Eine starke Frau an Heinrichs Seite
Vor 965 Jahren verstarb Kaiserin Kunigunde - Gründung des Bistums Bamberg als Krönung
Am Ostportal des Bamberger Domes steht eine junge Dame.
Schlank und anmutig, mit langem Haar und fließendem Gewand - eine
zeitlose Schönheit seit 700 Jahren. Die "Blume Bambergs" nannten frühere
Chronisten sie. Bescheiden weist die junge Frau auf den Mann zu ihrer Linken,
den Gatten, dem sie alles zu verdanken hat, Macht, Einfluß und Würde,
Kaiser
HEINRICH II., den letzten Herrscher aus dem Haus der OTTONEN.
Doch der Eindruck des Figurenpaares an der Adamspforte
des Bamberger Doms täuscht. Kunigunde,
die Kaiserin, Nonne und Heilige, war nicht das zarte Engelswesen, zu dem
sie das spätere Mittelalter so gerne gemacht hätte. Als Kunigunde
vor
965 Jahren, am 3. März 1033, in ihrer Klostergründung
Kaufungen bei Kassel als fromme Nonne starb, hatte sie sich ihren Zeitgenossen
längst als tatkräftige, lebenskluge und politisch handelnde Frau
eingeprägt. Die Forschung entdeckt sie nun wieder, die starken Frauen
der OTTONEN, Adelheid,
die Burgunderin, Theophanu, die Byzantinerin,
und Kunigunde, die Heilige. Ihr Leben
zeigt eine überraschende Vielfalt politischer Handlungsspielräume,
wie die Kasseler Historikerin Ingrid Baumgärtner in ihrem neu erschienen
Aufsatzband "Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende" am Beispiel
der heiligen Herrscherin eindrucksvoll und überzeugend nachgewiesen
hat.
Eine wirklich gute Partie
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Wenig Persönliches ist über die Frau an der
Zeitenwende bekannt, nicht einmal ihr genaues Geburtsdatum war der Überlieferung
wert. Doch in der Fülle indirekter Hinweise läßt sich das
Leben der Kaiserin plastisch rekonstruieren. In einem Drittel aller Urkunden,
die Kaiser HEINRICH ausgestellt hat,
tritt Kunigunde als mächtige Fürsprecherin
und Vermittlerin hervor. Allein ihr stolzer Stammbaum läßt erahnen,
welche Bedeutung Kunigundes Heirat
mit dem Bayernherzog und späteren Kaiser
HEINRICH um das Jahr 1000 hatte. Die Grafentochter aus dem Hause
LUXEMBURG konnte die Reihe ihrer Ahnen bis zu den KAROLINGERN
zurückführen
und sich auch der wohlwollenden Nähe zu Kaiser
OTTO III. rühmen. Propagandistisch dürfte für
HEINRICH
der Zugewinn an genealogischem Prestige bei seiner coupartigen Machtübernahme
nach dem Tod des kinderlosen
OTTO III. 1002
hervorragend zu nutzen gewesen sein. Der Sohn Heinrichs
des Zänkers, des ewigen Rebellen gegen die ottonische
Königsherrschaft, hatte nicht unbedingt die besten Trümpfe im
Spiel der Prätendenten um die Macht in der Hand. Offiziell trat Kunigunde
stets einen Schritt hinter ihren Gatten zurück. Ihre Krönung
zur Königin wurde erst nach der des Ehemannes als gesonderter
Akt in Paderborn am 10. August 1002 vollzogen. Doch das Paar, das 1014
in Rom die Kaiserwürde erlangte, agierte von Beginn seiner Herrschaft
an gemeinschaftlich.
Tatsächlich rettete die Frau an HEINRICHS
Seite das Reich aus manch gefahrvoller Stunde. Als Stellvertreterin
ihres
abwesenden Mannes organisierte sie 1012 und 1016 die Sicherung der brüchigen
Ostgrenze in Sachsen, mobilisierte das Landaufgebot und sorgte sich um
eine rasche Informationspolitik nach Westen. Innenpolitisch vermittelte
sie in Streitigkeiten und Fehden und bemühte sich um einen Ausgleich
zwischen dem Kaiser und ihrer eigenen ehrgeizigen luxemburgischen Verwandtschaft,
der sie die bayerische Herzogswürde sicherte. Unbestrittener Höhepunkt
der gemeinsamen Innenpolitik war jedoch die Gründung des Bistums Bamberg
1007, der das Kaiserpaar seine spätere Heiligsprechung zu verdanken
hatte. HEINRICH befand sich dabei in
eher peinlicher Lage, denn weite Gebiete um Bamberg, die er für seine
kirchenpolitischen Pläne brauchte, hatte er seiner Frau bereit als
Morgengabe überlassen. Doch Kunigunde
erkannte den politischen Wert der Bistumsgründung, das als Zentrum
der Mission weit in den unruhigen Osten hineinwirken sollte. Bereitwillig
tauschte sie ihre Morgengabe gegen den wenig bedeutenden Königshof
in Kassel ein. Es war ihr ein Anliegen, das verkehrstechnisch günstig
gelegene Bamberg zu einem "neuen Rom des Ostens" auszubauen und dem Reich
einen neuen Mittelpunkt zu geben. Es war die wohl größte Leistung
des Kaiserpaares, unter Zurückstellung der Italienpolitik die Verhältnisse
im Reich gefestigt zu haben. Selbst der Papst pilgerte 1020 nach Bamberg.
Kunigunde wußte
jedoch auch wohl um die Schatten ihrer Herrschaft; sie hatte dem Reich
keinen Thronfolger geschenkt. Vorausschauend plante sie daher die Zeit
ihrer Witwenschaft, in der sie notwendigerweise ihren politischen Einfluß
verlieren mußte. In Kaufungen gründete sie ein mit reichen Gütern
ausgestattetes Kloster, in das sie nach dem Tod ihres Gatten 1025 als Nonne
eintrat. Zuvor hatte sie noch einmal ihr politisches Geschick bei der reibungslosen
und raschen Machtübernahme durch KONRAD II.
unter Beweis gestellt. Die Legende schilderte sie später als bescheidene
Nonne, die nach ihrem Tod 1033 unter großer Anteilnahme der
Bevölkerung in den Bamberger Dom an der Seite ihres Gatten bestattet
wurde.
Legendärer als ihr Gatte
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Spätere Jahrhunderte wollten in Kunigunde
nicht mehr die politisch handelnde Regentin und selbständige Frau
sehen. Nachdem 1146 Kaiser HEINRICH II.auf
Betreiben der Bamberger Kirche kanonisiert worden war, sah man auch Kunigunde
im neuen Licht, nun aber als devote Gattin und keusch lebende Jungfrau.
Die Kinderlosigkeit der Gatten gab Anlaß zur Spekulation, das Paar
habe freiwillig sexuell enthaltsam gelebt. Im Zuge der Marienverehrung
erhielt die fromme Kaiserin mehr und mehr mariologische Züge. Legenden
umrankten ihr Leben, konzentriert in dem Bericht um das "Pflugscharenwunder",
nach dem die verleumdete Kunigunde
in einem Gottesurteil ihre jungfräuliche Unschuld durch das wandeln
auf glühenden Pflugscharen bewiesen haben soll. Am 29. März 1200,
54 nach ihrem Mann, wurde Kunigunde
heilig
gesprochen. Aber schon bald überlagerte ihr Kult den ihres Mannes.
Das legendenverklärte Leben der Frau bot offenbar wesentlich mehr
Ansatzpunkte zur Verehrung als der "politische Heilige"
HEINRICH.