLINGER-Deszendenz
noch abgerundet wird.
2. Kunigunde als "consors imperii"
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Die Herzogsgattin war wohl nicht bei Heinrich,
ihrem Mann, als sich die Vorgänge ereigneten, die dem Bayern-Herzog
die Nachfolge des kinderlos verstorbenen Kaisers
OTTO III. ermöglichten. Herzog
Heinrich war dem Leichenzug bis zum Kloster Polling entgegengekommen
und hatte den Leichnam und die Reichsinsignien in Empfang genommen; nach
Beratungen bei der Beisetzung des toten Herrschers war er schließlich
am 7. Juni 1002 von den Franken und Oberlothringern zum König gewählt
und durch Erzbischof Willigis von Mainz gekrönt worden. Heinrich
zog nun zuerst gegen Schwaben, gegen seinen Gegenkandidaten Herzog Hermann
II., doch als Hermann einer Entscheidung auswich, begab sich der neue König
nach Thüringen, um auch dort Anerkennung zu erlangen. Anfang August
traf HEINRICH mit seiner Gemahlin Kunigunde
und
mit seinen Kusinen, den Schwestern des verstorbenen Kaisers,
Sophie
und
Adelheid,
zusammen. Gemeinsam setzte man die Reise nach Paderborn fort. Dort wurde
Kunigunde
zur Königin gekrönt und Sophie
zur
Äbtissin von Gandersheim konsekriert; beide Handlungen wurden durch
Erzbischof Willigis von Mainz vorgenommen.
Die Krönung der Kunigunde
ist die erste Krönung einer deutschen Königin, von der wir mit
Sicherheit wissen. Diese Krönung ist in ihrem Zusammenhang mit dem
Umritt durch das Reich zu sehen, womit die Huldigung in Fortsetzung der
Königswahl eingeholt wurde und der König zugleich die Herrschaft
antrat. Paderborn war die letzte Bischofskirche auf dem Weg nach Lothringen,
das noch nicht gewonnen war; doch wird in der neueren Forschung die Wahl
gerade dieser Stadt auch als ein Zeichen des Dankes für die Haltung
des Paderborner Bischofs Rethar während der Zeit der Thronvakanz gesehen.
Kunigunde hat den
König zweimal in den Kämpfen gegen die Polen vertreten. Als HEINRICH
II. im Juni 1012 gegen seine luxemburgischen Schwäger aufbrechen
mußte, übertrug er die Verantwortung für die Polenpolitik
und die Königshöfe in Sachsen an den eben gewählten Erzbischof
Walthard von Magdeburg. Es handelte sich hierbei um einen spezialisierten
Auftrag, weniger um eine allgemeine "procuratio", wie sie in der Zeit OTTOS
I. dem Legaten Siegfried oder Hermann Billung und 993 dann noch
der Äbtissin Mathilde von Quedlinburg übertragen
worden war. Walthard verstarb aber bereits nach kurzer Zeit; als die Nachricht
den vor Metz im Feld stehenden König erreichte, sandte er seiner Gemahlin
die Anweisung, "regnum prout curaretur ab ea". In ähnlicher
Weise wurde Kunigunde mit der Stellvertretung
des Königs während dessen Feldzug im Sommer 1016 gegen den
Grafen
Otto-Wilhelm von Burgund betraut.
Die Forschung kam bei der Untersuchung der fast nur in
Sachsen bezeugten "procurationes" zu dem Ergebnis, es handle sich um eine
sächsische Stammeseigenart, deren Wurzeln im Stammesrecht, aber auch
in den sächsischen Königsvorstellungen zu finden seien: das Bedürfnis,
die ordnende und schützende Hand des Königs nahe zu wissen, scheint
nirgendwo ausgeprägter gewesen zu sein als in Sachsen. Riefen Verpflichtungen
den Herrscher in die Ferne, so mußte ein Vertreter bestellt werden.
Im Falle Kunigundes wurde die Königin
aber erst mit dieser Vertretung beauftragt, als der eigentliche Heerführer,
Erzbischof Walthard, plötzlich verstorben war. Und die Ernennung Kunigundes
war nur mit der Organisation des Rückzugs verbunden: den Feldzug weiterzuführen,
war allein der König legitimiert.
Auch die Wiedereinsetzung von Kunigundes
Bruder
Heinrich in das bayerische Herzogsamt, wie sie die Kaiserin im Juni 1018
vornahm, ließe sich als eine Stellvertretung des Herrschers betrachten:
denn zu derselben Zeit, im Juni/Juli 1018, stieß der Kaiser mit einem
Heer gegen König Rudolf III. von Burgund,
seinem Onkel, vor, um auf diese Weise die Abmachungen des Erbvertrages
zwischen den beiden Königen nochmals auf das Tapet zu bringen und
hiermit zu bekräftigen. Und wohl in der gleichen Funktion präsidierte
die Kaiserin Kunigunde zusammen mit
Herzog Heinrich von Bayern im Jahre 1021 einem Hoftag, auf dem der Streit
zwischen dem Kloster St. Emmeran in Regensburg und Bischof
Bruno von Augsburg, dem Bruder des Kaisers, zugunsten des Klosters
und gegen Bruno entschieden wurde.
Neben diesen Regierungshandlungen, die Kunigunde
in der Stellvertretung des Königs/Kaisers vornahm, als sich dieser
in einem weiter entfernten Landstrich aufhielt, sind auch Regierungshandlungen
in Gemeinschaft durch das königlich/kaiserliche Paar vorgenommen worden.
So erließen HEINRICH II. und
Kunigunde
gemeinsam
ein Edikt zur Begründung eines Totenbündnisses, das zugleich
den politischen Nebeneffekt haben sollte, den Polenfeldzug
HEINRICHS
II. vorzubereiten. Die Kaiserin wurde in diese Zweckbestimmung
mit einbezogen, und so konnte sie später auch die notwendige sakrale
Würde aufbringen, den Polenfeldzug eigenständig - wenn auch nur
in Vertretung des Königs - zu befehligen.
Auch eine vermittelnde Tätigkeit der Königin
Kunigunde ist in den erzählenden Quellen bezeugt: so trat
sie im Streit um die Thronfolge 1002 zwischen ihrem Gemahl und dessen Gegenkandidaten
Hermann II. von Schwaben als Bittstellerin hervor. Der Quedlinburger Annalist
schreibt es Kunigundes Einfluß
zu, daß zwischen Kaiser HEINRICH II.und
Herzog Bernhard von Sachsen ein Friedensschluß (1020) zustande kam.
Häufige Erwähnung findet auch die Intervention
der Kaiserin Kunigunde in den Königsurkunden
ihres Gatten. In etwa einem Drittel der Urkunden ist die Fürbitte
der Kunigunde erwähnt. Die Empfänger der fraglichen Urkunden
stammen meistens auch aus dem süddeutschen Raum; besonders häufig
wurden Urkunden für kirchliche Kreise ausgestellt. Bei der Interpretation
dieses Befundes ist auf die ungesicherte Forschungslage bei der Frage nach
der Bedeutung der Interventionen zu verweisen. Man sollte freilich nicht
von einem völlig starren Denken in rein rechtlichem oder rein ehrendem
Zweck der Intervention ausgehen.
In den ersten Regierungsjahren HEINRICHS
II. taucht für Kunigunde
die Formel "regnorum consors" in den Diplomen auf, allerdings nur
unter einem ganz bestimmten Notar, dem diese Wendung offenbar geläufig
ist.
In der Endzeit der Herrschaft des Kaisers war eine der
bestimmensten innenpolitischen Fragen der Hammersteiner Ehescheidungsprozeß.
In Zusammenhang mit der Interpellation der Irmgard von Hammerstein an den
Papst ist ein Brief des Mainzer Erzbischofs Aribo an die Kaiserin
Kunigunde überliefert, der uns die Annahme nahelegt, die
Kaiserin habe den Erzbischof in seiner Ansicht, ein Gläubiger dürfe
nur mit Einverständnis des zuständigen Bischofs nach Rom interpellieren,
unterstützt. Die Forschung sah sogar weitergehend in Kunigunde
die Gönnerin Aribos von Mainz, zumindest aber eine wichtige Förderin
seiner Ansichten. Eine solche Aktivität der Kaiserin könnte auch
der Hauptaufgabe aller adeligen Damen, durch gute Werke und den Kontakt
zur Kirche für die Sünden ihrer Männer Besserung zu leisten,
zugezählt werden; diesen Gesichtspunkt hatten wir ja auch schon bei
den anderen Herrschergemahlinnen eruieren können.
Nach dem Tode ihres Mannes führte die Kaiserin
Kunigunde gemeinsam mit ihren Brüdern die Reichsgeschäfte
weiter: Kaiser HEINRICH II.
hatte keinerlei Vorsorge für sein Ableben getroffen: so scheint
es zu zahlreichen Fehden nach dem Tod des Herrschers gekommen zu sein -
der Wahrer des inneren Friedens im Reich,
König
HEINRICH II., war nicht mehr unter den Lebenden. In diese Funktion,
den inneren Frieden zu sichern, versuchte nun die Kaiserin
Kunigunde einzutreten, wenn sie auch nicht die gleiche Autorität
hatte wie ihr verstorbener Gemahl: "Imperatrix vero Chunigunda,
quamquammaritali vigore destituta foret, tanem consilio fratrum suorum,
Theoderici Metensis episcopi et Hezzelonis ducis Bavariae,
pro viribus rei publicae succurrebatet ad restaurationem imperii aciem
ingenii mantisque sollicita consideratione direxit." Kunigunde
verwahrte die Reichsinsignien, und sie wird auch an der Festsetzung von
Ort und Zeit für die Wahlversammlung beteiligt gewesen sein, auf der
schließlich KONRAD DER ÄLTERE
zum deutschen König gewählt wurde.
Kunigunde
überreichte dem neugewählten Herrscher die Reichsinsignien: "Supra
dicta imperatri Chunegunda regalia insignia, quae sibi imperator Heinricus
reliquerat, gratanter obtulit et ad regnandum quantum huius sexus auctoritatis
est, illum corroboravit." Die Königs-Witwe trug also noch einen Teil
der Autorität ihres verstorbenen Mannes, wenn diese Autorität
auch nicht dazu ausreichte, die Herrschaft an einen eventuellen neuen Gatten
zu übertragen, sondern nur dazu, die Neuwahl des Königs auszurichten.
3. Kunigunde und ihre Brüder
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Mehr Beachtung in der Forschung als die Herrrschaftsteilhabe
der Kaiserin fand das "familiäre Umfeld", das Kunigunde
mit in die Ehe eingebracht hatte: der Konflikt des Königs mit
seinen luxemburgischen Schwägern, der HEINRICH
lange Jahre seiner Regierungszeit begleiten sollte.
Der Kampf mit den LUXEMBURGERN
begann im Jahr 1005 und wurde erst 1019 mit der Wiedereinsetzung des Bayernherzogs
Heinrich, eines Bruders der Kunigunde,
beendet. Auch wenn Kunigunde in diesem Konflikt nur wenig hervortritt,
kaum Einflußnahme zugunsten ihrer Brüder spürbar ist, so
steht sie doch als diejenige Person, durch die die Luxemburger Grafenfamilie
Königsnähe erworben hat, immer im Hintergrund aller Aktionen.
Der Aufstieg der LUXEMBURGER
begann bereits unter Graf Siegfried in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts
und setzte sich nach dem Gewinn der Königsnähe geradezu kometenhaft
fort. Zuerst wurde Heinrich, ein Bruder Kunigundes,
zum Herzog in Bayern erhoben. König HEINRICH
II. hatte sein Herzogtum, aus dem er zum Nachfolger Kaiser
OTTOS III. emporgestiegen war, zunächst noch in seiner
eigenen Hand behalten; schon 1003 kam es deswegen zu einem Konflikt mit
dem Markgrafen Heinrich von Schweinfurt, den Herzögen Boleslaw von
Böhmen und
Boleslaw von Polen
und last not least mit Bruno, dem Bruder
des Königs und späteren Bischof von Augsburg. Sowohl Markgraf
Heinrich wie Bruno hatten wohl gehofft,
die Nachfolge des Königs im bayerischen Herzogtum antreten zu dürfen.
Die Lösung, die der König schließlich fand, wirkt fast
wie Verlegenheit: da er das Herzogtum keinem der beiden Konkurrenten übertragen
wollte, verfiel er auf den Ausweg, einen dritten mit diesem Amt zu betrauen.
Heinrich von Luxemburg, offenbar der älteste der Brüder Kunigundes,
war durch seine Vorgeschichte eigentlich auch ein sehr geeigneter Kandidat:
gilt er doch in der Literatur als einer der getreuesten Paladine des verstorbenen
Kaisers
OTTO III., zu dem dieser LUXEMBURGERin
dessen letzten Lebensjahren in einer engen Vertrauensstellung stand. Der
König scheint seinem gleichnamigen Schwager ähnliches Vertrauen
entgegengebracht zu haben, da die Position des bayerischen Herzogs in diesen
Jahren wegen der Bildung eines großpolnischen Reiches, zu dessen
Einzugsbereich auch das an Bayern grenzende Böhmen gehörte, stark
gefährdet war.
Von dem Wirken des neuen bayerischen Herzogs ist nur
wenig bekannt. Er nahm an einem Feldzug des Königs gegen Boleslaw
von Böhmen 1004/05 teil. Nachdem Heinrich als bayerischer Herzog durch
seine Schwester
Kunigunde wiedereingesetzt
worden war, nimmt die Forschung ein enges Zusammenwirken zwischen Herzog
und Kaiserin an, da die beiden in mehreren Urkunden zusammen intervenieren.
Bezeugt ist ein Mitwirken Heinrichs am Handeln seiner Schwester nach dem
Tod des Kaisers: Kunigunde lenkte zusammen
mit dem Bayernherzog und Bischof Dietrich II. von Metz, ihren Brüdern,
die Geschicke des Reiches; Heinrich von Bayern nahm auch an der Königswahl
in Kamba teil und wirkte bei den letzwilligen Verfügungen der Kaiserin
am ersten Jahrestag des Hinscheiden Kaiser
HEINRICHS II. mit.
Bestimmend für das Bild, mit dem die LUXEMBURGER
Brüder in die Geschichtsdarstellung Eingang gefunden haben, wurde
der große Konflikt zwischen den Brüdern Kunigundes
und
ihrem Schwager HEINRICH II., der sogenannten
Moselfehde.
Im Jahr 1005 verstarb Bischof Adalbero II. von Metz,
der ein Bruder des oberlothringischen Herzogs Dietrich, zudem ein Sohn
der Beatrix, der Schwester König
Hugo Capets, war. Die oberlothringischen Herzöge waren
auch weiterhin daran interessiert, diesen wichtigen Bischofsstuhl in der
Hand ihrer Familie zu behalten; doch als ihr einziger Kandidat stand nur
ein 5-jähriger Sohn Herzog Dietrichs zur Verfügung, der ebenfalls
wie sein verstorbener Onkel Adalbero hieß. König
HEINRICH II. gab sein Einverständnis zu dieser Wahl, die
jeglichem kirchlichem Recht Hohn sprach. Für den 5-jährigen Bischof
wurde der LUXEMBURGER Dietrich
zum Verwalter bestellt, der jedoch bald das Kind aus der Stadt fortjagte
und sich selbst zum Bischof proklamieren ließ. Dietrich war
der Bruder Kunigundes, und so durfte
er auf die Zustimmung des Königs rechnen, der auch, soweit wir wissen,
nichts gegen Dietrich unternommen hat.
Ein weiterer Fürst versuchte sich die Verwandtschaft
der LUXEMBURGER zu König
HEINRICH II. zunutze zu machen: Graf Balduin II. von Flandern,
der in einer Doppelvasallität zwischen dem deutschen und dem französischen
Reich stand, heiratete Otgiva, die junge Tochter des LUXEMBURGERS
Friedrich vom Moselgau. Sodann besetzte er Valenciennes und
Gent in der Hoffnung, König HEINRICH II.
werde als sein Schwager dies dulden. Doch Balduin hatte sich verrechnet:
der König ging gegen ihn trotz der Verschwägerung vor, konnte
sich aber nach kurzer Zeit, als die Moselfehde begonnen hatte und den König
voll in Anspruch nahm, den Kampf gegen einen so mächtigen Vasallen
und potentiellen Verbündeten nicht mehr erlauben; HEINRICH
arrangierte sich mit Balduin von Flandern und übertrug ihm Valenciennes
als Reichslehen, ließ auch Gent in Balduins Hand und 1012 noch Walcheren
in dessen Besitz übergehen.
Im Jahr 1007 kam es zu weiteren Mißhelligkeiten
mit den luxemburgischen Schwägern,
als HEINRICH II. das Bistum Bamberg
einrichtete. Bamberg war von jeher der Lieblingsort des Königs gewesen,
und er hatte ihn noch in seiner Herzogszeit seiner Gemahlin als Morgengabe
geschenkt. Nun aber, da HEINRICH König
geworden war, plante er, dort ein Bistum zu stiften. Einspruch dagegen
erhob nicht nur Bischof Heinrich von Würzburg, der für Bamberg
einen entsprechenden Sprengel seines Bistums hätte abtreten müssen,
sondern dies taten auch die LUXEMBURGER
Familienangehörigen
Kunigundes,
wohl weil sie Einbußen beim Erbfall ihrer kinderlosen Schwester befürchteten.
Bereits in den ersten Regierungsjahren König
HEINRICHS II. hatten die LUXEMBURGER
eine Machtausdehnung erreicht, die sie im oberlothringischen Gebiet die
beherrschende Stellung einnehmen ließ. Das gesamte Nieder-Moselland
bis hinein in die Ardennen unterstand ihrer Hand; nur der wichtige Stützpunkt
Trier fehlte hier noch. Aber bald sollte sich die Gelegenheit bieten, auch
in dieser Stadt Fuß fassen zu können.
Neben Bischof Dietrich von Metz hatte Kunigunde
noch einen zweiten Bruder, der dem Klerikerstand angehörte: Adalbero,
der sich eine kirchliche Machtposition in der Erzbischofsstadt Trier aufgebaut
hatte. Er war Propst in dem Stift St. Paulin und stand bei Erzbischof Liudolf
als dessen "cappelanus" in hohem Ansehen. Als nun Liudolf 1008 starb, wurde
Adalbero zum Nachfolger gewählt. Die Quellen legen die Vermutung nahe,
die Wahl könnte nicht ganz formgemäß verlaufen sein, doch
lassen sich die Texte auch in einer böswilligen Interpretation lesen,
Adalbero habe die Würde des Erzbischofs regelrecht usurpiert.
Jedoch machte Heinz Renn gegen diese letztgenannte Leseweise darauf aufmerksam,
daß Thietmar von Merseburg, da er den Vorgängen zeitlich am
nächsten stand und zudem gegen die LUXEMBURGER
Grafen feindlich eingestellt war, eine Wahl entgegen den kanonischen Regeln
sicherlich streng getadelt hätte; Renn vermutet mit diesem Argument
ex silentio deshalb, Adalbero sei legal zum neuen Erzbischof gewählt
worden.
König HEINRICH II.erkannte
nun aber Adalbero nicht an, da er an die unüberlegte Einsetzung
des Bruders der Kunigunde
und Adalberos
als Bischof von Metz dachte; er wies daher die dringenden Bitten seiner
Gemahlin und anderer Ratgeber zurück und gab das Erzbistum an Megingoz,
einen Kämmerer Erzbischof Willigis' von Mainz. Thietmar macht Kunigunde
zur Fürsprecherin für ihren Bruder, der in der Anfangszeit König
HEINRICHS II. eine Zusage für Trier erhalten haben mag.
Leider sind wir über die Vorgänge bei der Trierer
Erzbischofswahl aus keiner anderen Quelle unterrichtet außer aus
diesem knappen Bericht Thietmars, wie wir ihn paraphrasiert haben. Dadurch,
daß der Merseburger Bischof den Widerstand HEINRICHS
II. gegen die Wahl Adalberos mit einer Rückblende
auf die Vorgänge in Metz einige Jahre vorher verknüpft, läßt
dieses Handeln des Königs als sehr bewußter Versuch sehen, das
weitere Erstarken seiner luxemburgischen Schwäger einzudämmen.
Der durchaus vorstellbare Gedanke, den das Trierer Domkapitel bei der Wahl
Adalberos gehegt haben könnte, indem man einen Kandidaten wählte,
den der König nicht ablehnen werden würde, weil er sein Schwager
war, um auf diese Weise dem vom König unabhängigen Wahlrecht
wieder stärkere Geltung zu verschaffen, dürfte daneben eine geringere
Rolle gespielt haben. Trier muß auf jeden Fall für die
luxemburgische Sippe eine entscheidende Bedeutung gehabt haben,
denn sonst ließe sich der nun entflammte Kampf in dieser derartigen
Härte nicht verstehen.
Adalbero wagte es, dem König und seiner Entscheidung
Widerstand entgegenzusetzen. Er konnte sich hierbei auf Klerus und Volk
von Trier stützen und dürfte sich zuletzt auf den Einfluß
und die Fürsprache seiner Schwester, der Königin, gehofft haben.
HEINRICH
II. mußte schließlich selbst vor Trier ziehen, um
seinen Kandidaten durchzusetzen und konsekrieren zu lassen. Adalbero
gab sich aber nicht so einfach geschlagen, besetzte die Trierer Pfalz,
befestigte die Moselbrücke und zwang die Vasallen zur Anerkennung
seiner Lehenshoheit.
König HEINRICH II. konnte
zwar seinen Kandidaten Megingoz in der Stadt konsekrieren lassen, es gelang
ihm jedoch nicht, die Pfalz einzunehmen. Nach langer Belagerung ergaben
sich die Aufständischen, für die Herzog Heinrich von Bayern
(auch dieser war ja einer der luxemburgischen
Brüder!) noch freien Abzug vermitteln konnte; Heinrich hatte
sich wohl zu dieser Zeit noch nicht (oder noch nicht offen?) auf Seiten
seines Bruders Adalbero gestellt.
Auf einem Fürstentag, der im Frühjahr des folgenden
Jahres 1009 stattfand, wurde Herzog Heinrich von Bayern abgesetzt;
ihm wurde vorgeworfen, sich heimlich nach Bayern begeben zu haben, um dort
eine "rebellio" gegen den König anzuzetteln. Es scheint, als ob Heinrich
1008 - dem Bericht Thietmars zufolge - zunächst seinem Lehensherrn,
dem König, noch Heerfolge geleistet hätte, aber die Bindung an
die Sippe dann doch über die Bindung an den Lehensherrn obsiegt hätte.
Herzog Heinrich versuchte offenbar noch, die Großen seines
Herzogtums zu einer Eidleistung zu bewegen, innerhalb der nächsten
drei Jahre keinen anderen Herzog als ihn anzuerkennen; doch der König
konnte sich gegenüber dem LUXEMBURGER,
den er erst wenige Jahre zuvor eingesetzt hatte, und der daher nur über
wenig Rückhalt im Lande verfügt haben dürfte, durchsetzen.
Allerdings wurde der abgesetzte Bayern-Herzog nun noch
mehr in die Arme seiner luxemburgischen
Verwandtschaft getrieben: Heinrich schloß sich eng mit seinen
bischöflichen Brüdern Adalbero und Dietrich zusammen,
und er fand in Metz Unterschlupf. Im Sommer 1009 zog der König selbst
vor diese Bischofsstadt, konnte sie aber trotz einer zweimonatigen Belagerung
nicht einnehmen und mußte schließlich "sine pace" wieder abziehen.
Obwohl es HEINRICH II. nicht gelungen
war, die Position seiner Schwäger im Moselgebiet zu erschüttern,
entschloß sich der König zu keinen weiteren Kampfhandlungen
mehr.
Im Juli 1011 versuchte HEINRICH
II. nun den diplomatischen Weg. Auf einem Reichstag zu Mainz
waren der frühere Bayern-Herzog Heinrich, sein Bruder Dietrich
von Metz und oberlothringische Anhänger des Königs, unter
ihnen Herzog Dietrich von Ober-Lothringen und Bischof Heymo von Verdun,
anwesend. Man konnte sich anscheinend auf einen zeitlich begrenzten Waffenstillstand
einigen. Doch auf dem Rückweg vom Hoftag wurden Herzog Dietrich und
die Bischöfe von Verdun und Toul - also Parteigänger des Königs
- durch die LUXEMBURGER, denen sich
noch Pfalzgraf Ezzo, der Gemahl der Kaiser-Tochter
Mathilde, angeschlossen hatte, überfallen. Die Bischöfe
konnten entkommen, der Herzog fiel den Angreifern schwer verwundet in die
Hände, und viele Anhänger HEINRICHS
II. verloren ihr Leben. Herzog Dietrich kam allerdings wenig
später gegen Stellung von Geiseln wieder frei.
Im Jahre 1012 nahm Bischof Dietrich II. von Metz
an einer Synode in Bamberg teil, auf der ihm vom König ein scharfer
Verweis erteilt wurde, da er - der Bischof - HEINRICH
II. unberechtigt beim Papst verleumdet habe. Im August belagerte
König
HEINRICH II. erneut Metz, während die Kaiserin
Kunigunde die Führung der Reichsgeschäfte im Osten
nach dem Tode von Erzbischof Walthard übernahm. Für November
1012 berief König HEINRICH II. eine
Synode nach Koblenz ein, auf der Bischof Dietrich von Metz und seine
rebellischen Anhänger verurteilt werden sollten: Dietrich wurde von
der Ausübung seiner geistlichen Funktionen bis zu einer endgültigen
Entscheidung dispensiert. In den folgenden Jahren trat der Konflikt König
HEINRICHS II. mit seinen LUXEMBURGER
Schwägern in den Hintergrund. In Lothringen verlagerte
sich der Kampf wieder auf die "klassischen" Gegner des Königtums:
Die Reginar-Nachkommen setzten sich gegen die Einsetzung Gottfrieds, eines
Sohnes Graf Gottfrieds des Gefangenen von Verdun, zum niederlothringischen
Herzog zur Wehr.
Im April 1015 versuchten die LUXEMBURGER,
sich dem Kaiser wieder anzunähern. Wie wir in Thietmars Chronik nachlesen
können, erschienen sie barfüßig vor HEINRICH
II. und baten um Friede und Vergebung. Adalbero verzichtete
damals auch auf seinen Anspruch auf die Würde des Trierer Erzbischofs,
behielt allerdings die Burg der Stadt wegen ihrer strategischen Bedeutung
weiter in der Hand. Megingoz, der Kandidat des Königs, mußte
immer noch in Koblenz residieren, wo er Weihnachten 1015 starb. Auf diese
Nachricht eilte Kaiser HEINRICH II. herbei,
um den Trierer Erzstuhl erneut mit einem treuen Anhänger zu besetzen,
und berief Poppo, den Sohn Markgraf Leopolds von Österreich, zum neuen
Erzbischof. Adalbero scheint gehofft zu haben, nach dem Tod des
kaiserlichen Protege von HEINRICH II. anerkannt
zu werden; darauf könnte auch der von Dietrich von Metz erhobene
Anspruch, den neuen Erzbischof zu ordinieren, hindeuten, möglicherweise,
um die Weihe Poppos so zu verhindern.
Mit Strenge gelang es Poppo, sich in Trier durchzusetzen,
fand aber jetzt auch Unterstützung bei Klerus und Volk, die des langen
Bürgerkrieges müde waren. Da sich Adalbero weigerte, die
Bischofspfalz zu räumen, kam es zu Kampfhandlungen, die jedoch zu
einem Vergleich führten. Für seinen Verzicht scheint Adalbero
gewisse Zugeständnisse ausgehandelt zu haben, die ihm als rechtmäßig
gewählten, aber resigniertem Erzbischof ein standesgemäßes
Leben ermöglichen sollten: er starb als Herr von Rüttgen, Sierck,
Saarburg und Bernkastel.
Die LUXEMBURGER Grafenfamilie
war in ihrem Kampf um Trier gescheitert.
König
HEINRICH II. hatte schließlich, nach wechselhaften Kämpfen
und diplomatischen Aktionen, und nachdem der Konflikt einige Jahre einfach
geruht hatte, einen Kandidaten seiner Wahl durchsetzen können, ohne
das wichtige Erzbistum Trier in die Hände der LUXEMBURGER
geraten zu lassen. Nicht einmal das Argument, Adalbero sei schließlich
als sein Schwager mit ihm verwandt, hat HEINRICH
II.
gelten lassen. Dem Kaiser muß klar gewesen sein, die
königliche Stellung im Moselraum sei durch die Vergabe der Trierer
Erzbischofswürde an einen seiner luxemburgischen Schwäger nicht
zu stärken. Die verwandtschaftlichen Bande würden ganz im Gegenteil
gerade der Familie zu einer Machtsteigerung verhelfen, die in dieser Gegend
ohnedies schon ihr Zentrum hatte. Dies zeigt der beharrliche Kampf HEINRICHS
II. über die Jahre hinweg ganz deutlich.
4. Kunigunde und das Kloster Kaufungen
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Zu den wichtigsten Aufgaben der Ehefrauen des Adels gehörte
es, im Verrichten guter Taten für die Sünden ihrer Männer
zu sühnen und zu bessern, wie wir es bei jeder Frau unserer Revue
gesehen haben. Wesentliche Funktionen übernahm hierbei die Einrichtung
einer klösterlichen Gemeinschaft. Auch die Kaiserin
Kunigunde machte in diesem Punkt keinerlei Ausnahme und stiftete
auf ihrem Witwengut das Kloster Kaufungen.
König HEINRICH II.
hatte 1007, als er auf Kunigundes Morgengabe
Bamberg sein Bistum errichtete, seiner Gemahlin einen Ausgleich zugesagt.
HEINRICH
erfüllte sein Versprechen bereits im folgenden Jahr und schenkte Kunigunde
am 24. Mai 1008 den Königshof Kassel, zu dessen Fiskalbereich auch
der Ort Kaufungen gehörte. Nach Kaufungen wurde die königliche
Curtis übertragen, die in den folgenden Jahren zu einem Schauplatz
wichtiger politischer Verhandlungen werden sollte und so einen nicht unbedeutenden
Rang im Itinerar des Kaiser einnahm.
Die Einrichtung des Klosters in Kaufungen steht nun mit
der Erkrankung der Kaiserin im Frühjahr 1017 in Zusammenhang, als
Kunigunde für ihre Genesung die Stiftung eines Kloster gelobte. Die
Kaiserin hatte eine enge persönliche Bindung an ihre Stiftung und
weilte dort mehrfach alleine: Kaufungen gilt in der Literatur somit als
das "Bamberg der Kaiserin". 7 Diplome statteten das Kloster, das mit Benediktinernonnen
besiedelt wurde, mit Königsgut aus. Kaufungen war ein königliches
Eigenkloster, an dem sich auch HEINRICH II.
beteiligt fühlte, und das er als "unser Kloster" bezeichnete. Im Kloster
Kaufungen sollte die Kaiserin Kunigunde
für
den Fall, daß sie ihren Gemahl überleben sollte, materiell gesichert
werden und zugleich eine Lebensgemeinschaft für den Witwenstand vorfinden.
Anstatt sich einer bestehenden Gemeinschaft anzuschließen,
schuf sich die Gemahlin HEINRICHS II. eine
Einrichtung nach den eigenen Vorstellungen. Kunigunde
führte
die Nonnen selbst in Kaufungen ein und hatte sie wahrscheinlich auch selbst
ausgewählt; möglicherweise kamen die Nonnen aus dem bayerischen
Herzogtum. Die 1. Äbtissin Uta war eine Nichte der Kaiserin; Kunigunde
hatte sich der Erziehung Utas angenommen und war ihr auch sehr verbunden.
In dem Gau, zu dem Kassel und Kaufungen gehörten, amtierte zur gleichen
Zeit ein Graf Friedrich, der mit Kunigundes
gleichnamigen Bruder identisch sein könnte.
Die luxemburgischen
Brüder der Kaiserin hatten sich gegen die Einrichtung des Bistums
Bamberg ausgesprochen. Bischof Dietrich von Metz wandte ein, es
sei zur Ausstattung des neuen Bistums auch Besitz seiner Schwester Kunigunde
verwendet worden. Bei der expansiven Tendenz der luxemburgischen
Territorialpolitik ist mit Sicherheit ein Grund für diese Stellungnahme
Bischof Dietrichs in der Befürchtung zu sehen, beim kinderlosen Tod
der Königin um die potentielle Erbmasse gebracht zu werden. Auf der
anderen Seite kann aber auch die Sorge der Brüder, ihrer Schwester
werde keine standesgemäße Altersversorgung zuteil werden, durchaus
mitgespielt haben. So steht denn auch die Einrichtung des Klosters Kaufungen
in auffälliger zeitlicher Nachbarschaft zum Ausgleich
HEINRICHS II.mit seinen Schwägern. Wir können die
Vermutung zumindest in den Raum stellen, beim Ausgleich des Kaisers mit
den LUXEMBURGERN sei auch vereinbart
worden, die Einrichtung eines Klosters als Witwensitz der
Kaiserin
Kunigunde nun zügig voranzutreiben. Diese Annahme läßt
sich noch durch die Beobachtung stützen, daß die noch lebenden
Geschwister
Kunigundes
nach deren Tod,
wie es den Anschein hat, Ansprüche auf das Erbe ihrer Schwester erhoben,
während
KONRAD II. es für
das Reichsgut in Anspruch nahm.
Der Kaufunger Konvent erfüllte auch eine wichtige
Aufgabe im Rahmen der Herrschaftsbildung und Herrschaftslegitimierung;
dieser Zusammenhang zwischen Herrschaftsbildung und Klostergründung
sowie die herrschaftsstabilisierende Rolle der Adelsklöster in der
OTTONEN-Zeit
wurde durch den von Gerhard Streich erarbeiteten Katalog der Burgen und
Stifte deutlich gemacht.
Die adlige Klostergründung sicherte auch die memoria,
die Gedenkverpflichtungen der Gründer und deren Anverwandter. Kaiser
HEINRICH II. und Kunigunde
beauftragten nicht nur bestehende Einrichtungen mit ihren Gedenkverpflichtungen,
wie wir das in den Einträgen im Merseburger Nekrolog und in der Aufnahme
des Herrscherpaares in die Gebetsgemeinschaft der Paderborner Domkleriker,
also der Übertragung des Gedenkens an die engsten Vertrauten des Kaisers,
die Bischöfe Thietmar von Merseburg und Meinwerk von Paderborn, beobachten
können. HEINRICH II. und Kunigunde
stifteten auch eigene Zentren in Bamberg und Kaufungen, wobei das Gebetsgedenken
in Kaufungen, in der Lebensgemeinschaft der Witwe des Kaisers, eine besonders
enge Bindung an das Herrscherpaar bedeutet.
5. Zusammenfassende Würdigung der Kaiserin Kunigunde
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Die Quellenbelege für die Kaiserin
Kunigunde gestattet uns, die Teilhabe dieser Herrschergemahlin
am Reich in einigen Fällen exemplarisch zu beobachten. Kunigunde
vertrat
ihren Gemahl in einigen Fällen, wo dessen Abwesenheit unabdingbar
erforderlich war und auch kein anderer Stellvertreter eingesetzt werden
konnte. Ferner nahm Kunigunde die typischen
Aufgaben der adligen Damen, zu sühnen und zu bessern, wahr.
Für unsere Fragestellung besonders interessant war
aber die Beobachtung, wie die Geschwister der Kaiserin ihre Verschwägerung
mit HEINRICH II. zum Ausbau ihrer eigenen
Machtstellung nutzten (wobei wir freilich bedenken müssen, daß
die OTTONEN-Zeit kein den Einzelinteressen
übergeordnetes Wohl des Staates kannte). Die LUXEMBURGER
Grafenfamilie war durch die Königserhebung ihres Schwagers, des
Herzogs von Bayern, überraschend in eine königsnahe Stellung
aufgerückt, aus der sie Kapital zu schlagen suchte. Zu Beginn seiner
Regierungszeit versuchte
König HEINRICH II.,
sich mit den
LUXEMBURGERN zu arrangieren
und sie nach Möglichkeit bei der Vergabe von Ämtern zu berücksichtigen.
So erhielt der älteste Bruder der Kunigunde
das Herzogtum Bayern, obwohl auch zwei andere Königsverwandte, nämlich
HEINRICHS
II. Bruder Bruno und der
wohl entfernt verwandte Heinrich von Schweinfurt, sich auf die bayerische
Herzogswürde Hoffnungen machten. Der König akzeptierte auch noch
den LUXEMBURGER Dietrich als
Bischof von Metz. Als aber die Schwäger ihre Stellung im Moselraum
durch den Griff nach der Bischofsstadt Trier abzurunden suchten, war die
Schmerzgrenze überschritten. Gegen Adalbero, den luxemburgischen
Kandidaten, führte der König einen jahrelangen Kampf,
und er war nur unter der Bedingung, daß die LUXEMBURGER
auf
Trier verzichteten, zu einem Ausgleich bereit.
HEINRICH
II. hat offenbar nicht erwartet, seine Schwäger würden
auf Grund von verwandtschaftlichen Gefühlen seine Herrschaft unterstützen,
sondern erkannt, daß die Brüder die Verschwägerung für
eigene politische Pläne auszunutzen suchten.